Buchmesse Leipzig: Phantastik nein danke! Wie wär´s mit Köln?

Buchmesse Leipzig: Phantastik nein danke! Wie wär´s mit Köln?

Liest man die ein­schlä­gi­gen Web­pu­bli­ka­tio­nen wie Bör­sen­blatt und ähn­li­cher Cla­queu­re, dann war die Buch­mes­se Leip­zig ein vol­ler Erfolg und die bes­te Ver­an­stal­tung seit der Erfin­dung des Buch­drucks. Man beweih­räu­chert sich gegen­sei­tig, basht zwi­schen­durch kräf­tig  Ama­zon und plat­ziert sich lie­ber mit irgend­wel­chen halb­ga­ren »buy local«-Initiativen, statt tat­säch­lich etwas an der Kun­den­freund­lich­keit des Buch­han­dels zu ver­bes­sern, was tat­säch­lich mög­li­cher­wei­se dazu füh­ren könn­te, dass ich lokal kau­fe. Wenn da aller­dings nur ein »buy local«-Schild klebt und sich am Ser­vice nichts ändert, ist das pure Fas­sa­de und blin­der (und dum­mer) Aktionismus.

Das aber nur am Ran­de. Ich war selbst nicht auf der Buch­mes­se Leip­zig, unter ande­rem, weil sie für mich zu weit weg ist und ich den Nut­zen nicht sehe. Bis­her war die­se jedoch nach über­ein­stim­men­den Ausa­gen diver­ser Ver­la­ge und Autoren ein wich­ti­ger Treff­punkt rund um die Phantastik.

Wenn ich jetzt jedoch die Kom­men­ta­re von Oli­ver Plasch­ka oder Uschi Zietsch lese, dann sind die bekann­ten Stan­des­dün­kel der Bran­che und ihrer Eli­tis­ten gegen­über Phan­tas­tik im all­ge­mei­nen offen­sicht­lich in Leip­zig ange­kom­men. Zusätz­lich ent­blö­det sich der Mes­se­ver­an­stal­ter nicht, Phan­tas­tik ein­fach mal mit Kin­der­li­te­ra­tur gleich­zu­stel­len. Wie im fins­te­ren Mit­tel­al­ter. Liest man dann noch, wie hoch­herr­schaft­lich sich die­ser Ver­an­stal­ter gegen­über den Teil­neh­men­den benimmt, dann muss man sich fra­gen, ob die bei der Mes­se Leip­zig nicht wis­sen, wer ihnen die Ein­nah­men bringt oder ob es ihnen egal ist?

Zitat Oli­ver Plaschka:

Ein wei­te­rer Grund, wie­so ich mich hier dem Vor­wurf der Segre­ga­ti­on aus­set­ze, ist der Eli­tis­mus der Kri­tik.Ins­be­son­de­re die Fan­ta­sy (die seit den Neun­zi­gern in Deutsch­land unfrei­wil­lig zum Platz­hal­ter für jede Art von fan­tas­ti­scher Lite­ra­tur gewor­den ist) kämpft seit gefühl­ten Zeit­al­tern (d.h., min­des­tens seit 1939) dar­um, dass man sie nicht als »was für Kin­der« abtut – die­ses dümms­te aller Argu­men­te, das sich letzt­lich gar nicht mal gegen uns, son­dern gegen die Kin­der­buch­au­toren und vor allem die Kin­der selbst rich­tet, und das aus dem Ver­sa­gen der grund­le­gends­ten aller lite­ra­tur­kri­ti­schen Kate­go­rien erwächst, näm­lich: »Wenn da was mit Zau­be­rei drin vor­kommt, ist das doch Unsinn.«

Zitat Uschi Zietsch:

Wor­an liegt es? Am »neu­en« Kon­zept der Mes­se, das ja nun schon zwei Jah­re alt ist. Obwohl immer wie­der ver­si­chert wird, wie wich­tig die Hal­le 2 mit der Phan­tas­tik sei, wird alles dazu getan, um die Leu­te zu ver­grau­len. Das fängt damit an, dass wir nicht mehr ver­kau­fen dür­fen, und es geht damit wei­ter, dass die Cos­Play­er, die wegen der Medi­en­auf­merk­sam­keit angeb­lich »sehr geschätzt« sind, ans hin­te­re Ende der Hal­le ver­bannt wer­den, wo sie »auf einen Hau­fen gedrängt« dann TV-wirk­sam in Sze­ne gesetzt wer­den kön­nen. Aber bit­te­schön den »nor­ma­len« (seriö­sen?) Ablauf der Mes­se nicht stö­ren sollen. […]

