[Spiel2015] Auch in diesem Jahr öffnete die Messe Spiel – oder auch »Internationale Spieltage« auf dem Essener Gelände wieder ihre Pforten. Erneut mit dem im Gegensatz zu früher geänderten Hallenkonzept, das ich immer noch für schlechter halte als vorher. Der erste Frust ergab sich gleich bei der Ankunft, als es trotz Presseparkkarte keinen Platz mehr in P6 gab und man mich über die Autobahn zu einem etliche (!) Kilometer entfernten Parkplatz mit Shuttleservice schickte. Die Fahrt dorthin und der Fahrer des Shuttlebusses, der tiefenentspannt wartete, bis das Gefährt seiner Ansicht nach ausreichend gefüllt war, sowie die Rückfahrt zur Messe, führten zu einer knapp einstündigen Verspätung. Wenn man irgendwelche Termine hat, die normalerweise ganz problemlos sogar mit Zeitpolster funktioniert hätten, kann man die natürlich vergessen. Interessant fand ich dabei, dass behauptet wurde, es herrsche völlig unerwartet ein erheblicher Andrang – und damit habe man nicht gerechnet. Tatsächlich habe ich es in den Hallen schon deutlich voller gesehen, weswegen ich das so nicht ganz nachvollziehen kann. Als Aussteller kann man eine VIP-Parkkarte erwerben, die fünf Euronen für einen Parkplatz, der nicht am anderen Ende der Welt ist, würde ich dann im nächsten Jahr auch gern ausgeben.
Erik Schreiber hat die FaRK 2015 besucht und PhantaNews freundlicherweise diesen Bericht zur Verfügung gestellt. Anm. d. Red.
Auf dem Gelände des ehemaligen Bergwerks Reden / Schiffweiler (Saarland) fand dieses Jahr zum dritten mal die FaRK-Messe statt. Die FaRK ist eine Veranstaltung rund um die Themen SciFi, Steampunk, Cosplay, Fantasy, LARP und Endzeit. Und scheinbar werden es jedes Mal mehr Besucher. Hieß es zuerst, es waren 10000 auf der ersten, 20000 auf der zweiten und nun 30000 auf der dritten FaRK, so werden es auf der zehnten wohl eine Million. Das heißt, das komplette Saarland und darüber hinaus. Ich befand zum ersten Mal dort und war beeindruckt. Auf 20000 Quadratmetern fanden sich nicht nur die üblichen Verdächtigen von anderen Cons, die ich ebenfalls besuchte, sondern ich sah auch viele neue Gesichter auf dem riesigen Gelände.
Vier Messetage in Leipzig, jede Menge Besucher am Stand und Adrenalin im Blut. Die genaue Zahl der Gespräche? Nicht zu ermitteln. Der Adrenalin-Pegel? Durchweg hoch! Vier Tage im Rausch, eine Woge der Freude, die nach der Messe eine Leere zurücklässt, wie sie wohl ein Sänger nach einem Konzert empfindet. Und so ein Messe-Stand ist wirklich eine Art Bühne. Nur Stagediving, das wäre nicht ratsam, der Aufprall wäre zu schmerzhaft. Denn der Star sind die Bücher, deren Autoren, nicht die Mitarbeiter am Stand. Das sind die Handlungsreisenden.
Einer dieser Handlungsreisenden war ich – zum ersten Mal am Stand des Fabylon-Verlags als Unterstützung von Uschi Zietsch und Gerald Jambor, den Verlagsgründern. Uschi ist als fleißige Autorin gleichzeitig das Gesicht des Verlags. Sie und ihr Mann waren angemessen im Steampunk-Stil gekleidet und machten auch optisch sofort deutlich, dass der Verlag »einen Faible fürs Fabelhafte« hat. Um nicht ganz abzufallen, hatte ich meine »Donald Duck«-Krawatte angelegt.
