AQUAMAN AND THE LOST KINGOM – Deutschlandstart 21. Dezember 2023
Der Satz aus dem Titel fällt so gleich ziemlich zu Anfang des Films – und er bezieht sich natürlich wie schon im ersten Teil auf die zahllosen »keiner mag Aquaman«-Memes, die nicht erst seit BIG BANG THEORY kursieren. Und es könnte auch falscher nicht sein, denn betrachtet man sich den letzten FLASH-Film: DER war eine Witzfigur, ebenso wie andere DC-Figuren in anderen DC-Filmen. AQUAMAN ist es nicht, auch nicht in diesem zweiten Teil, selbst wenn man sich einige monofilamentartig platte Witze vielleicht besser gespart hätte.
Und: ja, dieser zweite AQUAMAN ist sicher nicht herausragend aber er ist dennoch zumindest ein solider, unterhaltsamer Superheldenfilm, den ich mir nun mit ein wenig durch Feiertage und Urlaub geschuldeter Verspätung ansehen konnte.
Von vorneherein hatte es LOST KINGDOM nicht leicht. Nicht nur die Querelen um den insbesondere in den Medien ausgeschlachteten Rosenkrieg zwischen Johnny Depp und Amber Heard, an deren Ende Depp freigesprochen wurde. Daraufhin machte man sich daran, Heard alias Mera aus dem Film weitestgehend herauszuschneiden, was auch zu diversen Nachdrehs führte. Das merkt man auch deutlich, war sie im ersten Teil noch beinahe die eigentliche Hauptfigur, hier tritt sie so selten auf, dass es auffällig ist, insbesondere wenn man sich Teile des Plots ansieht, die eigentlich einen deutlich stärkeren Einsatz dieser Figur erfordert hätten.
Das führt natürlich auch dazu, dass sich LOST KINGDOM deutlich mehr auf seinen Hauptcharakter fokussieren kann.
Ebenfalls ist es für diesen Film natürlich äußerst problematisch, dass er im Prinzip der letzte aus der Reihe des DC Expanded Universe ist, der schon in Arbeit war, bevor man bei Warner alle und alles rausschmiss und James Gunn als neuen Obermurkel installierte. Deswegen werden wir diesen AQUAMAN vermutlich nicht mehr zu sehen bekommen, insbesondere auch deswegen, weil schon durch den virtuellen Blätterwald geweht wurde, dass Jason Momoa die Rolle von Lobo übernehmen soll. Was zugegebenermaßen passend besetzt ist, ich allerdings die völlig gegen den Strich gebürstete Besetzung als Aquaman erheblich kreativer und gelungener fand.
Das werfen auch viele dem Film vor, dass er am Ende ohne Konsequenzen ist, denn hier wird nichts mehr fortgesetzt werden.
Man könnte aber auch sagen, dass die elende Reihe von schlechten bis sehr schlechten DC-Filmen wenigstens durch einem ansehnlichen und ansehbaren beendet wurde.
Denn tatsächlich handelt es sich bei AQUAMAN – LOST KINGOM um eine äußerst unterhaltsame und auch äußerst eyecandybunte Superhelden-Adaption, die zu den besseren gehört, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Es gibt jede Menge abgefahrene Ideen, die in Teilen tatsächlich an die skurrilen Versatzstücke in GUARDIANS erinnern. Man hält sich auch nicht zu sehr damit auf, nochmal Atlantis zu zelebrieren, das nimmt man visuell einfach mal so hin, wie wir es bereits aus dem ersten Teil kennen und man zeigt zusätzlich noch ganz andere Szenerien.
Die Bandbreite an visuellen Effekten und computergenerierten Bildern schwankt zwischen großartig – das sind die meisten – und WTF. An ein paar wenigen Stellen sind die VFX und CGI so schlecht, dass es neben den anderen state-of-the-art-Effekten eben umso mehr auffällt. Aquamans Dreizack direkt vor seinem Gesicht sieht immer noch aus, wie aus einem Kaugummiautomaten gezogen (das hatte ich bereits beim ersten Teil bemängelt) und auch sein Superheldendress wirkt diesmal irgendwie … ich weiß gar nicht wie ich es beschreiben soll … peinlicher als im ersten Teil. ich kann das nicht konkret festmachen, vielleicht weil der Dress »glimmeriger« wirkt, als in der ersten Iteration, oder weil die Farben intensiver sind.
Und dann ist da natürlich der große Gegenspieler Black Manta. Dass der nur hauchdünn motiviert ist (»er hat meinen Vater getötet!!!einself!«) und es ihm ganz erheblich an Tiefe fehlt, ist ein Problem, dessen sich Yahya Abdul-Mateen II noch dadurch entzieht, dass er schön irre overacted. Bleibt der Elefant im Raum: Die mehr als peinliche Manta-Maske. Immer wenn man die sieht, wird es wirklich, wirklich schwer, das Ganze noch ernst zu nehmen – sogar es im Rahmen eines Superheldenfilms ernst zu nehmen. Und das will was heißen. Ja, mir ist schon klar dass der in den Comics halt so aussieht, aber das bedeutet doch nicht, dass man vom bisherigen Aussehen abweichen und es entpeinlichen kann – und was in 4farb-Heften funktioniert, muss es noch lange nicht im Bewegtbild tun. Bei Marvel weiß man genau, wie so etwas zu bewerkstelligen ist.
