In der FAZ erschien soeben ein Kommentar der sich in leicht jammerndem Ton damit auseinandersetzt, dass Verlage und Autoren Bücher nicht mehr veröffentlichen, weil sie Angst vor »Cancel Culture« und »Webmobs« haben.
Ich werde der FAZ an dieser Stelle keine zusätzliche Sichtbarkeit durch einen Link schenken, aber ihr dürftet den Text leicht finden, wenn ihr in der Suchmaschine eurer Wahl nach »CANCEL CULTURE: Schriftsteller vor dem Sittengericht« und »FAZ« sucht.
Mein Kommentar zum Kommentar:
Das unerträglich strunzkonservative Blatt FAZ halte ich nicht für ein geeignetes Medium, um sich mit dem Thema objektiv auseinander zu setzen. Wenn irgendwelche Personen oder Verlage irgendwas nicht veröffentlichen, dann ist der Grund dafür auch nicht in irgendeiner angeblichen »Cancel Culture« zu suchen, sondern liegt in der Verantwortung der Personen und Verlagsverantwortlichen. Das dann vorauseilend hypothetischen »Webmobs« anlasten zu wollen, die damit aber auch gar nichts zu tun haben (können), halte ich für eine äußerst armselige Begründung.
Zuletzt möchte ich LeVar Burton zitieren, der kürzlich sagte »Wir haben keine ‘Cancel Culture’, sondern eine ‘Consequence Culture’ «. Also dass Personen neuerdings mit den Konsequenzen ihres Handelns und Redens leben müssen. Auch solche, die das aufgrund ihrer Privilegien bisher nicht mussten. Das passt denen natürlich nicht und dann fangen sie an zu jammern.
p.s.: Es gibt keine »Cancel Culture«. Das ist ein Kampfbegriff von Personen, die weiter diskriminieren möchten.
Es ist geschafft: Die Geschichten und Autoren für die Storysammlung REISEZIEL UTOPIA von PhantaNews und der Edition Roter Drache stehen fest. Es war ein hartes Stück Arbeit, die enthaltenen 21 Geschichten aus den knapp 60 Einsendungen auszusuchen, denn die Qualität der eingereichten Beiträge war durchgehend hoch. Da der Platz in einem gedruckten Buch allerdings leider begrenzt ist, musste eine Auswahl getroffen werden. Wer nicht dabei ist möge sich deswegen nicht grämen, eine Ablehnung bedeutet wegen des eben Genannten nicht zwingend eine qualitative Einstufung der eingesandten Geschichte.
Dabei sind (in keiner bestimmten Reihenfolge, endgültige Titel können noch abweichen):
Anja Bagus – »Elysium«
Marcus R. Gilman – »20 Minuten«
Daliah Karp – »Der Brand«
Tobias Dahlmann – »Erstkommunikation«
Dieter Bohn – »Cornucopi«
Andreas Raabe – »Kommt zum RingelRangel-Platz«
Herbert Glaser – »Heimat«
Dorothe Reimann – »Guerilla«
Olaf Stieglitz – »Der Wunsch nach Rettung« und »Der erste Schritt«
Jens Gehres – »Der Elter« und »Aufbruch«
Thomas Kodnar – »Der gelbe Ritter«
A. L. Norgard – »Der Himmel über Nova«
Victor Boden – »Kane der Krieger«
Carmen Capiti – »Back To Basic«
Gerhard Huber – »Das Feld der Bäume«
Joachim Tabaczek – »In guten Händen«
Ingo Muhs – »Der Fernhändler«
Yann Krehl – »Der Tag der Erkenntnis«
Gernot Schatzdorfer – »Vorfall in Utopia West«
Ich gratuliere den Gewinnern und werde mich bei diesen in Kürze wegen der weiteren Vorgehensweise melden. Bedanken möchte ich mich bei allen, die einen Beitrag eingereicht haben, für das damit erwiesene Vertrauen.
Wie bereits bestätigt wurde, wird es eine weitere Staffel der Neuauflage von X‑FILES (alias AKTE X) geben. Das ist nach dem Erfolg der zehnten Season der Erfolgs-Mysteryserie auch kein Wunder, weitere Episoden hingen nur an den Verhandlungen mit Gillian Anderson, die völlig zu recht nicht mehr hinnehmen wollte, dass sie deutlich schlechter bezahlt wird, als Kollege David Duchovny.