Ende Februar findet in der Jahrhunderthalle Bochum im Rahmen des dort ohnehin ausgerichteten Historischen Jahrmarktes der erste Steampunk-Jahrmarkt statt. Da wir mit den Ætherangelegenheiten dort ebenfalls vertreten sind, wollten wir uns die Halle und die Gegebenheiten vorab mal ansehen. Grundsätzlich war ich aber auch allgemein an der Veranstaltung interessiert, die am letzten Samstag startete und über mehrere Wochenenden dort zu besuchen sein wird.
Hier folgt mein völlig subjektiver Bericht über den Aethercircus 2014.
Am 3. und 4. Mai 2014 versammelten sich Händler, Bands, Schaustellende und andere Künstler, um sich angereisten Steampunkern und auch jedem anderen, der sich in der Festung Grauerort in Stade einfand, zu präsentieren.
Ich war selbst als Autorin eingeladen und hatte dank meiner lieben Helferlein ab und zu Zeit, selbst umherzuschlendern und Menschen zu begrüßen, die ich sonst nur über das Internet kenne. Und es waren viele! Meine Aufzählung ist also, wie gesagt, rein subjektiv und nicht vollständig. Es gab wirklich eine Menge zu entdecken!
Ich konnte Daniel Malheur kurz zuhören und ihm die Hand drücken: seine Lieder und die besondere Performance sind ein Genuss und ich freue mich schon auf die neue CD mit dem Titel DIE SUSI BLÄST DAS SAXOPHON.
Wie ich angekündigt hatte, fand am vergangenen Samstag in der Bibliothek Monheim eine Steampunk-Lesung statt. Veranstaltet wurde das Ganze von Kirsten Riehl alias Brennende Buchstaben, dem Verein Pro Literatur (vertreten durch Cornelia Gellwitzki-Müller) und Thorsten Küper, auch bekannt als Küperpunk.
Das Lineup konnte sich sehen lassen: Als Autoren waren vor Ort und lasen aus ihren Werken: Marcus R. Gilman alias Marcus Rauchfuß, Alex Jahnke, Anja Bagus und Thorsten Küper. Für die musikalische Untermalung sorgte Felix Tenten, der Gitarrist der Dampfmetal-Band Æronautica, diesmal allerdings ohne Saiteninstrument, dafür mit Akkordeon.
Am letzten Wochenende fand in Frankfurt die erste »Destination Star Trek« statt, eine Convention, die nicht von den üblichen Verdächtigen in Deutschland ausgerichtet wurde, sondern von einem englischen Veranstalter.
Auf Details zur Veranstaltung werde ich noch gesondert eingehen, an dieser Stelle möchte ich aber bereits ein paar Bilder präsentieren. Das Staraufgebot konnte sich absolut sehen lassen, an erster Stelle natürlich William Shatner alias Captain Kirk, der sich mit seinen 82 Jahren noch erstaunlich fit präsentierte. Weiterhin Brent Spiner, Michael Dorn, LeVar Burton, Marina Sirtis, Gates McFadden, René Auberjonois, Armin Shimerman, Connor Trineer und Domimik Keating. Nicht zu vergessen auch Karl Urban, der einzige Vertreter des J. J. Abrams-Reboots des Franchise. Weiterhin noch diverse Stars und Sternchen aus kleineren und Nebenrollen oder Kinofilmen.
Nachfolgend eine kleine Auswahl von Bildern, mehr werden folgen, ebenso wie Gedanken zur Veranstaltung selbst.
Inspiration can strike the Steampunk on many occasions, but here in Germanys Northrhine-Westphalia we have an especially rich heritage of artifacts from the industrial revolution. The area where I live is a city-triangle that consists of Wuppertal, Solingen and Remscheid, all reknown for special products like tools (Remscheid), knifes and blades (Solingen) and textile fabrication and dyeing (Wuppertal). Remscheid, by the way, was the birthplace of Wilhelm Röntgen, inventor of the X‑ray, but that is another story.
