Frankfurter Buchmesse: Kinder müssen leider draußen bleiben

Kinder draußen

Ich habe eine Freun­din, die ist Kin­der­gärt­ne­rin. In den letz­ten Jah­ren erzähl­te sie immer wie­der mal vol­ler Freu­de, dass sie mit eini­gen der Kin­der, die sie betreut, auf der Buch­mes­se war und wie toll die Kur­zen den Besuch in der Kin­der­buch­ab­tei­lung fanden.

Als sie in die­sem Jahr wegen Kar­ten nach­frag­te, erhielt sie die Ant­wort, dass man lei­der kei­ne kos­ten­lo­sen Kar­ten für Schu­len und Kin­der­gär­ten mehr bereit stel­len kön­ne. Die Begrün­dung haut einen um: Die Nach­fra­ge sei zu groß gewesen.

Man fasst es kaum. Da geriert sich eine Bran­che immer wie­der als Ret­ter der Kul­tur und des Abend­lan­des und man wird nicht müde, zu beto­nen, wie wich­tig Lesen auch und gera­de für die Jüngs­ten sei und man sie unbe­dingt früh dar­an her­an­füh­ren müs­se – und dann ist man sich auf ein­mal zu fein, die dann auch kon­se­quen­ter­wei­se auf die Buch­mes­se ein­zu­la­den. Offen­sicht­lich möch­ten die Schaf­fen­den ver­meint­lich hoher Lite­ra­tur in Frank­furt lie­ber unter sich blei­ben. Das mit der »gro­ßen Nach­fra­ge« konn­te ich bei mei­nem Besuch im letz­ten Jahr nicht bestä­tigt fin­den. Am Frei­tag, dem Tag an dem Schu­len und Kin­der­gär­ten auf der Mes­se waren, konn­te ich wahr­lich kein Gedrän­ge von Kin­dern fest­stel­len. Die Men­ge an Schlips­trä­gern und Wich­tig­tu­ern war immer noch deut­lich höher.

Ich kann für das Ver­wei­gern der Kar­ten nur ein Wort fin­den: erbärmlich.

Ver­mut­lich wer­den als nächs­tes die Publi­kums­ta­ge abge­schafft, damit man gar nicht mehr mit den läs­ti­gen Lesern in Kon­takt kom­men muss.

Bild »Kind« von Pixabay – CC0

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

9 Kommentare for “Frankfurter Buchmesse: Kinder müssen leider draußen bleiben”

sagt:

Natür­lich ist es gut, dass Kin­dern das Lesen näher gebracht wird. Ob aller­dings die *Frank­fur­ter* Buch­mes­se der rich­ti­ge Ort dafür ist, bezweif­le ich. Und da ich schon öfters (nicht nur mit einem Ver­lags­stand, son­dern auch zu geschäft­li­chen Ter­mi­nen) auf der FBM war, weiss ich, wovon ich rede.
Stel­len Sie sich die rie­si­gen Hal­len voll­ge­propft mit Men­schen vor. Alles drängt, schiebt, es ist eng, laut, man kommt kaum vor­an. Am Sams­tag sind dann auch noch die Cos­play­er mit ihren fan­tas­ti­schen Kos­tü­men unter­wegs und es wird noch enger. Dort mit einer Grup­pe Kin­dern unter­wegs zu sein ist kei­ne Freude. 

Aller­dings sind auch die Kin­der kaum an Lese­stoff inter­es­siert. Das konn­ten wir jedes Jahr auf der Leip­zi­ger Buch­mes­se beob­ach­ten. Dort ist der Don­ners­tag der Schul- und Kin­der­tag. Die Türen öff­nen sich, her­ein stür­men Schul­klas­sen und Kin­der­gar­ten­grup­pen und machen sich über alles her, was nicht niet und nagel­fest ist. Ich erin­ne­re mich noch gut an den Hauff-Stand von vor eini­gen Jah­ren. Dort stan­den Palet­ten mit Haus­auf­ga­ben­hef­ten vom aktu­el­len Jahr – kos­ten­los abzu­ge­ben. Es ent­brann­te ein Kampf, der eher nach einer Schlacht aus­sah, und Kin­der rann­ten mit 10-er Packs der Hef­te davon, nur aus Gier. Spä­ter fand man dann die zer­fled­der­ten Packs über­all in der Hal­le lie­gen und die Kids mit voll­ge­pack­ten Tüten in Ecken sit­zen und Kugel­schrei­ber tauschen.
Wo auch immer etwas zu ver­schen­ken war, wur­de mit bei­den Hän­den scham­los zugegriffen. 