Inzwischen wurde auch so etwas ähnliches wie ein Starttermin genannt, Fox sagte, die nächste X‑FILES-Staffel werde in der nächsten Midseason starten, das wäre Januar bis Mai 2018.
Promografik X‑FILES Copyright Fox Television
Der Autor Martin Vogel kämpft sich seit einigen Jahren durch die Instanzen. Grund: Die Verwertungsgesellschaft VG Wort schüttet die Hälfte seiner Einnahmen an die Verlage aus. Vogel ist wie etliche andere auch der Ansicht, dass dieses Geld einzig und allein den Urheber, also den Autoren zusteht. Und selbst wenn diese Ansicht immer wieder von Gerichten bestätigt wurde, wollen Börsenverein, Verlage und VG Wort das bis zum bitteren Ende durchkämpfen. Eigentlich auch kein Wunder, denn denen würde ein Haufen Geld entgehen, dass sie immer gern eingenommen haben. Zu unrecht, wie jetzt erneut ein Gericht bestätigte.
Laut Bundesgerichtshof in Karlsruhe ist die VG Wort nicht berechtigt, pauschale einen betrag in Höhe der Hälfte ihrer Einnahmen an die Verlage auszuschütten. Dieses Geld gehört den Urhebern und nur den Urhebern (Az.: I ZR 198/13).
Branche und Börsenverein hatten in den vergangenen Jahren den Untergang des Abendlandes beschworen, wenn sie das Geld nicht mehr erhalten würde. Auch die VG Wort hatte sich nicht auf die Seite der Urheber gestellt, sondern sogar damit gedroht, die Zahlungen bis zu einer Klärung einzustellen.
Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verlegerausschusses des Börsenvereins drohte ganz unverhohlen damit:
Wird die Europäische Kommission hier nicht umgehend tätig, werden Verlage gezwungen sein, ihre Kalkulationen in jeder Beziehung anzupassen, auch was die Autorenvergütung betrifft
Sprich: Wenn wir die Kohle von der VG Wort nicht mehr bekommen, zahlen wir den Autoren weniger (noch weniger!) und machen die Bücher teurer. So!
Oder kurz: Mimimi!
Denn mit diesem erneuten Urteil zum Thema haben nun sowohl der EuGH wie auch der BGH als Revisionsinstanz eindeutiges Recht gesprochen: Die bisherige langjährige Praktik ist rechtswidrig, die Ausschüttungen stehen einzig und allein den Autoren zu. Die Ansichten von Martin Vogel waren von Anfang an korrekt, das ist nun erneut hochrichterlich bestätigt worden. Da können Börsenverein und Branche noch so laut maulen. Aber wie erwartet wird nun natürlich medienwirksam ein Verlagssterben prophezeiht (kann ich leider nicht verlinken, Artikel hinter Paywall).
Möglicherweise entstehen daraus noch andere Konsequenzen: Autoren könnten auf die Idee kommen, von den Verlagen widerrechtlich eingenommene Ausschüttungen zurückzufordern.
Interessante Ausführungen zu dem Thema auch immer wieder bei Tom Hillenbrand.
Derzeit schweigt sich die Medienlandschaft noch weitestgehend dazu aus. Das Börsenblatt brachte einen eher knapp zu nennenden Artikel, ohne das sonst übliche Kettengerassel (aus der Richtung hatte es zuletzt sogar noch geheißen, der Staatssektär, der damals das Gesetz verfasste »hätte sich nur verschrieben«. Ulkig aber wahr. Man kann sich vorstellen, was die Richter dazu gesagt haben). Sobald ich mehr Details zum Urteil kenne, ergänze ich Links.
Jeder Außenstehende und vor allem jeder Politiker sollte nachvollziehen können, dass hier im Urheberrecht etwas vollständig aus dem Ruder gelaufen ist
sagt Alexander Skipis. Man möchte jetzt eine Verfassungsbeschwerde prüfen. Ja, schon doof, dass sich auch Verlage ans Urheberrecht halten müssen, was?
Update (10:50 Uhr): auch beim Buchreport darf Skipis sich produzieren:
Der Zustand, den wir jetzt haben, war nie der wahre Wille des Gesetzgebers.
