Ich hatte kürzlich gegenüber für Sean O’Connells Blog »Wortwellen« einige Fragen im Zusammenhang mit der Zukunft von Buchhandel und Verlagen beantwortet. Dabei hatte ich mich unter anderem auch dazu geäußert, dass der hiesige Buchhandel tief und fest schläft, wenn es um eBooks geht. Es gibt beispielsweise bei kaum einem Händler die Möglichkeit, eBooks vor Ort zu erwerben.
Dass das auch ganz anders geht, zeigt die Kette Orell Füssli in der Schweiz laut einem Bericht beim Buchreport. Dort kann der Kunde nicht nur diverse eReader-Modelle testen – und wird auch noch dazu beraten (versucht das mal in Deutschland, bei meinen Tests bestand die Beratung aus »damit kann man Bücher lesen«). Zusätzlich gibt es »Surfstationen«, über die man sofort an Material für den eReader kommen kann.
Es geht also doch. Natürlich sind Investitionen in eine entsprechende Infrastruktur nötig und es wird sich auch nicht jeder kleine Buchhändler öffentliche »Surfstationen« in den Laden stellen wollen. Das Beispiel zeigt aber deutlich, was möglich ist – und mir fallen auf Anhieb noch weitere Möglichkeiten ein, wie man eBooks auch am »Point Of Sale« an die Kunden bekommen könnte, damit das Geschäft nicht ausschließlich online gemacht wird – wenn man nur wollte.
Ich habe ein Belegexemplar des Börsenblattes bekommen (sie wollten einen meiner Kommentare auf ihrer Webseite im Heft nutzen und ich habe das gegen Zusendung der fraglichen Ausgabe erlaubt). Nach der Lektüre (95% Werbung, Todes- und Stellenanzeigen) wundert mich nichts mehr.
Wenn die gesamte Buchbranche die in dem Magazin dargestellte verzerrte Realität glaubt, haben beispielsweise eReader auf der CES quasi nicht stattgefunden. »eReader spielten Messebeobachtern zufolge nur eine Nebenrolle«. Nein? Wirklich? Könnte das daran liegen, dass sie nur einen vergleichsweise kleinen Teil des Unterhaltungselektronikmarktes darstellen? Dass andere Geräte auf der Messe im Vordergrund stehen? Dass das Buch (egal in welcher Form) nur innerhalb des Ereignishorizontes der Buchbranche das Zentrum des Universums darstellt?
Auch in anderen Artikeln im Zusammenhang stelle ich eine Grundtendenz fest, die ich persönlich nur als Mischung von »in die eigene Tasche lügen« und »Gejammer über die sich ändernden Zeiten« etikettieren kann. Lese ich dann noch das Loblied auf die Totgeburt libreka, nach wie vor eine bedienerische und kundenfeindliche Katastrophe, wundert mich kaum noch was. Willkommen im Paralleluniversum der Buchbranche.
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Cover Böbla 03 /2012 Copyright MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH
Anlass hierfür ist ein länglicher Artikel auf René Kohls Blog, in dem dieser sich über Amazon und dessen marktbeherrschende Stellung auslässt (ich weise darauf hin, dass sich dieser Rant nur auf den Artikel bezieht und ihn nicht direkt inhaltlich thematisiert).
Ich finde es immer wieder putzig, wie man sich innerhalb der deutschen Buchbranche insbesondere im Bereich Massenpublikationen über die angebliche Macht und Marktbeherrschung Amazons mokiert, um damit von jahrelangen eklatanten eigenen Versäumnissen abzulenken. Amazon kommt als agiles, Internet-zentriertes Unternehmen daher und verkauft auf einfache und weitestgehend kundenfreundliche Art Bücher (und was weiß ich sonst noch alles). Statt daraus eine Lehre zu ziehen und mal in Wallung zu kommen, um ebenfalls kundenfreundlich zu agieren, ergeht man sich in immer neuen Lamentos, wie »böse« Amazon doch sei (und arbeitet selbstverständlich dennoch mit dem Riesen zusammen, denn die Absatzzahlen stimmen)…
Der Hinweis auf die Barnes & Noble-Praktik, DC-Comics aus den Regalen zu nehmen (und der zwischen den Zeilen zu lesende Applaus zu dieser Großtat) ist besonders ulkig. Es ist also besser, den Kunden Ware die sie gern erwerben würden gar nicht anzubieten, um Amazon eins auszuwischen? Wer auf sowas kommt, muss schon an einer besonders üblen Form der Hirnerweichung leiden oder möglicherweise gewohnheitsmäßig Betäubungsmittel missbrauchen. (facepalm)
Der Buchhandel hat mich lange verloren. Es steht nie das im Regal, was ich möchte. Frage ich nach Phantastik, schaut man mich an wie einen Triebtäter oder führt mich schnurstracks zu dem Regal mit »Romantasy« alias Schmusevampiren & Co. Möchte ich US-Taschenbücher erwerben, nennt man mir dafür Preise, die in aller Regel doppelt so hoch liegen, wie bei Amazon oder sogar libri.de – und ist auch noch vergrätzt, wenn ich die selbstverständlich nicht zahlen möchte. Und es soll mir bitte niemand damit kommen, dafür würde ich ja in einer Buchhandlung eine fachliche Beratung erhalten – siehe den Triebtäter oben; mal davon abgesehen, dass mich in diversen Ketten ohnehin nur noch umetikettierte Fleischereifachverkäuferinnen bedienen (nichts, absolut nichts, gegen Fleischereifachverkäuferinnen, aber bitte im richtigen Job).
