Englische eBooks und ihre unerklärlichen Preise in deutschen Shops

Im Rah­men der Tests ver­schie­de­ner Online­shops für Bücher und eBooks war ich über die Tat­sa­che gestol­pert, dass eng­lisch­spra­chi­ge eBooks auf allen bis­lang getes­te­ten Platt­for­men erheb­lich teu­rer ange­bo­ten wer­den, als bei Ama­zon. Da mich die Hin­ter­grün­de hier­für inter­es­sier­ten, frag­te ich bei Shop­be­trei­bern nach. Deren über­ein­stim­men­der Aus­sa­ge zufol­ge haben die kaum eine Varia­ti­ons­mög­lich­keit bei den Prei­sen. War­um? Die eng­lisch­spra­chi­gen eBooks wer­den von soge­nann­ten Aggre­ga­to­ren bezo­gen. Davon gibt es drei gro­ße in Deutsch­land, näm­lich libri.digital, libre­ka! und cian­do.

Für mich lag es auf­grund die­ser Aus­sa­ge nahe, bei den »Aggre­ga­to­ren« nach­zu­fra­gen. Die Ant­wor­ten fin­den sich in die­sem Artikel.

Mei­ne ers­te Anfra­ge, die an libri@libri.de, info@mvb-online.de und info@ciando.com ging, lautete:

Sehr geehr­te Damen und Herren,

im Rah­men einer Arti­kel­se­rie tes­te ich der­zeit ver­schie­de­ne deut­sche Online­shops im Bereich Print­buch und eBooks.

Dabei ent­deck­te ich die Tat­sa­che, dass eng­lisch­spra­chi­ge eBooks in Deutsch­land haupt­säch­lich von drei Aggre­ga­to­ren für die Shops zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Auf Nach­fra­ge teil­te man mir mit, dass man selbst an den Prei­sen nicht viel machen kön­ne, da die­se durch die­se Aggre­ga­to­ren fest­ge­legt werden.

Da libri.digital einer die­ser Groß­han­dels­an­bie­ter ist, bit­te ich dar­um, fol­gen­de Fra­ge zu beant­wor­ten. Ich wei­se dar­auf hin, dass die Ant­wort in einem Arti­kel auf mei­nem Por­tal the­ma­ti­siert wer­den wird. Die­sel­be Fra­ge wer­de ich auch libre­ka und cian­do stellen.

War­um ist der End­preis eng­lisch­spra­chi­ger eBooks auf deut­schen Platt­for­men in der Regel dop­pelt bis drei­mal so hoch wie bei Amazon?

Für eine Beant­wor­tung bedan­ke ich mich im voraus.

Mit freund­li­chem Gruß,
Ste­fan Holzhauer

PhantaNews.de
Phan­tas­ti­sche Nachrichten

Die ers­te Ant­wort kam von ciando:

Der Grund für die unter­schied­li­che Preis­ge­stal­tung eng­lisch­spra­chi­ger eBooks liegt dar­in, dass eng­lisch­spra­chi­ge Bücher nicht der Buch­preis­bin­dung unter­lie­gen. Des­halb sind die Prei­se eng­lisch­spra­chi­ger eBooks frei kalkulierbar.

Die­se Aus­sa­ge hielt ich für nicht so recht nach­voll­zieh­bar, denn »freie Preis­ge­stal­tung« hin oder her, dadurch allein könn­te man mini­ma­le Abwei­chun­gen erklä­ren, aller­dings wahr­lich nicht dop­pel­te oder gar drei­fa­che Prei­se. Des­we­gen frag­te ich nach. Bei cian­do wünsch­te man sich dar­auf­hin für eine detail­lier­te­re Ant­wort kon­kre­te­re Beispiele.

Zwi­schen­durch mel­de­te sich auch libri.digital:

Als Groß­händ­ler bie­ten wir mit Libri.Digital auch im digi­ta­len Bereich eine Groß­han­dels­platt­form, die Buch­händ­lern und Online-Händ­lern den Han­del mit eCon­tent-Pro­duk­ten vom eBook bis zum Audio-Down­load ermög­licht. Jedem ange­schlos­se­nen Online-Shop kön­nen wir der­zeit über 180.000 deutsch­spra­chi­ge und 53.000 inter­na­tio­na­le eBooks sowie etwa 10.000 deutsch­spra­chi­ge und mehr als 1.000 fremd­spra­chi­ge Audio­book-Down­loads zur Ver­fü­gung stel­len. Zu Ihrer Fra­ge im Hin­blick auf das Pri­cing eng­lisch­spra­chi­ger eBooks: Die Preis­stel­lung für nicht preis­ge­bun­de­ne Pro­duk­te unter­liegt den Händlern.