Interessant, dass man beim Börsenverein besser als der Gesetzgeber wissen möchte, wie Gesetze auszusehen haben und dem Gesetzgeber damit praktisch die Kompetenz abspricht. Sind Gesetze nur dann gut, wenn sie einer Lobby nutzen und schlecht, wenn nicht? Weiter schreibt man im Buchreport:
Im Verlagsbereich befürchtet Skipis nun Insolvenzen: Den Verlagen drohten Rückzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe an die VG Wort, VG Bild-Kunst, GEMA und VG Musikedition. Damit werde eine große Zahl von Verlagen mittelfristig wegen der notwendigen Rückstellungen und der ausbleibenden Einnahmen von Verwertungsgesellschaften wirtschaftlich nicht länger überlebensfähig sein.
Was soll ich sagen? Wenn die Existenz von Verlagen ausschließlich an unrechtmäßigen Einnahmen hängt, ist offenbar zum einen das Geschäftsmodell falsch. Und zum anderen klingt es für mich beinahe mafiös, wenn man an den rechtswidrigen Praktiken unbedingt festhalten möchte und dafür jetzt offen auf Manipulation von Politikern setzt.
Update (11:20 Uhr): Langsam werden sie alle wach. Wärend FAZ, Deutschlandfunk, Focus und Co. nur eine kurze Agenturmeldung kopieren, findet man beim »Neuen Musikmagazin« eine ausführlichere Urteilsbegründung.
In den letzten Wochen gingen mehrere Fälle durch den virtuellen Blätterwald der sozialen Medien, bei denen Autorinnen ihre Bücher abgeschrieben hatten. Das ist nun an sich nichts neues, AXOLOTL ROADKILL lässt beispielsweise grüßen. Neu ist allerdings, dass sich Plagiatsjäger und ‑Jägerinnen in geheimen Gruppen auf Facebook zusammenschließen, um nach Plagiaten zu forschen. Und wenn welche gefunden werden, dann stellt man diese auch mit Namensnennung beispielsweise auf Facebook, und das ohne jegliches Unrechtsgefühl. Dabei ist ein solches Vorgehen meiner Ansicht nach rechtlich äußerst bedenklich, denn auch zivil- oder strafrechtlich begangene Taten setzen selbstverständlich die Persönlichkeitsrechte nicht außer Kraft. Und ein ganz zentraler Punkt unserer Verfassung ist die Unschuldsvermutung, also dass man so lange als unschuldig zu gelten hat, bis ein Richter eine Schuld festgestellt hat – und dabei ist es völlig irrelevant, ob der Beschuldigte sich irgendwo selbst bezichtigt hat.
Jetzt mag man fragen, wo denn der Unterschied zu beispielsweise einem Guttenplag ist, auf dem die Plagiate von zu Guttenberg offengelegt wurden. Da gibt es diverse: Erstens war das Guttenplag (und sind ähnliche Angebote) öffentlich und transparent, sprich: man kann das Zusammentragen der inkriminierten Stellen durch die verwendete Wikisoftware und deren Versionierung nachverfolgen. Zweitens kann man sie als journalistische Angebote einstufen, die deswegen auch über ein Impressum verfügen, und sich der Sachlichkeit verpflichten. Drittens geht es dabei um Personen von zeitgeschichtlicher Relevanz, das ist bei eher unbekannten AutorInnen ganz sicher nicht der Fall. Viertens wird auf solchen Angeboten nicht lamentierend der Untergang des Abendlandes beschworen, denn das ist das genaue Gegenteil von sachlicher und objektiver Auseinandersetzung mit dem Thema.
Interessant sind die Reaktionen, wenn man die Handlungsweise der Plagiatsjäger auf Facebook kritisch hinterfragt und auf die existierenden rechtlichen Probleme und die Bedenklichkeit hinweist. Die kann man mit Fug und Recht als agressiv, ja geradezu »giftig« bezeichnen. Wenn man solche kritischen Fragen äußert, wird einem sogar umgehend unterstellt, dass man ja wohl selbst Dreck am Stecken haben müsse, wenn und weil man die Plagiatoren »in Schutz nehme«. Alternativ wird vermutet, dass man sich mit der geäußerten Kritik nur wichtig machen möchte, oder eine »Hexenjagd« auf die Plagiatssucher eröffnen wolle. Man muss sich fragen, warum die Reaktionen auf kritische Fragen oder Hinweise auf mögliche rechtliche Probleme mit diesem »Facebook-Pranger« so extrem ausfallen. Es ist zudem festzustellen, dass Personen sich regelrecht mit der »Aufdeckung« solcher Fälle schmücken, sich als vermeintliche Helden feiern lassen und dabei wortreich darauf hinweisen, wie »schrecklich« das alles sei, und wie sehr es dem Ansehen der Zunft schade – und man das deswegen offenlegen müsse. Man geriert sich also auch noch als Held.