An weni­gen Stä­den sah man dann auch Kids sit­zen, die wirk­lich mit der Nase im Buch beschäf­tig waren. Aber die meis­ten waren auf Beu­te­zug. Wir hat­ten zu tun, dass die nicht unse­ren Stand abge­räumt haben, obwohl nichts davon auch nur im gerings­ten für Kids von Inter­es­se gewe­sen wäre. Ein­fach nur haben wollen.

Da ver­ste­he ich dann schon, wenn die FBM irgend­wann sagt: Schluss ist.

sagt:

Ers­tens: Die Fach­be­su­cher haben Diens­tags bis Don­ners­tags drei kin­der­freie Tage.
Zwei­tens: Die kos­ten­lo­sen Kar­ten für Kin­der­gär­ten und schu­len gel­ten nur Freitags.
Drit­tens: Ich war im letz­ten Jahr Frei­tags auf der Buch­mes­se und auch im Bereich Kin­der­bü­cher (weil die Ver­ant­wort­li­chen dort unver­ständ­li­cher­wei­se auch Sci­ence Fic­tion, Phan­tas­tik und Comics unter­brin­gen, für die ver­mut­lich alles Kin­der­kram). Ich bin schnell mal von zu vie­len oder zu lau­ten Kin­dern genervt. Und dort war ich es nicht, weil es über­haupt kein Pro­blem dar­stell­te. Ich weiß auch wovon ich rede, auch wenn der Kom­men­tar was ande­res sug­ge­rie­ren soll.
Vier­tens: Was in Leip­zig ist, inter­es­siert in die­sem Zusam­men­hang nicht.

Wie ich bereits schrieb: Die Bran­che macht den Ein­druck, dass Kun­den und Leser dort nur stö­ren. Und wenn sie schon unbe­dingt kom­men müs­sen, dann sol­len sie gefäl­ligst den Ein­tritts­preis abdrücken.

Und dann auch noch die­se Cos­play­er … (mir erscheint es so, dass es etli­che Bran­chen­mit­glie­der nicht nach­voll­zie­hen kön­nen, wenn Men­schen Spaß an ihrem Hob­by haben, sonst wür­de nicht immer wie­der hin­ter vor­ge­hal­te­ner so abfäl­lig über die Cos­play­er gelästert)

Haimo Grebenstein

sagt:

Lie­be Simo­ne Neblich-Spang,
Sie schrie­ben: »Wo auch im­mer et­was zu ver­schen­ken war, wur­de mit bei­den Hän­den scham­los zuge­grif­fen.« […] »…ma­chen sich über al­les her, was nicht niet und na­gel­fest ist…« […] »…Es ent­brannte ein Kampf, der eher nach ei­ner Schlacht aus­sah […] rann­ten mit 10-er Packs der Hef­te da­von, nur aus Gier. Spä­ter fand man dann die zer­fled­der­ten Packs über­all in der Hal­le lie­gen […] mit voll­ge­pack­ten Tü­ten in Ecken sit­zen und Ku­gel­schrei­ber tau­schen. […] Wo auch im­mer et­was zu ver­schen­ken war, wur­de mit bei­den Hän­den scham­los zuge­grif­fen…« (Rei­hen­fol­ge der Zita­te gegen­über der Vor­la­ge leicht abgewandelt).

Ich kann Ihre Anga­ben voll­um­fäng­lich bestä­ti­gen aus eige­ner Erfah­rung – aller­dings von IT- und ande­ren Mes­sen und bezo­gen auf die angeb­lich erwach­se­nen Besu­cher der­sel­ben. Bei Tobit auf irgend­ei­ner Cebit gab es mal Pop­corn – dar­um gab es Schlä­ge­rei­en und auf unse­rem Sub-Aus­stel­ler-Stand wur­de sogar aus ver­schlos­se­nen Schrän­ken geklaut, wenn man mal nicht auf­pass­te. Von wem die lie­ben Klei­nen das wohl haben???

Ansons­ten Zustim­mung, Ste­fan. Erbärm­lich ist das völ­lig pas­sen­de Wort. Mir fal­len noch ande­re dazu ein, aber die muss ich hier nicht anführen…

sagt:

Ich kann auch ehr­lich gesagt nicht ganz nach­voll­zie­hen, war­um es »scham­los« sein soll, wenn etwas ver­schenkt wird, und der Beschenk­te das dann tat­säch­lich annimmt? Ist das nicht der Sinn der Sache?

Außer­dem wol­len wir mal eins ganz klar sehen: Das sind kei­ne »Geschen­ke« son­dern Werbemaßnahmen.

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