Eigentlich würde in Kürze die Leipziger Buchmesse stattfinden. Die wurde aus bekannten Gründen abgesagt. Das ist natürlich für etliche der Protagonisten äußerst ärgerlich. Doch während die Großverlagskonglomerate mit den Schultern zucken und die entstandenen Kosten aus der Kaffeekasse zahlen, oder einfach den Autoren vom Honorar abziehen, bedeutet das für Kleinverlage erhebliche Probleme.
Die sind ohnehin arg gebeutelt. Erst geht der Bücherauslieferer KNV pleite und verursacht gerade den kleinen und kleinsten Verlagen dadurch erhebliche finanzielle Verluste. Dann fängt der nächste Bücherauslieferer libri an zu spinnen und listet haufenweise Bücher aus, darunter auch einzelne Bücher aus Reihen, zum Teil äußerst erratisch und schwer nachvollziehbar. Das bedeutet nicht, dass es diese Bücher nicht mehr gibt, aber sie sind im Katalogen halt nicht mehr vorhanden – und da schaut der Buchhändler nach. Und oft ist es so, dass es heißt »das Buch gibt es nicht«, wenn der da nichts findet. In letzter Zeit haben die kaputten, verknöcherten Branchenstrukturen also insbesondere den kleinen Verlage erheblich zugesetzt – und ein paar davon haben bereits aufgeben müssen.
Dabei sind längst die Kleinverlage in Deutschland gerade im Bereich Phantastik die letzten Lichtblicke. Denn wo die großen Publikumsverlage nur noch nach dem nächsten Bestseller oder der neuen Harry Potter-Epigone suchen, nur noch bekannte Namen oder Lizenzen verlegen, und sich von Experimenten so weit fern halten, wie der Abstand Sonne-Beteigeuze, veröffentlichen die Kleinverlage Kleinodien abseits des Mainstreams.
Und deswegen sollten wir die gebeutelten Kleinverlage gerade jetzt nach der Absage der Leipziger Buchmesse, die gerade diese erheblich und zum Teil bis an den Rand der Existenz trifft, stärken: Kauft Kleinverlags-Bücher. Kauft sie direkt bei den Kleinverlagen, denn dann kommt am meisten Kohle bei ihnen an (und viele verschicken innerhalb Deutschlands ohne Versandkosten).
Seit einiger Zeit pflege ich hier auf PhantaNews eine Liste von Kleinverlagen aus dem Bereich Phantastik, die kann als Startpunkt für Entdeckungen herangezogen werden.
Also: Kauft die Bücher, die ihr sonst in Leipzig gekauft hättet, einfach direkt bei den Verlagen. Und falls ihr die Bücher aus Suchtgründen sofort braucht, kauft eBooks, die sind in Sekunden bei euch.
(Disclaimer: Ich bitte zu bedenken, dass ich nach der Meldung eines Verlags in der Regel nie wieder Rückmeldungen bekomme, erst recht nicht, wenn es Verlage nicht mehr gibt, es kann also sein, dass man auf verwaiste Einträge trifft, in dem Fall wäre ich für einen Hinweis als Kommentar dankbar. Wer einen Verlag betreibt, der sich nicht in der Liste befindet, kann ihn eintragen lassen.)
Ich hatte in diesem Jahr gar nicht darüber berichtet, dass schon wieder mal anlässlich der Leipziger Buchmesse die Cosplayer-Sau durchs virtuelle Dorf getrieben wurde. Mal wieder hatte irgendein Honk postuliert, dass die Cosplayer auf der seriösen Messe nichts zu suchen hätten. Und überhaupt! Ich hatte diesmal deswegen nicht berichtet, weil ich das Ganze inzwischen für einen müden PR-Stunt halte, um ins Gespräch zu kommen.
Doch jetzt bleibt mir doch mal wieder die Spucke weg. Auf der einen Seite schwadronieren die Messeveranstalter darüber, dass sie selbstverständlich wegen der Meinungsfreiheit (!!!einself!1!) auch rechte Verlage auf der Leipziger Messe zulassen müssen. Darüber kann man jetzt trefflich diskutieren, letztlich kann man davon ausgehen, dass man auf die Einnahme der horrenden Standgebühren auch von den Rechten einfach nicht verzichten möchte. Meinungsfreiheit ist aber natürlich ein viel positiver wirkender Grund, als »wir wollen Kohle generieren«. Wie gesagt: Darüber kann man diskutieren, es gibt eine Menge Für und Wider, und Meinungsfreiheit ist tatsächlich ein hohes Gut.
Während man mit den Rechten also offenbar kein Problem hat, hält es der Messeveranstalter und halten es dessen Erfüllungsgehilfen allerdings offenbar für notwendig und völlig normal, Cosplayer auf unfassbar dumme und unverschämte Art zu drangsalieren. Klar: die Wahrscheinlichkeit dass die sich wehren ist natürlich erheblich geringer als bei rechten Protagonisten, da weiß man nicht zuletzt seit der Buchmesse Frankfurt, dass die auch gern mal die Fäuste sprechen lassen. Vielleicht hat der eingesetzte Sicherheitsdienst davor Angst und schikaniert stattdessen lieber völlig harmlose Cosplayer?
Worüber ich hier rede? Über einen Erfahrungsbericht von Elise O. (Name auf Wunsch der Person geändert, Anm. d. Red.) auf Teilzeithelden.de, der mich fassungslos gemacht hat, und den man sich dringend mal durchlesen sollte. (Edit 25.01.2021: Auf Wunsch der genannten Person wurde der Artikel auf Teilzeithelden entfernt, deswegen musste ich auch hier den Link entfernen, man findet Informationen worum es ging bei hallespektrum.de).
