Buchbranche

Kommentar: NFTs – die deutsche Verlagsbranche hat (mal wieder) Dollarzeichen in den Augen

Die immer noch zutiefst ana­lo­ge deut­sche Ver­lags­bran­che bekommt regel­mä­ßig Dol­lar­zei­chen in den Augen, wenn es um (von ihnen) soge­nann­te »neue Tech­no­lo­gien« geht (die der Rest der Welt zumeist schon seit Jah­ren kennt). Dabei geht es natür­lich immer dar­um, wie man dar­aus irgend­wie Koh­le zie­hen kann. Ob wir über Tik­Tok reden, das als »Book­Tok« genutzt wer­den soll, obwohl die immensen Daten­schutz- und Zen­sur­pro­ble­ma­ti­ken der chi­ne­sisch kon­trol­lier­ten Platt­form bekannt sind (dage­gen ist Face­book ein Kin­der­ge­burts­tag). Aber Pri­va­cy oder unter­drück­te Uigu­ren schei­nen scheiß­egal zu sein, solan­ge man dar­über Geld gene­rie­ren kann, zumin­dest muss man das aus den unkri­ti­schen Lobes­hym­nen ent­neh­men, die immer wie­der auf ein­schlä­gi­gen Bran­chen­platt­for­men wie dem Buch­re­port auf Tik­Tok zele­briert wer­den. Oder Deep Lear­ning-Algo­rith­men, wenn man hier­zu die Bei­trä­ge ver­folgt, dann hat man den Ein­druck, dass man zwar nicht genau weiß, was das eigent­lich ist, nur auf­grund von Medi­en­hy­pes mit­be­kom­men hat, dass das wohl neu, modern und hip sein könn­te und man des­we­gen uuuun­be­dingt mit­ma­chen muss.

Und jetzt schielt man auf Non Fun­gi­ble Tokens, kurz NFTs. Und was ist das jetzt wie­der? Für die Unwis­sen­de­ren unter den Leser°innen eine kur­ze Erläu­te­rung (tat­säch­lich ist das The­ma kom­ple­xer): NFTs basie­ren auf Block­chain-Tech­no­lo­gie, wie Bit­co­in oder Ethe­re­um. Es wird eine Rei­he von Daten­sät­zen erzeugt, in der alle Daten­sät­ze unter­ein­an­der veri­fi­zier­bar sind, was die gesam­te Daten­ket­te unver­än­der­bar und die ein­zel­nen Daten­sät­ze unfälsch­bar macht. Es gibt tat­säch­lich Ein­satz­ge­bie­te, wo so etwas sinn­voll erscheint, die aller­meis­ten Anwen­dun­gen sind es aber nicht. Erschwe­rend kommt hin­zu, dass für das Erzeu­gen von Block­chains mit wach­sen­der Kom­ple­xi­tät immer grö­ße­re Rechen­leis­tun­gen not­wen­dig wer­den,  und damit auch immer grö­ße­re Men­gen an dafür ver­brauch­ter Ener­gie, wes­we­gen das Erzeu­gen von Kryp­to­wäh­run­gen wie Bit­co­in oder Ethe­re­um auf­grund des enor­men Ener­gie­ver­brauchs an vor­ders­ter Front dafür ver­ant­wort­lich ist, dass Küs­ten­staa­ten im Meer ver­sin­ken wer­den. Im Jahr 2021 lag der Ener­gie­auf­wand für das Erzeu­gen von Bit­co­in bei 126 Tera­watt­stun­den pro Jahr. Das ist unge­fähr so viel wie der jähr­li­che Ener­gie­ver­brauch von ganz Paki­stan. 2018 kam eine Bit­co­in-Trans­ak­ti­on auf den Ener­gie­ver­brauch von 80000 Kre­dit­kar­ten-Trans­ak­tio­nen.

Zu den NFTs: Die nut­zen eine Block­chain (in aller Regel Ethe­re­um, auf das diver­se Kryp­to­wäh­run­gen auf­set­zen), um die Echt­heit einer Datei zu garan­tie­ren. Ich erstel­le also ein Bild (mit Bild­da­tei­en ging der Hype 2017 los, NFTs gibt es seit ca. 2014), pfle­ge das Bild in die Block­chain ein und kann damit für die­se Datei eine Echt­heit garan­tie­ren. Es kauft also jemand – für teil­wei­se Mil­lio­nen­prei­se – das allei­ni­ge Besitz­recht an die­ser Datei. Die­ser Besitz­an­spruch kann jeder­zeit über die dahin­ter lie­gen­de Block­chain veri­fi­ziert wer­den.

Da das ziem­lich gehy­ped wur­de, ent­stand schnell Gold­grä­ber­stim­mung und es spros­sen NFT-Ver­kaufs­platt­for­men aus dem Boden, auf denen man sol­che angeb­lich ein­zig­ar­ti­gen Bil­der (und inzwi­schen auch ande­re Datei­en) gegen zum Teil absur­de Sum­men erwer­ben konn­te (und kann).