Es ärgert mich auch, dass ich kurz vor der Mes­se noch ein­mal eine Mail mit dras­ti­schen Wor­ten erhal­ten habe, in der deut­lich dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, dass ich mich gefäl­ligst an alle Bedin­gun­gen zu hal­ten habe, andern­falls dro­hen enor­me Stra­fen. Und eine Bit­te von mir wur­de – zur Hälf­te – »aus­nahms­wei­se erlaubt«. Das ist ein Ton, den ich mir ver­bit­te, denn ich bin die­je­ni­ge, die den Stand bezahlt und damit der Mes­se ihr Über­le­ben garantiert.

Die aus­führ­li­chen Berich­te der bei­den soll­te man unbe­dingt mal gele­sen haben (sind oben unter den Namen der Autoren ver­linkt), wenn das nicht von Per­so­nen stam­men wür­de, die vor Ort waren und abso­lut glaub­wür­dig sind, könn­te man es nicht glau­ben wol­len. Mir fällt zu dem, was da in Leip­zig abge­gan­gen ist, ehr­lich gesagt nicht mehr viel ein, außer dass so etwas sym­pto­ma­tisch für die Bran­che zu sein scheint – und dass die Ver­an­stal­ter in ihrer Arro­ganz mei­ner Ansicht nach einen Socken­schuss haben.

Wie wäre denn der Plan einer rei­nen Phan­tas­tik-Buch­mes­se zeit­gleich zur Role Play Con­ven­ti­on in Köln? Es wür­den durch die Ver­bin­dung zwei­er sol­cher Ver­an­stal­tun­gen an einem Ter­min und Ort sicher­lich Syn­er­gie­ef­fek­te ent­ste­hen und die Ziel­grup­pe treibt sich dort defi­ni­tiv her­um. Köln liegt zen­tral, schon die Games­Com war ja auf­grund von hef­ti­gen Infra­struk­tur-Pro­ble­men in Leip­zig in die Rhein­me­tro­po­le gezo­gen, Stadt und Mes­se sind ver­kehrs­tech­nisch opti­mal ange­bun­den. Zwei Hal­len RPC mit coo­lem Außen­ge­län­de, jede Men­ge erwünsch­te Gewan­de­te, Cos­play­er und LAR­Per, das wäre mei­ner Ansicht nach ein opti­ma­ler Rah­men für eine zusätz­li­che Lite­ra­tur-Ver­an­stal­tung, die sich rein um Phan­tas­tik dreht. Und die Kul­tur­chau­vi­nis­ten kön­nen blei­ben, wo der Anspruchs-Pfef­fer wächst.

Viel­leicht wür­de das mehr brin­gen, als eine Ver­an­stal­tung wie die Buch­mes­se Leip­zig, die Phan­tas­tik-Ver­la­ge und ‑Autoren schein­bar nur als not­wen­di­ges Übel ansieht?

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Otfried Preußler (1923 – 2013)

Der Kin­der­buch­au­tor Otfried Preuß­ler ist tot. Preuß­ler ist der Autor von zahl­lo­sen bekann­ten Kin­der­bü­chern, wie bei­spiels­wei­se DER RÄUBER HOTZENPLOTZ, DER KLEINE WASSERMANN, DIE KLEINE HEXE, DAS KLEINE GESPENST oder KRABAT.

Neben die­sen popu­lä­ren Wer­ken exis­tie­ren aller­dings zahl­lo­se wei­te­re weni­ger bekann­te zu sei­nem Port­fo­lio, inge­samt kommt die Werk­lis­te in der Wiki­pe­dia auf 32 Bücher. Diver­se davon wur­den auch ver­filmt, man­che davon gleich mehr­fach. Neu­es­te Bei­spie­le sind DER RÄUBER HOTZENPLOTZ mit Armin Roh­de in der Titel­rol­le, die auch 1974 bereits Gerd Frö­be inne hat­te, wei­ter­hin die in Zusam­men­ar­beit mit Hol­ly­wood rea­li­sier­te Film­fas­sung von KRABAT.