Ich freue mich schon auf das erneute Geheule inklusive Rufen nach staatlicher Kontrolle und Leistungsschutzrecht, wenn Google demnächst seinen eBook-Shop auch in Deutschland eröffnet.
Man verstehe mich nicht falsch: ich halte Monopole für schlecht. Die Mitbewerber Amazons (und demnächst Googles), also die Publikumsverlage und Buchhändler, sollten aber endlich das Dauergejammer aufgeben und stattdessen anfangen im Sinne der Kunden (und in Sachen eBooks auch im Sinne der Autoren) agieren, statt auf immer nur noch größere Gewinne zu schielen (oder auf sinkende Gewinne, weil man sich nicht anpassen kann) – und ihr Angebot nicht sklavisch an den Vorschlags- und Bestsellerlisten von Amazon ausrichten… Das Geschäftsmodell gründlich renovieren, statt es mit immer neuen Krücken in einer halb verfallenen Version künstlich am Leben zu erhalten.
Weniger Räucherstäbchen und anderen Nippes in Buchhandlungen auszulegen statt Büchern würde vielleicht ebenfalls helfen.
Während viele etablierte Verlage noch mehr als zögerlich sind, was eBooks angeht und die wahrscheinlich meisten Buchhändler (die nicht einer Kette angehören) noch darüber lamentieren, dass dieser Markt wahrscheinlich an ihnen vorbei gehen wird, zeigt erneut ein vergleichsweise kleiner Anbieter, wie es gehen muss – und wie einfach das sein kann. Warum von den üppig bezahlten »Marketing-Fachleuten« der Branche niemand darauf verfallen ist, wissen wohl nur diese selbst…
Epidu ist dafür bekannt, dass sie eine Webseite aus der Taufe gehoben haben, auf der der Leser bestimmen kann, welche Bücher heraus gegeben werden. Hierzu nutzt man selbstverständlich und wie selbstverständlich die Möglichkeiten des Webs: es werden Konzepte vorgestellt und die Leser stimmen dann ab, welches davon zu einem Buch wird. Der zweite Coup des Epidu-Verlags ist die Webseite »Blogg Dein Buch«. Hier können sich Blogger auf Rezensionsexemplare bewerben und erhalten diese – als Gegenleistung bloggen sie darüber. Auch da könnte man sich fragen, warum niemand aus der alteingesessenen Buchbranche auf diese Idee verfallen ist.
Die neueste Idee des umtriebigen Verlags sind die »eBookCards«: im Prinzip handelt es sich bei diesen Postkarten-ähnlichen Medien um Gutscheine für eBooks. Sie sind mit dem Buchcover ausgestattet, auf der Rückseite findet man weitere Informationen zum Buch und im Innenteil Codes, mit dessen Hilfe man das eBook herunter laden kann. Beispielsweise ein QR-Code, mit dem das gewünschte Buch direkt auf´s Smartphone kommt.
Der Vorteil für den Buchhändler: auf diese simple Art und Weise, kann er die eigentlich nicht physikalisch existierenden eBooks im Laden präsentieren und zum Verkauf anbieten. Nicht nur eingedenk der Tatsache, dass Bücher immer noch eines der beliebtesten Geschenke sind, eine grandiose Idee.
Der Barsortimenter Umbreit, die eBook-Plattform Ceebo und Media Control haben die eBook-Cards bereits in ihr Programm aufgenommen, mit im Boot sind auch die Verlage Franzis, Klett-Cotta und Thienemann, mit anderen steht man in Verhandlungen.
Grandiose Sache, genau so muss das gehen! Und ohne völlig überflüssige Speichermedien die nur sinnlosen Müll erzeugen würden, wie anderswo aus der Branche heraus als Lösung kolportiert.
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Bild: Mockup Display für eBookCards, Copyright Epidu
Anlass für dieses Elaborat ist ein Artikel auf SpOn. Er handelt davon, wie sich Branchenverbände der Buchhändler (und der Musikindustrie) ihre Zahlen schön rechnen und erneut kommt einem unwillkürlich der Satz in den Sinn »ich glaube nur Statistiken die ich selbst gefälscht habe«.
