Rant: Wovon sollen Autoren leben? Im Ernst?

eBook-Piraterie

Im Tages­spie­gel und zweit­ver­wer­tet auch in der Zeit fand sich in den ver­gan­ge­nen Tagen ein Inter­view mit einem anony­men Buch­pi­ra­ten, der angeb­lich die größ­te (deut­sche) Platt­form für ille­ga­le eBooks betreibt. Dass so etwas bei der Buch­bran­che nicht gut ankommt, hät­te man sich vor­her den­ken kön­nen. Da hört man ein­zel­ne Stim­men jam­mern, wie es sein kann, das sol­chen Raub­mord­ko­pier­ter­ro­ris­ten über­haupt ein Podi­um gege­ben wird. Auf buchreport.de fei­ert man ab, dass irgend jemand Straf­an­zei­ge gegen die bei­den Zei­tun­gen erstat­tet hat (mög­li­cher­wei­se jemand vom Buch­re­port selbst). War­um? Weil der Link zum Ange­bot gesetzt wur­de, das sei angeb­lich »Bei­hil­fe zur Urhe­ber­rechts­ver­let­zung«. Die sind ja nied­lich. Der Hei­se-Ver­lag hat längst bis zum Bun­des­ge­richts­hof durch­ge­foch­ten, dass das Set­zen von Links selbst­ver­ständ­lich zur jour­na­lis­ti­schen Arbeit gehört, das könn­te man als Qua­li­täts­jour­na­list wis­sen. Siehe:

* Hei­se vs. Musik­in­dus­trie: Bun­des­ge­richts­hof ver­wirft Link-Ver­bot
* Hei­se vs. Musik­in­dus­trie: Begrün­dung des BGH-Urteils gegen Link-Ver­bot
Urteil des I. Zivil­se­nats vom 14.10.2010 – I ZR 191/08

Außer­dem müss­te man kon­se­quen­ter­wei­se dann auch gleich den Bör­sen­ver­ein ver­kla­gen, denn der hat auf sei­ner Web­sei­te über die Arti­kel berich­tet und eben­falls auf die eBook-Sei­te ver­linkt; von Goog­le wol­len wir gar nicht reden. Der Gip­fel der Dreis­tig­keit ist aller­dings der Satz am Ende des Arti­kels, der sich auf die unter ande­rem von Ans­gar War­ner auf eBook-News bemän­gel­ten zu hohen eBook-Prei­se der Publi­kums­ver­la­ge bezieht:

Wovon Autoren bei E‑Book-Prei­sen im Cent-Bereich künf­tig leben sol­len, ver­rie­ten aller­dings weder der anony­me Boox.to-Betreiber noch Warner.

Da bleibt mir die Spu­cke weg. Autoren wer­den von der Bran­che tra­di­tio­nell – und ich kann es nicht anders sagen – beschis­sen bezahlt. Die über­höh­ten Prei­se für eBooks damit zu begrün­den, dass die Autoren ja auch noch was abbe­kom­men müs­sen, kotzt mich an. Das ist Popu­lis­mus in Rein­kul­tur. Nicht die Autoren machen sich die Taschen damit voll, son­dern die Ver­la­ge, das wol­len wir hier mal ganz deut­lich klar stel­len. Die Autoren bekom­men Pea­nuts. Und: wer redet denn von »eBook-Prei­sen im Cent-Bereich«? Ange­mes­se­ne Prei­se sind gemeint. Was die beschrie­be­nen eBook-Flat­rates angeht: ja, die wer­den kom­men, es gibt sie sogar schon.

Man kann nur mehr Autoren raten, ihre Bücher im Selbst­ver­lag zu ver­kau­fen, Ama­zon zahlt 70% Tan­tie­men, davon kann ein Ver­lags­au­tor nur träu­men. Es wird zudem Zeit für eine alter­na­ti­ve Platt­form, die eben­so erfolg­reich ist, wie die Ama­zo­nen und auch ähn­li­che Hono­ra­re gene­riert, ohne gleich auf einem mit Blut unter­schrie­be­nen Ver­trag die See­le des Autoren (sprich: umfang­rei­che und aus­schließ­li­che Rech­te an den Tex­ten) ein­zu­for­dern. Und wenn die Flat­rates kom­men, soll­ten Autoren eben­falls direkt mit deren Anbie­tern ver­han­deln, ansons­ten schöp­fen auch hier die Ver­la­ge wie­der das Geld ab, die Musik­in­dus­trie zeigt gera­de, wie das geht.

Was die Ver­la­ge angeht: har­tes DRM weg, benut­zer­freund­li­che Platt­for­men schaf­fen und nach­voll­zieh­ba­re Prei­se ansa­gen. Dann klappts auch mit dem Leser. Und viel­leicht mal damit anfan­gen deut­lich sym­pa­thi­scher auf­tre­ten, statt stän­dig mit Rechts­ver­dre­hern zu dro­hen oder gegen Mit­be­wer­ber zu pöbeln.

Creative Commons License

Bild: eBook-Pira­te­rie, von mir, CC BY-NC-SA

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

4 Kommentare for “Rant: Wovon sollen Autoren leben? Im Ernst?”

HP

sagt:

Man könn­te aber auch mal ein Wort über den arro­gan­ten »Buch­pi­ra­ten« ver­lie­ren, der auf die Fra­ge, wovon Autoren denn in Zukunft leben sol­len nur ant­wor­te­te: »Das ist das­sel­be, als wenn man fragt, wovon Huf­schmie­de leben sol­len, weil Autos gebaut wer­den.« DER macht sich die Taschen voll, in dem er Bücher, für die er NICHTS getan hat, gegen Flat­rate ver­kauft – und das ist in Ordnung?

Es ist doch völ­lig egal ob eBooks nun 9,49 oder 1,99 kos­ten, die Leu­te die sie unm­sonst haben wol­len, wer­den sie auch wei­ter runterladen.

Und dei­ne Ama­zon-Ver­göt­te­rung in Ehren, aber was glaubst du, wie lan­ge man da noch 70% bekommt? Wenn die genug Markt­macht haben, wird da gna­den­los run­ter­ge­re­gelt. Und dass man dann als Autor erst­mal Kos­ten für Cover und Lek­to­rat vor­stre­cken muss, kehrst du auch unter den Teppich.

Sicher, die Ver­la­ge sind sicher kei­ne Heils­brin­ger und es könn­te für Autoren vie­les bes­ser lau­fen. Aber weder Flat­rates noch Selbst­ver­lag sehe ich (als Autor) als den rich­ti­gen Weg an.

Stefan Holzhauer

sagt:

Ers­tens: Ich »ver­göt­te­re« niemanden.

Zwei­tens: Über den »Buch­pi­ra­ten« muss man gar nicht dis­ku­tie­ren, der ist näm­lich über­haupt nicht The­ma mei­nes Arti­kels. Aller­dings ist der Huf­schmied­ver­gleich ange­sichts einer Bran­che, die Dino­sau­ri­ern ähnelt, auch abge­se­hen vom The­ma »ille­ga­le Kopien« kor­rekt. Es wer­den durch den Medi­en­wan­del Beru­fe und Geschäfts­mo­del­le weg­fal­len und/oder sich ändern. Das ist zwin­gend so und geschieht immer wie­der. Wer sich nicht anpas­sen kann oder will, bleibt auf der Strecke.

Es ist doch völ­lig egal ob eBooks nun 9,49 oder 1,99 kos­ten, die Leu­te die sie unm­sonst ha­ben wol­len, wer­den sie auch wei­ter runterladen.

Unbe­wie­se­ne The­sen kann ich auch in den Raum stel­len. Sie blei­ben aber: unbe­wie­se­ne The­sen. Im Gegen­satz dazu gibt es aber Stu­di­en von nam­haf­ten For­schern, die bewei­sen, dass die ach so schlim­men ille­ga­len Ange­bo­te tat­säch­lich eine nicht zu ver­nach­läs­si­gen­de Wer­be­wir­kung haben und für mehr lega­len Absatz sor­gen. Frag mal Cory Doc­to­row und Pau­lo Coelho.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.