Wenn schon Toleranz, dann bitte auch gegenüber den Fans. Angesichts solcher Übergriffe, Willkür und sexistischer Sprüche wären Maßnahmen der Messeleitung gegen den Sicherheitsdienst dringend angeraten. Aber ich wage mal einen Blick in die Kristallkugel: Es wird nichts geschehen und im nächsten Jahr dann dasselbe.
Wie immer gab es zur Eröffnung der Buchmesse Leipzig salbungsvolle Worte vom Börsenvereins-Vorsteher Heinrich Riethmüller. Und wie eigentlich immer bekomme ich Griffspuren im Gesicht, wenn ich Teile daraus lese, angesichts der Realitätsferne, beziehungsweise der Evolutionsresistenz, die aus den Worten spricht.
Den Text seiner Rede beim Börsenblatt habe ich oben verlinkt. Ich möchte mal drei Punkte heraus greifen, um darauf einzugehen.
Aussage eins: Zwischen 2013 und 2017 sind der Branche im Publikumsmarkt sechseinhalb Millionen Buchkäufer verloren gegangen, das ist ein Rückgang um 18 Prozent.
Aussage zwei: Dennoch waren die Umsätze in den letzten zehn Jahren stabil (was immer genau »stabil« auch heißen mag ..?).
Aussage drei: Die sozialen Medien sind schuld!!einself!1!
Halten wir mal fest: Der Buchmarkt verliert laut Aussage des Börsenvereins-Chefs fast ein Fünftel seiner Kunden und dennoch bleiben die Umsätze stabil? Und angesichts dessen hört man seit Jahren ein ständiges Heulen und Zähneklappern aus der Branche, wie schlecht doch alles ginge und wie böse die Welt sei? Da bleibt mir die Spucke weg. Andere Branchen hätten so einen Käuferrückgang nicht »mal eben so« verkraftet. Und man muss sich fragen, warum trotz eines derart drastischen Wegbrechens der Kunden die Umsätze stabil bleiben, denn das ist wohl die Kernfrage? Weil Bücher massiv verteuert wurden? Oder weil der Rest viel mehr kauft als vorher? Letzteres halte ich für eher unwahrscheinlich.
Zur Frage »ja wo laufen sie denn hin?« sagt Riethmüller:
Gemeinsam mit Verlagen, Buchhandlungen und Marktforschern untersuchen wir derzeit die Motive der Buchabwanderer. Warum greifen die Menschen heute weniger zum Buch, was machen sie stattdessen?
Ja. Was – zum Teufel – machen die wohl stattdessen?
Ich habe bereits 2010 und 2014 thematisiert, dass sich diese Branche darüber im Klaren sein muss, dass sie in direkter Konkurrenz mit anderen Medien steht, wenn es um die Aufmerksamkeit und Zeit der Kunden geht. Das Internet nimmt immer mehr Raum im Leben der Menschen ein, noch mehr, seit soziale Medien Verbreitung gefunden haben. Zumal »das Internet« ohnehin für eine erhebliche Bandbreite an unterschiedlichen Medienformen steht, für einen Pool aus Angeboten zur Informations- und Interessensbefriedigung, sowie Unterhaltung. Es ist längst nicht mehr so, dass es allein um Webseiten im WWW geht, sondern um viel mehr. Das ist ein Teil dieser ominösen »Digitalisierung«.
Apps bieten ebenso wie Computer- und Videospiele für Centbeträge Unterhaltung für zahllose Stunden, wohingegen man für ein Buch vergleichsweise ein Vermögen ausgeben muss. Die erste Nintendo-Generation hat die 50 überschritten und spielt bis heute wie selbstverständlich weiterhin Computerspiele, ebenfalls eine direkte Konkurrenz – diese Branche hat es zudem geschafft, über Casual Games wie Farmville oder Bubble Witch auch noch ganz neue Personenkreise anzusprechen, die bisher nicht gerade Videospiel-affin waren. Und die Älteren, die damit so gar nichts anfangen können, sind nicht unsterblich …
Und seitdem ich das damals schrieb, kam auch noch das Videostreaming hinzu, das den Konsumenten unabhängig vom Sendeplan linearer Fernsehanbieter oder vom Besitz physischer Videokonserven macht, es stehen Unmengen von Filmen und Fernsehserien jederzeit zur Verfügung – und all das ebenfalls zu vergleichsweise günstigen Preisen, verglichen mit Büchern. Und während man sich früher, wenn es »nichts im Fernsehen gab«, ein Buch gegriffen hat, klickt man sich heute durch Netflix oder Amazon Video, da findet man immer was. Findet man auch da nichts, ist eine Runde Bejeweled auf dem Smartphone oder Tablet nur einen Handgriff entfernt.
Und bei all diesen zu konsumierenden Medien haben wir noch nicht einmal betrachtet, dass es immer mehr Menschen gibt, die in ihrer Freizeit selbst Dinge gestalten oder Werke erschaffen, die ihre Hobbies durch eigene Seiten im Web verbreiten. Ebenfalls haben wir nicht betrachtet, dass die Armut in Deutschland dramatisch ansteigt – wenn das Geld komplett für Nahrungsmittel und Wohnung drauf geht, bleibt nun mal nichts mehr für Bücher übrig, aber eine App für 99 Cent geht vielleicht.