Sei­ne Wer­ke und er wur­den diver­se Male aus­ge­zeich­net, unter ande­rem erhielt er für sei­ne Ver­diens­te das Gro­ße Bundesverdienstkreuz.

Erst vor Kur­zem ent­stand eine hef­tig geführ­te Dis­kus­si­on umd die Ent­schei­dung des Thie­ne­mann-Ver­lags, die Bücher Preuß­lers zu »über­ar­bei­ten« und heu­te poli­tisch nicht mehr kor­rekt erschei­nen­de Wor­te zu ent­fer­nen. Der Autor selbst hat­te sich immer gegen Ände­run­gen an sei­nen wer­ken aus­ge­spro­chen, die­sen zuletzt aller­dings angeb­lich zugestimmt.

Zuletzt leb­te Preuß­ler als frei­er Schrift­stel­ler bei Rosen­heim und hat sei­ne Erleb­nis­se in rusi­scher Kriegs­ge­fan­gen­schaft nie­der­ge­schrie­ben. Die­se sol­len post­hum ver­öf­fent­licht werden.

Otfried Preuß­ler ver­starb am letz­ten Mon­tag, dem 1802.2013, im Alter von 89 Jah­ren in  Prien am Chiemsee.

Die »Verkindlichung« der Literatur …

In der Zeit hat sich mal wie­der einer der Anspruchs­fa­na­ti­ker aus dem Fens­ter gelehnt. Ulrich Grei­ner moniert, dass es der­art vie­le »Kin­der­bü­cher« in den Best­sel­ler­lis­ten gibt – und ob das denn sein muss.

An die­ser Stel­le könn­te ich natür­lich wie­der ein­mal vom Leder zie­hen und poin­tiert zum Aus­druck brin­gen, was ich von der­lei eng­stir­ni­gen Sprü­chen hal­te. Kurz­fas­sung: pseu­do-intel­lek­tu­el­les Gewäsch. Muss ich aber gar nicht, denn Jugend­buch­au­torin Jut­ta Wil­ke hat in einem offe­nen Brief im Gro­ßen und Gan­zen bereits zum Aus­druck gebracht, was auch ich in ähn­li­cher Form sagen würde.

Eins noch zum unter­schied­li­chen Lese­ver­hal­ten von Kin­dern und Erwachsenen:
Kin­der lesen Bücher, weil sie von ihnen gefes­selt wer­den. Nicht weil sie auf Best­sel­ler­lis­ten ste­hen oder irgend­wo nomi­niert wor­den sind.

Ich möch­te aller­dings noch Fol­gen­des ergän­zen: es sind die Kin­der- und Jugend­bü­cher, die aus jun­gen Men­schen über­haupt erst ein­mal Leser machen. Die dann spä­ter in ihrem Leben viel­leicht auch mal zu etwas Anspruchs­vol­le­rem grei­fen. Oder auch nicht, aber das ist zweit­ran­gig: ohne les­ba­re Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur kei­ne erwach­se­nen Leser. Des­halb fin­de ich es umso unver­ständ­li­cher, wie die­se Lite­ra­tur­form so unüber­legt her­un­ter gemacht wird.

Und dem muss man kei­nes­falls »Ein­halt gebie­ten«, wie es der Autor ger­ne hät­te, zumin­dest lässt sich das sei­nem Arti­kel ent­neh­men, son­dern im Gegen­teil muss man gute Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur sogar drin­gend för­dern, statt sie in der vor­lie­gen­den Form als ner­vend oder qua­li­ta­tiv min­der­wer­tig zu deklarieren.

Oder räu­men wir sol­chen Dünn­brett­boh­re­rei­en mit unse­rem Kom­men­ta­ren zuviel Gewicht ein und soll­ten sie eigent­lich bes­ser ignorieren?

Dank an Alex Jahn­ke und Tom Orgel für den Hin­weis auf den offe­nen Brief

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Bild »blät­tern« von Nevit Dil­men, aus der Wiki­pe­dia, GFDL