Es existiert offensichtlich keinerlei selbstkritische Einsicht und auch kein Unrechtsbewusstsein, wenn Dritte an den Internet-Pranger gestellt und deren Persönlichkeitsrechte dabei grundlegend verletzt werden. Eine tatsächliche zivil- oder strafrechtlich relevante Tat ist dabei übrigens ebenso irrelevant, wie eine eventuell stattgefundene Selbstbezichtigung der Person.
Ja, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel. Ein Pranger im Internet verstößt immer gegen die Achtung der Menschenwürde, egal, was der oder die Verantwortlichen mit dem Pranger bezwecken.
Was man selbstverständlich darf und auch tun sollte, ist erlangte Informationen an Geschädigte weitergeben, also beispielsweise den plagiierten Autor oder dessen Verlag – und dagegen ist auch nichts einzuwenden. Alles andere ist vermutlich rechtswidrig, egal mit welchen schöngeredeten Begründungen die Plagiatsjäger die Öffentlichmachung auch verteidigen wollen. Und damit werden sie möglicherweise selbst zivilrechtlich belangbar und setzen sich der Gefahr mindestens einer Schadensersatzforderung aus. Mit Meinungsfreiheit hat das alles übrigens am allerwenigsten zu tun.
Disclaimer: Ich bin kein Anwalt. Aber man kann sich die verlinkten Artikel ansehen, die meine Meinung unterstützen, oder auch mal eine Suchmaschine der eigenen Wahl bemühen.
Auf dem BuCon in Dreieich gab es in diesem Jahr einen Vortrag von Anja Bagus und Alex Jahnke mit dem Titel »Reality Check« Er dreht sich ums Schreiben, darum, wie man ein Autor wird und was einem dabei alles begegnen (Harpyien!) und passieren kann, sowie um Selfpublishing und Fakten zu den Themen und zum Buchmarkt.
Da ich Anjas und meinen Gemeinschaftsstand hüten sollte, konnte ich die Kamera leider nur hinstellen und musste dann wieder entschwinden, deswegen ist das Video leider ein wenig … statisch … ;) Mein besonderer Dank muss hier dem Tütenknisterer gelten, der seinen Jab am Anfang wirklich ernst genommen hat.
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Quintessenz: »Ohgott! Ohgott! Wir werden alle störrrrrben!«
Aber witzig, wie bei jedem neuen Medium ähnliche reaktionäre, rückwärtsgerichtete Meckerer ihre überflüssige Stimme erheben. Witzig auch, wie einfach Behauptungen aufgestellt werden, die man nicht einmal glaubwürdig belegen kann (Umsatzrückgänge durch Raubkopien und Onleihe). Und abschließend witzig, dass E‑Leihe der Büchereien entweder unterbunden oder aber deutlich verteuert werden soll.
Die einzige sinnvolle Methode gegen Raubkopien sind angemessen bepreiste, DRM-freie, legale Angebote. Und auch der Gebrauchtmarkt wird kommen, der EuGH hat schon den Weg dafür geebnet, indem er den verkauf gebrauchter Softwarelizenzen erlaubt hat. Und wie wir neuerdings wissen, sind ja auch eBooks gar keine Bücher, sondern nur Lizenzen. Darüber, dass sie aus den Onleihen der Stadtbüchereien mehr Geld herauspressen wollen, möchte ich hier gar nicht erst reden, sonst wird das wieder ein längerer Rant über Gierlappen.
Wer sich derart realitätsfremd mit Händen und Füßen gegen neue Medien wehrt, wird daran ersticken. Und sorgt bis dahin dafür, die von der Politik herbeigeführte Situation Deutschlands als Internet- und Medien-Entwicklungsland zu zementieren.