If the bold explorer of the Country of Berg (german: »Bergisches Land«, named after the former counts of Berg) seems to have reached a fence with a sign on it that reads »The End Of The World«, ignores this and just moves on, his trusty machete in his hand, he may reach Radevormwald-Dahlerau, a small flock of houses on the shores of the river Wupper. Here you can find the Wülfing-Museum.
Ich hatte in Sachen Phantastik auf der Spiel in Essen ohnehin nicht mehr viel erwartet und so war es auch. Das soll bedeuten, dass man sicherlich noch dorthin gehen kann, wenn man irgendwelche Gesellschaftsspiele kaufen möchte, in Sachen Rollenspiel und LARP sah es aber noch düsterer aus, als im Vorjahr. Das war zu erwarten, deswegen wurde ich in dieser Hinsicht auch nicht enttäuscht.
Was allerdings eine reine Katastrophe war: das »neue Hallenkonzept«. Im Gegensatz zu den Vorjahren fand die Spiel nicht im Hallenkonglomerat Ost statt, sondern in den Hallen eins, zwei und drei. Die sind allesamt deutlich größer als die bisher in Anspruch genommenen Hallen. Das führt zu erheblichen Nachteilen: Die Hallen sind durch die Größe weitaus unüberschaubarer, erschwerend kommt hinzu, dass man offenbar dennoch nicht genug Platz hatte und die Gänge dadurch an einigen Stellen äußerst eng ausfielen. Das sollte sich am Samstag rächen. Der Geräuschpegel in den großen Hallen ohne jegliche Trennwände war stellenweise durch die große Besuchermenge unerträglich. An diversen Ständen waren Unterhaltungen schwierig – sich unter diesen Umständen Spiele erklären zu lassen, ist kein Spaß, deswegen habe ich davon abgesehen.
Heute beginnt die Buchmesse, gestern jedoch gab es bereits die Pressekonferenz und Medienrummel – und sowohl Gottfried Honnefelder, der Vorstand des Börsenvereins des deutschen Buchhandels wie auch Juergen Boos, Direktor der Buchmesse, haben sich selbstverständlich in diesem Rahmen geäußert.
Dazu vorab ein kleiner Exkurs: man muss den Eindruck haben, dass Gottfried Honnefelder seine Reden in jedem Jahr recycelt und vielleicht maximal ein paar Worte umstellt, so sehr gleichen sich die gedroschenen Phrasen. Und immer wieder, wenn solche vermeintlich hohen Herren ihren Sermon absondern, fällt unvermeidlich das Wort »warnt«. Honnefelder warnt, Boos warnt, sonstwer warnt. Glaubt ihr mir nicht? Sucht auf Google mal nach »Honnefelder warnt« oder »Honnefelder warnte«, es werden reichlich Treffer aus den vergangenen Jahren zu finden sein. Klickt aber bitte nicht auf diese Treffer, denn darin lauert ein Wahnsinn von geradezu cthulhoiden Ausmaßen. Ich habe euch … äh … gewarnt.
Und wovor warnen sie? Vor der Zukunft. Sei es nun das Internet (und damit einhergehend die neuen Medienformate), oder seien es neue Geschäftsmodelle, denen sich die träge und zutiefst im Gestern gefangene Buchbranche nicht anpassen kann oder will. Und selbstverständlich muss das »Urheberrecht« gestärkt werden, auch wenn man tatsächlich etwas ganz anderes meint: sich selbst und die Verwerterrechte. Dazu weiter unten mehr.
Ich möchte auf ein paar Artikel eingehen, die ich anlässlich der Buchmesse-Eröffnung bei einschlägigen Claqueuren wie Börsenblatt und Buchreport im Netz fand:
Auf der Online-Version des Börsenblattes befasste man sich gestern mit Worten von Buchmesse-Direktor Juergen Boos. Da steht unter anderem:
Buchmesse-Direktor Juergen Boos sprach heute (8. Oktober) auf der Eröffnungs-Pressekonferenz der Frankfurter Buchmesse von einer »neuen Gründerzeit im Publishing« und warnte gleichzeitig vor der Dominanz von Oligopolen, die technologische Standards diktieren.
