Soeben haben die lobbygesteuerten Politiker des EU-Parlaments das Ende des freien Internets beschlossen, sowie eine Umschichtung von Einnahmen weg von Urhebern hin zu Verwertern. Axel Springer, Börsenverein und Co haben bestellt, die Politik hat geliefert und dabei die Bürgerinteressen komplett außer acht gelassen: Eine Petition von über fünf Millionen Bürgern, 200000 Menschen auf den Straßen: alles scheißegal.
Ich kann meine Wut gerade kaum in Worte fassen und werde es auch nicht tun, da diese sicherlich justiziabel wären.
Der Kampf mag verloren sein, der Krieg gegen die Internetausdrucker fängt jetzt erst an.
Erster Schritt könnte sein, dem Verein digitalcourage e.V. beizutreten wie ich es jetzt tue. Und ab sofort bin ich bei jeder legalen Aktion gegen die verlogenen Antidemokraten der CDU dabei.
Eine kurze Erinnerung: Nach dem Artikel 13 der neuen Urheberrechtsdirektive muss jeder der eine (hinreichend große) Plattform betreibt, auf der Personen Dinge posten können, die möglicherweise einem Urheberrecht unterliegen (Dinge wie Text, Bilder, Videos, Programmcode, Spiele, Audio, etc.) eine Datenbank mit »urheberrechtlich geschütztem Material« crowdsourcen müssen, für das die Nutzer keine Berechtigung haben es zu teilen, und alles blocken, das möglicherweise einem Eintrag in der Datenbank entspricht.
In diese Blacklist-Datenbanken wird so ziemlich jeder alles eintragen lassen können (immerhin kann jede/r urheberrechtlich geschützte Werke erstellen): Das bedeutet, dass Milliarden Menschen auf der ganzen Welt in der Lage sein werden, so ziemlich alles in diese Blacklisten zu laden, und das ohne nachweisen zu müssen, dass sie das Urheberrecht daran tatsächlich halten (und auch ohne nachweisen zu müssen, dass ihre Einreichungen überhaupt urheberrechtlich geschützt sind). Die Richtlinie sieht keinerlei Bestrafung dafür vor, dass jemand fälschlich behauptet sein Urheberrecht werde verletzt – und eine Plattform die sich entscheidet jemanden zu blockieren, weil er wiederholt falsche angaben gemacht hat, läuft in das Risiko gegenüber dem Missbrauchenden verantwortlich zu sein, wenn dann doch mal jemand etwas postet an dem derjenige die Rechte hält.
Das Hauptziel dieser Zensurpläne sind die sozialen Medien – und es ist das »sozial«, über das wir alle mal nachdenken sollten.
Und das weil die Währung der sozialen Medien die soziale Interaktion zwischen den Nutzern ist. Ich poste etwas, Du antwortest, eine dritte Person klinkt sich ein, ich antworte, und so weiter.
Nehmen wir mal eine hypothetische Twitter-Diskussion zwischen drei Nutzern an: Alice (eine Amerikanerin), Bob (ein Bulgare) und Carol (eine Kanadierin).
Alice postet ein Bild eines politischen Marsches: Tausende Protestierende und Gegenprotestierende, alle wedeln mit Transparenten. Wie es auf derganzenWeltüblich ist beinhalten diese Transparente auch urheberrechtlich geschützte Bilder, nach US-Recht ist das unter der »fair use«-Klausel möglich, die Parodien erlaubt. Weil Twitter seinen Nutzern ermöglicht signifikante Mengen an nutzergeneriertem Content zu kommunizieren fällt die Plattform unter den Geltungsbereich des Artikels 13.
Bob lebt in Bulgarien, einem Mitgliedsland der EU, dessen Urheberrechtsgesetz Parodie nicht erlaubt. Er will vielleicht mit einem Zitat des bulgarischen Dissidenten Georgi Markov antworten, dessen Werke in den späten 1970ern ins Englische übersetzt wurden und die noch dem Urheberrecht unterliegen.