Dabei ist das im Prin­zip ein gigan­ti­scher Scam, denn selbst­ver­ständ­lich bezieht sich die­ses Echt­heits-Zer­ti­fi­kat in der Block­chain aus­schließ­lich auf die­se eine Datei. Ich kann die­sel­be Bild­da­tei mil­lio­nen­fach ver­viel­fäl­ti­gen und ins Netz streu­en. Die­je­ni­gen die für eine zer­ti­fi­zier­te Datei eine Men­ge Koh­le bezahlt haben, mögen sich damit trös­ten, dass ihre veri­fi­ziert ist, aber objek­tiv gese­hen ist das arger Bull­shit, denn wenn die Datei trotz­dem mil­lio­nen­fach kopiert wer­den kann, ist ihr ech­ter wert, abge­se­hen von dem durch die Block­chain vor­ge­täusch­ten, eben qua­si non­e­xis­tent. Die­ses Sys­tem kann nur funk­tio­nie­ren, solan­ge die Illu­si­on auf­recht erhal­ten wird, es hand­le sich um ech­te Wer­te.

Inzwi­schen stei­gen etli­che Bran­chen in den NFT-Hype ein, um damit irgend­wie Koh­le zu schef­feln. Das führt zu Ver­wer­fun­gen, wenn bei­spiels­wei­se Spie­le­ver­kaufs­platt­for­men den Ver­kauf von NFT-basier­ten Games ver­bie­ten (z.B. Steam oder itch​.io). In Meta­ver­se-Anwen­dun­gen wie Decen­tra­land (eine Art Second Life 3.0) kann man NFT-basier­te Güter oder vir­tu­el­le Län­de­rei­en erwer­ben, mit Echt­heits­zer­ti­fi­kat durch NFT (Anmer­kung: der Erwerb vir­tu­el­ler Güter in einer vir­tu­el­len Umge­bung ist mei­ner Ansicht nach die ein­zi­ge Anwen­dung, in der NFTs auch nur ansatz­wei­se eine Daseins­be­rech­ti­gung haben).

Aber kurz zusam­men­ge­fasst: NFTs sind ein gigan­ti­scher, umwelt­feind­li­cher Scam-Bull­shit.

Im Buch­re­port (und anders­wo) ver­sucht man jetzt den deut­schen Ver­la­gen zu ver­kau­fen, NFTs sei­en der hei­ßes­te Scheiß seit der Erfin­dung des Sup­pen­wür­fels. Dafür wer­den Nut­zungs­sze­na­ri­en skiz­ziert, die man ver­mut­lich nur nach dem has­ti­gen Genuss einer Fla­sche Leber­meis­ter als sinn­voll anse­hen kann. In einem ande­ren Arti­kel ver­sucht man beim Buch­re­port, NFTs als was ganz Tol­les anzu­die­nen, und basiert die Emp­feh­lung auf dem Sam­mel­trieb der Men­schen. Zitat:

Man stel­le sich ein­mal vor, es wäre mög­lich, bei jedem Wei­ter­ver­kauf der Print­ver­si­on eines Best­sel­lers im Anti­qua­ri­at 5% Pro­vi­si­on zu erhal­ten.

An der Stel­le leh­ne ich mich kurz zurück und bewun­de­re die Biss­spu­ren in mei­ner Tisch­kan­te …

Wel­che Pro­ble­me NFTs erzeu­gen, allein durch den immensen Ener­gie­ver­brauch der Block­chains, oder dass es sich eigent­lich um einen groß ange­leg­ten Scam han­delt, scheint nie­man­den zu inter­es­sie­ren, Haupt­sa­che, man kann schnell enor­me Men­gen an Geld pro­du­zie­ren. Scheiß doch auf die Umwelt!

Mein Rat: Wenn euch jemand NFTs andre­hen möch­te, dann macht kehrt und rennt!

Es bleibt zu hof­fen, dass die immer noch hoff­nungs­los ana­lo­ge Bran­che auch die­sen Hype ver­passt (Jah­re ver­spä­tet sind sie dabei ohne­hin bereits – wie immer) und nicht auf das hört, was halb­sei­de­ne »Bera­ter« ihr ein­re­den wol­len. Aus­nahms­wei­se sehe ich in der Rück­stän­dig­keit der Ver­lags­bran­che einen Vor­teil.

Interview mit Prinz Rupi zum Thema Selfpublishing

Lang­jäh­ri­ge Leser wer­den sich erin­nern, dass das Self­pu­bli­shing hier auf Phan­ta­News mal ein ganz zen­tra­les The­ma war. Das ist ein wenig ein­ge­schla­fen, weil es eben nicht mehr neu und inzwi­schen eigent­lich eta­bliert ist.

Eigent­lich, denn die Rea­li­tät sieht immer noch so aus, dass die weit­aus meis­ten Buch­hand­lun­gen Self­pu­blisher wie Aus­sät­zi­ge behan­deln und deren Bücher nicht ver­kau­fen wol­len. Erst recht nicht, wenn man sich den mit­tel­al­ter­li­chen Ritua­len der Bran­che wie ISBN oder VLB-Ein­trag nicht unter­wirft und die Bücher nicht in den eli­tä­ren Kata­lo­gen der Bran­che zu fin­den sind. Noch immer schei­nen Buch­händ­ler kei­ne Such­ma­schi­nen nut­zen zu kön­nen und auch direkt beim Anbie­ter Bücher zu bestel­len ist denen zu viel Arbeit (das gilt übri­gens auch für Pro­duk­te aus Klein­ver­la­gen). Solan­ge das immer noch so ist, solan­ge man weder Dienst­leis­ter der Autoren, noch der Leser die deren Bücher haben wol­len, sein will, hält sich mein Mit­leid für Lamentos von Buch­händ­lern arg in Gren­zen.

Das bedeu­tet: Self­pu­bli­shing ist zwar seit Jah­ren eta­bliert, aber in der ste­tig im Ges­tern ver­har­ren­den Buch­bran­che lei­der immer noch nicht ange­kom­men.