Da haben wir es wieder: es wird »gewarnt«. Wovor genau ist mir unklar. Amazon kann es nicht sein, denn die sind in Sachen Online-Vertrieb nicht Teil eines Oligopols, sondern haben beinahe ein Monopol. Unklar ist für mich zudem, was er für ein Problem mit technischen Standards hat. Da Papierbücher gedruckt werden und diese Technik nun wahrlich bereits ein paar Jahre auf dem Buckel hat, kann er eigentlich nur eBooks meinen. Da gibt es im Prinzip zwei Standards: das offene ePub und Amazons Kindle-Format, ob es nun azw oder mobi sein mag. Wo da allerdings »Standards diktiert werden« kann ich nicht nachvollziehen. ePub und mobi sind Formate, deren Aufbau bekannt ist, jedermann kann sie erzeugen. Oder meint Boos etwa Amazons Kopierschutz, der verhindert, dass man Kindle-eBooks auf anderen Geräten lesen kann? Das würde mich verwundern, denn Adobes DRM ist exakt dasselbe und wird auf einem Großteil der eBooks der Börsenvereins-Mitglieder nach wie vor eingesetzt. Sind die Mitglieder des Oligopols also Amazon und die Verlage, die DRM einsetzen? Worin liegt der Unterschied, zwischen beiden kundenfeindlichen Systemen – mal davon abgesehen, dass Amazons Version innerhalb seines Ökosystems für den Kunden weitaus komfortabler ist? Und weiterhin davon abgesehen, dass es seitens des Buchhandels en vogue ist, gegen Amazon zu wettern statt kundenfreundlicher zu werden …
Technologische Standards sind Werkzeuge. Sie müssen sich nach den Menschen und ihren Bedürfnissen richten, nicht umgekehrt.
… sagt Boos. Das sehe ich genauso. Weg mit harten DRM-Maßnahmen, die nur die ehrlichen Kunden benachteiligen. Richtet euch nach den Menschen und ihren Bedürfnissen. Dazu gehört übrigens auch, dass nach einer Studie, die Leser nach ihren Meinungen befragte, der Preis für ein eBook ca. 40 % unter dem einer Druckausgabe liegen darf. Auch Preisgestaltung muss sich nach den Menschen und deren Bedürfnissen richten – sonst kauft einfach niemand den überteuerten Schmonz, bei dem sich der Preis am Hardcover orientiert. Und dann sind selbstverständlich wieder die Raubkopierer schuld, nicht diejenigen, die Mondpreise befehlen.
Die neue Gründerzeit im Publishing findet ohne die alte Garde, also die Verlage, statt, denn die Goldgräber am eBook-Klondyke sind die Selfpublisher, auch wenn man nach den Nuggets zwischen den Rechtschreibfehler-Sandkörnern lange sieben muss. Und wer bietet den Indies die besten Konditionen? Richtig: Amazon, Google und Kobo. Die Geldscheffler in den hiesigen Verlagen knirschen ob der Höhe der Tantiemenzahlungen durch die Internet-Rivalen an die Autoren vermutlich 24/7 mit den Zähnen. Und deswegen sind die der Erzfeind. Und weil sie kundenfreundlich agieren. Das ist hochgradig impertinent, sowas macht man doch nicht! Kundenfreundlich. Wo kommen wir hin? Wenn das alle machen würden …
Die Rede Honnefelders dagegen erschien – wie oben bereits angemerkt – wie der immer wieder reanimierte Zombie seiner Reden aus den vergangenen Jahren. Im Buchreport schreibt man:
Für eine neue Kultur des Wissens plädierte Börsenvereins-Vorsteher Gottfried Honnefelder zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse 2013. Das Wissen müsse vor der Autorität von Online-Riesen wie Amazon und Google geschützt werden, die »an Inhalten nur so weit interessiert sind, als sie ihrem Geschäft als Werbeträger nützen«.