Aha. Erst PR-Geschwur­bel (und die hal­ten 53000 inter­na­tio­na­le eBooks für eine tol­le Zahl?), dann »die Preis­ge­stal­tung ‘unter­liegt’ den Händ­lern«. Die­se hat­ten mir aller­dings erläu­tert, dass sie auf­grund der Preis­vor­ga­ben sei­tens der Aggre­ga­to­ren kaum Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten haben. Was ich inzwi­schen auch glaube.

Dar­auf­hin stell­te ich allen drei ange­spro­che­nen Aggre­ga­to­ren im Rah­men einer Nach­fra­ge eine wei­te­re Erläu­te­rung zur Verfügung:

Ich tes­te gera­de ver­schie­de­ne Online­shops für Bücher und eBooks, um fest­zu­stel­len, ob es tat­säch­lich nutz­ba­re Alter­na­ti­ven zu Ama­zon gibt. Der Schwer­punkt liegt dabei auf eng­lisch­spra­chi­gen Büchern und eBooks aus dem Bereich Sci­ence Fic­tion & Fan­ta­sy. Mei­ne Erkennt­nis dabei ist, dass die weit­aus meis­ten der eng­lisch­spra­chi­gen eBooks dop­pelt bis drei­fach so teu­er sind, wie bei Amazon.

Bei­spie­le:

Charles Stross – Hid­den Family
Buch­han­dels­shop: EUR 12,36
Ama­zon: EUR 4,37

Geor­ge R. R. Mar­tin – A Dance With Dragons
Buch­han­dels­shop: EUR 49,70
Ama­zon: EUR 13,99

Arthur C. Clar­ke – The Last Theorem
Buch­han­dels­shop: EUR 21,31
Ama­zon: EUR 5,51

Isaac Asi­mov – Pre­lude to Foundation
Buch­han­dels­shop: EUR 11,35
Ama­zon: EUR 5,70

Alan Dean Fos­ter – Pre­d­a­tors I Have Known
Buch­han­dels­shop: 15,32
Ama­zon: EUR 11,53

Alan Dean Fos­ter – For Love Of Mother-Not
Buch­han­dels­shop: EUR 10,51
Ama­zon: EUR 3,82

Ins­be­son­de­re Preis­un­ter­schei­de wie bei »A Dance With Dra­gons« oder »The Last Theo­rem« las­sen sich mit »frei­er Preis­ge­stal­tung« kaum nach­voll­zieh­bar erklären.

Auf mei­ne Anfra­gen bei ver­schie­de­nen Shops kam die Rück­mel­dung, dass eng­lisch­spra­chi­ge eBooks in Deutsch­land übli­cher­wei­se über die drei Aggre­ga­to­ren libre­ka, libri.digital und cian­do kom­men und man sich deren Prei­sen anpas­sen muss. Auf­grund die­ser Infor­ma­ti­on fra­ge ich bei den drei genann­ten Aggre­ga­to­ren nach.

Mit freund­li­chem Gruß,
Ste­fan Holzhauer

Die dar­auf­hin fol­gen­de Ant­wort von cian­do war … knapp:

Die Preis­dif­fe­renz kommt regel­mä­ßig dadurch zustan­de, dass gro­ße inter­na­tio­nal täti­ge Anbie­ter typi­scher­wei­se Direkt­ver­trä­ge mit den Ver­la­gen haben, wäh­rend der Ver­trieb eng­lisch­spra­chi­ger Titel bei ande­ren Platt­for­men über zwei Zwi­schen­han­dels­stu­fen abge­wi­ckelt wird. Für jede Han­dels­stu­fe fal­len Auf­prei­se an. Fer­ner haben sich gro­ße inter­na­tio­nal täti­ge Anbie­ter durch die Wahl des Stand­or­tes einen Umsatz­steu­er­vor­teil ver­schafft, der eben­falls in die Preis­dif­fe­renz eingeht.

Hier kom­men wir den Hin­ter­grün­den auf die Spur. Ama­zon bezieht die eBooks direkt bei den Ver­la­gen. So gut wie alle ande­ren Händ­ler in Deutsch­land müs­sen sich der hie­si­gen Struk­tu­ren bedie­nen, bei denen noch Zwi­schen­händ­ler ihren Rei­bach machen wol­len. In die­sem Fall genau­er gesagt die »Aggre­ga­to­ren« (das ist übri­gens bei eng­lisch­spra­chi­gen Print­bü­chern sehr ähnlich).