Eine der größ­ten Vor­kämp­fer in Sachen Self­pu­bli­shing in Deutsch­land ist seit Jah­ren der äußerst umtrie­bi­ge Ruprecht Frie­ling, auch lie­be­voll »Prinz Rupi« genannt. Der hat gera­de auf Xing ein Inter­view zum The­ma gege­ben, das ich inter­es­sier­ten Leser°Innen ans Herz legen möch­te. Eine der Kern­aus­sa­gen:

Ganz wesent­lich trägt zum Unter­gang die Arro­ganz der Buch­bran­che bei, die immer noch glaubt, Grals­hü­ter der For­mel für »gute Lite­ra­tur« zu sein. Dabei unter­schei­den sich die im Self-Publi­shing ver­öf­fent­lich­ten Kri­mis, Fan­ta­sy­bü­cher, Unter­hal­tungs­ro­ma­ne und Rat­ge­ber nur in einem Punkt von ande­ren Titeln, die in fried­li­cher Koexis­tenz mit ihnen ange­bo­ten wer­den: Sie wur­den ohne Ver­la­ge her­aus­ge­bracht.
[…]
… letzt­lich sind nur Autoren und Leser für den Buch­markt unent­behr­lich. Es geht, wenn­gleich es für Kul­tur­be­flis­se­ne ein Gräu­el ist, auch ohne Ver­la­ge und Buch­händ­ler.

Letz­te­res ist die Money­quo­te, die mei­ner Ansicht nach in den Digi­ta­li­sie­rungs- und Inter­net-fer­nen Ver­la­gen bis heu­te nie­mand ver­stan­den hat.

Es ist schier unglaub­lich: Seit fast zehn Jah­ren kri­ti­sie­re ich den Umgang der Buch­bran­che mit Self­pu­blishern und mal abge­se­hen davon, dass gewis­se Prot­ago­nis­ten aus die­ser Bran­che Platt­for­men geschaf­fen haben, um Self­pu­blishern ordent­lich Geld aus der Tasche zu zie­hen, hat sich streng genom­men ansons­ten nichts geän­dert. Nichts.

Man fin­det das Inter­view bei Xing, ein Blick auf Prinz Rupis Web­sei­te lohnt eben­falls immer.

lbm18: Die Buchkäufer – Ja wo laufen sie denn hin?

Wie immer gab es zur Eröff­nung der Buch­mes­se Leip­zig sal­bungs­vol­le Wor­te vom Bör­sen­ver­eins-Vor­ste­her Hein­rich Rieth­mül­ler. Und wie eigent­lich immer bekom­me ich Griffspu­ren im Gesicht, wenn ich Tei­le dar­aus lese, ange­sichts der Rea­li­täts­fer­ne, bezie­hungs­wei­se der Evo­lu­ti­ons­re­sis­tenz, die aus den Wor­ten spricht.

Den Text sei­ner Rede beim Bör­sen­blatt habe ich oben ver­linkt. Ich möch­te mal drei Punk­te her­aus grei­fen, um dar­auf ein­zu­ge­hen.

Aus­sa­ge eins: Zwi­schen 2013 und 2017 sind der Bran­che im Publi­kums­markt sechs­ein­halb Mil­lio­nen Buch­käu­fer ver­lo­ren gegan­gen, das ist ein Rück­gang um 18 Pro­zent.

Aus­sa­ge zwei: Den­noch waren die Umsät­ze in den letz­ten zehn Jah­ren sta­bil (was immer genau »sta­bil« auch hei­ßen mag ..?).

Aus­sa­ge drei: Die sozia­len Medi­en sind schuld!!einself!1!

Hal­ten wir mal fest: Der Buch­markt ver­liert laut Aus­sa­ge des Bör­sen­ver­eins-Chefs fast ein Fünf­tel sei­ner Kun­den und den­noch blei­ben die Umsät­ze sta­bil? Und ange­sichts des­sen hört man seit Jah­ren ein stän­di­ges Heu­len und Zäh­ne­klap­pern aus der Bran­che, wie schlecht doch alles gin­ge und wie böse die Welt sei? Da bleibt mir die Spu­cke weg. Ande­re Bran­chen hät­ten so einen Käu­fer­rück­gang nicht »mal eben so« ver­kraf­tet. Und man muss sich fra­gen, war­um trotz eines der­art dras­ti­schen Weg­bre­chens der Kun­den die Umsät­ze sta­bil blei­ben, denn das ist wohl die Kern­fra­ge? Weil Bücher mas­siv ver­teu­ert wur­den? Oder weil der Rest viel mehr kauft als vor­her? Letz­te­res hal­te ich für eher unwahr­schein­lich.

Zur Fra­ge »ja wo lau­fen sie denn hin?« sagt Rieth­mül­ler:

Gemein­sam mit Ver­la­gen, Buch­hand­lun­gen und Markt­for­schern unter­su­chen wir der­zeit die Moti­ve der Buch­ab­wan­de­rer. War­um grei­fen die Men­schen heu­te weni­ger zum Buch, was machen sie statt­des­sen?

Ja. Was – zum Teu­fel – machen die wohl statt­des­sen?