Statt sich darüber klar zu werden, dass es längst einen intensiven Krieg vieler verschiedener Anbieter um die Aufmerksamkeit der Menschen gibt, ist das einzige Sinnen und Trachten dieser Branche, Bücher noch teurer zu machen, um noch mehr Umsätze zu generieren (wir erinnern uns an weiter oben, ich frage nochmals: Wie sonst sollte man erklären, dass die Umsätze angesichts des dramatischen Käuferrückgangs »stabil« bleiben?). Statt ihr Medium attraktiver zu machen, auf welchem Weg auch immer? Dass es diesen Krieg um die Aufmerksamkeit gibt, hätte man in den vergangenen Jahren mitbekommen könnten, denn der ist alles andere als okkult, und wer sich mit Medien befasst, dem sollte er eigentlich längst bewusst sein. Stattdessen möchte Riethmüller jetzt erst einmal »mit Marktforschern untersuchen« wohin die Kunden gewandert sind. Bis es aus der Richtung Ergebnisse gibt, die außer ihm eh jeder bereits kennt, beschuldigt er mal schnell die Sozialen Medien?
Das ist mit »Realitätsferne« noch sehr freundlich umschrieben, und die Marktforschung gab es bereits, denn vor einem ganz ähnlichen Problem stehen auch die Fernsehsender.
Die Sozialen Medien? Riethmüller hat natürlich, auch ohne auf die Ergebnisse aus der »Marktforschung« zu warten, bereits einen Feind im Visier, den man für all die Unbill mit unwilligen Buchkäufern verantwortlich machen kann:
Erste Ergebnisse von Befragungen zeigen zweierlei. Zum einen bestätigen die Befragten, was wir alle wohl vermuten. Fast unisono berichten sie von einer großen Zeitknappheit und Überforderung im Alltag, nicht zuletzt durch Social Media.
Hier völlig unreflektiert die Social Media-Sau durchs Dorf zu treiben, wie es derzeit zu etlichen Problemen bei Ahnungslosen beliebt zu sein scheint, ist der einfache Weg. Und er ist in dieser Konsequenz falsch. Ja, selbstverständlich erfordern auch Soziale Medien Aufmerksamkeit, die woanders fehlt, aber das ist nur ein Punkt in einer langen Liste, die ich weiter oben angedeutet habe (durch Job und die Notwendigkeit der ständigen Erreichbarkeit gestresste Menschen suchen zudem möglicherweise auch leichtere, schnellere Ablenkung als ausgerechnet ein Buch …). Die Schlussfolgerung, dass die Menschen hauptsächlich durch Social Media derart massiv überfordert werden, dass sie deswegen keine Bücher mehr lesen – entschuldigung – kaufen, kann eigentlich nur Personen einfallen, die sich mit modernen Medien- und Unterhaltungsformen nicht wirklich auseinandersetzen, sondern stattdessen nur schnell einen Buhmann suchen. Und den in den Sozialen Medien finden, die man in der Branche ohnehin nicht versteht und für eine simple, unidirektionale Werbefläche hält, was zahllose Auftritte von Verlagen auf Facebook und Co. immer wieder vor Augen führen. Da wird nur Werbung rausgepumpt, echte Kommunikation mit den Followern über Allgemeinplätze und Worthülsen hinaus findet nicht statt. Das macht jeder Selfpublisher besser.
Und es ist leider meiner Ansicht nach exemplarisch für eine rückwärtsgewandte, technik-unaffine, analoge, – eben evolutionsresistente – Branche, die ihre Kunden mit einer untauglichen Verkaufs-Plattform nach der anderen vergrault oder in Amazons Arme treibt, und mit feuchten Träumen über Preiserhöhungen für Bücher den Ast auf dem sie sitzt schon weit durchgesägt hat.
Die Buchbranche hat den Aufmerksamkeitskrieg bereits verloren, bevor sie überhaupt bemerkt hat, dass es einen gibt.
Meine Güte, peinlicher gehts nimmer. Der Buchreport berichtet: LSL, offenbar der neue Lieblingsdienstleister der Messe Leipzig, der man immer mehr Aufgaben zuschustert, die früher andere wahrgenommen haben (erst die Messebuchhandlung, jetzt der Fantasy-Bereich), »launcht« also etwas, das es schon jahrelang gibt, nämlich eben diesen Fantasy-Bereich. Dass die sich ernsthaft trauen, das so zu formulieren lässt mich nach all den Querelen darum sprachlos zurück, und ich bin nun wirklich eine Menge in Sachen Marketing-Geschwurbel gewöhnt. Noch nicht mal die Arbeit auf der Fantasy-Leseinsel machen sie selbst, die macht – nach dem Rausdrängeln von WerkZeugs – PAN für sie.
Und dann steht da tatsächlich:
Das Genreportal WerkZeugs, das fast 10 Jahre lang die Fantasy-Leseinsel betreut, sich als Anlaufpunkt für Autoren etabliert und auch den Verkauf von Büchern und Merchandise-Artikeln durchgeführt hatte, sagte anlässlich einer deutlich gestiegenen Standmiete die Messeteilnahme ab. Die Messedirektion kümmerte sich umgehend um eine Alternative für den Messeverkauf und engagierte LSL.
Allerdings wurde bereits vermutet, dass es tatsächlich so war, dass man WerkZeugs seitens der Messeveranstalter die dramatisch erhöhten Standpreise präsentierte, mit dem bereits vorher gefassten Plan, dass die daraufhin absagen, und man das Ganze LSL zuschustern konnte.
Weiter kann man lesen:
Nach einigem Hin und Her ist die Leipziger Buchmesse der gemeinsamen Fraktion von WerkZeugs und dem Phantastik-Autoren-Netzwerk (PAN) insofern entgegengekommen, dass PAN eine Fläche für die Community-Vernetzung zur Verfügung gestellt wird.