Auf den Spruch mit den Steu­er­vor­tei­len hat­te ich aller­dings gewar­tet, sehen wir uns den mal genau­er an. In mei­nem Bei­spiel kos­tet Charles Stross´ HIDDEN FAMILY bei Ama­zon nur 4,37 Euro. Ama­zon zahlt luxem­bur­gi­sche Umsatz­steu­er auf eBooks, die liegt bei nur drei Pro­zent. Dank lob­by­hö­ri­ger Poli­ti­ker liegt der MWSt-Satz auf elek­tro­ni­sche Bücher in Deutsch­land bei 19 Pro­zent. Das macht einen Unter­schied von immer­hin 16 Pro­zent. Rech­nen wir also:

4,37 Euro * 0,97% * 19% = 0,81 Euro

Damit läge das Stross-Buch bei einem Ver­kaufs­preis von 5,04 Euro. Das wäre ein durch­aus annehm­ba­rer Preis, ist aller­dings immer noch weit unter­halb der ange­sag­ten 12,36 Euro. Der Hin­weis auf Ama­zons Steu­er­tricks zieht in mei­nen Augen des­we­gen nicht, denn dabei han­delt es sich – wie man leicht sel­ber nach­rech­nen kann – zwar nicht um zu ver­nach­läs­si­gen­de, aber den­noch eher gerin­ge Beträ­ge. Dass Ama­zon in der Mas­se kräf­tig Steu­ern spart, steht außer Fra­ge, aller­dings wür­den die Kind­le-eBooks sogar dann nicht maß­geb­lich teu­rer wer­den, wenn die EU mit ihrer Kla­ge gegen die Län­der mit nied­ri­ger MWSt auf eBooks Erfolg hät­te. Tref­fen wür­de dies in ers­ter Linie Inde­pen­dent-Autoren, denen dann ver­mut­lich deut­lich weni­ger Tan­tie­men aus­be­zahlt wer­den wür­den. Der Hin­weis auf die Umsatz­steu­er ist des­we­gen in mei­nen Augen nicht nur eine müde, son­dern sogar eine pein­li­che Ausrede.

Da bei libreka!/MVB nie­mand reagier­te, stell­te ich mei­ne Anfra­ge erneut, dies­mal an die Pres­se­stel­le von MVB. Man ent­schul­dig­te sich am 07.03.2012 für die aus­ge­blie­be­ne Ant­wort und erläu­ter­te, dass man für eine Stel­lung­nah­me erst mit »Pro­dukt­ver­ant­wort­li­chen« im Hau­se spre­chen müs­se. Das wür­de eini­ge Tage dau­ern. Für das Igno­rie­ren der ursprüng­li­chen Mail hat­te ich offen gesagt wenig Ver­ständ­nis, für die Bedenk­zeit schon.

Die Ant­wort kam auch tat­säch­lich am 12.03.2012:

Die Preis­ge­stal­tung von eng­lisch­spra­chi­gen (und damit nicht preis­ge­bun­de­nen) e‑Books ist äußerst kom­plex. Die wesent­li­chen Einflussfaktoren:

- Agen­cy-/Non-Agen­cy Pri­cing: E‑Books, die über das Agen­cy Modell ver­trie­ben war­den, kos­ten über­all gleich viel. Das erklärt die hohe Zahl von iden­ti­schen, bzw. sehr ähn­li­chen Prei­sen auf allen Plattformen
– US/UK Ver­lag: Ins­be­son­de­re bei sehr hohen Preis­ab­wei­chun­gen kann es sich um unter­schied­li­che Ver­lags­aus­ga­ben han­deln. Eng­lisch­spra­chi­ge E‑Books wer­den idR von US- wie auch von UK-Ver­la­gen ange­bo­ten, wobei es in ande­ren Aus­lands­märk­ten durch­aus zu Über­schnei­dun­gen kom­men kann. Kal­ku­liert der UK Ver­lag bspw. den E‑Book Preis auf Basis des Hard­co­vers, der US Ver­lag aber auf Basis der Taschen­buch­aus­ga­be, kann der Unter­schied in den E‑Book-Prei­sen frap­pie­rend sein.
– Bestseller/Nischentitel: Ama­zon kal­ku­liert Best­sel­ler sehr aggres­siv und häu­fig auch mit Ver­lust. Für deutsch­spra­chi­ge Platt­for­men sind eng­li­sche Titel aber nur ein Ergän­zungs­an­ge­bot und unter­lie­gen bis­lang in der Regel noch kei­ner akti­ven Preis­po­li­tik. Im Nischen­be­reich scheint dies aber häu­fig umge­kehrt zu sein: dort fin­den sich bei libre­ka vie­le Titel, die sogar güns­ti­ger sind als bei Amazon.
– Direktbezug/Aggregatoren: Deutsch­spra­chi­ge Platt­for­men bezie­hen ihre eng­lisch­spra­chi­gen Titel in der Regel von Aggre­ga­to­ren aus den USA oder UK. Die­ser mit­tel­ba­re Bezugs­weg erschwert eine offen­si­ve­re und akti­ve­re Preis­po­li­tik. Libre­ka wird zukünf­tig deut­lich mehr Titel, ins­be­son­de­re von den gro­ßen Ver­la­gen, direkt bezie­hen. Wich­tig ist auch, dass vie­le klei­ne­re Ver­la­ge nur über Aggre­ga­to­ren zu bekom­men sind, dafür aber das Ange­bot an Inhal­ten ins­ge­samt – was die Anzahl angeht – attrak­ti­ver wird.