Ich habe bereits 2010 und 2014 the­ma­ti­siert, dass sich die­se Bran­che dar­über im Kla­ren sein muss, dass sie in direk­ter Kon­kur­renz mit ande­ren Medi­en steht, wenn es um die Auf­merk­sam­keit und Zeit der Kun­den geht. Das Inter­net nimmt immer mehr Raum im Leben der Men­schen ein, noch mehr, seit sozia­le Medi­en Ver­brei­tung gefun­den haben. Zumal »das Inter­net« ohne­hin für eine erheb­li­che Band­brei­te an unter­schied­li­chen Medi­en­for­men steht, für einen Pool aus Ange­bo­ten zur Infor­ma­ti­ons- und Inter­es­sens­be­frie­di­gung, sowie Unter­hal­tung. Es ist längst nicht mehr so, dass es allein um Web­sei­ten im WWW geht, son­dern um viel mehr. Das ist ein Teil die­ser omi­nö­sen »Digi­ta­li­sie­rung«.
Apps bie­ten eben­so wie Com­pu­ter- und Video­spie­le für Cent­be­trä­ge Unter­hal­tung für zahl­lo­se Stun­den, wohin­ge­gen man für ein Buch ver­gleichs­wei­se ein Ver­mö­gen aus­ge­ben muss. Die ers­te Nin­ten­do-Gene­ra­ti­on hat die 50 über­schrit­ten und spielt bis heu­te wie selbst­ver­ständ­lich wei­ter­hin Com­pu­ter­spie­le, eben­falls eine direk­te Kon­kur­renz – die­se Bran­che hat es zudem geschafft, über Casu­al Games wie Farm­ville oder Bubble Witch auch noch ganz neue Per­so­nen­krei­se anzu­spre­chen, die bis­her nicht gera­de Video­spiel-affin waren. Und die Älte­ren, die damit so gar nichts anfan­gen kön­nen, sind nicht unsterb­lich …
Und seit­dem ich das damals schrieb, kam auch noch das Video­strea­ming hin­zu, das den Kon­su­men­ten unab­hän­gig vom Sen­de­plan linea­rer Fern­seh­an­bie­ter oder vom Besitz phy­si­scher Video­kon­ser­ven macht, es ste­hen Unmen­gen von Fil­men und Fern­seh­se­ri­en jeder­zeit zur Ver­fü­gung – und all das eben­falls zu ver­gleichs­wei­se güns­ti­gen Prei­sen, ver­gli­chen mit Büchern. Und wäh­rend man sich frü­her, wenn es »nichts im Fern­se­hen gab«, ein Buch gegrif­fen hat, klickt man sich heu­te durch Net­flix oder Ama­zon Video, da fin­det man immer was. Fin­det man auch da nichts, ist eine Run­de Beje­we­led auf dem Smart­phone oder Tablet nur einen Hand­griff ent­fernt.
Und bei all die­sen zu kon­su­mie­ren­den Medi­en haben wir noch nicht ein­mal betrach­tet, dass es immer mehr Men­schen gibt, die in ihrer Frei­zeit selbst Din­ge gestal­ten oder Wer­ke erschaf­fen, die ihre Hob­bies durch eige­ne Sei­ten im Web ver­brei­ten. Eben­falls haben wir nicht betrach­tet, dass die Armut in Deutsch­land dra­ma­tisch ansteigt – wenn das Geld kom­plett für Nah­rungs­mit­tel und Woh­nung drauf geht, bleibt nun mal nichts mehr für Bücher übrig, aber eine App für 99 Cent geht viel­leicht.

Statt sich dar­über klar zu wer­den, dass es längst einen inten­si­ven Krieg vie­ler ver­schie­de­ner Anbie­ter um die Auf­merk­sam­keit der Men­schen gibt, ist das ein­zi­ge Sin­nen und Trach­ten die­ser Bran­che, Bücher noch teu­rer zu machen, um noch mehr Umsät­ze zu gene­rie­ren (wir erin­nern uns an wei­ter oben, ich fra­ge noch­mals: Wie sonst soll­te man erklä­ren, dass die Umsät­ze ange­sichts des dra­ma­ti­schen Käu­fer­rück­gangs »sta­bil« blei­ben?). Statt ihr Medi­um attrak­ti­ver zu machen, auf wel­chem Weg auch immer? Dass es die­sen Krieg um die Auf­merk­sam­keit gibt, hät­te man in den ver­gan­ge­nen Jah­ren mit­be­kom­men könn­ten, denn der ist alles ande­re als okkult, und wer sich mit Medi­en befasst, dem soll­te er eigent­lich längst bewusst sein. Statt­des­sen möch­te Rieth­mül­ler jetzt erst ein­mal »mit Markt­for­schern unter­su­chen« wohin die Kun­den gewan­dert sind. Bis es aus der Rich­tung Ergeb­nis­se gibt, die außer ihm eh jeder bereits kennt, beschul­digt er mal schnell die Sozia­len Medi­en?

Das ist mit »Rea­li­täts­fer­ne« noch sehr freund­lich umschrie­ben, und die Markt­for­schung gab es bereits, denn vor einem ganz ähn­li­chen Pro­blem ste­hen auch die Fern­seh­sen­der.

Die Sozia­len Medi­en? Rieth­mül­ler hat natür­lich, auch ohne auf die Ergeb­nis­se aus der »Markt­for­schung« zu war­ten, bereits einen Feind im Visier, den man für all die Unbill mit unwil­li­gen Buch­käu­fern ver­ant­wort­lich machen kann:

Ers­te Ergeb­nis­se von Befra­gun­gen zei­gen zwei­er­lei. Zum einen bestä­ti­gen die Befrag­ten, was wir alle wohl ver­mu­ten. Fast uni­so­no berich­ten sie von einer gro­ßen Zeit­knapp­heit und Über­for­de­rung im All­tag, nicht zuletzt durch Social Media.

