100 Fans – Crowdfunding für Bücher?

Screenshot 100fans

Update vom 26.09.2013: Der Betrei­ber von 100Fans hat mir eine E‑Mail geschrie­ben, in der er Tei­le des unten­ste­hen­den Arti­kels für »unwahr« hält. Die Ansicht des Betrei­bers und mei­ne Kom­men­ta­re dazu fin­den sich in einem neu­en Arti­kel.

Update vom 27.09.2013: Sie­he auch den Fol­ge­ar­ti­kel: Fünf Fra­gen an 100 Fans.

Kurz vor der Buch­mes­se über­schlägt sich die Bran­che ja regel­mä­ßig mit dem Eröff­nen von irgend­wel­chen »Platt­for­men, die kei­ner braucht[tm]«, oder ähn­li­chen Pro­jek­ten. In die­sem Jahr ist es nicht anders. Die Münch­ner Ver­lags­grup­pe bringt eine Crowd­fun­ding-Platt­form für Bücher unter dem Namen 100Fans an den Start.

Das Kon­zept: Man kann dort sein Buch­pro­jekt vor­stel­len, das darf in Form eines eBooks oder her­kömm­li­chen Druck­werks daher kom­men, und nach Schwarm-Finan­zie­rern suchen. Kom­men min­des­tens 100 Fans zusam­men, wird das Buch pro­du­ziert. Bei Print­bü­chern erhält der Autor 25%, bei eBooks 30% des Net­to­er­lö­ses. Kom­men mehr als 1000 Fans zusam­men, »wird das Buch durch Ver­tre­ter der Ver­lags­grup­pe auch im Han­del bewor­ben«.

Bis hier­hin hört sich das alles ganz gut und macht den Anschein, dass tat­säch­lich mal jemand einen inno­va­ti­ven Ansatz hat und vor allem Crowd­fun­ding vor­an brin­gen möch­te. Schaut man aller­dings hin­ter die Kulis­sen, stellt man fest, dass nicht wirk­lich ver­stan­den wur­de, was Crowd­fun­ding eigent­lich ist. Denn bei die­sem Kon­zept ist es bei­spiels­wei­se üblich, Pro­jek­te auch durch klei­ne­re Spen­den unter­stüt­zen zu kön­nen, ohne dafür gro­ße Gim­micks zu bekom­men. Auf Kicks­ter­ter oder indiego­go bei­spiels­wei­se kann man auch ein­fach mal einen oder fünf Dol­lar über den vir­tu­el­len Tisch wan­dern las­sen, nur um zu sagen: »Ich fin­de das pri­ma!«.

Auf 100​fans​.de fan­gen die soge­nann­ten »Fan­pa­ke­te«, die man als Unter­stüt­zer kau­fen kann, aller­dings erst bei ca. 18 Euro an. Kein Pap­pen­stiel. Dafür bekommt man als Finan­zie­rer dann aber – wie groß­zü­gig – die eBook-Aus­ga­be des unter­stütz­ten Buches. Dafür sind die Bücher spä­ter im Buch­han­del erhält­lich und wur­den vom Anbie­ter lek­to­riert und mit einem »pro­fes­sio­nel­len« Cover ver­se­hen. Vom Net­to­er­lös der Fan­pa­ke­te, die mehr als nur ein eBook ent­hal­ten, bekommt der Pro­jekt­in­itia­tor 80%. Das hört sich auf den ers­ten Blick gar nicht schlecht an, aber …

Sieht man sich dann aber den Autoren­ver­trag an, den man ein­ge­hen muss, soll­te der Indie-Autor mög­li­cher­wei­se schnell die Fin­ger davon las­sen, denn man ver­kauft ähn­lich wie bei ande­ren Ver­la­gen sei­ne See­le im Rah­men eines »total buy­out«:

Der Autor räumt dem Ver­lag an dem Werk die räum­lich, zeit­lich und inhalt­lich unbe­schränk­ten, aus­schließ­li­chen Nut­zungs­rech­te für alle bekann­ten und unbe­kann­ten Nut­zungs­ar­ten ein.