Carol, eine Kanadierin, die Bob und Alice deswegen gefunden hat, weil sie alle DOCTOR WHO lieben, entscheidet sich, ein geistreiches Mem aus THE MARK OF THE RANI zu posten, einer Episode aus dem Jahr 1985, in der Colin Baker in der Zeit zurück reist, um die Ludditen-Proteste des 19. Jahrhunderts mitzuerleben.
Alice, Bob und Carol drücken sich alle durch die Nutzung urheberrechtlich geschützten kulturellen Materials aus, auf eine Art und Weise, die in Zukunft im Rahmen der meinungsunterdrückenden Urheberrechtsprechung der EU illegal wäre. Unter den heutigen Systemen muss die Plattform nur dann in Aktion treten, wenn sie darauf reagieren müssen, dass jemand sein Urheberrecht für verletzt hält und sich gegen eine Nutzung ausspricht. Bis dahin kann aber jeder jeden Post von anderen sehen und eine Diskussion mit Mitteln führen, die in unseren modernen, digitalen Diskursen vollkommen normal sind.
Doch sobald Artikel 13 in Kraft ist, sieht sich Twitter vor ein unlösbares Problem gestellt: Der Filter gemäß Artikel 13 wird von Alices witzigen Transparenten ebenso getriggert wie von Bobs politischem Zitat und Carols DOCTOR WHO Mem, doch theoretisch muss Twitter das urheberrechtsverletzende Material nur vor Bob verbergen.
Sollte Twitter die Nachrichten von Alice und Carol vor Bob verbergen? Falls Bobs Zitat in Bulgarien zensiert wird, sollte Twitter es Alice und carol zeigen (es aber vor Bob selbst, der es gepostet hat, verbergen)? Was, wenn Bob nach außerhalb der EU reist und dort mal in seine Timeline schaut? Oder wenn Alice Bob in Bulgarien wegen einer DOCTOR WHO Convention besucht, und dann versucht den Thread aufzurufen? Und denkt dabei immer daran, dass es keinen Weg gibt sicher zu sein, von woher ein Besucher einer Webseite kommt.
Die gefährliche aber simple Option ist es, alle Twitter-Nachrichten der europäischen Urheberrechts-Zensur zu unterwerfen, eine Katastrophe für die Online-Kommunikation.
Und natürlich geht es nicht nur um Twitter: Jeder Plattform mit Benutzern aus der EU wird dieses Problem lösen müssen. Google, Facebook, LinkedIn, Instagram, Tiktok, Snapchat, flickr, Tumblr – jeder Anbieter wird sich damit auseinandersetzen müssen.
Durch die Einführung des Artikels 13 erschafft die EU ein System in dem Urheberrechts-Beschwerdeführer einen gewaltigen Knüppel erhalten, mit dem sie das Internet verprügeln können, in dem Personen, die diese Macht missbrauchen, keinerlei Strafen befürchten müssen, und in dem Plattformen, die auf Seite der freien Meinungsäußerungen Fehler machen, diesen Knüppel mitten ins Gesicht bekommen werden.
Während die Zensurpläne der EU auf den nächsten Schritten hin zu ihrer Umsetzung sind, um für die gesamte EU bindend zu werden, ist die gesamte Welt betroffen – aber nur eine handvoll ernannter Verhandlungsführer haben eine Stimme.
Falls Du ein Europäer bist, dann wäre der Rest der Welt Dir sehr dankbar, wenn Du dir einen Moment Zeit nehmen würdest, um Deinen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zu kontaktieren, und dringend darum zu bitten uns alle in der neuen Urheberrechtsdirektive zu schützen [und nicht nur die Konzerne].
Anmerkung des Übersetzers: Und das ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt aus dem, was auf die ganze Welt zukommen würde, wenn die technisch und inhaltlich handwerklich mangelhaft gemachten EU-Urheberrechtsrichtlinien zu Gesetzen werden. Weil zu viele EU-Politiker entweder den Konzernen hörig sind, oder keine Ahnung von dem haben, was sie da tun, wird das Internet irreparabel beschädigt und die freie Meinungsäußerung massiv eingeschränkt, unter dem Deckmantel des Urheberrechtsschutzes.