Hier völ­lig unre­flek­tiert die Social Media-Sau durchs Dorf zu trei­ben, wie es der­zeit zu etli­chen Pro­ble­men bei Ahnungs­lo­sen beliebt zu sein scheint, ist der ein­fa­che Weg. Und er ist in die­ser Kon­se­quenz falsch. Ja, selbst­ver­ständ­lich erfor­dern auch Sozia­le Medi­en Auf­merk­sam­keit, die woan­ders fehlt, aber das ist nur ein Punkt in einer lan­gen Lis­te, die ich wei­ter oben ange­deu­tet habe (durch Job und die Not­wen­dig­keit der stän­di­gen Erreich­bar­keit gestress­te Men­schen suchen zudem mög­li­cher­wei­se auch leich­te­re, schnel­le­re Ablen­kung als aus­ge­rech­net ein Buch …). Die Schluss­fol­ge­rung, dass die Men­schen haupt­säch­lich durch Social Media der­art mas­siv über­for­dert wer­den, dass sie des­we­gen kei­ne Bücher mehr lesen – ent­schul­di­gung – kau­fen, kann eigent­lich nur Per­so­nen ein­fal­len, die sich mit moder­nen Medi­en- und Unter­hal­tungs­for­men nicht wirk­lich aus­ein­an­der­set­zen, son­dern statt­des­sen nur schnell einen Buh­mann suchen. Und den in den Sozia­len Medi­en fin­den, die man in der Bran­che ohne­hin nicht ver­steht und für eine simp­le, uni­di­rek­tio­na­le Wer­be­flä­che hält, was zahl­lo­se Auf­trit­te von Ver­la­gen auf Face­book und Co. immer wie­der vor Augen füh­ren. Da wird nur Wer­bung raus­ge­pumpt, ech­te Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Fol­lo­wern über All­ge­mein­plät­ze und Wort­hül­sen hin­aus fin­det nicht statt. Das macht jeder Self­pu­blisher bes­ser.

Und es ist lei­der mei­ner Ansicht nach exem­pla­risch für eine rück­wärts­ge­wand­te, tech­nik-unaf­fi­ne, ana­lo­ge, – eben evo­lu­ti­ons­re­sis­ten­te – Bran­che, die ihre Kun­den mit einer untaug­li­chen Ver­kaufs-Platt­form nach der ande­ren ver­grault oder in Ama­zons Arme treibt, und mit feuch­ten Träu­men über Preis­er­hö­hun­gen für Bücher den Ast auf dem sie sitzt schon weit durch­ge­sägt hat.

Die Buch­bran­che hat den Auf­merk­sam­keits­krieg bereits ver­lo­ren, bevor sie über­haupt bemerkt hat, dass es einen gibt.

Bild: sto​ckun​li​mi​t​ed​.com

Der Deutsche Buchpreis

Dem­nächst wird er ja wie­der auf die­ser Bran­chen­selbst­be­weih­räu­che­rungs-Ver­an­stal­tung im Elfen­bein­turm … äh … in Frank­furt ver­lie­hen, der Deut­sche Buch­preis. Ich wur­de gefragt, ob ich dazu nichts sagen möch­te. Möch­te ich nicht, alles was es dazu zu sagen gibt oder gab, hat Sir Ter­ry bereits aus­ge­drückt, des­we­gen zitie­re ich ihn an die­ser Stel­le:

Pratchett Literatur

Cory Doctorow: Das Ding mit dem Copyright

Cory Doctorow

Vor­wort zur Neu­ver­öf­fent­li­chung: Die­ser Text erschien ursprüng­lich im April 2010 (also bereits vor sagen­haf­ten sechs Jah­ren) auf dem alten Arti­kel­por­tal von Phan­ta­News. Aus gege­be­nem Anlass habe ich ihn jetzt hier­her über­tra­gen, denn er erscheint ange­sichts der Tat­sa­che, dass die Buch­bran­che nach allen ande­ren die Digi­ta­li­sie­rung ent­deckt hat, in immer grö­ße­res »Mim­i­mi« aus­bricht und offen­bar alle Feh­ler der Musik­in­dus­trie wie­der­ho­len möch­te, aktu­el­ler denn je. Aus­lö­ser war kon­kret aller­dings das Erschei­nen eines Arti­kels von Felix Mün­ter bei Teil­zeit­hel­den, bei dem mich allein der pole­mi­sche (und sach­lich fal­sche) Titel bereits schau­dern lässt. Mir hängt die­se Form der Dis­kus­si­on zum Hals raus, denn sie wur­de bereits erschöp­fend geführt und muss wahr­lich nicht erneut ange­fan­gen wer­den, nur weil Buch­bran­che und Autoren etli­che Jah­re nach allen ande­ren die Digi­ta­li­sie­rung ent­deckt haben.

Cory Doc­to­row ist ein kana­di­scher Sci­ence-Fic­tion-Schrift­stel­ler und Akti­vist in Sachen neue Medi­en, Inter­net, Copy­right-Libe­ra­li­sie­rung und Pri­vat­sphä­re. Am letz­ten Wochen­en­de habe ich sein Buch LITTLE BROTHER in Rekord­zeit gele­sen, nach­dem es mir von »fel­low neti­zens« bereits mehr­fach nach­drück­lich ans Herz gelegt wur­de.