Verschwiegen wird dabei allerdings, dass es zuvor derart massive Proteste von Verlagen und auch namhaften Autoren aus dem Genre-Bereich Deutsche Phantastik gegeben hatte, dass sich die Messeveranstalter offensichtlich zum Einlenken genötigt sahen, da sie sonst Gefahr gelaufen wären, dass namhafte Protagonisten aus dem Bereich der Veranstaltung fern geblieben wären – und damit eben auch die zugehörigen Besucher.
Aber Hauptsache, eine vollmundige Pressemitteilung abgesondert …
[Edit 16:50 Uhr:] Ich wurde darauf hingewiesen, dass sich PAN um die Autorenlounge kümmert, nicht um die Leseinsel. Was die Sachlage allerdings nur minimal verändert.
Nach den Querelen um die Phantastik-Leseinsel auf der Buchmesse Leipzig zieht der erste Verlag jetzt Konsequenzen. Wie Verlegerin Grit Richter auf der Webseite von Art Skript Phantastik schreibt, hat sie sich schweren Herzens entschlossen, der Messe im Jahr 2017 fern zu bleiben, und rechtzeitig die Notbremse zu ziehen, bevor die Kosten astronomisch werden.
Das hängt eher sekundär mit Werkzeugs zusammen, da die Halle zwei deutlich umstrukturiert werden soll, wie ich schon in meinem anderen Artikel heute erläuterte, fallen Standtypen weg und die Stände sollen auch anders aufgebaut werden, wodurch es zu Platzmangel kommen wird. Zu dem neuen Standkonzept äußerte sich auch schon Jürgen Eglseer vom Amrûn-Verlag mir gegenüber kritisch. Grit Richter stellt zudem heraus, dass es bereits in der Vergangenheit diverse Probleme mit der Messe Leipzig gab, und das für sie jetzt nur der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Man muss einfach ganz klar sehen, dass die Kosten für so einen Präsenz auf der Messe erheblich sind, denn zu den Standgebühren kommen ja auch noch Anreise, Übernachtung und Verpflegung. Wenn ein Veranstalter sich so eindeutig auf große Anbieter einrichtet und keine passenden Konditionen für Klein- und Kleinstverlage anbietet, sondern stattdessen auch noch von »Gleichbehandlung gegenüber anderen Partnern« schwadroniert, dann beleuchtet das meiner Meinung nach deutlich, wie egal die kleinen Anbieter dem Messeveranstalter sind. Denn wäre es anders, könnten sicher Wege gefunden werden, wie man eine kulturelle Vielfalt mit auch kleinen Verlagen oder sogar Selfpublishern herstellt. Dasselbe gilt übrigens in ganz ähnlicher Form auch für die Buchmesse Frankfurt. Aber dass dort die Großen lieber unter sich bleiben möchten, und das durch völlig überzogene Standpreise garantieren, sind ebenfalls News von vorgestern. Dort bleiben ja inzwischen sogar renommierte Publikumsverlage fern, weil es sich nicht rechnet.
Ob weitere Phantastik-Anbieter mit Absagen folgen werden bleibt abzuwarten. Angesichts der Tatsache, dass die Messe zum Zeitpunkt der WerkZeugs-Absage offenbar bereits ein komplett neues Konzept inklusive geänderter Standanordnung stehen hatte, erscheint mir die ganze Geschichte ziemlich abgekartet und ich vermute nach wie vor, dass WerkZeugs ausgebootet werden sollte, eben zu Gunsten des Dienstleisters LSL.
Und dann, weil WerkZeugs öffentlich / auf FB mitteilt, 2017 nicht mehr dabei zu sein, tritt Oliver Zille beleidigt im Börsenblatt kräftig nach, mit Behauptungen, die nicht nur so nicht stimmen können – wir kennen WerkZeugs seit vielen Jahren und wissen, wie kommunikativ und kooperativ sie sind -, sondern man stellt sich auch noch derart selbstherrlich dar, dass man schon fragen muss, wohin will Herr Zille denn?
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In Sachen der Querelen um die Buchmesse Leipzig und die von WerkZeugs veranstaltete Leseinsel, hatte ich die Presseabteilung der Messe um Stellungnahme gebeten:
Sehr geehrte Frau Justen,
den nachfolgenden Text veröffentlichte die WerkZeugs KG, die in den vergangenen Jahren die Phantastik-Leseinsel auf der Leipziger Buchmesse betrieben hat, heute auf ihrer Facebook-Seite und hat damit viel Verwunderung in der Phantastik-Szene, sowohl bei Lesern, wie auch bei Verlagen und Autoren, ausgelöst.
[hier der obige Text von WerkZeugs]
Ich würde hierzu um eine Stellungnahme bitten und danke dafür im voraus.
—
Mit freundlichem Gruß,
Stefan Holzhauer
PhantaNews.de
Phantastische Nachrichten
Daraufhin hatte ich noch am selben Tag folgende Antwort bekommen:
Sehr geehrter Herr Holzhauer,
das Unternehmen WerkZeugs KG ist ein langjähriger Partner für den Gemeinschaftsstand innerhalb des Fantasy-Bereiches der Leipziger Buchmesse. Deshalb haben wir ihm auch in diesem Jahr ein Angebot für diesen Gemeinschaftsstand und seine Dienstleistungen rund um das Forum zu weiterhin günstigen Sonderkonditionen vorgeschlagen, die deutlich unter den regulären Standgebühren liegen. Wir bedauern sehr, dass WerkZeugs mit uns dieses Angebot nicht diskutiert hat, sondern öffentlich seine Teilnahme abgesagt hat. In unserem Forum „Fantasy-Leseinsel“ und in unserem Ausstellungsbereich finden Autoren und Verlage selbstverständlich auch zukünftig ein starkes Podium für ihre Präsentation. Zudem werden die Verlage die Möglichkeit haben, ihre Titel über einen eigenen Fantasy-Bereich über die Messebuchhandlung in Halle 2 zu verkaufen. Wir freuen uns selbstverständlich auf alle Fantasy-Fans in Leipzig und sehen weiterhin den Bereich als einen wichtigen Teil der Leipziger Buchmesse.