Manch einer mag es vielleicht schon begriffen haben: ich bin stocksauer über die Idiotien, die skrupel- und/oder ahnungslose Politiker vorgestern im EU-Parlament beschlossen haben und die unabsehbare Auswirkungen auf das Internet und dessen Nutzung für uns alle haben werden (siehe der soeben veröffentlichte Text von Cory Doctorow). Und nur um das haltlose Mimimi einiger frei drehender, bürgerfeindlicher Wirtschaftsunternehmen zu befriedigen wird das freie Internet geopfert, es werden freie Inhalte verschwinden, es wird durch Zensurfilter zu massivem Overblocking kommen und man darf keine Fotos von öffentlichen Orten mehr posten, sobald die Gefahr besteht, dass irgendein urheberrechtlich geschütztes Material als Beiwerk darauf zu sehen ist. Ja, im Ernst, das ist so. Gegen all das ist die DSGVO ein Kindergeburtstag!
Ich habe früher bereits immer wieder mal zu Netzthemen geschrieben, wenn es notwendig war.
Es ist jetzt wieder notwendig. Es ist sogar dringend notwendig.
Ich werde euch hier auf PhantaNews in Zukunft also abseits des eigentlichen Themas Phantastik wieder vermehrt mit Netzthemen auf den Wecker gehen, und das so lange, bis ihr die Konsequenzen dessen versteht, was da gerade passiert und dann euer Wahlverhalten entsprechend anpasst. Und vielleicht auch dermaßen viel Druck auf die Verantwortlichen ausübt, dass die aufgrund der Proteste ihre Entscheidung überdenken. Axel Voss (CDU), du hast noch lange nicht gewonnen!
We suffered a crushing setback today, but it doesn’t change the mission. To fight, and fight, and fight, to keep the Internet open and free and fair, to preserve it as a place where we can organise to fight the other fights that matter, about inequality and antitrust, race and gender, speech and democratic legitimacy.
Bundesregierung und Co. tun sich in letzter Zeit damit hervor, dass man Netzinfrastrukturen gegen »Cyber«-Angriffe schützen müsse (kleiner Einschub: jeder der den Begriff »Cyber« im Zusammenhang mit Netzthemen verwendet, demonstriert, dass er keinerlei fachliche Ahnung hat, und nur sinnentleerte Buzzwords verwendet). Da soll es »schnelle Eingreiftruppen« geben, zusammengestellt aus »Spezialisten«, die aus Firmen rekrutiert werden sollen.
Tatsächlich muss man allerdings feststellen, dass ahnungslose Richter, die sich offenbar das Internet ausdrucken lassen, aber deren Urteile durch keinerlei Sachkenntnis getrübt sind, eine viel größere Gefahr für das Internet in Deutschland darstellen, als irgendwelche mehr oder weniger eingebildeten »Cyber-Bedrohungen«. Das berüchtigte LG Hamburg hat mal wieder einen rausgehauen, da wird einem schlecht. Es bestätigte einen urheberrechtlichen Verstoß alleine durch die Linksetzung auf eine Seite, wo ein Bild nicht in der durch die Creative Commons-Lizenz gewünschten Form wiedergegeben worden war. Noch mal ganz klar: Es wurde also nicht das Bild selbst eingebunden, sondern nur auf die Seite verlinkt.
Danke, LG Hamburg, da können wir das Internet auch gleich ganz abschalten, denn die Verlinkung von Inhalten ist DER zentrale Punkt im Netz, darauf beruht es (und nicht etwa auf Werbeeinblendungen, Katzenbildern, oder Urheberrechtsabzocke).
Das Urteil lässt zudem viel mehr Fragen offen, als es klärt. Gelten nur direkte Links, oder auch indirekte? Sprich: Wenn ich eine Homepage verlinke, aber auf einer Unterseite ein problematisches Bild steht, ist das dann abmahnbar? Wie soll man sich dagegen schützen, dass Inhalte auf Seiten verändert werden, aber behauptet wird »das war da schon immer!«?