Update vom 26.09.2013: Der Betreiber von 100Fans hat mir eine E‑Mail geschrieben, in der er Teile des untenstehenden Artikels für »unwahr« hält. Die Ansicht des Betreibers und meine Kommentare dazu finden sich in einem neuen Artikel.
Kurz vor der Buchmesse überschlägt sich die Branche ja regelmäßig mit dem Eröffnen von irgendwelchen »Plattformen, die keiner braucht[tm]«, oder ähnlichen Projekten. In diesem Jahr ist es nicht anders. Die Münchner Verlagsgruppe bringt eine Crowdfunding-Plattform für Bücher unter dem Namen 100Fans an den Start.
Das Konzept: Man kann dort sein Buchprojekt vorstellen, das darf in Form eines eBooks oder herkömmlichen Druckwerks daher kommen, und nach Schwarm-Finanzierern suchen. Kommen mindestens 100 Fans zusammen, wird das Buch produziert. Bei Printbüchern erhält der Autor 25%, bei eBooks 30% des Nettoerlöses. Kommen mehr als 1000 Fans zusammen, »wird das Buch durch Vertreter der Verlagsgruppe auch im Handel beworben«.
Bis hierhin hört sich das alles ganz gut und macht den Anschein, dass tatsächlich mal jemand einen innovativen Ansatz hat und vor allem Crowdfunding voran bringen möchte. Schaut man allerdings hinter die Kulissen, stellt man fest, dass nicht wirklich verstanden wurde, was Crowdfunding eigentlich ist. Denn bei diesem Konzept ist es beispielsweise üblich, Projekte auch durch kleinere Spenden unterstützen zu können, ohne dafür große Gimmicks zu bekommen. Auf Kicksterter oder indiegogo beispielsweise kann man auch einfach mal einen oder fünf Dollar über den virtuellen Tisch wandern lassen, nur um zu sagen: »Ich finde das prima!«.
Auf 100fans.de fangen die sogenannten »Fanpakete«, die man als Unterstützer kaufen kann, allerdings erst bei ca. 18 Euro an. Kein Pappenstiel. Dafür bekommt man als Finanzierer dann aber – wie großzügig – die eBook-Ausgabe des unterstützten Buches. Dafür sind die Bücher später im Buchhandel erhältlich und wurden vom Anbieter lektoriert und mit einem »professionellen« Cover versehen. Vom Nettoerlös der Fanpakete, die mehr als nur ein eBook enthalten, bekommt der Projektinitiator 80%. Das hört sich auf den ersten Blick gar nicht schlecht an, aber …
Sieht man sich dann aber den Autorenvertrag an, den man eingehen muss, sollte der Indie-Autor möglicherweise schnell die Finger davon lassen, denn man verkauft ähnlich wie bei anderen Verlagen seine Seele im Rahmen eines »total buyout«:
Der Autor räumt dem Verlag an dem Werk die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten, ausschließlichen Nutzungsrechte für alle bekannten und unbekannten Nutzungsarten ein.
Auch den Rest der vollumfänglichen Rechteeinräumung mit Lizensierung an Dritte muss man sich in den AGBs der Seite (§ 6 Unterparagraph 3 ff) mal auf der Zunge zergehen lassen. 100Fans behält Rechte sogar dann, wenn der Vertrag aufgelöst wird, er aber Inhalte an Dritte unterlizensiert hat. Die Rechteeinräumung beinhaltet selbst Übersetzung in andere Sprachen und haufenweise elektronische Publikationsformen. Und das, obwohl nicht der Verlag, sondern die »Fans« für die Rechte gezahlt haben …
Ein Fundingziel wird ebenso wenig genannt wie die Unterstützer. Wie irgendeine Plattform heutzutage noch glauben kann, so etwas als »Crowdfunding« deklarieren zu können, wenn es doch nur ums Abgreifen von Rechten und ums Kohle machen geht, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Indie-Autoren sollten sich wirklich gut überlegen, ob sie ihre Projekte dort einstellen, oder nicht vielleicht lieber zu einer echten Crowdfunding-Plattform wie Startnext gehen wollen, die nicht alle Rechte an den Inhalten an sich reißt.