Mit freundlichen Grüßen
i. A. Ruth Justen
Pressesprecherin Leipziger Buchmesse 2017
i. A. der Leipziger Messe GmbH
Da sich diese Aussage nun doch deutlich von der unterscheidet, die WerkZeugs veröffentlicht hatte (und es für mich deswegen so aussah, als wollen die Veranstalter sie in die Pfanne hauen), stellte ich WerkZeugs via Facebook dieses Statement bereits vorab zur Verfügung und bat ihrerseits um Stellungnahme, da ich das hinsichtlich der von den Veranstaltern geäußerten Vorwürfen für fair hielt. Die wurde mir für heute zugesagt.
Allerdings bekomme ich diesen Kommentar nun nicht, das stand in einer Mail, die ich soeben erhielt. Man möchte keine offiziellen Statements abgeben, »um eine Schlammschlacht zu vermeiden« und weil man »über verschiedene Schienen mit der Messe in Dialog zu kommen versucht«. Das finde ich relativ ulkig, immerhin ist die Schlammschlacht bereits in vollem Gange. Offenbar hofft man bei WerkZeugs immer noch, dass die Veranstalter einlenken. Angesichts der Tatsache, dass bereits vorgestern ein anderer Betreuer der Leseinsel feststand (LSL Leipzig) und dass die Rahmenbedingungen in Sachen Stände auch für die Verlage grundlegend geändert wurden, sehe ich allerdings kaum Hoffnung, dass es die Leseinsel mit Lounge samt angeschlossenen Ständen auch in 2017 in akzeptabler Form geben wird. Da das Konzept seitens der Messe bereits weit fortgeschritten scheint, halte ich Änderungen für unwahrscheinlich.
Wir danken Euch herzlich für Euer Feedback bezüglich der #LeipzigerBuchmesse – so viele liebe, entrüstete und traurige Kommentare, Nachrichten und Emails! Irgendwas müssen wir also in den vergangenen Jahren richtig gemacht haben.
Zum »Faktencheck« der Leipziger Buchmesse hier zwei kleine Richtigstellungen, eine etwas ausführlichere Stellungnahme wird es in Kürze auf #PhantaNews geben.
(1) »Deshalb haben wir ihm auch in diesem Jahr ein Angebot für diesen Gemeinschaftsstand und seine Dienstleistungen rund um das Forum zu weiterhin günstigen Sonderkonditionen vorgeschlagen«
Fakt: Es ist richtig, dass wir für 2017 noch günstige (wenn auch schon deutlich gestiegene) Konditionen bekommen hätten. Allerdings hätten wir uns auf drei Jahre vertraglich festlegen müssen, im dritten Jahr hätten die Standgebühren mehr als das doppelte des bisherigen Preises betragen.
(2) »Wir bedauern sehr, dass WerkZeugs mit uns dieses Angebot nicht diskutiert hat, sondern öffentlich seine Teilnahme abgesagt hat.«
Fakt: Wir haben schriftlich vorliegen, dass die Leipziger Buchmesse von ihrem »Angebot« nicht abweichen und und die Zusammenarbeit deshalb nicht weiterführen möchte.
Und noch ein Wort zur #Leseinsel: Diese bleibt unseres Wissens nach weiterhin bestehen – eben »nur« ohne die von uns erbrachten Dienstleistungen (wie etwa Anmoderation, Koordination der Signierschlangen, Stellen der Security etc.).
Dass die Buchmesse von Ihrem Angebot nicht abweichen wollte ist doch in meinen Augen ein ziemlich zentrales Argument für den Standpunkt von WerkZeugs und anderer Teilnehmer, die jetzt noch versuchen, auf die Veranstalter einzuwirken.
Ich weiß zudem auch von Kleinverlagen, die aufgrund des geänderten, unvorteilhaften Standkonzepts nun überlegen, in den sauren Apfel zu beißen und anstatt nun inakzeptable neue Bedingungen zu akzeptieren, lieber die Stornogebühr in Höhe von EUR 350 zu zahlen, um der Messe fernzubleiben. Wie man sieht, gehen die Probleme rund um die Leseinsel über den Themenkomplex »WerkZeugs« deutlich hinaus.
Unabhängig davon sehe ich die Aussage der Pressesprecherin ebenso wie das sehr ähnlich klingende Statement des Messechefs im Börsenblatt äußerst kritisch und halte beide für einen festen Tritt in den Hintern der Autoren, Verlage und Fans des Phantastik-Bereichs, WerkZeugs sowieso. Mal ganz unabhängig davon, wie die aktuelle Konstellation in Sachen Verantwortung für die Misere zwischen Messe und WerkZeugs tatschlich aussehen mag:
Auch Messedirektor Oliver Zille sollte zur Kenntnis nehmen, dass WerkZeugs in den vergangenen Jahren da nicht nur einen Stand hatte und ansonsten Däumchen drehte, sondern vielmehr die Lesungen, Anmoderationen, Security und jede Menge mehr rund um die Leseinsel organisiert hat. Alles Tätigkeiten, für die sich die Messeveranstalter nicht befähigt sahen – bevor WerkZeugs das übernahm, war der Phantastik-Bereich samt Leseinsel eine lieblose Ecke, die aus hingestreuten Sitzmöbeln bestand. Statt die Preise innerhalb von drei Jahren (mit gleichzeitigem Knebelvertrag über drei Jahre) auf das Doppelte zu erhöhen, sollte die Messe für das Engagement eher eine Gage zahlen.