Das Beson­de­re an die­sem Buch: man kann es nicht nur über die ein­schlä­gi­gen Ver­triebs­ka­nä­le kau­fen, son­dern es auch ein­fach auf sei­ner Web­sei­te kos­ten­los in zahl­rei­chen For­ma­ten her­un­ter laden. Kos­ten­los. Ein­fach so. Legal. Unter einer Crea­ti­ve Com­mons-Lizenz. Trotz die­ser Tat­sa­che ver­kau­fen sich sei­ne Bücher wie geschnit­ten Brot.

Wie kann das sein? Ins­be­son­de­re ange­sichts des Dau­er­ge­jam­mers gewis­ser Ver­le­ger und Ver­la­ge, wie böse kos­ten­lo­se Ange­bo­te sind – sei­en sie nun semi­le­gal oder legal – und dass bei­de den Markt zer­stö­ren…

Im Vor­wort zu LITTLE BROTHER befin­det sich der fol­gen­de Text, den ich aus dem Eng­li­schen über­setzt habe, um ihn hier zu ver­öf­fent­li­chen, was ich auf­grund der CC-Lizenz pro­blem­los tun darf, wenn ich den Namen des Autoren nen­ne, auf sei­ne Web­sei­te hin­wei­se und kein Geld damit ver­die­ne.

Die Rattenfänger von Leipzig – über Verlage und Buchblogs

Buchblogs und Verlage

Gleich vor­weg, die Buch­bran­che ist Big Busi­ness – ganz egal, was der sym­pa­thi­sche Buch­händ­ler ums Eck auch erzählt. Jahr für Jahr erwirt­schaf­tet allein der Buch­han­del einen Umsatz von sage und schrei­be zehn Mil­li­ar­den Euro, und das nur in Deutsch­land. Aus­lands­ge­schäf­te, Lizenz­ver­käu­fe und Mer­chan­di­sing deut­scher Buch­ver­la­ge nicht mit­ge­zählt. Ama­zon und die eta­blier­te Buch­bran­che insze­nie­ren öffent­li­che Rosen­krie­ge und pro­fi­tie­ren doch zugleich an den 50 – 60 Pro­zent-Mar­gen (Buch­händ­ler­ra­batt), die ihnen das Buch­preis­bin­dungs­ge­setz ermög­licht. Nach außen mar­kie­ren sie Feind­schaft, nach innen hin eint sie das gemein­sa­me Ziel der guten Geschäf­te. Ein Gesetz aus dem letz­ten Jahr­tau­send – die Buch­preis­bin­dung – schweißt alle zusam­men. In der Bran­che herr­schen die klas­si­schen Spiel­re­geln eines Kar­tells: Man strei­tet sich, man ver­klagt sich – und dann legt man sich doch wie­der ins gemein­sa­me Bett.

Es gibt aber jeman­den, der vor allen ande­ren die Strip­pen zieht, bei dem alle Fäden zusam­men­lau­fen, der die Prei­se fest­setzt und der immer ver­dient, egal wer was wo ver­kauft. Die­ser mäch­tigs­te aller Play­er im Spiel, wenn man so will, die­ser Play­er heißt: Buch­ver­lag. Er ist qua­si die Dame im Schach­spiel um den König Kun­den. Wo es aber eine Dame und einen König gibt, dort muss es auch zwin­gend Bau­ern geben.

Reality Check: Vortrag von Anja Bagus und Alex Jahnke

Auf dem BuCon in Drei­eich gab es in die­sem Jahr einen Vor­trag von Anja Bagus und Alex Jahn­ke mit dem Titel »Rea­li­ty Check« Er dreht sich ums Schrei­ben, dar­um, wie man ein Autor wird und was einem dabei alles begeg­nen (Har­py­ien!) und pas­sie­ren kann, sowie um Self­pu­bli­shing und Fak­ten zu den The­men und zum Buch­markt.

Da ich Anjas und mei­nen Gemein­schafts­stand hüten soll­te, konn­te ich die Kame­ra lei­der nur hin­stel­len und muss­te dann wie­der ent­schwin­den, des­we­gen ist das Video lei­der ein wenig … sta­tisch … ;) Mein beson­de­rer Dank muss hier dem Tüten­knis­te­rer gel­ten, der sei­nen Jab am Anfang wirk­lich ernst genom­men hat.

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Frankfurter Buchmesse: Kinder müssen leider draußen bleiben

Kinder draußen

Ich habe eine Freun­din, die ist Kin­der­gärt­ne­rin. In den letz­ten Jah­ren erzähl­te sie immer wie­der mal vol­ler Freu­de, dass sie mit eini­gen der Kin­der, die sie betreut, auf der Buch­mes­se war und wie toll die Kur­zen den Besuch in der Kin­der­buch­ab­tei­lung fan­den.

Als sie in die­sem Jahr wegen Kar­ten nach­frag­te, erhielt sie die Ant­wort, dass man lei­der kei­ne kos­ten­lo­sen Kar­ten für Schu­len und Kin­der­gär­ten mehr bereit stel­len kön­ne. Die Begrün­dung haut einen um: Die Nach­fra­ge sei zu groß gewe­sen.