Neues Abmahnmodell: Ich setze vollkommen harmlose Inhalte auf eine Webseite und bringe Dritte dazu, diese zu verlinken. Optimalerweise Dritte, die irgendeine Art von Werbung auf ihrer Seite haben (da reicht schon ein Partnerlink zu Amazon), damit die verlinkende Seite als »im weitesten Sinne geschäftsmäßig« gelten kann. Wenn ich ordentlich Links habe, stelle ich ein angeblich widerrechtlich verwendetes Bild dort ein und mache mit Abmahnungen groß Kasse.
Was ist mit Suchmaschinen, die automatisiert auf Inhalte verlinken? Was ist mit Werbebannern, die von entsprechenden Servern kommen und automatisiert eingeblendet werden?
Das Urteil betrifft übrigens selbstverständlich auch Links auf und von sozialen Medien wie Facebook, Google+ oder Twitter, das gilt insbesondere für Freiberufler, oder für gemischt beruflich und privat genutzte Profile.
Man weiß gar nicht, wo man damit anfangen soll zu erklären, warum dieses Urteil nicht das Geringste mit der Realität im Web zu tun hat, und brandgefährlich für all jene ist, die Inhalte online stellen. Das bedroht die Freiheit und Meinungsfreiheit im Netz – und das ist keineswegs übertrieben. Meiner Ansicht nach ist das Urteil sogar ein klarer Verstoß gegen die Grundrechte. Zudem wird hier ein zentraler Mechanismus des Web auf dem Altar völlig veralteter Urheberrechte geopfert, deren Novellierung an der Lobbyarbeit der Verwerter und willigen, kleptokratischen Politikern scheitert. Wäre es anders, hätten wir schon längst eine fair-use-Klausel.
Mehr Informationen dazu, und das auch noch von fachlicher Kompetenz hinterfüttert, die ich nicht habe, da ich kein Jurist bin, findet man in einem Artikel von Rechtsanwalt Schwenke.
Ich kann nur hoffen, dass sich irgendjemand, beispielsweise Heise, des Themas annimmt, und es durch die Instanzen streitet. Bis dahin freuen sich die Abmahn-Abzocker über die hübsche, richterlich geschaffene, Einnahmequelle.
Vorwort zur Neuveröffentlichung: Dieser Text erschien ursprünglich im April 2010 (also bereits vor sagenhaften sechs Jahren) auf dem alten Artikelportal von PhantaNews. Aus gegebenem Anlass habe ich ihn jetzt hierher übertragen, denn er erscheint angesichts der Tatsache, dass die Buchbranche nach allen anderen die Digitalisierung entdeckt hat, in immer größeres »Mimimi« ausbricht und offenbar alle Fehler der Musikindustrie wiederholen möchte, aktueller denn je. Auslöser war konkret allerdings das Erscheinen eines Artikels von Felix Münter bei Teilzeithelden, bei dem mich allein der polemische (und sachlich falsche) Titel bereits schaudern lässt. Mir hängt diese Form der Diskussion zum Hals raus, denn sie wurde bereits erschöpfend geführt und muss wahrlich nicht erneut angefangen werden, nur weil Buchbranche und Autoren etliche Jahre nach allen anderen die Digitalisierung entdeckt haben.
Cory Doctorow ist ein kanadischer Science-Fiction-Schriftsteller und Aktivist in Sachen neue Medien, Internet, Copyright-Liberalisierung und Privatsphäre. Am letzten Wochenende habe ich sein Buch LITTLE BROTHER in Rekordzeit gelesen, nachdem es mir von »fellow netizens« bereits mehrfach nachdrücklich ans Herz gelegt wurde.
Das Besondere an diesem Buch: man kann es nicht nur über die einschlägigen Vertriebskanäle kaufen, sondern es auch einfach auf seiner Webseite kostenlos in zahlreichen Formaten herunter laden. Kostenlos. Einfach so. Legal. Unter einer Creative Commons-Lizenz. Trotz dieser Tatsache verkaufen sich seine Bücher wie geschnitten Brot.