Man wird sehen, wie die Verhandlungen PANs und WerkZeugs´ mit der Leipziger Messe GmbH tatsächlich enden, und ob es zu einem für alle beteiligten Protagonisten befriedigenden Ergebnis kommen wird. Abgesichts diverser Verhaltensweisen des Messeveranstalters in den letzten Jahren (fragt beispielsweise mal Kleinverlage, wie lange die im vergangenen Jahr auf die Abrechnung der in den Messebuchhandlungen verkauften Bücher gewartet haben) hege ich daran starke Zweifel, aber man soll ja die Hoffnung nie aufgeben …
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Auf ihrer Facebookseite melden sich die Betreiber hinter der WerkZeugs Kreativ KG mit einer Pressemitteilung zu Wort. WerkZeugs hatte in den vergangenen neun Jahren auf der Leipziger Buchmesse die Phantastik-Leseinsel sowie einen Genre-Buchhandel betrieben. Jetzt schreiben sie:
Liebe Freunde der Fantastischen Literatur, liebe Buchmesse-Fans,
leider müssen wir Euch heute etwas für uns sehr trauriges mitteilen:
Nach gut neun Jahren endet 2016 unsere Kooperation mit der Leipziger Buchmesse.
Wir haben uns in den vergangenen Jahren bemüht, die Leseinsel Fantasy und den dazugehörenden WerkZeugs-Stand, die Fantasy-Buchhandlung, zu einem spannenden Ort mit vielen tollen Lesungen und Begegnungen zu machen. Nicht nur für die Leser, sondern auch für die Autoren und Verlagsvertreter, die unsere Lounge gern genutzt haben.
Unsere bestehenden Verträge mit der Messeleitung sind in diesem Jahr ausgelaufen. Die neuen Konditionen, die uns die Messe angeboten hat, machen jedoch ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich, da die Standgebühren mehr als verdoppelt werden sollen. Ein Auftritt auf der Messe in der gewohnten Weise wäre einem finanziellen Ruin gleichzusetzten. Unsere Versuche, eine Lösung zu finden, die für beide Parteien sinnvoll wäre, waren vergeblich.
Aus diesem Grund mussten wir unsere Zusammenarbeit mit der Leipziger Buchmesse leider beenden und werden 2017 nicht auf der Messe vertreten sein.
Wir bedauern dies sehr.
Euer WerkZeugs-Team
Verdoppelte Standpreise. Da kann man wieder einmal sehen, worum den Veranstaltern es auch auf der Buchmesse Leipzig letztendlich geht: Nicht um Bücher, sondern um das Generieren von möglichst viel Kohle. So eine Messe ist ja quasi eine Gelddruckmaschine, insbesondere, wenn einem die Messehallen selbst gehören. Man kassiert von allen ab: Von Besuchern und Fachbesuchern bei den Eintrittskarten und von den Ausstellern gleich doppelt bei den Standgebühren und über die Messebuchhandlungen.
Man kann nun spekulieren, warum auf einmal die doppelte Standgebühr genommen werden soll? Das erscheint als Preissteigerung doch arg übertrieben und kaum vertretbar. Es gibt allerdings neuerdings einige Publikumsverlage, die sich intensiv im Genre-Bereich positionieren, beispielsweise Fischer mit der deutschen Ausgabe von TOR oder Piper Fantasy. Man könnte nun auf die Idee verfallen, dass die vermeintlichen Amateure ausgebootet werden sollen, damit Buchbranchen-»Profis« die Phantastik-Leseinsel übernehmen können. Warten wir mal ab, aber ich prophezeihe, dass die Buchmesse-Veranstalter demnächst mit einem tollen, neuen Partner für die Leseinsel um die Ecke kommen werden.
Oder ob die Standgebühren allgemein so angezogen wurden? In dem Fall dürfte das vermutlich auch für etliche Kleinverlage das Messe-Aus bedeuten, wenn sich der Stand rein wirtschaftlich nicht mehr rechtfertigen lässt, weil man die Ausgabe nicht mal ansatzweise wieder reinholen kann. Dazu kommt ja noch, dass man seine Bücher dort nicht selbst verkaufen darf, sondern die Veranstalter sogar daran noch einen nicht geringen Anteil haben wollen und deswegen nur über spezielle Messebuchhandlungen abesetzt werden darf.
Angesichts der Geschäftspraktiken der Veranstalter der Leipziger Buchmesse wundert man sich in der Nachschau nicht mehr darüber, dass sie schon einmal eine renommierte Branchenmesse verloren haben: Die Gamescon, die heute unter der Neufirmierung GamesCom in Köln veranstaltet wird. Es ist nun sicher unwahrscheinlich, dass eine so langjährige Veranstaltung wie die Buchmesse einfach umzieht, aber wenn durch sinkende Attraktivität wegen deutlich weniger Ausstellern die Besucherzahlen zurück gehen, wird sich der Veranstalter etwas einfallen lassen müssen.
Da es doch angeblich um Kultur geht, könnte man diese aktiv fördern, indem die Großanbieter (also Publikumsverlage oberhalb eines gewissen Jahresgewinns) etwas höhere Gebühren zahlen und damit die kleineren Anbieter bzw. deren Stände sponsorn. Es wird ja regelmäßig die kulturelle Vielfalt beschworen, beispielsweise wenn es um die Rechtfertigung der Buchpreisbindung geht. Auf Veranstaltungen wie der Leipziger oder Frankfurter Buchmesse ist davon dann aber keine Rede mehr, da darf nur teilnehmen, wer auch ordentlich Geld auf den Tisch legt – und das übersteigt eben die Möglichkeiten vieler Klein- und Kleinstverlage ganz erheblich. Hier wird, von der Branche sicher nicht ganz unbeabsichtigt, eine Zweiklassengesellschaft gepflegt: auf der einen Seite die Branchen-»Élite« und auf der anderen Seite die Indies, mit denen man gern prahlt, die sich die teuren Präsenzen auf den Branchenselbstbeweihräucherungsveranstaltungen aber eben nicht leisten können.
Aber wie ich schon schrieb: Es geht auf den Messen weder ums Buch, noch um Kultur, und schon gar nicht um Autoren und deren Bücher, sondern nur noch darum, möglichst viel Geld zu generieren. Als Besucher sollte man sich das vor Augen führen, und vielleicht mal mit den Füßen abstimmen.
Update: Ich habe bei den Veranstaltern der Leipziger Buchmesse um Stellungnahme gebeten:
Sehr geehrte Frau Justen,
den nachfolgenden Text veröffentlichte die WerkZeugs KG, die in den vergangenen Jahren die Phantastik-Leseinsel auf der Leipziger Buchmesse betrieben hat, heute auf ihrer Facebook-Seite und hat damit viel Verwunderung in der Phantastik-Szene, sowohl bei Lesern, wie auch bei Verlagen und Autoren, ausgelöst.
[hier der obige Text von WerkZeugs]
Ich würde hierzu um eine Stellungnahme bitten und danke dafür im voraus.
—
Mit freundlichem Gruß,
Stefan Holzhauer
PhantaNews.de
Phantastische Nachrichten
Man darf gespannt sein, wie diese Tellungnahme aussehen wird, falls überhaupt eine kommt.
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Nach Informationen des Buchreports wird auf der Leipziger Buchmesse eine Podiumsdiskussion zum Thema »Blogger« und »Blogs« stattfinden. Allerdings ohne Blogger. Dafür mit Vertretern von Totholzmedien und Verlagen.
Es ist seitens dieser Branche kaum noch deutlicher zu dokumentieren, dass man Blogger nur für billige Werbeschafe hält, denen man bloß darüber hinaus keine Stimme zugestehen sollte. Das passt ja auch geradezu perfekt zur Meldung, dass die eintägige Infoveranstaltung Bloggersessions ebenfalls weitestgehend ohne Blogger stattfinden wird.
Die Branche macht sich ihre Welt Blogosphäre, wie sie ihr gefällt. Man möchte also über Blogger reden und sie selbstverständlich als günstige oder sogar kostenlose Werbefläche nutzen. Aber sie sollen bitte fern bleiben, wenn sich die »Erwachsenen« unterhalten. Das ist alles ähnlich peinlich, wie die kläglichen Versuche der Buchmessen auf Youtube.
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Man fasst es kaum, aber das Börsenblatt nennt das Ganze auf seiner Facebookseite ein »spannendes Eventformat«. Worum es geht? Es wird zum einen »Meet & Greet«, zum anderen »eine Art Speeddating« genannt. Am Sonntag der Leipziger Buchmesse dürfen »Nachwuchsautoren« in Kontakt mit Verlagen und Agenten treten. Wie überaus großzügig. Dafür ist allerdings nur anderthalb Stunden Zeit (11:00 bis 12:30). Das bedeutet: für jedes Gespräch zwischen »Jungautor« und Verleger bleiben laut Veranstalter sieben Minuten. Diese Veranstaltung findet zum ersten Mal statt.
Aha.
Im Ernst?
Man darf also am Sonntag der Messe, an dem schon keiner mehr auf irgendwas Bock hat, im Eilverfahren versuchen, irgendwelchen uninteressierten Verlagsvertretern (vermutlich schicken sie die Praktikanten, ja ich weiß, die heißen Volontäre) sich und sein Werk anzudienen. Vielleicht trifft man aber auch auf solche Entscheider, wie die, die HARRY POTTER abgelehnt haben. Aber wenn man viel Glück hat, nehmen sie einen wahr, bringen das Buch heraus und lassen einen dann mit Tantiemen-Brosamen am ausgestreckten Arm verhungern. In der Zeit hätte man das Werk als Selfpublisher vermutlich schon zigfach abgesetzt und zigfache Einnnahmen gehabt.
Stattdessen soll man sich diesem herabwürdigenden Verfahren unterziehen. Wie verzweifelt muss man sein? Sieben Minuten pro Gespräch? Ich weiß nicht, was die bei den Messeveranstaltern nehmen, wenn sie das als »tolles neues Konzept« empfinden, aber ich würde dringend dazu raten, es abzusetzen. Was soll das Ganze? Will man den Eindruck erwecken, tatsächlich an Nachwuchsautoren interessiert zu sein? Und dann hat man nur Bock auf sieben Minuten pro Autor? Das ist derart armselig und arrogant, dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein.
Ich würde den »Nachwuchsautoren« empfehlen, stattdessen etwas Sinnvolles zu tun, beispielsweise Socken rollen oder den Hamster bürsten.
Oder schreiben.