Update: je öfter ich mir das durchlese, desto abstruser wird es. Die »Fans« zahlen, aber alle Rechte erhält der Verlag. Das ist ein echt bahnbrechendes Konzept, allerdings nur, wenn man einen IQ nah am Gefrierpunkt hat. Dass die Verleger das für eine grandiose Idee halten, kann ich mir vorstellen. Wenn das ein weiterer Versuch sein soll, Amazon die Stirn zu bieten …
Update 2: Eigentlich ist das auch nur eine Variante des Druckkosten-Zuschuss-Verlags, über den Autoren und Branche gern wettern.
Im Tagesspiegel und zweitverwertet auch in der Zeit fand sich in den vergangenen Tagen ein Interview mit einem anonymen Buchpiraten, der angeblich die größte (deutsche) Plattform für illegale eBooks betreibt. Dass so etwas bei der Buchbranche nicht gut ankommt, hätte man sich vorher denken können. Da hört man einzelne Stimmen jammern, wie es sein kann, das solchen Raubmordkopierterroristen überhaupt ein Podium gegeben wird. Auf buchreport.de feiert man ab, dass irgend jemand Strafanzeige gegen die beiden Zeitungen erstattet hat (möglicherweise jemand vom Buchreport selbst). Warum? Weil der Link zum Angebot gesetzt wurde, das sei angeblich »Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung«. Die sind ja niedlich. Der Heise-Verlag hat längst bis zum Bundesgerichtshof durchgefochten, dass das Setzen von Links selbstverständlich zur journalistischen Arbeit gehört, das könnte man als Qualitätsjournalist wissen. Siehe:
Außerdem müsste man konsequenterweise dann auch gleich den Börsenverein verklagen, denn der hat auf seiner Webseite über die Artikel berichtet und ebenfalls auf die eBook-Seite verlinkt; von Google wollen wir gar nicht reden. Der Gipfel der Dreistigkeit ist allerdings der Satz am Ende des Artikels, der sich auf die unter anderem von Ansgar Warner auf eBook-News bemängelten zu hohen eBook-Preise der Publikumsverlage bezieht:
Wovon Autoren bei E‑Book-Preisen im Cent-Bereich künftig leben sollen, verrieten allerdings weder der anonyme Boox.to-Betreiber noch Warner.
Da bleibt mir die Spucke weg. Autoren werden von der Branche traditionell – und ich kann es nicht anders sagen – beschissen bezahlt. Die überhöhten Preise für eBooks damit zu begründen, dass die Autoren ja auch noch was abbekommen müssen, kotzt mich an. Das ist Populismus in Reinkultur. Nicht die Autoren machen sich die Taschen damit voll, sondern die Verlage, das wollen wir hier mal ganz deutlich klar stellen. Die Autoren bekommen Peanuts. Und: wer redet denn von »eBook-Preisen im Cent-Bereich«? Angemessene Preise sind gemeint. Was die beschriebenen eBook-Flatrates angeht: ja, die werden kommen, es gibt sie sogar schon.
Man kann nur mehr Autoren raten, ihre Bücher im Selbstverlag zu verkaufen, Amazon zahlt 70% Tantiemen, davon kann ein Verlagsautor nur träumen. Es wird zudem Zeit für eine alternative Plattform, die ebenso erfolgreich ist, wie die Amazonen und auch ähnliche Honorare generiert, ohne gleich auf einem mit Blut unterschriebenen Vertrag die Seele des Autoren (sprich: umfangreiche und ausschließliche Rechte an den Texten) einzufordern. Und wenn die Flatrates kommen, sollten Autoren ebenfalls direkt mit deren Anbietern verhandeln, ansonsten schöpfen auch hier die Verlage wieder das Geld ab, die Musikindustrie zeigt gerade, wie das geht.
Was die Verlage angeht: hartes DRM weg, benutzerfreundliche Plattformen schaffen und nachvollziehbare Preise ansagen. Dann klappts auch mit dem Leser. Und vielleicht mal damit anfangen deutlich sympathischer auftreten, statt ständig mit Rechtsverdrehern zu drohen oder gegen Mitbewerber zu pöbeln.