Wie kann das sein? Insbesondere angesichts des Dauergejammers gewisser Verleger und Verlage, wie böse kostenlose Angebote sind – seien sie nun semilegal oder legal – und dass beide den Markt zerstören…
Im Vorwort zu LITTLE BROTHER befindet sich der folgende Text, den ich aus dem Englischen übersetzt habe, um ihn hier zu veröffentlichen, was ich aufgrund der CC-Lizenz problemlos tun darf, wenn ich den Namen des Autoren nenne, auf seine Webseite hinweise und kein Geld damit verdiene.
Wie verbringt der moderne Teenager seine Freizeit? Da ist die Mär von YouTube, sozialen Netzwerken und Skype. Wie dann wohl ein zeitgemäßer, oder angemessener Kinofilm aussehen müsste, erschließt sich somit von alleine. Zuerst einmal ist die Leinwand ein gigantischer Computer-Desktop. Fenster werden geöffnet und Fenster werden geschlossen. Ein Film auf YouTube wird angesehen. Via Privat-Messenger werden ein paar Zeilen ausgetauscht. Ein kurzer Plausch im Video-Chat. Der jugendliche Zuschauer sieht genau das, was er der Legende nach immer in seiner Freizeit sieht. Bringt man das Video, die Textnachrichten, und den Video-Chat irgendwie in Zusammenhang, könnte man damit eine Geschichte erzählen. Eine clevere Idee, die man durchaus als innovativ bezeichnen muss. Alles was dem Zuschauer noch fehlt, ist sich in die Geschichte einzubringen.
Gottfried Honnefelder ist der »Vorsteher« des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. In einer Rede erläutert er eindrücklich, wie er zum Internet steht. Man könnte es salopp als »moderner, gefährlicher Scheiß« zusammenfassen. Vorsicht, es könnte bei internetaffinen Menschen, die nicht in irgendeiner Vergangenheit leben, zu einem spontanen Abfallen des Kopfes führen, wenn man den Artikel liest, so ausgiebig wird man mit dem Kopf schütteln und sich des Gesichtspalmierens befleißigen.
Da wird ernsthaft eine »digitale Abstinenz« der Nutzer gefordert und beklagt, dass sich eine solche »in der Breite nicht werde durchsetzen lassen«. Und DRM ist selbstverständlich die Rettung.
Angesichts dieser mittelalterlichen Ansichten des Börsenvereinsvorstands wundert mich bei der Branche ehrlich gesagt nichts mehr.
Wie bekannt gibt es in Deutschland ein Gesetz für Buchpreisbindung. Das besagt grundsätzlich, dass Bücher überall gleich viel kosten müssen (stark verkürzt dargestellt). Und dieses Gesetz wird vom Börsenverein und dessen Treuhänder auch gnadenlos durchgesetzt, wer versucht daran zu rütteln, wird abgemahnt. Und das sogar, obwohl Börsenverein und Treuhänder sich nicht einig sind, ob beispielsweise Selfpublisher unter das Gesetz fallen.
Durch die Buchpreisbindung hat der Büchermarkt eine kartellartige Struktur, Kartelle sollen durch andere Gesetze eigentlich vermieden werden, aber dank guter Lobbyarbeit gilt das für diese Branche offensichtlich nicht. Die rigide und ausnahmslose Durchsetzung führt unter anderem dazu, dass solche progressiven und in anderen Ländern völlig legalen Aktionen wie das »Humble eBook-Bundle« in Deutschland nicht möglich sind, ohne sich der Gefahr von Rechtsstreitigkeiten auszusetzen.
Wie hirnrissig diese Buchpreisbindung angesichts eines internationalen Marktes und des Internets ist, zeigt der britische Versandhändler The Book Depository. Die versenden weltweit kostenlos, was an sich bereits ein Feature ist. Bei englischen Büchern sind sie in aller Regel nicht preiswerter als beispielsweise Amazon.de, sind aber eine Alternative, falls der Onlinehändler mal was nicht vorrätig haben sollte. Interessant wird es aber bei deutschen Büchern, denn auch die führt Book Depository. Und diese sind zum Teil deutlich preiswerter als hierzulande.