Libre­ka ist stets dar­um bemüht, für sei­ne Händ­ler ein mög­lichst gutes Ange­bot bereit zu stel­len. Mit einer Stei­ge­rung des Kun­den­in­ter­es­ses an eng­lisch­spra­chi­gen E‑Books wird libre­ka sowohl die Ein­kaufs­pro­zes­se wie auch die Preis­fin­dung so gestal­ten, dass die­sem Trend Rech­nung getra­gen wird.

In Ord­nung – neh­men wir das auseinander:

- Agen­cy Modell oder Agen­tur­mo­dell bedeu­tet nach mei­nen Recher­chen, dass der Ver­lag der Ver­käu­fer ist und den Preis fest­legt. War­um das die iden­ti­schen Prei­se auf ver­schie­de­nen Platt­for­men erzeugt, kann ich wahr­lich nicht nachvollziehen.

- Unter­schie­de zwi­schen US und UK-Prei­sen. Das Argu­ment zieht nicht ein­mal ansatz­wei­se, denn selbst­ver­ständ­lich hat­te ich eBooks von den­sel­ben Ver­la­gen ver­gli­chen und nicht US-Äpfel mit UK-Bir­nen. Die US-Prei­se sind in aller Regel deut­lich nied­ri­ger als die UK-Prei­se, des­we­gen hat­te ich mich bei den Ver­glei­chen in mei­nen Tests übli­cher­wei­se auf die ame­ri­ka­ni­schen Aus­ga­ben beschränkt. Die­se Argu­men­ta­ti­on zieht also eben­falls nicht.

- Best­sel­ler und Nischen­ti­tel. Aha, Ama­zon bepreist Best­sel­ler also mit Ver­lust. Ich hat­te aller­dings die gro­ßen Best­sel­ler ohne­hin aus genau die­sem Grund außen vor gelas­sen, des­we­gen zieht auch die­ses Argu­ment bei den von mir bei­spiel­haft aus­ge­wähl­ten Titeln nicht. Und Kobo müss­te dann eben­falls mit Ver­lust ver­kau­fen, dazu kom­men wir wei­ter unten noch. Was »Nischen­ti­tel« sind, konn­te ich mir nicht erklä­ren, des­we­gen habe ich nach­ge­fragt und hof­fe noch auf eine Ant­wort. Die wer­de ich dann ggfs. noch nachreichen.

[Edit]Amazon drückt den Ver­la­gen natür­lich zudem schlech­te Kon­di­tio­nen auf, des­we­gen ja unter ande­rem auch mei­ne ursprüng­li­che Suche nach Alternativen.[/Edit]

- Direkt­be­zug und Aggre­ga­to­ren: da haben wir wie­der einen der vali­den Punk­te. Bei uns wol­len schon meh­re­re Ebe­nen an Dis­tri­bu­to­ren an den eBooks ver­die­nen, bezieht man die­se zudem noch in den USA nicht bei den Ver­la­gen, son­dern der Ein­fach­heit hal­ber bei einem dor­ti­gen Aggre­ga­tor, kommt der natür­lich noch­mals als eine wei­te­re kos­ten­stei­gern­de Stu­fe hin­zu. Mir fällt dazu eigent­lich nur ein: selbst schuld …

- der letz­te Satz ist natür­lich der Knül­ler, des­we­gen wie­der­ho­le ich ihn hier nochmal:

Mit einer Stei­ge­rung des Kun­den­in­ter­es­ses an eng­lisch­spra­chi­gen E‑Books wird libre­ka sowohl die Ein­kaufs­pro­zes­se wie auch die Preis­fin­dung so gestal­ten, dass die­sem Trend Rech­nung getra­gen wird.

Face­palm

Das bedeu­tet nichts ande­res als: »unse­re Umsät­ze mit eng­li­schen eBooks sind so nied­rig, dass uns das nicht wirk­lich inter­es­siert«. Das hört man als Kun­de natür­lich gern und kauft wei­ter­hin die deut­lich preis­wer­te­ren eBü­cher bei Ama­zon. Aber immer­hin han­delt es sich dabei wenigs­tens um eine ehr­li­che Ant­wort – und die von einer Toch­ter­fir­ma des Bör­sen­ver­eins des deut­schen Buch­han­dels. Die­se Ein­stel­lung: »geh weg mit Dei­nem eng­li­schen Feti­schen, Du Nerd!« ist genau das, was mir auch immer wie­der im Buch­han­del außer­halb des Net­zes wider­fährt. Das erklärt somit eigent­lich alles.

[Edit:] mei­ne Hol­de wies mich kor­rek­ter­wei­se dar­auf hin, dass die Umsät­ze der deut­schen Händ­ler in Sachen eng­li­sche eBooks ange­sichts der Mond­prei­se garan­tiert nicht stei­gen wer­den. Somit ist das eine klas­si­sche Kat­ze, die sich in den Schwanz beisst. [Edit Ende]

Bei libri bedank­te man sich für die detail­lier­ten Bei­spie­le und ver­sprach Reak­ti­on. Die kön­ne aller­dings ein wenig auf sich war­ten las­sen, immer­hin ste­he man vor der Buch­mes­se Leip­zig, erläu­ter­te man mir. Weni­ger Stress hät­te man dort sicher­lich gehabt, wenn man sich nicht eine Woche mit der Beant­wor­tung mei­ner Fra­ge Zeit gelas­sen hät­te. Sol­che Reak­ti­ons­zei­ten war ich aller­dings von ande­ren Abtei­lun­gen libris bereits durch Anfra­gen gewohnt, auch ohne dass gera­de irgend­wel­che Buch­mes­sen statt­fin­den … Wenn hier noch eine Ant­wort ein­tru­delt, rei­che ich die­se nach.

An die­ser Stel­le eine Quintessenz:

Nach­voll­zieh­bar sind ein paar der Grün­de, ver­ständ­lich jedoch nicht wirk­lich. Zur Tat­sa­che, dass beim deut­schen Han­del jede Men­ge Zwi­schen­händ­ler ver­die­nen wol­len, wohin­ge­gen Ama­zon direkt von den Ver­la­gen bezieht, habe ich nur begrenzt Ver­ständ­nis. Das ist die­ses alt­ge­wach­se­ne Drei­ge­stirn aus Ver­la­gen, Zwi­schen­händ­lern und Sor­ti­men­tern, das man ein­fach mal aufs Inter­net und eBooks über­tra­gen hat, ohne einen Rea­li­tätscheck durch­zu­füh­ren oder auch nur auf die Idee zu kom­men, das Geschäfts­mo­dell der Inter­net-Rea­li­tät anzupassen.

Der Hin­weis auf die Umsatz­steu­er ist in den weit­aus meis­ten Fäl­len ein­fach nur lächer­lich, das habe ich wei­ter oben schon erläu­tert. Dass es den Aggre­ga­to­ren nicht pein­lich ist, das als Aus­re­de zu benutzen …

Letzt­end­lich ist für mich äußerst inter­es­sant, dass sogar einer der Aggre­ga­to­ren ganz offen zugibt, dass eng­lisch­spra­chi­ge eBooks für die hie­si­gen Anbie­ter der­ma­ßen unin­ter­es­sant und ich ein der­art exo­ti­scher Kun­de bin, dass es ihnen egal ist. Das ist gut zu wis­sen, dann kann ich ja die elek­tro­ni­schen Bücher in eng­li­scher Form wei­ter­hin bei Ama­zon bezie­hen, wenn man auf mich als Kun­den ohne­hin kei­nen Wert legt. Wenn ich dort aller­dings sowie­so schon kau­fe, befin­de ich mich auf der Platt­form und erwer­be wahr­schein­lich auch noch ande­re Bücher und Waren. War­um soll­te ich meh­re­re Händ­ler konsultieren?

Für ein paar der Shops tut es mir ein wenig leid, denn die sind der Preis­dik­ta­tur von libre­ka!, libri und cian­do aus­ge­setzt und kön­nen sich die­ser auf­grund man­geln­der Alter­na­ti­ven kaum ent­zie­hen. Sobald der ers­te US-Kon­zern die als Kun­den erkennt und unter Umge­hung der Zwi­schen­händ­ler direkt belie­fert, wird das Heu­len und Zäh­ne­klap­pern bei den deut­schen Zwi­schen­händ­lern ver­mut­lich groß sein, obwohl man es kom­men sehen könn­te. Aber eng­lisch­spra­chi­ge eBooks sind ja Exo­ten und uninteressant …

Sicher­lich inter­es­sant ist in die­sem Zusam­men­hang auch die Tat­sa­che, dass alle drei Aggre­ga­to­ren auch selbst im End­kun­den­ge­schäft tätig sind und somit die Ware zumin­dest theo­re­tisch durch den Weg­fall der Stu­fe »Buch­händ­ler« preis­wer­ter anbie­ten könn­ten. Dem ist aber in mei­nen Tests nicht so gewe­sen. Ich ver­mu­te, dass der Rest der Bran­che ihnen aufs Dach stei­gen wür­de, täten sie dies tatsächlich.

Zum Abschluss noch ein ganz ande­rer Hin­weis; wenn sei­tens der deut­schen Ama­zon-Kon­kur­renz geme­ckert wird, dass in Luxem­burg nur 3 Pro­zent MWSt auf eBooks erho­ben wer­den: das geht sogar noch bes­ser, denn in Groß­bri­tan­ni­en sind Bücher grund­sätz­lich mehr­wert­steu­er­frei. Und auf­grund des güns­ti­gen Dol­lar­kur­ses könn­te man auch bei Amazon.com äußerst preis­wert eBooks ein­kau­fen. Aller­dings gibt es hier einen Hin­de­rungs­grund: Ama­zon lässt den Kauf bestimm­ter Waren wie eBooks oder Musik­da­tei­en von sei­nen Depen­dan­cen in UK und USA von Deutsch­land aus nicht zu. Das kann man jedoch umge­hen, indem man sich für den Erwerb sol­cher vir­tu­el­ler Güter ein neu­es Kon­tos anlegt und als Adres­se eine Hotel­adres­se angibt. Mit Kre­dit­kar­te bezah­len muss man ohne­hin. Auf die­sem Weg kommt man viel­fach noch güns­ti­ger an die Ware.

Ist das legal? Zumin­dest gibt es kein Gesetz dage­gen, allein die AGBs des Anbie­ters wider­spre­chen dem mög­li­cher­wei­se, hier muss man sich über­le­gen, ob man das Risi­ko ein­ge­hen möch­te. Das wird jedoch von zahl­lo­sen Kun­den welt­weit so gehand­habt, ohne dass es bis­lang Pro­ble­me gege­ben hät­te. Und das könn­te auch bei eng­li­schen und ame­ri­ka­ni­schen eBook-Ver­käu­fern abseits Ama­zons funk­tio­nie­ren. Jen­seits des Main­streams klappt der inter­na­tio­na­le Ein­kauf ohne­hin. Auf die­sem Wege gehen dann die Umsät­ze kom­plett an deut­schen Unter­neh­men und dem hie­si­gen Fis­kus vor­bei. Wirk­lich schlimm kann das nicht sein, denn wie wir gelernt haben, sind wir Leser von ori­gi­nal­spra­chi­gen eBooks ja … aber las­sen wir das.

Wem das nun wie­der zu auf­wen­dig ist und Ama­zon ver­mei­den möch­te, der kauft bei Kobo, nach­dem er die Shop­spra­che auf eng­lisch umge­stellt hat. Da kos­tet Char­lie Stross´ HIDDEN FAMILY bei­spiels­wei­se 5,94 Euro (zur Erin­ne­rung – deut­scher Shop: 12,36 €, Ama­zon: 4,37 €). Alan Dean Fos­ters FOR LOVE OF MOTHER NOT gibt es bei Kobo für 5,22 Euro (deut­scher Shop: 10,51 €, Ama­zon: 3,82 €). Das dürf­te dann tat­säch­lich unge­fähr der Unter­schied von 16 % USt (plus etwas mehr, ver­mut­lich durch bes­se­re Kon­di­tio­nen für die Ver­la­ge als bei Ama­zon) sein, den die deut­schen eBook-Aggre­ga­to­ren als Aus­re­de vor­brin­gen – und den­noch blei­ben sie fast dop­pelt bis drei­fach so teu­er, auch im Ver­gleich mit Kobo.

Noch Fra­gen?

[Update (13:45 Uhr):] Die ver­spro­che­ne Ant­wort von libri sieht wie folgt aus:

wir haben uns die Titel, die Sie anfüh­ren, ange­schaut. Kei­ner die­ser Titel wird zum heu­ti­gen Zeit­punkt bei uns im Digi­tal-Kata­log, also als eBook oder Hör­buch­down­load, geführt. Daher kön­nen wir spe­zi­ell zu die­sen Bei­spie­len lei­der nichts sagen.

Ohne Wor­te … Bei einem schnel­len Check auf libri.de habe ich FOR LOVE OF MOTHER-NOT sofort als Hör­buch und HIDDEN FAMILY Sofort als eBook gefunden …

[Update (14:50 Uhr):] Noch eine Ant­wort von libri:

eBook.de ist der Online Shop der Libri.de Inter­net GmbH. Dies ist eine eigen­stän­di­ge Toch­ter­fir­ma der Libri Gmbh und im Hin­blick auf unse­ren Digi­tal-Kata­log ein Kun­de ver­gleich­bar mit ande­ren Online-Shops, die Titel aus unse­rem Kata­log bezie­hen. eBook.de bezieht Titel nicht aus­schließ­lich über Libri.Digital, son­dern auch aus ande­ren Quellen.

[Edit (12:11 Uhr):] Dank an Micha­el Kuckuk für den Hin­weis auf die Pro­zent­rech­nung. Ist korrigiert.

[Edit: (14:15 Uhr):] Die genann­te Email­adres­se @mvb.de war falsch, natür­lich war es @mvb-online.de. Dan­ke für den Hin­weis. Die Mails gin­gen natür­lich an die kor­rek­te Adresse.

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Arti­kel­bild von mir, CC-BY-NC-SA,»Facepalm« von Sant­ia­go Gar­cía Pimen­tel auf flickr, CC-BY-NC-SA

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

15 Kommentare for “Englische eBooks und ihre unerklärlichen Preise in deutschen Shops”

sagt:

Super, Ste­fan.
Das ist wirk­lich mal inter­es­sant und vor allem auch aufschlussreich.
Wenn ich im nor­ma­len ‘Kun­den­mo­dus’ bin, den­ke ich ja an vie­le die­ser Hin­ter­grün­de gar nicht.
Aber jetzt weiß ich, dass ich auch ein komi­scher Vogel bin, weil ich Eng­lisch lesen möch­te und wer­de wei­ter­hin beru­higt mei­nen Kind­le über Ama­zon füttern. ;)
(Übri­gens dan­ke noch für den Tipp zum Ein­kauf bei .com.)

Matthias Bierbrauer

sagt:

Bei einer so gestell­ten Fra­ge kann man sich ja noch recht ein­fach raus­re­den, weil ama­zon ja so oder so böse ist, direkt ver­han­delt, Ver­la­ge aus­boo­ten und so oder so die Welt­herr­schaft an sich reis­sen will.
Aller­dings ist mir der nahe­zu sel­be Unter­schied in den Prei­sen bei Anbie­tern auf­ge­fal­len, die inter­na­tio­nal agie­ren: wenn man über eine eBook Such­ma­schi­ne wie Luz­me nach Büchern sucht, spuckt die­se die Prei­se für eBooks nor­ma­ler­wei­se in Bri­ti­schen Pfund oder Dol­lar aus. Als ich neu­lich nach »The Unli­kely Pil­gi­mage of Harold Fry« gesucht habe, fand Luz­me die­ses Buch bei kobobooks.com (wie geschickt, habe ich doch einen Kobo eRea­der!) und im Goog­le Plays­to­re für jeweils GBP 2,99 als güns­tigs­te Alternativen.
Wenn ich aber – mit deut­scher IP Adres­se – auf die jewei­li­ge Sei­te gehe, bekom­me ich das Buch sowohl bei kob­obooks als auch im Plays­to­re für 6,49 Euro ange­zeigt. Das ist eben­falls dop­pelt so teu­er und hier fehlt mir noch viel mehr das Ver­ständ­nis, wie­so ich als deut­scher Kun­de auf einer inter­na­tio­na­len Site dop­pelt so viel zah­len muss, wie ein Brite…
Zieht hier die sel­be Antwort?

Stefan Holzhauer

sagt:

In Groß­bri­tan­ni­en fällt kei­ne Umsatz­steu­er auf Bücher an.

Frank

sagt:

Eine Alter­na­ti­ve ist Goog­le Play Books gewor­den. Hier fin­det man bei eng­lisch­spra­chi­gen eBooks ähn­li­che Prei­se wie bei ama­zon. Goog­le ver­wen­det das epub-For­mat und kann somit auf allen ande­ren eRea­dern (aus­ge­nom­men Kind­le) ver­wen­det wer­den. Zudem ist der Kata­log an eng­lisch­spra­chi­gen Büchern groß.

sagt:

Hat Goog­le inzwi­schen ein brauch­ba­res Selfpublisher-Programm?