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Liest man die einschlägigen Webpublikationen wie Börsenblatt und ähnlicher Claqueure, dann war die Buchmesse Leipzig ein voller Erfolg und die beste Veranstaltung seit der Erfindung des Buchdrucks. Man beweihräuchert sich gegenseitig, basht zwischendurch kräftig Amazon und platziert sich lieber mit irgendwelchen halbgaren »buy local«-Initiativen, statt tatsächlich etwas an der Kundenfreundlichkeit des Buchhandels zu verbessern, was tatsächlich möglicherweise dazu führen könnte, dass ich lokal kaufe. Wenn da allerdings nur ein »buy local«-Schild klebt und sich am Service nichts ändert, ist das pure Fassade und blinder (und dummer) Aktionismus.
Das aber nur am Rande. Ich war selbst nicht auf der Buchmesse Leipzig, unter anderem, weil sie für mich zu weit weg ist und ich den Nutzen nicht sehe. Bisher war diese jedoch nach übereinstimmenden Ausagen diverser Verlage und Autoren ein wichtiger Treffpunkt rund um die Phantastik.
Wenn ich jetzt jedoch die Kommentare von Oliver Plaschka oder Uschi Zietsch lese, dann sind die bekannten Standesdünkel der Branche und ihrer Elitisten gegenüber Phantastik im allgemeinen offensichtlich in Leipzig angekommen. Zusätzlich entblödet sich der Messeveranstalter nicht, Phantastik einfach mal mit Kinderliteratur gleichzustellen. Wie im finsteren Mittelalter. Liest man dann noch, wie hochherrschaftlich sich dieser Veranstalter gegenüber den Teilnehmenden benimmt, dann muss man sich fragen, ob die bei der Messe Leipzig nicht wissen, wer ihnen die Einnahmen bringt oder ob es ihnen egal ist?
Zitat Oliver Plaschka:
Ein weiterer Grund, wieso ich mich hier dem Vorwurf der Segregation aussetze, ist der Elitismus der Kritik.Insbesondere die Fantasy (die seit den Neunzigern in Deutschland unfreiwillig zum Platzhalter für jede Art von fantastischer Literatur geworden ist) kämpft seit gefühlten Zeitaltern (d.h., mindestens seit 1939) darum, dass man sie nicht als »was für Kinder« abtut – dieses dümmste aller Argumente, das sich letztlich gar nicht mal gegen uns, sondern gegen die Kinderbuchautoren und vor allem die Kinder selbst richtet, und das aus dem Versagen der grundlegendsten aller literaturkritischen Kategorien erwächst, nämlich: »Wenn da was mit Zauberei drin vorkommt, ist das doch Unsinn.«
Zitat Uschi Zietsch:
Woran liegt es? Am »neuen« Konzept der Messe, das ja nun schon zwei Jahre alt ist. Obwohl immer wieder versichert wird, wie wichtig die Halle 2 mit der Phantastik sei, wird alles dazu getan, um die Leute zu vergraulen. Das fängt damit an, dass wir nicht mehr verkaufen dürfen, und es geht damit weiter, dass die CosPlayer, die wegen der Medienaufmerksamkeit angeblich »sehr geschätzt« sind, ans hintere Ende der Halle verbannt werden, wo sie »auf einen Haufen gedrängt« dann TV-wirksam in Szene gesetzt werden können. Aber bitteschön den »normalen« (seriösen?) Ablauf der Messe nicht stören sollen. […]
Es ärgert mich auch, dass ich kurz vor der Messe noch einmal eine Mail mit drastischen Worten erhalten habe, in der deutlich darauf hingewiesen wurde, dass ich mich gefälligst an alle Bedingungen zu halten habe, andernfalls drohen enorme Strafen. Und eine Bitte von mir wurde – zur Hälfte – »ausnahmsweise erlaubt«. Das ist ein Ton, den ich mir verbitte, denn ich bin diejenige, die den Stand bezahlt und damit der Messe ihr Überleben garantiert.
Die ausführlichen Berichte der beiden sollte man unbedingt mal gelesen haben (sind oben unter den Namen der Autoren verlinkt), wenn das nicht von Personen stammen würde, die vor Ort waren und absolut glaubwürdig sind, könnte man es nicht glauben wollen. Mir fällt zu dem, was da in Leipzig abgegangen ist, ehrlich gesagt nicht mehr viel ein, außer dass so etwas symptomatisch für die Branche zu sein scheint – und dass die Veranstalter in ihrer Arroganz meiner Ansicht nach einen Sockenschuss haben.
Wie wäre denn der Plan einer reinen Phantastik-Buchmesse zeitgleich zur Role Play Convention in Köln? Es würden durch die Verbindung zweier solcher Veranstaltungen an einem Termin und Ort sicherlich Synergieeffekte entstehen und die Zielgruppe treibt sich dort definitiv herum. Köln liegt zentral, schon die GamesCom war ja aufgrund von heftigen Infrastruktur-Problemen in Leipzig in die Rheinmetropole gezogen, Stadt und Messe sind verkehrstechnisch optimal angebunden. Zwei Hallen RPC mit coolem Außengelände, jede Menge erwünschte Gewandete, Cosplayer und LARPer, das wäre meiner Ansicht nach ein optimaler Rahmen für eine zusätzliche Literatur-Veranstaltung, die sich rein um Phantastik dreht. Und die Kulturchauvinisten können bleiben, wo der Anspruchs-Pfeffer wächst.
Vielleicht würde das mehr bringen, als eine Veranstaltung wie die Buchmesse Leipzig, die Phantastik-Verlage und ‑Autoren scheinbar nur als notwendiges Übel ansieht?
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