Auch den Rest der voll­um­fäng­li­chen Rech­te­ein­räu­mung mit Lizen­sie­rung an Drit­te muss man sich in den AGBs der Sei­te (§ 6 Unter­pa­ra­graph 3 ff) mal auf der Zun­ge zer­ge­hen las­sen. 100Fans behält Rech­te sogar dann, wenn der Ver­trag auf­ge­löst wird, er aber Inhal­te an Drit­te unter­li­zen­siert hat. Die  Rech­te­ein­räu­mung beinhal­tet selbst Über­set­zung in ande­re Spra­chen und hau­fen­wei­se elek­tro­ni­sche Publi­ka­ti­ons­for­men. Und das, obwohl nicht der Ver­lag, son­dern die »Fans« für die Rech­te gezahlt haben …

Ein Fun­ding­ziel wird eben­so wenig genannt wie die Unter­stüt­zer. Wie irgend­ei­ne Platt­form heut­zu­ta­ge noch glau­ben kann, so etwas als »Crowd­fun­ding« dekla­rie­ren zu kön­nen, wenn es doch nur ums Abgrei­fen von Rech­ten und ums Koh­le machen geht, ist mir ehr­lich gesagt schlei­er­haft. Indie-Autoren soll­ten sich wirk­lich gut über­le­gen, ob sie ihre Pro­jek­te dort ein­stel­len, oder nicht viel­leicht lie­ber zu einer ech­ten Crowd­fun­ding-Platt­form wie Start­next gehen wol­len, die nicht alle Rech­te an den Inhal­ten an sich reißt.

Update: je öfter ich mir das durch­le­se, des­to abstru­ser wird es. Die »Fans« zah­len, aber alle Rech­te erhält der Ver­lag. Das ist ein echt bahn­bre­chen­des Kon­zept, aller­dings nur, wenn man einen IQ nah am Gefrier­punkt hat. Dass die Ver­le­ger das für eine gran­dio­se Idee hal­ten, kann ich mir vor­stel­len. Wenn das ein wei­te­rer Ver­such sein soll, Ama­zon die Stirn zu bie­ten …

Update 2: Eigent­lich ist das auch nur eine Vari­an­te des Druck­kos­ten-Zuschuss-Ver­lags, über den Autoren und Bran­che gern wet­tern.

[cc]

Screen­shot Web­sei­te 100fans Copy­right Münch­ner Ver­lags­grup­pe

7 Kommentare zu „100 Fans – Crowdfunding für Bücher?“

  1. Wo ist denn da der Unter­schied zu der Steam­punk-Antho die du letz­tens vor­ge­stellt hast und für die ein Crowd­fun­ding läuft? Da kas­siert doch auch der Ver­lag das gespen­de­te Geld?

  2. Stefan Holzhauer

    Nein.

    Es gibt kein total-buy­out. Das Fun­ding­ziel ist trans­pa­rent offen gelegt. Die Unter­stüt­zer wer­den genannt. Das Crowd­fun­ding läuft über eine unab­hän­gi­ge Platt­form. Die Bonus­pa­ke­te kön­nen von den Initia­to­ren frei fest­ge­legt wer­den und wer­den nicht durch die Platt­form bestimmt. Die Fun­ding­pa­ke­te fan­gen nicht erst bei 18 Euro an, Du bekommst das eBook als Unter­stüt­zer von »Eis und Dampf« für über­aus reel­le 5 Euro.

    Bei der Start­next-Kam­pa­gne ist das Fun­ding­ziel fest vor­ge­ge­ben und es wird defi­ni­tiv gesagt, wie­viel Geld ein­ge­nom­men wer­den muss und wofür die­ses ver­wen­det wird. Bei 100fans weißt Du als Außen­ste­hen­der nicht, ob der Ver­lag 100*18 Euro ein­nimmt, oder ein Viel­fa­ches davon.

    Crowd­fun­ding via Start­next (oder ande­ren Platt­for­men) ist eine ganz ande­re Num­mer und Vor­ge­hens­wei­se als bei 100fans.

    Ich emp­feh­le die Kon­sul­ta­ti­on des Crowd­fun­ding-Arti­kels in der Wiki­pe­dia. Lei­der hat sich das Kon­zept »Crowd­fun­ding« in Deutsch­land noch nicht mal ansatz­wei­se her­um­ge­spro­chen und die meis­ten wis­sen lei­der nicht, was sich dahin­ter ver­birgt. Jeden­falls nicht das Abzo­cken von Autoren.

  3. Ab 1.800 € wird das Buch pro­du­ziert, ab 18.000 € sogar von Ver­tre­tern im Han­del bewor­ben? Zudem »unter­stüt­zen [die User] das Buch­pro­jekt min­des­tens mit der Sum­me, die ein Exem­plar des gedruck­tens Buch oder des E‑Books kos­tet.« Also liegt der Laden­preis dann auch noch mal bei 18 € auf­wärts.
    Schö­nes Geschäfts­mo­dell für Ver­le­ger.

  4. Pingback: Reaktion des Betreibers von 100Fans

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen