Kein Rant, aber wer gewisse satirische Anklänge findet, darf sie behalten.
Ich will den Namen nicht schon wieder nennen, man vermutet in mir ob meiner regelmäßig geäußerten Kritik an der Buchbranche seitens derselben ohnehin immer wieder einen Claqueur für einen gewissen Onlinehändler, dabei ist das gänzlich falsch. Mal sehen, ob ich es schaffe, diesen Artikel zu schreiben, ohne den Namen des Ladens zu nutzen. Die Buchbranche ist ja inzwischen so weit, dass ihn etliche nicht mehr »Voldemort« nennen, sondern als »you shall not name him« bezeichnen. Wie Harry Potters Konsorten werden sie irgendwann feststellen, dass Ignorieren das Problem nicht löst. Aber darüber wollte ich eigentlich – wie bereits angemerkt – gar nicht reden.
Reden wir doch mal über ein beinahe monolithisches Gebilde wie die kartellhafte Buchbranche. Warum ein Teil davon, nämlich das Verlagskonglomerat in meinen Augen ein gesetzlich lizensiertes Kartell ist, habe ich an anderer Stelle bereits ausführlich analysiert. Die Kurzfassung: Es gibt keinen echten Wettbewerb, weil man sich im ruhigen Gewissen zurück lehnen kann, dass es die Buchpreisbindung gibt, die eine normale Entwicklung von Preisen unmöglich macht. Wenn man Personen fragt, die bereits seit Jahren durch die Branche indoktriniert wurden, dann wird man immer wieder mantraartig zu hören bekommen, dass eine Abschaffung der Buchpreisbindung den Untergang des literarischen Abendlandes bedeuten würde.
Oh Gott! Oh Gott! Wir werden alle störrrben! – Nicht!
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verleiht einen Preis an Jaron Lanier, einen Internet-Pionier, der gar kein Internet-Pionier ist (ich vermute aber, das hängt damit zusammen, dass beim Börsenverein eh keiner so recht weiß, was dieses Internet eigentlich ist). FAZ quasselt das einfach mal nach, ohne zu recherchieren.
Eine peinliche Mischung aus #neuland und Recherchearmut?
Jaja, der Börsenverein des deutschen Buchhandels, so ist er. Immer ganz weit vorne dabei, wenn es gegen angebliche Urheberrechtsverletzungen Dritter geht (und meint dabei tatsächlich nicht die Rechte der Urheber, sondern der Verwerter). Da wird gegen Raubmordterrorkopierer gewettert, dass einem die Ohren schlackern. Nur selbst sieht man das mit dem Urheberrechts offensichtlich nicht so eng.
Der Onlinehändler buch.de hatte Rezensionen aus der FAZ ganz oder teilweise abgedruckt, die Zeitung war dagegen gerichtlich vorgegangen. Nun hätte man annehmen können, dass der Fall eindeutig ist: das Urheberrecht liegt beim Autoren, das Verwertungsrecht (vermutlich via total buyout des Urhebers, wie in der Zeitungsbranche üblich) liegt bei der FAZ. Doch beim Branchenverband sah man das anders. Ein Gerichtsurteil trieb dem Börsenverein (mir gegenüber haben Autoren neulich geäußert, dass man ihn spaßeshalber inzwischen auch den »Bösenverein« nennt) seine Flausen aus. Das Urteil ist eindeutig – und auf der Webseite des Börsenblattes zeigt man sich ob des nicht unerwarteten Ergebnisses (Urheberrechtsverstoß, Ordnungsgeldes in Höhe von 250000 Euro, alternativ Haft) maulig. Denn:
Bedauerlich ist, dass das symbiotische Miteinander von Buch- und Presseverlagen bei der Verwendung von Rezensionen nach diesem Urteil faktisch aufgekündigt ist.
Ach so. Was sie anderswo als (Sarkasmus on) unerträgliches, geradezu todeswürdiges Verbrechen verdammen (Sarkasmus off) – nämlich das nichtlizensierte Kopieren von Inhalten – ist wenn es ihre Mitglieder tun auf einmal ein »symbiotisches Miteinander«. Ich komme aus dem Lachen heute gar nicht mehr raus …
Besonders interessant finde ich die Argumentation der Börsenvereins-Rechtsverdreher-Juristen:
[…] Im Übrigen entspreche die Verwendung von Rezensionsauszügen und Rezensionen – unabhängig von ihrer prinzipiellen urheberrechtlichen Schutzwürdigkeit – einer »langjährigen, bisher von allen Beteiligten akzeptierten oder zumindest geduldeten und infolgedessen zum Gewohnheitsrecht erstarkten Branchenübung.«[…]
Verstehe. Weil man das seit Jahrzehnten so handhabt, ist es also quasi gottgegebenes Recht. Na denn, ich kopiere auch schon mein ganzes Leben Dinge …
Ich bin schon lange der Ansicht, dass insbesondere Massenware-Bücher hierzulande deutlich überteuert sind. Und ich meine damit klassische gedruckte Bücher, die meist verlangten Mondpreise für eBooks sind eine ganz andere Geschichte. In einem Artikel vom letzten Sonntag arbeitet sich Börsenblatt Online am Thema ab und man ist ganz offensichtlich der Ansicht, dass Bücher zu billig sind und teurer werden müssen. Als Argumentationshilfe bedient man sich des Einkaufsleiters vom Barsortimenter KNV. Der agiert mit Phrasen wie »Bücher haben ihren Preis« oder »Bücher in gedruckter oder digitaler Form haben ihren Wert«.
Machen wir mal einen Realitätscheck hinsichtlich der Kosten von Büchern in Europa und den USA. ich möchte hier mal einige Preise exemplarisch nennen, um zu zeigen, dass Gedrucktes hierzulande im Vergleich einfach zu teuer ist. Vorher will ich allerdings noch auf eine seiner Aussagen eingehen. Er führt aus, dass es einen Preisanstieg um ca. zwei Prozent gab und fügt hinzu:
Seit zwanzig Jahren gab es eine solche Preiserhöhung von einem Jahr zum anderen nicht mehr.
Ich weiß ja nicht, von welchen 20 Jahren er redet, aber ich kann mich an deutliche Preissteigerungen zur Umstellung von Deutschmark auf Euro erinnern – und in Blick in mein Buchregal bestätigt das auch. Warum blendet er diese Tatsache wissentlich aus?
Aber kommen wir zu den Preisvergleichen. Ich habe einige Bücher – natürlich aus dem Segment »Phantastik« – herausgesucht und deren Preise in verschiedenen Ländern verglichen. Es handelt sich aus naheliegenden Gründen um internationale Titel, die in allen Ländern verfügbar sind. Das Ergebnis ist wie folgt:
Suzanne Collins – THE HUNGER GAMES, deutscher Titel: DIE TRIBUTE VON PANEM, Hardcover
Deutschland: 18,95 EUR
United Kingdom: 9,99 GBP ~ 12,00 Euro
USA: 14,06 USD ~ 10,34 EUR
Italien: 12,67 EUR
Spanien: 15,20
J. R. R. Tolkien – THE HOBBIT – deutscher Titel: DER HOBBIT, Hardcover
Deutschland: 14,95 EUR
United Kingdom: 7,19 GBP ~ 8,64 EUR
USA: 11,80 USD ~ 8,68 EUR
Italien: es scheint keine italienischsprachige Ausgabe zu existieren, die englische kostet EUR 10,36
Spanien: 13,25 EUR
George R. R. Martin: A SONG OF ICE AND FIRE, deutscher Titel: DIE HERREN VON WINTERFELL und DAS ERBE VON WINTERFELL, Taschenbuch
Deutschland: 15,00 EUR plus 15,00 EUR = 30 EUR
United Kindom: 6,29 GBP ~7,56 EUR
USA: 8,22 USD ~ 6,05 EUR
Italien: 12,75 EUR (die scheinen ebenfalls aufzuteilen, aber es gibt anlässlich der TV-Serie die ersten beiden Bände in einem Buch)
Spanien: 9,50 EUR
J. K. Rowling – HARRY POTTER AND THE DEATHLY HALLOWS, deutscher Titel HARRY POTTER UND DIE HEILIGTÜMER DES TODES, Hardcover (gibt es in .de nicht als Taschenbuch)
Lassen wir es dabei bewenden, ich könnte hunderte weitere Beispiele nennen. Der Trend ist eindeutig: Bücher sind im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland teuer. Zum Teil sogar sehr teuer. Der einzige Ausreißer in den Stichproben ist TINTENHERZ in Spanien, vermutlich sind die dortigen Verlage ordentlich über den Tisch gezogen worden. Es möge mir bitte auch niemand damit kommen, dass auf der britischen Insel keine Umsatzsteuer auf Bücher anfällt, in allen Fällen wären diese auch dann noch deutlich preisgünstiger, wenn man sieben Prozent aufschlagen würde. Der Fairness halber muss man auch noch sagen, dass Bücher in Frankreich ähnlich teuer sind wie in Deutschland. Auch da arbeitet offenbar eine gute Lobby. Ja, ich weiß, der Absatzmarkt und damit die Produktion in englischer Sprache ist weitaus höher als die in deutscher, damit kann man mehr absetzen. Die Preisgestaltung unterscheidet sich allerdings auch in Ländern mit geringeren Absatzzahlen üblicherweise von Deutschland dadurch, dass Bücher preiswerter sind. Und den Osten Europas habe ich dabei noch gar nicht betrachtet. Übrigens gilt auch in Spanien und Italien eine Buchpreisbindung, eine solche existiert in gerade mal acht von 26 Ländern Europas. Nach aktuellen Statistiken befindet sich Deutschland beim allgemeinen Preisniveau in Europa ungefähr in der Mitte. Bei Buchpreisen sieht das aus schwer nachvollziehbaren Gründen anders aus. Leider konnte ich keine Statistik finden, die die Buchpreise in europäischen Ländern vergleicht, deswegen meine Stichproben.
Grundsätzlich deuten die Stichproben aber an, dass Bücher hierzulande im Allgemeinen deutlich mehr kosten, als anderswo. Jaja, ich weiß, jetzt wird das Argument mit der Übersetzung kommen, das ist immer gern genommen. Allerdings weiß man auch, dass Übersetzer hierzulande äußerst miserabel bezahlt werden, deswegen kann dieser Umstand insbesondere bei Bestsellern kein Argument darstellen. Außerdem kann man mit ein wenig Vergleichen erkennen, dass sich die Preise übersetzter ausländischer Literatur an denen deutscher Bücher orientieren. Daraus könnte man schließen, dass auch letztere zu teuer sind.
»Aber denkt denn keiner an die Autoren?« höre ich es wieder einmal aus den heiligen Hallen der Buchbranche rufen. Doch, an die denke ich. Ständig. Und ich weiß, wie miserabel die entlohnt werden. So schlecht, dass außer Bestsellerautoren in Deutschland kaum jemand davon leben kann.
Wir halten fest: Bücher sind bereits jetzt aasgeierig teuer und der Börsenverein scheint zu unterstützen, dass diese noch teurer werden sollen. Zudem geht man vom Taschenbuch immer öfter gern mal aufs Paperback, weil man das bei gleichem Inhalt deutlich teurer verticken kann – man könnte es, ebenso wie das Aufteilen von Wälzern auf zwei Bücher, auch als »Kundenverarsche« bezeichnen, denn es handelt sich nur um neue Schläuche für alten Wein. Die Branche versteht offensichtlich immer noch nicht, dass sie heutzutage in direkter Konkurrenz zu Tablet- und Smartphone-Apps steht, die man für ein paar Cent erwerben kann. Von anderen direkten Konkurrenzen wie Internet, Spielen, Filmen noch gar nicht gesprochen. Und auch nicht davon, dass man sich eben seinen Lesestoff für einen Bruchteil des deutschen Preises gleich im englischen Original kaufen kann. Allerdings sollte man sich diese englischen Originale besser nicht bei deutschen Anbeitern kaufen.
Die massiv ansteigende Armut in Deutschland, nach aktuellen Angaben sind fünf Prozent aller Kinder als arm anzusehen, scheint die Branche in ihrer Filterblase ebenfalls nicht zu interessieren. Wenn die Entscheidung lautet: Buch oder etwas zu essen, ist die Entscheidung wohl einfach. Kann sich noch jemand an Anton Philipp Reclam erinnern, der mit seiner Universalbibliothek auch weniger Betuchten das Lesen von Klassikern und Belletristik ermöglichen wollte? Was ist davon geblieben, außer dem Ansinnen, möglichst viele Bücher »zu drehen«?
Ja, ich denke auch, dass Bücher einen Wert haben. Aber der Preis muss angemessen sein. Und das ist er in meinen Augen bereits jetzt nicht. Zumindest nicht bei den Publikumsverlagen mit ihren Großauflagen.
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Bild: Der Bücherwurm, von Karl Spitzweg, gemeinfrei, angereichert mit Euro-Symbolen
Da hatte sich die »Tolino-Allianz« mit ihrer neuen Reihe von eReadern laut und deutlich und mit viel Werbe-Tamtam als die großartige Alternative zu Amazons Kindle präsentiert. Das kam in der Buchbranche natürlich gut an, denn die sieht den Onlineverkäufer aus den USA nicht zu Unrecht als den ganz großen Konkurrenten und verpasst keine Gelegenheit, Amazon und Jeff Bezos als die Urbösen darzustellen. Die Hoffnung lag also auf dem Tolino in seinen verschiedenen Inkarnationen als eReader und neuerdings auch Tablet.
Doch nun muss der stationäre Buchhandel feststellen, dass man sich zu früh gefreut hat und die Tolino-Allianz (bestehend aus den Schwergewichten Thalia, Weltbild, Hugendubel, Club Bertelsmann und Telekom) auch nicht besser ist, denn die Gespräche, um die Tolinos als die eReading-Plattform auch für den Buchhandel abseits der Großkopferten Allianzler zu etablieren, sind gescheitert.
Das bedeutet: die von der Tolino-Allianz eingeräumten Konditionen waren zu schlecht für die Buchhändler, die Margen miserabel. Wo da jetzt die deutliche Verbesserung gegenüber Amazon sein soll, erschließt sich mir ehrlich gesagt überhaupt nicht. Ob nun der eine oder der andere Quasi-Monopolist, sie werden immer die Vorgaben diktieren. Angeblich sollen das Tolino-Imperium (passt viel besser als »Allianz«) sogar gefordert haben, dass man neben ihrem Produkt keine anderen eReader verkaufen darf. Unfassbar.
Das Problem ist aber erneut: der Buchhandel hat wieder einmal auf einen neuen Messias gewartet und wieder einmal hat sich der als Popanz heraus gestellt. Diese Blauäugigkeit ist in ihrer Hilflosigkeit fast schon niedlich. MVB und Börsenverein täten gut daran, zusammen mit dem Buchhandel endlich ein eigenes System zu installieren (das geräteunabhängig ist), statt sich darauf zu verlassen, dass Dritte das schon machen werden. Denn Dritte wollen auch nur so viel wie möglich verdienen.
Börsenverein, Buchhändler und Co. überschlagen sich immer wieder dabei, Amazon mit den verschiedensten Mitteln und Begründungen mies zu machen, und hören nicht damit auf, den Kunden darauf hinzuweisen, dass man doch lieber einheimische Händler und insbesondere den lokalen Buchhandel unterstützen möge.
Dass das abseits großer und Publikumsverlage allerdings leider nicht funktioniert, weiß jeder, der schon einmal versucht hat, ein Buch aus einem Klein- oder Nischenverlag im Buchhandel zu bekommen. Wenn das bei Großhändlern wie KNV (Koch, Neff & Volckmar GmbH, der größte Buchgroßhändler in Deutschland) nicht gelistet ist, dann nutzt auch eine ISBN leider gar nichts – an das Buch kann man als Kunde beim Handel nicht heran kommen (zumindest bei den Händlern, die ihre Bücher bei KNV beziehen).
Glaubt ihr mir nicht? Dann mal ein konkreter Fall: DIE STILLE NACH DEM TON ist eine vom SFCD herausgegebene und in der Reihe AndroSF erschienene Anthologie. Sie enthält die Geschichten, die mit dem SFCD-Literaturpreis (1985 bis 1998) und dem Deutschen Science Fiction-Preis (1999 bis 2012) ausgezeichnet wurden. Erschienen ist sie am 1. September 2012 bei Michael Haitels Verlag p.machinery, die ISBN lautet 978–3942533379.
Michael bekam heute eine Anfrage von einer Buchhandlung, die das Buch im September 2012 bestellt hat. Großhändler KNV behauptet bis dato, also ein geschlagenes Jahr später (!), das Buch sei nicht lieferbar.
Sicher, der Buchhändler kann nichts dafür, aber wenn der Großhändler nicht in der Lage ist, Bücher zu beschaffen, wie es seine Aufgabe wäre, dann wirft das ein deutliches Licht auf das Publicity-Geschrei der Buchbranche in Sachen »Buy Local«. Die Aussage man bekäme alles auch beim lokalen Buchhändler ist schlichtweg falsch, offenbar auch, weil Großhändler überhaupt keinen Bock haben, sich mit Klein- und Indie-Verlagen und deren Angebot ernsthaft auseinander zu setzen. Als Verleger würde ich mich fragen, warum ich die Kohle in eine ISBN überhaupt investieren soll, wenn offensichtlich inkompetente Zulieferer trotz Vorhandenseins einer solchen die Ware nicht beibringen können? Oder handelt KNV etwa einfach nur gemäß dem neuen Werbespruch der Branche: »Vorsicht, Buch!«?
Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall handelt. Solange eine derartige Arroganz gegenüber kleineren Anbietern in der Branche herrscht, soll mir bitte keiner mehr mit »Buy Local« kommen. Denn man bekommt »lokal« nicht das, was man kaufen möchte, insbesondere im Bereich Special Interest und Kleinverlage. Selbstverleger finden ohnehin nicht statt. Bei Amazon kann man es sofort bestellen (kommt dann direkt vom Verlag, kann man also alternativ auch gleich dort ordern).
Was es für die Verlage bedeutet, wenn deren Bücher laut KNV angeblich und fälschlich »nicht lieferbar« sind, kann man sich leicht vorstellen … Übrigens sollten auch die Buchhändler dringend nochmal über diesen Sachverhalt nachdenken.
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Cover DIE STILLE NACH DEM TON Copyright p.machinery
Neulich fiel mir auf, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wieder einmal in seinem »Netz-Monitor Buch« auf einen meiner Artikel verlinkt und diesen auch in Auszügen wiedergegeben hatte. Das stört mich nun grundsätzlich nicht (trotz des vermutlichen Verstoßes gegen CC BY-NC-SA), allerdings war ich schon befremdet, dass sie nicht einmal in der Lage waren, meinen Namen korrekt wiederzugeben. Da stand »Stefan Holzauser« statt »Stefan Holzhauer«. Ich habe der Presseabteilung daraufhin eine Mail geschrieben, in der ich um Korrektur meines Namens bat. Während ich schrieb, fiel mir auf, dass die Inhalte, die da im Netz-Monitor veröffentlicht werden, im Prinzip genau solche sind, wie sie durch das am 1. August in Kraft getretene »Leistungschutzrecht für Presseverleger« eigentlich geschützt sein sollten. Deswegen fügte ich folgende Frage an:
Sind Sie eigentlich der Ansicht, dass die Textausschnitte in Ihrem »Netz-Monitor Buch« gemäß dem am 1. August 2013 in Kraft getretenen Leistungsschutzrecht in dieser Form unbedenklich sind?
Daraufhin passierte erst einmal: nichts. Ich habe dann zwei Tage später nochmal nachgefragt und die ursprüngliche Mail weiter geleitet. Die Antwort auf die Frage zum LSR hätte von mir aus noch länger auf sich warten lassen dürfen, aber meinen Namen wollte ich schon schnell geändert haben. Diesmal kam die Antwort kurzfristig:
Was das Leistungsschutzrecht betrifft, sind von diesem Dienste ausgenommen, die »die verlegerische Leistung auf andere Weise nutzen, z. B. indem sie dem Internet-Nutzer aufgrund eigener Wertung eine Auswahl von Presseerzeugnissen anzeigen.« Darüber hinaus heißt es in § 87g (4) UrhG‑E: »Zulässig ist die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen oder Teilen hiervon, soweit sie nicht durch gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen oder gewerbliche Anbieter von Diensten erfolgt, die Inhalte entsprechend aufbereiten.«
Der Börsenverein ist kein gewerblicher Anbieter in diesem Sinne und der Netz-Monitor BUCH eine Dienstleistung überwiegend für Mitglieder, die den Online-Diskurs durch redaktionelle Auswahl von Blogbeiträgen fördern will.
Wir halten fest: der Börsenverein ist der Ansicht, dass das Leistungsschutzrecht für seinen »Netz-Monitor Buch« nicht gilt. Das finde ich ehrlich gesagt äußerst ulkig, denn das Gegenteil dürfte der Fall sein. Rechtsanwalt Schwenke (einer von den Guten) schreibt in einem seiner Artikel zu diesem Thema sehr eindeutig:
Das Leistungsschutzrecht betrifft nur Suchmaschinen und Dienste, die Inhalte ähnlich wie Suchmaschinen aufbereiten. Damit sind Aggregationsdienste gemeint, die Presserzeugnisse gesammelt auflisten, wie zum Beispiel Presseschauen oder Blogartikelübersichten.
Und um eine Presseschau bzw. um eine Blogartikelübersicht (oder genauer: um eine Übersicht über Artikel aus dem Netz) handelt es sich beim »Netz-Monitor Buch« eindeutig. Und sie steht offen im Netz, auch wenn sie laut der Stellungnahme »eine Dienstleistung überwiegend für Mitglieder« ist.
Die im Netz-Monitor Buch wiedergegeben Texte überschreiten das bei Weitem.
Dann heisst es in der Stellungnahme: « … der Börsenverein ist kein gewerblicher Anbeiter in diesem Sinne«. Das finde ich noch viel ulkiger. Wer eine private Webseite oder ein Blog betreibt, der wird von Gerichten bereits als gewerblicher Anbieter eingestuft, wenn er Werbeanzeigen schaltet oder Affiliate-Links setzt. Dabei ist es völlig unerheblich, ob damit eine Gewinnerzielungsabsicht einher geht. Ebenso wenig muss die Gewinnerzielungsabsicht sich meiner Meinung nach auf die Presseschau direkt beziehen. Dass der Börsenverein der Ansicht ist, kein gewerblicher Anbieter zu sein, und das trotz der Rechtsform als Verein, dem Erheben von Mitgliedsbeiträgen, einem Geschäftsführer (fällt jemandem das Wort »Geschäft« auf?) und einer Umsatzsteuernummer im Impressum seiner Webseite, das hat mich nicht wenig erheitert.
Im Prinzip wäre mir das alles egal. Allerdings sind es Börsenvereins-Geschäftsführer Skipis und Vorsteher Honnefelder, die zu jeder sich bietenden Gelegenheit auf Einhaltung der Urheberrechtsgesetze pochen oder sogar deren Verschärfung zu Ungunsten der Bürger fordern. Umso erstaunlicher, dass der Börsenverein selbst sich offenbar eines … na sagen wir mal … »eher gelassenen« Umgangs mit solchen Gesetzen befleißigt. Wollen wir hoffen, dass der Börsenverein nicht den Umtrieben eines bösen Abmahn-Abzockers zum Opfer fällt.
Ob der Börsenverein mit seinen Ansichten Recht hat, wird sich entscheiden, wenn es die ersten konkreten Urteile zum Leistungsschutzrecht gibt. Doch die sonst so streitbaren Presseverleger (sogar die Hauptinitiatoren vom Springer-Verlag) halten sich bisher merkwürdig damit zurück, Präzedenzfälle zu schaffen …
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Screenshot: aus dem Netzmonitor Buch mit den Auszügen aus meinem Artikel (und dem korrigierten Namen)
Offenbar dringt es nach und nach auch bis zu den letzten Merkbefreiten in den Chefetagen der Publikumsverlage durch: harte DRM-Maßnahmen werden von den Kunden nicht angenommen, weil sie unbequem sind, das Handling deutlich verschlechtern und dafür sorgen, dass der Kunde die eBooks nicht auf allen seinen Plattformen nutzen kann. Das gilt übrigens hauptsächlich außerhalb des Amazon-Universum, das ohnehin ein geschlossenes System darstellt. Wer aber mal versucht hat mit Adobe-DRM zu hantieren, oder gar, es mit Linux zu nutzen, der weiß, was für ein – mit Verlaub – Scheiß das ist. Außerdem kann man solche Kopierschutzverfahren in Nullzeit entfernen – damit herumärgern muss sich nur der ehrliche Kunde.
Eine Variante sind digitale Wasserzeichen im Buch, sogenanntes Soft-DRM. Damit kann man erkennen, wer das eBook ursprünglich erworben hat und damit möglicherweise feststellen, wer das Ding in die Tauschbörse gestellt hat (wobei ich die Beweiskette wirklich gern mal vor Gericht sehen würde). Auch die sind aber leicht manipulier- oder entfernbar.
Der MVB (also der Börsenverein) hat jetzt das Fraunhofer-Institut Darmstadt mit der Entwicklung eines Wasserzeichens beauftragt (Korrektur vom 13.06.2014: Bösenverein und MVB sind nicht Auftraggeber, entwickeln das Projekt aber zusammen mit dem Fraunhofer-Institut), das auf »Textänderungen basiert«. Das System trägt den branchentypisch klobigen Namen »Sichere Dokumente durch individuelle Markierung« oder kurz SiDiM, das berichtet das Börsenblatt.
Was sich auf den ersten Blick nicht gerade schwerwiegend anhört, ist wenn man genauer nachsieht, eine grobe Unverschämtheit gegenüber den Werkschöpfern. Sieht man sich die Beispieltexte mal an (siehe PDFs im verlinkten Artikel), stellt man fest, dass das System darauf basiert, in einem eBook haufenweise kleine und angeblich »nicht ins Gewicht fallende« Änderungen am Inhalt vorgenommen werden. Beispiele gefällig? Bitte:
Aus
Der Staub den er aufwirbelte, ließ ihn unsichtbar aus der Stadt verschwinden.
wird
Der Staub den er aufwirbelte, ließ ihn nicht sichtbar aus der Stadt verschwinden.
Oder aus
Heute leben wir in einem Paradies, das in eurer Zeit nicht denkbar gewesen wäre.
wird
Heute leben wir in einem Paradies, das in eurer Zeit undenkbar gewesen wäre.
Man weist mit nicht übersehbarem Stolz darauf hin, dass diese Textänderungen vom entwickelten System automatisiert in die eBooks eingefügt werden, wodurch es problemlos in die bestehenden Produktionsprozesse integriert werden kann.
Wie bitte? Geht es nur mir so, oder müsste bei Autoren und Lektoren angesichts dieses merkwürdigen System Übelkeit ausbrechen? Da ringt man wochen‑, monate- oder jahrelang mit den Wörtern, damit sie so angeordnet werden, wie man es für am gelungensten hält, streitet sich ausgiebig aber fruchtbar mit dem Lektor, weil der oder die das ganz anders sieht – und nach all diesem Ringen soll man akzeptieren, dass ein automatisiertes System nach irgendwelchen Algorithmen beliebige und haufenweise (es müssen viele sein, um bei großen Auflagen eine eindeutige Identifizierbarkeit des Werkes herzustellen) Änderungen am mühsam erarbeiteten Text durchführt? Gerade das erste Beispiel zeigt die Schwächen von SiDiM sehr deutlich.
Meine Meinung: geht überhaupt nicht! Man kann allerdings an diesem »Wasserzeichen« wieder einmal erkennen, welchen Respekt die Publikumsverlage vor dem Werk der Autoren und der Leistung der Lektoren haben: gar keinen.
Ich würde als Verbraucher um eBooks, die auf diese Art und Weise verfälscht wurden einen weiten Bogen machen. Oder ist das gar eine Marketingmaßnahme für Printbücher? Denn die wären ja nach wie vor so, wie sie ursprünglich sein sollten.
Eine derartige Schnapsidee kann nur aus den staubigen Katakomben des Börsenvereins kommen …
Gerade war wieder so ein Moment, an dem ich den dringenden Wunsch hatte, mit dem Kopf auf die Tischplatte zu schlagen. Zur Leipziger Buchmesse hob der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine Kampagne mit dem Titel »Vorsicht Buch!« aus der Taufe. Was das Ziel des ganzen ist, wurde mir aus dem Marketinggeschwurbel nicht so richtig klar, irgendwie war nebulös heraus zu lesen, dass man den Buchhandel gegenüber Amazon stärken möchte. Glaube ich. Ich bin nicht sicher.
Doch alle Fragen können jetzt beantwortet werden, denn es gibt eine Webseite zur Kampagne. Dachte ich. Habe aber die Rechnung ohne den Börsenverein gemacht, dessen Tochter MVB bereits mit buchhandel.de und libreka ihre Kompetenzen … äh … eindrucksvoll präsentiert hatten.
Die Webseite »Vorsicht Buch!« soll wohl modern wirken, mit seinem Absperrband-Design und großflächigen Bildern von »Typen« (unter den Kampagnenbildern eine erschreckende Menge an Charakterköpfen, die aber derart überzogen und karikiert dargestellt sind, dass sie unsympathisch wirken). Und ein kleines Mädchen auf der Startseite, na klar, Kinder ziehen doch immer, wie jeder weiß, lesen eh nur Frauen – und bei denen müssen dann doch sofort die Hormone einsetzen und einen unwiderstehtlichen Buchkaufzwang auslösen. (triple facepalm)
Ich kann mir nicht erklären, wie man eine derart aussagelose Webseite zusammenstoppeln kann, die wirkt, als wisse man selbst nicht, was man mit der Kampagne eigentlich wolle. Insbesondere auch durch die Wahl des One Page-Website-Konzepts (die der Börsenverein vielleicht für den letzten Schrei hält, allerdings nur bei bestimmten Arten von Content Sinn macht), wirkt die Seite wie ein haltloser und vor allem weitestgehend inhaltsleerer Flyer. So bringt man also analoge Bücher ins digitale Web? Not! Ebenso wenig wie Kunden in die Buchhandlungen.
Konzeptionslos ist das, was mir dazu einfällt, weiterhin: wer soll da eigentlich angesprochen werden? Personen die eh schon Bücher lesen? Warum? Was ist die Aussage der Seite? Was ist das Ziel der Kampagne? Warum nehmen laut Google-Karte nur ein paar Buchhandlungen teil? Die Anzahl der Treffer ist mit poplig doch noch freundlich umschrieben? Warum glänzen große Teile der Karte durch Leere? Warum sollte mich das alles interessieren? Wo sind meine Tropfen?
So wird das nichts, Börsenverein. Werbemethoden aus den 80ern sind auch dann noch Werbemethoden aus den 80ern, wenn man sie im Web neu anmalt. Statt haufenweise überflüssiger Bilder wäre es angebracht gewesen, zu informieren. Aber mit dem Informieren habt ihr es nicht so, oder? Sonst würdet ihr ja mal auf meine Anfragen per Mail antworten … Mail. Ihr wisst schon? Dieses neumodische Zeug.
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Screenshot Webseite »Vorsicht Buch!« Copyright Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
Ihr müsst jetzt ganz stark sein, liebe Leser. Diesen Test erträgt nur, wer extrem geistesstark oder völlig besoffen ist. Oder sein Hirn großzügig notleidenden Zombies gespendet hat. You have been warned!
Hereinspaziert, hereinspaziert, meine sehr geehrten Damen und Herren, in unsere einmalige Show der Absonderlichkeiten! Hier sehen Sie abstoßende Monstren ebenso, wie verwachsene Freaks, hier bleibt kein Auge trocken und hier erblicken Sie Dinge, die man anderswo totschlagen würde!
Bisher konnte man in diesem Test von Onlineshops halbwegs brauchbare Ergebniss ebenso finden, wie mangelhafte oder durchwachsene. Aber was libreka!, der von MVB – und damit vom Börsenverein des Buchhandels, MVB heisst »Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH« – betriebene Buchladen im Web bietet, ist so hanebüchen, dass das oben zu lesende Intro seine Berechtigung hat. Denn ich habe vor lauter »an den Kopf fassen« (neudeutsch: Facepalms) während des Tests jetzt haufenweise deutliche Griffstellen im Gesicht und – um bei der Freakshow zu bleiben: dieser Shop muss aus Leichenteilen mumifizierter Börsenvereins-Zombies zusammengesetzt worden sein, anders lässt sich das, was mir begegnet ist, nicht erklären.
Insbesondere sind die gleich folgenden Erkenntnisse dann witzig, wenn man sich vor Augen führt, wie MVB unter einem »über libreka!«-Link großspurig angibt:
libreka! ist die große E‑Book-Plattform für den deutschsprachigen Raum – mit einem umfassenden Leistungsangebot, das von der Information über die Möglichkeit zum Reinlesen in Bücher bis zum Kauf von E‑Books und gedruckten Büchern reicht. 1.947.526 Bücher aus über 1.763 Verlagen mit über 50 Millionen Buchseiten stehen für die Suche zur Verfügung und652.937 E‑Books zum Kauf bereit. Wer als Leser Bücher sucht, ist bei libreka! an der richtigen Adresse.
Den letzten Satz möchte ich aber sowas von bezweifeln. Wer als Leser Bücher sucht (insbesondere englische Print- oder eBooks), der ist in einem türkischen Gemüseladen besser aufgehoben, als bei libreka. Da kann man wenigstens die Inhaltsstoffe der Sucuk von der Verpackung ablesen, manchmal sogar in englisch.
Merket auf, liebe Besucher der Freakshow, wenn ich euch den degeneriertesten und verwachsensten Onlineshop in Sachen »ich kauf´ im Internet« vorstelle, den ich je gesehen habe. Bühne frei für: libreka! Unsere gedungenen Clowns werden jetzt noch schnell Valium verteilen, damit es nicht zu Hyperventilation kommt.
Auf den ersten Blick ist man noch arglos und erfreut sich an der Übersichtlichkeit und dem halbwegs hübschen und modernen Anblick der Seite. Das zeigt allerdings, dass man auch aus einem hirnlosen Zombie mit ein wenig Make Up und neuen Designer-Klamotten zumindest äußerlich einen Superstar machen kann (ähnliches betreiben Privatsender seit Jahren und auch öffentlich-rechtliche können das inzwischen ganz gut, aber das ist doch dieses … Fernsehen … iiiiihhhh!).
Aber ich schweife ab. Erfreut nimmt man erst einmal ein horizontales Hauptmenü zur Kenntnis, das nicht nur eBooks und Bücher, sondern auch »Audio«, »Video/DVD« (»BluRay« ist vermutlich zu modern für den … äh … traditionsbewussten Börsenverein), »Software« und »Weitere Medien« feil bietet. Wobei ich mir auf Anhieb unter »Weitere Medien« so gar nix vorstellen konnte. Also der Neugier nachgekommen und mal darauf geklickt.
Ahja. Unter »Weitere Medien« finde ich … Bücher. Das ist ja originell. Warum sind die nicht unter »Bücher«? Weil man unbedingt einen weiteren Menüpunkt brauchte, um wichtiger zu wirken? Oder besser sortiert? Das Menü musste voll werden? Man könnte annehmen, dass die Schlauberger, die das Portal verbrochen haben, nach dem hastigen Genuss einer Flasche Hörnertee möglicherweise dachten »Hach, wir machen den überflüssigen Menüpunkt ganz nach rechts. Mit dem Titel und dem Namen klickt da eh nie jemand drauf!« Doch: ich. Unfassbar. Verlassen wir schnell diesen Ort, denn hier lauert der Wahnsinn der »Großen Alten« des Börsenvereins und ihrer nichteuklidischen Navigation. Mir ist schon ganz schwummrig,
Mal abgesehen davon, dass sich der Inhalt auch hier liebevoll an die linke Seite des Browserfensters schmiegt, sieht die Front des Hauses eigentlich ganz gut aus. Topmenü mit Hauptnavigation, man könnte sich fragen, warum im Header »Bücher und eBooks« steht, in der Navigation jedoch eBooks vor Büchern angeordnet sind. Ist man sich seiner Prioritäten nicht ganz sicher? Grün als dominante Farbe soll einen Eindruck von Frische erzeugen. An der linken Seite zeigen sich thematische Unterteilungen, klicke ich auf Belletristik, stelle ich erstaunt fest, dass als »Themen« unter anderem »Fantastische Literatur«, »Fantasy«, »Science Fiction« und »Fantasy & Science Fiction« auftauchen. Das sind keine Kategorien, wie auf den bisher getesteten Seiten, sondern Filter, die die angezeigten Inhalte (erstmal irgendwie alles) einschränken. Eigentlich ganz pfiffig gemacht. Wähle ich irgendwas davon kann ich sogar gezielt nach Sprachen filtern und sogar nach Preisrahmen. Bei diversen Büchern wird mir die Option »reinlesen« angezeigt, damit also eine Möglichkeit, die ganz ähnlich der »Blick ins Buch«-Funktion bei Amazon ist.
Mal im Ernst und außerhalb meiner Spottereien weiter oben: wer ausschließlich auf der Hatz nach deutschen Mainstream-Büchern ist, wird hier vermutlich ganz gut bedient, denn eigentlich ist das Konzept der Suche mit nachfolgender Filterung durchaus schlüssig und das Filtern auch ganz gut umgesetzt (die eigentliche Suche aber nicht). Von der völlig unbedienbaren ergonomischen Katastrophe, die libreka! vor dem Relaunch war, ist das tatsächlich Lichtjahre entfernt. MVB hat in Sachen Bedienung offenbar bessere Leute als beim letzten Mal für die Umsetzung eingekauft – das ist aber auch wahrlich nicht schwer. Zu den unentschuldbaren Tücken der Suche (merke: Suche ist nicht gleich Filterung) kommen wir gleich.
Nur: ich möchte gern englische Bücher erwerben, sei es in Totholz- oder in elektronischer Form – dazu kommen wir jetzt und es wird kleinkariert und komisch, denn zumindest dieser Teil der Hütte bröckelt hinter der aufgestyleten Fassade ziemlich heftig.
Die Suche nach BLOOD RITES mit einer nachfolgenden Filterung »English« bringt den gesuchten Roman auf den ersten drei Seiten (also dreißig Suchergebnissen) nicht ans Tageslicht. Deswegen die Verfeinerung mit dem Autorennamen »Butcher«, das hat bisher auf den anderen Shops fast immer funktioniert. Hier jedoch: insgesamt vier Ergebnisse (der Englisch-Filter ist noch aktiv), keines (!) davon ist der gesuchte Harry Dresden-Roman.
Na gut, versuche ich also mal den im November erschienenen neuen Roman COLD DAYS. Auch hier finde ich auf den ersten Ergebnisseiten den gesuchten Titel nicht, die Suchmaschine behauptet zwar, nach »Relevanz« zu sortieren, was das für eine Relevanz sein könnte, geht mir allerdings auch nach einer ausgiebigen Meditation auf meinem Daniel Düsentrieb-Kissen nicht auf. Markiert sind bei den Treffern die einzelnen Worte »cold« und »days«, eine Suche nach beiden Begriffen zusammen scheint nicht priorisiert nach Relevanz sortiert zu werden. Wer programmiert so etwas? In einwöchigem Lehrgang zur IT-Kraft umgeschulte MVB-Manager? Auch wenn ich COLD DAYS in Anführungszeichen setze, eine übliche Vorgehensweise um Suchbegriffe zusammen zu fügen: Fehlanzeige; ebenso, wenn ich den Titel um den Autorennamen ergänze: dann gibt es neun englische Treffer, keiner davon ist der gesuchte Roman – es ist noch nicht einmal ein einziger davon von Jim Butcher.
Noch ein letzter Versuch mit CHANGES. Über 30000 Treffer in »englische Bücher« – ah ja … Verfeinerung mit dem Autorennamen: kein Treffer auf den ersten paar Seiten der Suchergebnisse. Ernüchternd.
Unter dem »Finden«-Button der Suchfunktion entdecke ich einen kleinen Link: »Erweiterte Suche«. Hier kann ich den Titel und den Autorennamen einzeln eingeben. Ich tue dies für beide vorstehenden Romane und zusätzlich noch für CHANGES, das Ergebnis ist jedesmal dasselbe:
Ihre Suchanfrage nach * und Titel »Changes« und Autor »Butcher« lieferte keine Ergebnisse. Bitte versuchen Sie es mit einem anderen Suchbegriff.
»Erbärmlich« ist wieder einmal das einzige Wort, das mir dazu einfällt. Nein, das stimmt nicht, mir fallen noch ganz andere Worte ein, aber die sind hier nicht wiedergabefähig, das verbietet mir meine Erziehung. Vermutlich nutze ich wieder eine Art und Weise des Suchens, die nicht mit den Vorstellungen der MVB-Entwickler übereinstimmt, was zulässige oder valide Suchanfragen sind (siehe die Lachnummer auf buchhandel.de). Vielleicht sollten die ein Handbuch zur Suche heraus geben. Man würde das nur vermutlich auf der Seite nicht finden.
Die Suche nach REDSHIRTS liefert drei Treffer. Der erste ist die Heyne-Ausgabe, zwei und drei muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, das ist vermutlich wieder diese okkulte MVB-»Relevanz«:
Augenblicke einer Weltreise, Helge Negele
The Pulitzer Price Archive. A History And Anthology …
Man sieht: höchst beeindruckend, was diese Suchmaschine leistet … Englische Ausgaben von REDSHIRTS sowohl als eBook wie auch als Printbuch: nix ist.
Die Suche nach Alan Dean Foster fördert ebenso wie eine nach »Foster, Alan Dean« und einer Einschränkung auf englische Bücher gerade mal 13 Treffer zutage, davon ist nicht ein einziger von Alan Dean Foster. Eine Vertipper-Suche nach »Alan Dearn Foster« liefert wie erwartet: … nix.
Ihre Suchanfrage nach »alan« »dearn« »foster« lieferte keine Ergebnisse. Bitte versuchen Sie es mit einem anderen oder allgemeineren Suchbegriff.
Danke, aber ich versuche es lieber mit Bol, Osiander oder eben doch wieder Amazon. Und: Bei diversen Büchern fehlen die Coverabbildungen.
Eigentlich habe ich an dieser Stelle des Tests schon gar keinen Bock mehr, mich weiter mit diesem halbvergammelten Untoten auseinander zu setzen, aber ich beisse die Zähne zusammen, versuche mich in einen stoizistisch-masochistischen Geisteszustand zu versetzen, der mich diese Freak-Webseite weiterhin ertragen lässt, und mache weiter. Ne Pulle Leberkleister wäre vielleicht auch eine Hilfe gewesen.
Wobei: eigentlich könnte ich mir die Tests in Sachen eBooks tatsächlich sparen, denn bei den vorgenannten Suchergebnissen wurden auch immer die eBooks mit angezeigt und sind filterbar. Deswegen in aller Kürze:
Die Suche nach ICERIGGER fördert tatsächlich ein Resultat hervor, was ist denn jetzt los? Die gesamte Trilogie in einem eBook, herausgegeben von Open Road für EUR 14,20. Die hat Amazon nicht. Die Einzelbände gibt es bei libreka nicht, bei den Amazonen allerdings schon. Das mit ICERIGGER war jedoch ein Zufallstreffer. Charles Stross´ HIDDEN FAMILY: Fehlanzeige. Scalzis REDSHIRTS: Fehlanzeige. Und sogar die beiden Bestseller THE HUNGER GAMES und A DANCE WITH DRAGONS: Fehlanzeige.
Versuchen wir noch schnell einen Klassiker: MOUNTAINS OF MADNESS von H. P. Lovecraft. Und der wird tatsächlich als eBook in einer Ausgabe von Random House gefunden, der Preis beträgt üppige 21,31 Euro, bei Amazon gibt es verschiedene Ausgaben, die preiswertesten davon kosten … 89 Cent, allerdings habe ich die Random House-Ausgabe auf Amazon nicht gefunden. Ein großer Teil der Werke Lovecrafts sind übrigens seit 2007 gemeinfrei … 21,31 Euro … ohne Worte … ich habe für eine Lovecraft-Gesamtausgabe für den Kindle 99 Cent bezahlt …
Man kann konstatieren: eklatante Preisunterschiede gibt es deswegen nicht, weil die ach so tolle eBook-Plattform des Börsenvereins in Sachen englischer eBooks extrem schlecht sortiert ist, zumindest was den Bereich Phantastik angeht.
Ich bin ja gar nicht so, gebe ihnen bei deutschen Büchern eine Chance, suche nochmal nach Alan Dean Foster und beschränke diesmal nicht auf »englisch«. Nach der Einschränkung auf »Bücher« und »Belletristik« erhalte ich 34 Treffer. Ja, das könnte hinkommen. Allerdings sind nur 12 davon tatsächlich von ihm der Rest ist von irgendwem. Noch eins? Gern: Ich suche nach »George R. R. Martin« und schränke auf »Bücher« ein, Belletristik bietet mir der Filter gar nicht an. Ergebnis: vier Graphic Novels nach Martin, dann ein Buch über Pferdesport im Nationalsozialismus (nein, kein Scherz!), eine Götz George-Biografie, erst dann die ersten beiden Romane aus der LIED VON EIS UND FEUER-Reihe. Dann ein Buch über Designmethoden und eins über Martin Gropius. Auf der zweiten Ergebnisseite kein anderes Bild, da wundert man sich nicht, dass 2475 Treffer gemeldet werden. Und so geht es weiter. An dieser Stelle hätte ich, um ein hysterisches Gekicher zu unterdrücken, erneut die bereits bemühte Flasche Leberkleister zum Einsatz kommen lassen müssen. Ergo: auch bei der Recherche in der Kernkompetenz »deutschsprachige Bücher« sind die Ergebnisse dieser Suchmaschine mit »subterran« noch sehr freundlich umschrieben.
Liebe Leute von MVB: Lucene/Solr ist eine Open Source-Suchmaschine unter Ägide des Apache-Projekts und liefert schon unkonfiguriert bessere Ergebnisse als euer Programmierer-Ejakulat!
Schauen wir noch auf die AGBs und Lieferbedingungen der Börsenvereinszombieseite:
Aus irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Gründen bleiben gekaufte eBooks nur zwei Jahre lang herunterladbar. Das muss in Zeiten der Cloud einfach deutlich besser gehen, warum hier nicht ein zeitlich unbegrenzter Zugriff auf die zumeist mit DRM verseuchten Werke ermöglicht wird, ist nicht nachvollziehbar. Man sollte an dieser Stelle jedoch fairnesshalber anmerken, dass es bei libreka! auch eBooks gibt, die nur mit Soft-DRM versehen oder völlig frei von Kopierschutzmechanismen sind. Meine Vermutung ist, dass man sich darüber im Klaren ist, dass auch diese Seite demnächst wieder über Bord gekippt wird und man dann keinen Bock hat, die Kundendaten und ‑eBook-Lizenzen zu migrieren.
Bei der Lieferung von Büchern und den Preisen hierfür dann der Klopper: hier wird man auf die Seite buchhandel.de verwiesen, die ich an anderer Stelle bereits als völlig untauglich getestet hatte; Man weist nur darauf hin, dass man sich die Waren dann an einen Buchhändler der Wahl senden lassen kann – oder eben gegen einen Obolus nach Hause. Warum das keine Option ist, kann man in meinem Artikel zu buchhandel.de nachlesen. Diese Vorgehensweise ist natürlich völlig sinnfrei, denn warum leistet man sich eine zweite, redundante Plattform, wenn von da wieder nur auf die erste geleitet wird und beschränkt libreka nicht, wie ursprünglich gedacht, ausschließlich auf eBooks?
Fazit: Geht gar nicht. Zwar nette Filtermöglichkeiten (die Idee sollte Doktor Frankenstein in einen anderen Patienten transplantieren), aber eine komplett untaugliche Suchfunktion. Weiterhin gähnende Leere bei englischen Printbüchern und eBooks aus dem Bereich Phantastik.
Völlig indiskutabel. Man kann nur hoffen, dass diese oberflächlich geschminkte Zombie-Seite schnell von Rick Grimes mit einer großkalibrigen Feuerwaffe von ihren Leiden erlöst wird.
Was? Es ist immerhin die Seite einer Tochterfirma des »Börsenvereins des Teutschen Puchhandels« und die muss gar keine englischen Schmöker vorhalten? Was für ein Unsinn, Auswahl und Genrekompetenz sind die Stichworte, die von Amazon bedient werden – und hier sollte gerade eine Buchhandelsseite wenigstens versuchen gegen zu halten. Insbesondere, wenn englische Bücher explizit als Auswahl zur Verfügung stehen, dann muss man auch gängige Exemplare oder mindestens Bestseller finden können. Wer glaubt, Amazon eine solche maximal halbgare Seite mit maximal ungarer Suche entgegen setzen zu können, der gehört wirklich in die eingangs erwähnte Freakshow. Am besten auf einem hohen Elfenbeinturm, denn um diese Freaks zu sehen, würde zumindest ich kein Geld ausgeben wollen.
Mir ist zudem nicht wirklich klar, wie sich die gravierende Diskrepanz zwischen der genialen Filterfunktion und der grottigen Suchmaschine erklären lässt. Das fühlt sich an, als hätten unterschiedliche Entwickler daran gearbeitet und nicht miteinander kommuniziert. Und als hätten die an der Suchmaschine im Gegensatz zu denen am Filtersystem keine Ahnung von der Materie gehabt. Oder kann es sein, dass man auf irgendeine vorhandene, alte Technik zurück griff und die Filternummer nur drangefrickelt hat? Wir werden es wohl nie erfahren.
Da libreka! allerdings wie buchhandel.de von MVB betrieben wird, wundert mich hier – ehrlich gesagt – gar nichts.
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