Merkwürdig auch ein paar Nahaufnahmen von Nicole Kidman, die aussehen wie nur mäßig gelungene Deaging-CGI. Ich kann mir darauf keinen Reim machen. Will es vielleicht besser auch gar nicht …
Dafür sind die Actionszenen trotz aller Hektik und schneller Abfolgen in aller Regel sehr clever gefilmt und geschnitten, so dass für den Zuschauenden inmitten all der gelungen computergenerierten Szenarien und dreidimensional ablaufenden Kämpfe immer klar bleibt wo man gerade ist und wer was mit wem veranstaltet. Das ist angesichts des überbordenden Geschehens schon bemerkenswert und zeugt von guter handwerklicher Arbeit bei Regie, Kamera (Don Burgess) und Schnitt (Kirk M. Morri).
Das Szenenbild im »Piratennest« und die Bewohner°Innen desselben sind fast schon ein wenig zu dick aufgetragen und gemahnen deutlich and Jabbas Palast oder diverse skurrile Umgebungen aus GUARDIANS, aber im Großen und Ganzen lässt man das als Lokalkolorit durchgehen, insbesondere, wenn man sich an ein paar Figuren aus dem ersten Teil erinnert.
Dass das alles nicht immer ganz stringent ist und man storymäßig ein paar Abkürzungen geht, ist dem Genre geschuldet und das habe ich anderswo schon viel schlimmer gesehen. Das geht schon in Ordnung.
Auch dass der Verrat des Minions des Bösen sehr, sehr offensichtlich herbeigeführt wurde und nun wirklich keine Überraschung ist, lässt sich verschmerzen.
Und Mimenspiel auf Shakespeare-Niveau erwartet hoffentlich in einem Superhelden-Popcornkino-Spektakel niemand.
Aber entgegen der zahllosen schlechten Bewertungen, die ich bereits zumindest in Überschriften gesehen hatte (ich bemühe mich sonst immer sehr schnell in solche Filme zu gehen, um derlei Beeinflussungen zu umgehen und den Streifen vorurteilslos zu begegnen), bekam ich keinen wirklich schlechten Film zu sehen. Er ist durchgängig unterhaltsam, actionreich, rasant inszeniert und nicht alle Witze sind cringy. Für Streifen wie LOST KINGDOM gehe ich ins Kino, da lohnen sich Dolby Atmos und Riesenleinwand. Ja, ein paar der Gags sind ein wenig flach, man versucht Arthur Curry vielleicht ein klein wenig zu viel Kindskopf anzudichten, aber das ist eigentlich nur eine Randnotiz.
Deswegen kann ich die überaus schlechten Kritiken an manchen Stellen nicht wirklich nachvollziehen, denn verglichen mit anderen Superheld°Innenfilmen ist er gut, spielt im DC-Kontext sogar eindeutig in der Oberliga (was bei DC allerdings auch nicht schwer ist). Der Turkey, als der er in manchen Besprechungen verrissen wird, ist er objektiv nun wahrlich nicht. Das belegt meiner Ansicht nach auch der Audience-Score von 81% bei Rotten Tomatoes.
Kann man sich gut mal ansehen, insbesondere auf einer großen Leinwand im Kino bekommt man jede Menge visuelle Schauwerte fürs Geld und einen wirklich nicht schlechten Super-Actionfilm. Ohne viel Tiefe (pun intended), aber wer die will geht eh ins Arthouse.
Und sehr erfreulich auch, dass man ihn auf knackige 124 Minuten gedreht und geschnitten hat und nicht versuchte, das Ding auf zweieinhalb oder drei Stunden künstlich aufzublasen.
Keine Post-Credits-Szene. Warum auch … Das wars. Eigentlich schade.
AQUAMAN AND THE LOST KINGDOM
Besetzung: Jason Momoa, Patrick Wilson, Yahya Abdul-Mateen II, Amber Heard, Nicole Kidman, Randall Park, Temuera Morrison, Dolph Lundgren, Martin Short, Jani Zhao, Pilou Asbæk, Indya Moore, John Rhys-Davies, Vincent Regan u.v.a.m.
Regie: James Wan
Drehbuch: David Leslie Johnson-McGoldrick nach einer Story von ihm, James Wan, Jason Momoa und Thomas Pa’a Sibbett
Produzenten: Rob Cowan, James Wan
Ausführende Produzenten: Pete Chiappetta, Walter Hamada, Andrew Lary, Anthony Tittanegro, Galen Vaisman
Kamera: Don Burgess
Schnitt: Kirk M. Morri
Musik: Rupert Gregson-Williams
Produktionsdesign: Bill Brzeski
Casting: Anne McCarthy, Kellie Roy, Lucinda Syson
124 Minuten
USA 2023
Promofotos Copyright Warner Bros.