Nein, Herr Honnefelder. Seien Sie doch bitte ehrlich. Nicht »das Wissen« soll geschützt werden, sondern die Pfründe der Börsenvereins-Mitglieder. Nachdem Jahrzehnte, oder fast Jahrhunderte lang alles eitel Sonnenschein war, kommt hopplahopp dieses Internet aus einem Anarcho-Loch gekrochen und zwingt doch tatsächlich zum Umdenken. Das ist aber auch eine Unverschämtheit.
Liebe Branche, tut doch bitte nicht so, als seien Apple, Amazon und Google die bösen Dämonen und ihr die hehren Lichtgestalten. Euch geht es genauso ums Abseihen von Lesern und das Einfahren von Gewinnen wie den Online-Anbietern. Etwas anders zu behaupten wäre unredlich und schlichtweg unwahr. Und ihr macht es trotzdem, denn wir sind ja dumm. Denkt ihr.
Eine »Kultur des Wissens« wäre eine Kultur, in der dieses Wissen nicht via hauptsächlich durch massive Lobbyarbeit entstandene verwerterfreundliche Urheberrechte Jahrzehnte lang in Stasis verfällt, nämlich bis 70 Jahre nach dem Tod eines Urhebers. Das ist Irrsinn, denkt mal darüber nach, liebe Leser. Wenn ein Werkschaffender vor 30 Jahren verstorben ist, dauert es noch 40 weitere verdammte Jahre, bis seine Werke gemeinfrei werden. Das führt dazu, dass Kulturgüter in Vergessenheit versinken. Werke von vor der Einführung der 70-Jahres-Schranke sind heutzutage im Web zu finden und zugänglich, danach quasi nichts mehr. Was hier an Wissen vernichtet wird, insbesondere, weil die Verwerter es so wollen, ist unbeschreiblich. Haufenweise Backlist-Material ist unzugänglich, weil irgendwelche Rechteinhaber drauf hocken und es nicht heraus geben wollen, es lässt sich damit ihrer Ansicht nach kein Geld verdienen. Dann gebt die Rechte den Autoren zurück, die werden das schon als Selfpublisher ohne euch veröffentlichen. Selfpublishing? Kommt schon, das kennt ihr, das habt ihr doch zu dem ganz großen Ding auf dieser Messe erklärt. Das sind so Nuggets. Zwischen haufenweise Sandkörnern. Habe ich weiter oben erklärt.
Ein weiterer Artikel über Honnefelder auf dem digitalen Börsenblatt-Ableger (die müssen das kommentarlos wiedergeben, der ist so etwas wie ihr Chef):
Es gehe um die Frage, »was wir als Wissen verstehen wollen, jedenfalls so lange unter Wissen eine Erkenntnis gemeint ist, die nicht wie ein subjektloses Datum herumliegt, sondern durch einen Urheber gewonnen und auf einen Kreis von Adressaten hin veröffentlicht wurde.«
Gebraucht werde eine neue Kultur des Wissens. »Das digitale Zeichensystem ist bedeutungsfrei; seine Semantik erhält es erst durch Zuordnung von außen«, so Honnefelder.