Man fasst es kaum. Da geriert sich eine Bran­che immer wie­der als Ret­ter der Kul­tur und des Abend­lan­des und man wird nicht müde, zu beto­nen, wie wich­tig Lesen auch und gera­de für die Jüngs­ten sei und man sie unbe­dingt früh dar­an her­an­füh­ren müs­se – und dann ist man sich auf ein­mal zu fein, die dann auch kon­se­quen­ter­wei­se auf die Buch­mes­se ein­zu­la­den. Offen­sicht­lich möch­ten die Schaf­fen­den ver­meint­lich hoher Lite­ra­tur in Frank­furt lie­ber unter sich blei­ben. Das mit der »gro­ßen Nach­fra­ge« konn­te ich bei mei­nem Besuch im letz­ten Jahr nicht bestä­tigt fin­den. Am Frei­tag, dem Tag an dem Schu­len und Kin­der­gär­ten auf der Mes­se waren, konn­te ich wahr­lich kein Gedrän­ge von Kin­dern fest­stel­len. Die Men­ge an Schlips­trä­gern und Wich­tig­tu­ern war immer noch deut­lich höher.

Ich kann für das Ver­wei­gern der Kar­ten nur ein Wort fin­den: erbärm­lich.

Ver­mut­lich wer­den als nächs­tes die Publi­kums­ta­ge abge­schafft, damit man gar nicht mehr mit den läs­ti­gen Lesern in Kon­takt kom­men muss.

Bild »Kind« von Pix­a­bay – CC0

Das Wort zum Wochenende: Aus den Schriften des Häretikers

Boticelli-Peitschende-Teufel

Das Buch der Ver­zweif­lung – Psalm eins, Absät­ze eins bis neun

1.1 Oh ihr Göt­ter der bedruck­ten Zel­lu­lo­se, so höret denn mein Kla­gen. Ich bin nur ein Wicht, ein Wurm, unbe­deu­tend und klein, mir dau­ert vor mir selbst. Und selbst wenn der unhei­li­ge Goog­le, Schutz­pa­tron der SEO­li­ken und Men­tor des #neu­lands, mir einen recht guten Leu­mund in Sachen des welt­wei­ten Net­zes zuge­stand, so reich­te dies doch nicht, um in den Augen des hohen Adels der ewi­gen Buch­schöp­fer Gna­de zu fin­den.

1.2 Und so sit­ze ich hier und weh­kla­ge, ob mei­ner Nich­tig­keit in den Augen des Adels. So ein­fach waren mei­ne Fra­gen und allein schon aus Hoch­ach­tung vor dem hohen Ran­ge und des Wis­sens um ihre schie­re Macht unter­wür­fig und vol­ler Demut for­mu­liert. Doch ach, sehen sie mich nicht als einen Glei­chen, denn ich bin ein Mit­glied des Pöbels und sie baden ihr Licht in der Herr­lich­keit der Buch­bran­che, die, wie alle Gläu­bi­gen wis­sen, das Uni­ver­sum erschuf – und es der­einst wie­der wird erlö­schen las­sen.

Rant: Das große Branchengeheule um die angebliche »Erpressung« durch Amazon

prozente

Die nächs­te Run­de im gro­ßen Ama­zon-Gebas­he sei­tens der Buch­bran­che ist ein­ge­läu­tet. Auf den ein­schlä­gi­gen Platt­for­men wie Börsenblatt.de und ähn­li­chen pro­du­zie­ren sich Figu­ren aus Bör­sen­ver­ein und rest­li­cher Bran­che mit Schaum vor dem Mund ob der Unver­schämt­hei­ten Ama­zons.

Doch was ist pas­siert? Fan­gen wir mal damit an, dass gera­de vor ein paar Tagen gemel­det wur­de, Ama­zon habe beim Onlin­ever­kauf von Büchern einen Anteil von unge­fähr 80%. Das ist viel. Fast schon ein Mono­pol. Und was kann man machen, wenn man fast schon ein Mono­pol hat? Na klar: an der Preis­schrau­be dre­hen. Und genau das macht Ama­zon gera­de. Der US-Kon­zern ver­langt von Ver­la­gen statt der übli­chen Rabat­te auf eBooks in Höhe von 30% nun neu­er­dings 40 bis 50 %. Ver­lan­gen kann man das mal, ein Ver­lag muss dar­auf nicht ein­ge­hen. Ama­zon reagiert auf die Wei­ge­rung, indem sie die Bücher die­ser Ver­lags­grup­pe nur ver­zö­gert aus­lie­fern.

Nein, das ist nicht nett. Echt nicht.

Und? Ich kann mich an Berich­te erin­nern, dass Tha­lia angeb­lich ganz ähn­li­che Num­mern durch­ge­zo­gen haben soll. Wenn man sich den Wün­schen der Ket­te nicht unter­warf, dann wur­den Bücher halt in der Besen­kam­mer neben dem Not­aus­gang aus­ge­stellt, statt auf pro­mi­nent plat­zier­ten Tischen. Wo blieb denn da der gro­ße Auf­schrei? Oder anders gefragt: War­um jetzt das Geheu­le? Weil es damals qua­si bran­chen­in­tern blieb und heu­te Ama­zon als bran­chen­frem­de Fir­ma das­sel­be durch­zieht – und man darf sich nur inner­halb der Buch­bran­che über den Tisch zie­hen? Oder was?

Es ist immer wie­der das­sel­be: Die Buch­bran­che, allen vor­an der Bör­sen­ver­ein, deren Ober­muf­tis regel­mä­ßig Gift und Gal­le in Rich­tung Ama­zon spei­en, hät­te sich schon vor Jah­ren auf den Arsch set­zen müs­sen, um gemein­sam eine Platt­form zu eta­blie­ren, die Ama­zon Paro­li bie­ten kann, sowohl was das Ange­bot, aber auch die immense Kun­den­freund­lich­keit angeht. Ein­zel­ne oder der legen­dä­re klei­ne Buch­händ­ler kön­nen das nicht stem­men, eine gan­ze Bran­che aber schon. Doch statt­des­sen köcheln hau­fen­wei­se Prot­ago­nis­ten eige­ne Süpp­chen, die alle­samt mehr oder weni­ger uner­folg­reich sind. War­um tun die das? Ein­fach: weil jeder von ihnen selbst das gro­ße Geld ver­die­nen will und das dem Rest nicht gönnt. Das ist kurz­sich­tig und dumm.