Ich hab mal vor zwei Jah­ren ver­sucht, da was ein­zu­stel­len und das Hand­ling war unbe­schreib­lich undurch­schau­bar und unintuitiv.

Anna

sagt:

Herr­li­che Ana­ly­se, dan­ke, genau nach so etwas habe ich gesucht als Argu­men­ta­ti­ons­hil­fe. Mich stört das Pro­prie­tä­re am Kind­le – aber Preis, Rie­sen­an­ge­bot und Bequem­lich­keit sind unschlag­bar bei Ama­zon. Jetzt lese ich in den Kom­men­ta­ren über Goog­le Play. Da ich davor Jona­than Fran­zens »Free­dom« bei Ama­zon (5,80) und bei Kobo (8,87) gera­de ver­gli­chen habe, habe ich nach Lesen der Kom­men­ta­re auch bei Goog­le Play nach­ge­se­hen, der stol­ze Preis: 14,92. Das mag zufall sein – also noch ein Ver­gleich: Irvin D. Yalom, Love’s Exe­cu­tio­ner: Ama­zon wie Kobo 6,99 – bei Goog­le Play das Dop­pel­te (13,55) …

Auch abge­se­hen davon: Such­funk­ti­on und Bedie­nung auf der Kobo-Sei­te sind unter aller Sau. Ver­stel­le die Spra­che auf Eng­lisch, gebe den Autoren­na­men ein – es springt zurück auf Deutsch und zeigt deut­sche Über­set­zun­gen. Gebe ich Autoren­na­men und Titel ein, wird die Titel­ein­ga­be weit­ge­hend igno­riert, Ergeb­nis zeigt alle Autoren der Welt, die ein Wort aus dem Titel in ihren Titeln haben. Also – ich täte mich ger­ne gegen Kind­le ent­schei­den, aber eine Maso­chis­tin bin ich nicht.

sagt:

[…] Wir hal­ten fest: Bü­cher sind be­reits jetzt aas­geie­rig teu­er und der Bör­sen­ver­ein scheint zu un­ter­stüt­zen, dass die­se noch teu­rer wer­den sol­len. Zu­dem geht man vom Ta­schen­buch im­mer öf­ter gern mal aufs Pa­per­back, weil man das bei glei­chem In­halt deut­lich teu­rer ver­ti­cken kann — man könn­te es, eben­so wie das Auf­tei­len von Wäl­zern auf zwei Bü­cher, auch als »Kun­den­ver­ar­sche« be­zeich­nen, denn es han­delt sich nur um neue Schläu­che für al­ten Wein. Die Bran­che ver­steht of­fen­sicht­lich im­mer noch nicht, dass sie heut­zu­tage in di­rek­ter Kon­kur­renz zu Ta­blet– und Smart­pho­ne-Apps steht, die man für ein paar Cent er­wer­ben kann. Von an­de­ren di­rek­ten Kon­kur­ren­zen wie In­ter­net, Spie­len, Fil­men noch gar nicht ge­spro­chen. Und auch nicht da­von, dass man sich eben sei­nen Le­se­stoff für ei­nen Bruch­teil des deut­schen Prei­ses gleich im eng­li­schen Ori­gi­nal kau­fen kann. Al­ler­dings soll­te man sich die­se eng­li­schen Ori­gi­nale bes­ser nicht bei deut­schen An­bei­tern kaufen. […]

Sarah

sagt:

Dan­ke für die gute Recherche!
für mich spricht die tat­sa­che dass ama­zon güns­ti­ge­re eng­li­sche bücher hat, nun dafür, doch einen kind­le anstatt toli­no zu kau­fen. Oder hat sich die Situa­ti­on seit Ihrer Recher­che verändert?

sagt:

Nein, die Situa­ti­on hat sich in keins­ter Wei­se ver­bes­sert. Wer eng­li­sche eBooks lesen möch­te, der soll­te unbe­dingt zum Kind­le grei­fen. Dafür spricht auch die viel beque­me­re Hand­ha­bung der Käu­fe. Wer trotz­dem auch noch eBooks im ePub-For­mat lesen möch­te, kann die ein­fach mit der Free­ware Calibre in mobi umwan­deln (solan­ge die nicht mit Ado­be-DRM ver­seucht sind). Es gibt also kein Argu­ment für Tolino.

https://calibre-ebook.com

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