Beispiel gefällig? Bitte: ER IST WIEDER DA von Timur Vermes, preisgebunden bei uns für 19,33 EUR. Beim Book Depository für EUR 17,69 zu haben, also 1,64 günstiger. Noch eins? TINTENHERZ als Taschenbuch: preisgebunden bei uns für 12 Euro, beim Book Depository für 11,03 Euro. Oder: DIE TRIBUTE VON PANEM – TÖDLICHE SPIELE. Preisgebunden in Deutschland für 17,90 Euro, in GB für 16,94 Euro.
Das waren jetzt nur ein paar Beispiele, teilweise gibt es deutlichere Preisunterschiede zwischen den hiesigen Shops und dem Book Depository. Auch wenn diese Preisdifferenzen vielfach eher gering sind und man auf die Ware aus dem Vereinigten Königreich ein paar Tage länger warten muss, zeigt das deutlich, dass man auch preisgebundene Bücher günstiger erhalten kann. Und das zudem völlig legal. Meine Vorhersage: Es wird nicht lange dauern, bis andere Anbieter ähnliche Angebote machen und gezielt deutsche Kunden ansprechen.
Vielleicht sollte das dem Börsenverein zu denken geben. Der wird aber vermutlich eher versuchen, diese Praktiken zu unterbinden. Ein Klageversuch gen Britannien dürfte aber sicher unterhaltsam werden. Das Gesetz sagt zwar:
§ 4 Grenzüberschreitende Verkäufe
(1) Die Preisbindung gilt nicht für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes.
(2) Der nach § 5 festgesetzte Endpreis ist auf grenzüberschreitende Verkäufe von Büchern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes anzuwenden, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass die betreffenden Bücher allein zum Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um dieses Gesetz zu umgehen.
Da der Händler aber weltweit anbietet, dürfte es wohl nicht ganz einfach werden, ihm letzteres nachzuweisen.
Ach ja: The Book Depository gehört zu Amazon …
[cc]
Logo The Book Depository Copyright The Book Depository Limited
So oder ähnlich wimmert es heute durch das deutsche Web. Gejammert wird, man müsse doch mit irgendwas sein Geld verdienen und das seien nun mal Anzeigen. Und wer die unterdrückt, der sei ein Missetäter, denn er konsumiere nur den Content, ohne für Einnahmen zu sorgen.
Mal ehrlich: Habt ihr sie noch alle?
Ich habe grundsätzlich nichts gegen Werbung, schon gar nicht, wenn sie kontextsensitiv ist, also sich um den Artikel dreht, den ich gerade bei euch lese. Oder um Themen die auch die Webseite beackert. Doch was bekomme ich auf den weitaus allermeisten werbefinanzierten Webseiten? Aufdringliches Geflacker, Geblinke, knallebunte, nervige Bilder, Popups und Popunders bis mir die Augen bluten und der Rechner leise stöhnt. Und das nimmt dann alles auch noch meist deutlich mehr Platz ein, als der eigentliche Content. Und hat mit diesem nix, aber auch gar nix zu tun. Von den Adservern, die regelmäßig Malware großflächig im Web verstreuen, noch gar nicht gesprochen. Und auch nicht vom Tracking durch die Werbebilder.
Ihr seid es doch selbst schuld! Hättet ihr mit diesem aufdringlichen Scheiß niemals angefangen, hätten Adblocker auch nicht eine solche Verbreitung gefunden. Fahrt das wieder auf ein vernünftiges Maß zurück und wir können reden. Vorher nicht. Und wenn Seiten mit Spielchen anfangen wie »ihr seht unsere Videos nur noch, wenn ihr den Adblocker deaktiviert«, dann antworte ich: »Und tschüss!« Es gibt mehr als genug alternative Angebote im Web.
Fazit: hört auf uns zu nerven, fangt an, vernünftige Werbung in vernünftigem Maß zu zeigen und wir hören auf, die zu blocken.
Bis dahin finde ich euer Gewimmer armselig, realitätsfern und vor allem: arrogant.
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