Wissen ist eine Erkenntnis, die »subjektlos« herum liegt, bis sie durch einen Urheber »gewonnen« wird? Das »digitale Zeichensystem ist bedeutungsfrei« und »seine Semantik erhält es erst von außen«? Mal unter uns und ganz offen: so einen inhaltsleeren Bullshit habe ich schon lange nicht mehr gelesen, auch nicht in den Parteiprogrammen vor der Bundestagswahl, und das will was heißen. Einerseits müssen Urheber gar nicht zwingend Wissen schaffen. Kunst und Unterhaltung reichen völlig. Andererseits sind Bücher auch als eBook keinesfalls nur »bedeutungsfreie digitale Zeichensysteme«, sondern den gedruckten Fassungen inhaltlich gleich. Da muss man nichts »von außen zuordnen«. Das potentielle Wissen der Menschen, die Zugriff auf das Internet haben wurde in nie zuvor gesehenem Ausmaß erweitert. Information at your fingertips. Jederzeit. Jede Person mit einem Internetanschluss kann sich überzeugen, dass das »digitale Zeichensystem« alles andere als bedeutungsfrei ist.
Falls mir jemand das unerträglich hohle Phrasengedresche in den Kommentaren zu diesem Artikel mit Sinn und Inhalt füllen kann, wäre ich dankbar. Ansonsten könnte ich auch versuchen, mir das Gebrabbel schön zu saufen.
Die Mehrgliedrigkeit der Branche müsse auch im digitalen Zeitalter bewahrt werden; dieses Gefüge schließe auch den Buchhandel ein.
Das bedeutet: liebe Politik, wir schaffen es nicht, unser Geschäftsmodell an die Gegebenheiten anzupassen und wir sind leider total unflexibel. Das finden wir doof. Bitte beschließt Gesetze, damit wir uns nicht bewegen müssen.
Es mag weh tun, Herr Honnefelder, aber wenn ich mich so umsehe, gibt es nur noch sehr wenige Kutscher. Oder vielleicht ein Beispiel, das Ihnen bekannter vorkommen dürfte: Schriftsetzer. Als die Branche »computerisiert« wurde, hat man sich von denen, die den Umgang mit den neuen Techniken nicht beherrschten, flugs getrennt. Es gibt heute keine Schriftsetzer mehr, weil es keine beweglichen Lettern mehr gibt und man stattdessen Desktop Publishing nutzt. Schon mal gehört? Das läuft auf den bösen Computern – muss man aber weder als Vereinsfunktionär noch als Verleger wissen, da kümmern sich die Fußtruppen drum.
Wenn die Branche nicht in der Lage ist, sich und ihre Geschäftsmodelle von Lettern auf Computer umzustellen, wenn man lieber inflexibel bleibt und nach politischen Lösungen und damit Feigenblättern für die eigene Bewegungslosigkeit ruft, dann sollte man sich nicht wundern, wenn man den Weg der Dinosaurier geht. Oder den der Schriftsetzer, suchen Sie sich einen aus. Man kann ja immer noch auf Krankenpfleger oder Kindergärtner umschulen. Oder Autor. Was? Schlecht bezahlt? Tja, man kann halt nicht alles haben.
Ebenfalls im Buchreport weist man weiterhin auf Dampfblasen der »Content Alliance« hin, der der Börsenverein angehört, aber auch die Musikindustrie. Auch hier wird nach dem Gesetzgeber und einem »starken Urheberrecht« geschrien:
Kurz vor der Frankfurter Buchmesse hat die Content Allianz, der auch der Börsenverein angehört, noch einmal ihre Forderungen nach einem starken Urheberrecht bekräftigt. Der Schutz der Leistung von Kreativen vor illegaler Nutzung müsse zur Chefsache im Kanzleramt werden, erklärte das Bündnis von Medien- und Kulturverbänden.
Wenn ich das lese kommt mir ganz deutlich gesagt das kalte Kotzen. Denn hier wird das Urheberrecht vorgeschoben, obwohl es tatsächlich um etwas ganz anderes geht. Das Urheberrecht – das wie der Name bereits sagt die Urheber schützt und begünstigt – ist den Verwertern tatsächlich völlig egal (und ich habe mir »scheißegal« verkniffen). Tatsächlich geht es ihnen ausschließlich um die Teile daraus, die ihnen die Verwertung (sprich: Monetarisierung – ja, das sagen die so. Es bedeutet: Kohle machen) geschaffener Werke Dritter ermöglichen.