Offenbar dringt es nach und nach auch bis zu den letzten Merkbefreiten in den Chefetagen der Publikumsverlage durch: harte DRM-Maßnahmen werden von den Kunden nicht angenommen, weil sie unbequem sind, das Handling deutlich verschlechtern und dafür sorgen, dass der Kunde die eBooks nicht auf allen seinen Plattformen nutzen kann. Das gilt übrigens hauptsächlich außerhalb des Amazon-Universum, das ohnehin ein geschlossenes System darstellt. Wer aber mal versucht hat mit Adobe-DRM zu hantieren, oder gar, es mit Linux zu nutzen, der weiß, was für ein – mit Verlaub – Scheiß das ist. Außerdem kann man solche Kopierschutzverfahren in Nullzeit entfernen – damit herumärgern muss sich nur der ehrliche Kunde.
Eine Variante sind digitale Wasserzeichen im Buch, sogenanntes Soft-DRM. Damit kann man erkennen, wer das eBook ursprünglich erworben hat und damit möglicherweise feststellen, wer das Ding in die Tauschbörse gestellt hat (wobei ich die Beweiskette wirklich gern mal vor Gericht sehen würde). Auch die sind aber leicht manipulier- oder entfernbar.
Der MVB (also der Börsenverein) hat jetzt das Fraunhofer-Institut Darmstadt mit der Entwicklung eines Wasserzeichens beauftragt (Korrektur vom 13.06.2014: Bösenverein und MVB sind nicht Auftraggeber, entwickeln das Projekt aber zusammen mit dem Fraunhofer-Institut), das auf »Textänderungen basiert«. Das System trägt den branchentypisch klobigen Namen »Sichere Dokumente durch individuelle Markierung« oder kurz SiDiM, das berichtet das Börsenblatt.
Was sich auf den ersten Blick nicht gerade schwerwiegend anhört, ist wenn man genauer nachsieht, eine grobe Unverschämtheit gegenüber den Werkschöpfern. Sieht man sich die Beispieltexte mal an (siehe PDFs im verlinkten Artikel), stellt man fest, dass das System darauf basiert, in einem eBook haufenweise kleine und angeblich »nicht ins Gewicht fallende« Änderungen am Inhalt vorgenommen werden. Beispiele gefällig? Bitte:
Aus
Der Staub den er aufwirbelte, ließ ihn unsichtbar aus der Stadt verschwinden.
wird
Der Staub den er aufwirbelte, ließ ihn nicht sichtbar aus der Stadt verschwinden.
Oder aus
Heute leben wir in einem Paradies, das in eurer Zeit nicht denkbar gewesen wäre.
wird
Heute leben wir in einem Paradies, das in eurer Zeit undenkbar gewesen wäre.
Man weist mit nicht übersehbarem Stolz darauf hin, dass diese Textänderungen vom entwickelten System automatisiert in die eBooks eingefügt werden, wodurch es problemlos in die bestehenden Produktionsprozesse integriert werden kann.
Wie bitte? Geht es nur mir so, oder müsste bei Autoren und Lektoren angesichts dieses merkwürdigen System Übelkeit ausbrechen? Da ringt man wochen‑, monate- oder jahrelang mit den Wörtern, damit sie so angeordnet werden, wie man es für am gelungensten hält, streitet sich ausgiebig aber fruchtbar mit dem Lektor, weil der oder die das ganz anders sieht – und nach all diesem Ringen soll man akzeptieren, dass ein automatisiertes System nach irgendwelchen Algorithmen beliebige und haufenweise (es müssen viele sein, um bei großen Auflagen eine eindeutige Identifizierbarkeit des Werkes herzustellen) Änderungen am mühsam erarbeiteten Text durchführt? Gerade das erste Beispiel zeigt die Schwächen von SiDiM sehr deutlich.
Meine Meinung: geht überhaupt nicht! Man kann allerdings an diesem »Wasserzeichen« wieder einmal erkennen, welchen Respekt die Publikumsverlage vor dem Werk der Autoren und der Leistung der Lektoren haben: gar keinen.
Ich würde als Verbraucher um eBooks, die auf diese Art und Weise verfälscht wurden einen weiten Bogen machen. Oder ist das gar eine Marketingmaßnahme für Printbücher? Denn die wären ja nach wie vor so, wie sie ursprünglich sein sollten.
Eine derartige Schnapsidee kann nur aus den staubigen Katakomben des Börsenvereins kommen …
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