Genau­so kurz­sich­tig und dumm ist es, wenn man Nischen­pro­duk­te (gera­de aus dem Phan­tas­tik-Bereich) in der Buch­hand­lung nicht bekommt, weil sie in irgend­wel­chen okkul­ten Kata­lo­gen nicht gelis­tet sind. Ama­zon hat die. Dann bestel­le ich dort. Ähn­li­ches gilt für eng­li­sche Taschen­bü­cher und eBooks: wenn die beim Buch­händ­ler oder in Bran­chen­shops das dop­pel­te bis fünf­fa­che des Ama­zon-Prei­ses kos­ten, dann ist auch hier klar, wo ich kau­fe.

Der Aus­weg: Eine gro­ße Platt­form, vor­ur­teils­frei und gegen ein ange­mes­se­nes Ent­geld (und eben nicht mit völ­lig über­teu­er­ten Ein­stell- oder Jah­res­ge­büh­ren, und auch nicht mit über­zo­ge­nen Ver­kaufs­be­tei­li­gun­gen) auch für die Pro­duk­te von Klein­ver­le­gern und Indie-Autoren, kun­den­freund­li­ches Agie­ren, schnel­le Lie­fe­rung. Fai­re Ein­bin­dung auch klei­ner Buch­hand­lun­gen, denen man bei­spiels­wei­se eBook-Käu­fe antei­lig gut­schrei­ben las­sen kann. Das kann doch nicht so schwer sein, dass es in all den Jah­ren noch nicht geschafft wor­den ist? Und war­um arbei­tet kei­ner dar­an?

Solan­ge die Bran­che sich lie­ber gegen­sei­tig aus­ste­chen will, wird Ama­zon der lachen­de Drit­te blei­ben. Wenn die Bran­che nicht schnell mit einem Ange­bot wie oben skiz­ziert aus der Höh­le kommt, das aller­dings auch funk­tio­nie­ren muss (diver­se hoch­ge­hyp­te Ange­bo­te der letz­ten Jah­re waren uner­träg­li­che Rohr­kre­pie­rer, weil man vor­her nicht mal jeman­den gefragt hat, der sich damit aus­kennt), dann bleibt Ama­zons Markt­macht erhal­ten und wird sich auch noch stei­gern.

Ange­sichts der Tat­sa­che, dass die Buch­bran­che es aber seit Jah­ren nicht schafft, ein auch nur ansatz­wei­se ähn­lich attrak­ti­ves Ange­bot auf die Bei­ne zu stel­len, und auch jetzt nichts davon zu sehen ist, hal­te ich das Dau­er­ge­heu­le für pein­lich bis lächer­lich.

Ach ja, eins noch: Wenn Tors­ten Casi­mir auf boer​sen​blatt​.net bezo­gen auf den Han­del abseits Ama­zons schreibt:

Er kann mit E‑Readern über­zeu­gen, die anders als der Kind­le dem Kun­den sei­ne Frei­heit las­sen.

… dann kann ich das nur als Volks­ver­dum­mungs­ver­such wer­ten. Er hat offen­bar noch nie ver­sucht, ein mit Ado­be DRM ver­seuch­tes Buch auf einem eRea­der abseits des Kind­le zu lesen. Wenn er das für »Frei­heit las­sen« hält, kann ich nur vor­sätz­li­che Falsch­aus­sa­ge oder mas­si­ve Rea­li­täts­ver­lus­te ver­mu­ten.

Quint­essenz: Lie­be Buch­bran­che: Ruft nicht nach dem Gesetz­ge­ber. Wer­det ein­fach bes­ser als Ama­zon. Wie wäre es damit? Dann wird auch wie­der bei euch gekauft und Ama­zon könn­te kei­ne Raub­rit­ter­kon­di­tio­nen mehr ver­lan­gen (das macht dann viel­leicht wie­der irgend­ei­ne nam­haf­te Buch­han­dels­ket­te …). Wenn der Bör­sen­ver­ein hier feder­füh­rend ist, dann stoppt das viel­leicht sogar die Aus­tritts­wel­le, die es gera­de dem Ver­neh­men nach geben soll.

Ich wür­de wirk­lich gern wie­der bei euch kau­fen. Macht es mir doch ein­fach leicht, das auch zu kön­nen. Tre­tet gegen­über den Kun­den sym­pa­thisch auf. Ent­schlackt euch. Gönnt euch gegen­sei­tig Umsät­ze. Dann kann Ama­zon sehen, wo es bleibt.

p.s.: Ach ja – wenn euch das Ver­hal­ten Ama­zons so stört, dann ver­kauft doch ein­fach nicht mehr über die Platt­form? Was? 80% Markt­an­teil? Ah so …

p.p.s.: Wenn das Frei­han­dels­ab­kom­men mit den USA durch­ge­wun­ken wird, wer­det ihr euch wun­dern, was Ama­zon dann noch alles kann …

Bild »Pro­zen­te« von Pix­a­bay, CC0

 

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