Tatsächlich lässt man den Autor oder Musiker (auch der unerträgliche Gorny von der Musikindustrie hat wieder gepöbelt) mit Peanuts am ausgestreckten Arm verhungern, während man selbst das Geld absackt, auch wenn immer wieder anderes behauptet wird.
Sprecht mal mit Autoren abseits des Bestsellers, liebe Leser, und fragt sie, was von den Buchverkäufen bei ihnen ankommt. Ich wiederhole mich und ich tue es gern, damit es einsickert: das sind Peanuts. Es macht sich natürlich ganz prima, sich als Beschützer der armen, armen Urheber zu gerieren und lautstark zu verkünden, man selbst (und das Urheberrecht) seien die letzten Schutzwälle, die die Urheber vor den illegalen Nutzungen behüten. Tatsächlich gehts auch hier wieder nur um ihre Kohle, um ihre Einnahmen. Und sie wissen genau: ihre Zahlen über illegale Downloads und deren Schaden sind von vorne bis hinten erstunken und erlogen.
Ich stimme zu, dass das Urheberrecht dringend einer Reformation bedarf. Es muss an die Realitäten der modernen Netzwelt angepasst werden. Die irrsinnigen Schutzfristen müssen auf ein Maß zurechtgestutzt werden, das kulturell und aus Sicht einer Wissensallmende sinnvoll ist, damit Kultur nicht verschwindet, weil Verwerter darauf sitzen und sie nicht veröffentlichen. Abmahn-Abzockern mit ihren Raubritter-Geschäftsmodellen muss die Geschäftsgrundlage entzogen werden, die Schulkinder kriminalisiert und professionelle Anbieter von Raubkopien davon kommen lässt (weil die Branchen und ihre Hilfssheriffs zu dumm sind, die zu bekommen, hält man sich lieber an die, die sich nicht wehren können).
Am wichtigsten ist meiner Ansicht nach jedoch, dass die Rechte der Urheber statt die der Verwerter gestärkt werden. Schluss mit Total Buyout, Schluss mit Knebelverträgen, Schluss mit Peanuts und Schluss mit pauschal eingeräumten Rechten für »bisher unbekannte Nutzungsarten«. Rechte müssen nach definierten Zeiträumen wieder an die Urheber zurück fallen. eBooks müssen gesondert vergütet werden, ebenso Hörbücher. Urheber müssen mehr Mitspracherecht bekommen, wie ihre Werke verwertet werden. Urheber müssen angemessen bezahlt werden, egal ob Autoren, Journalisten, Fotografen oder Musiker. Und es muss zwischen den Verwerterrechten und den Verbraucherrechten abgewogen werden. Denn: Gewinne stehen nicht über Bürgerinteressen und auch nicht über Menschenrechten.
Die Buchbranche zeigt durch ihre Köpfe immer wieder eine Kultur des Mahnens und Warnens. Vor neuen Technologien, vor Mitbewerbern, die im Gegensatz zu ihr agil sind. Statt der unerträglichen Miesepeterei sollte man seine Kräfte darauf bündeln, die Technologien zu verstehen und zu nutzen. Statt Gegeifere gegen Apple, Amazon und Google sollte man von den Gegenspielern lernen. Aber vielleicht ist das von der tief konservativen Branche zu viel verlangt.
Die Buchmesse ist eine Veranstaltung, auf der die Buchbranche sich profilieren möchte und sich selbst beweihräuchert. Das soll sie meinethalben gern tun. Nur mögen ihre Großkopferten bitte davon absehen, mich mit Phrasen zu langweilen, mich offensichtlich zu belügen, oder mir zu verstehen zu geben, dass sie mich für dumm halten. Davor warnt der Holzhauer nachdrücklich.
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