Worum es geht? Es geht unter anderem um eBook-Verkäufe und die angeblich zahllosen illegalen Downloads. Was man dabei wohlweislich verschweigt ist, dass man sämtliche kostenlos herunter geladenen elektronischen Bücher mit zu den »illegalen Downloads« schlägt! Darunter beispielsweise die zig-tausenden gemeinfreien Werke aus dem Projekt Gutenberg oder haufenweise weitere legale, kostenlose eBooks (wie demnächst auch die Steampunk-Chroniken).
Da kann ich nur ganz offen fragen:
für wie blöd haltet ihr uns eigentlich?
Wer mit bereits auf den ersten Blick nicht belastbaren Zahlen hausieren geht, um seine miserablen Umsätze durch Verfehlungen, mittelalterlich wirkendes Verhalten in Sachen eBooks und Web sowie Mondpreise und kundenfeindliche DRM-Maßnahmen auf angebliche illegale Downloader schieben zu wollen, der hat ganz offensichtlich ein Problem. Ein Problem mit der Wahrheit.
Wer nur teure und dann auch noch mangelhafte, restriktive Angebote macht, darf sich nicht wundern, wenn der wirtschaftliche Erfolg ausbleibt. […] Ein überteuertes Auto, dass man zudem nur Dienstags und bei Regen fahren darf, kauft ja auch keiner freiwillig, wenn er stattdessen auch einfach den Bus nehmen kann.
Lieber Börsenverein: statt euer Versagen am Markt durch gefälschte Zahlen kaschieren zu wollen, wäre es nicht besser, endlich kundenfreundlich zu agieren? Die Umsätze der Musikindustrie mit herunter geladener Musik sind aufgrund des Verzichts auf DRM von 2009 auf 2010 um 30 Prozent gestiegen. Sollte euch das nicht zu denken geben und ihr euch endlich ebenfalls von dem DRM-Mist verabschieden? Wäre es nicht weiterhin angebracht, davon abzusehen eBooks zu einem Preis ganz knapp unter dem des Hardcovers verkaufen zu wollen?
Wäre eure Energie bei eurem Kerngeschäft nicht sinnvoller angelegt, als im weinerlichen Verbreiten offensichtlich saudummer Statistiken? Als dabei mit dem Finger auf die ehrlichen Kunden zu zeigen und sie als Raubkopierer zu verunglimpfen?
Aber das wäre wohl zu einfach und ich warte jetzt auf eure übliche Entgegnung: »dass wir alle keine Ahnung von ‘der Branche’ haben«.
Auch hierzulande vernimmt man seitens der Buch- und Verlagsbranche – und sogar seitens mancher Autoren – ein Jauchzen und Jubilieren ob des von einem US-amerikanischen Richter abgelehnten Vergleichs in der Causa »Buchdigitalisierung«.
Dass den Verlagen – also den Verwertern – ein Stein vom Herzen fällt ist nicht verwunderlich, glaubt man doch, einen weiteren Schritt gegen den bösen Digitalisierer Google getan zu haben, der einem die ach so spärlichen Gewinne böswillig wegnagen will.
Auch aus den Reihen der Politik vernimmt man Äußerungen, die von wenig Hintergrundwissend getrübt scheinen. Denn Google wäre in der Lage, Schätze nicht nur zu heben, sondern vor allem auch zu retten, die in diversen Bibliotheken vom Säurefraß geschädigt vor sich hin verrotten und für deren Rettung in Europa niemand das nötige Geld ausgeben will oder kann. Worin der Vorteil liegt, diese Bücher verkommen zu lassen, statt Google eine Digitalisierung zu erlauben, erschließt sich mir nicht.
Viel verquerer kommt mir aber vor, wenn auch Autoren sich über Googles Semi-Niederlage (immerhin hat der Richter nur verfügt, dass neu verhandelt werden muss) lautstark freuen.
Betrachten wir das mal von dieser Warte: Es gibt viel mehr Bücher, die ich nicht mehr erwerben kann weil sie nicht mehr aufgelegt werden und lange aus dem Handel sind, als aktuell erhältliche Schinken. Selbst wenn ich solch ein Buch kaufen wollte, könnte ich das so lange nicht, bis irgend ein Verlag sich herablässt, es erneut auf den Markt zu bringen. Was bei einer großen Mehrheit nicht geschehen wird, auch nicht als eBook. Und wenn das dann doch geschieht, erhält der Autor als eigentlicher Urheber (!) wie immer nur Peanuts.
Wenn ein solches Buch aber über Google als eBook (käuflich) erhältlich wäre, würde der Autor von Google einen Anteil des Verkaufspreises bekommen. Sieht man den Unterschied? Gibt es das Buch nicht, bekommt der Autor nichts – liegt es von Google digitalisiert als eBook, so vor bekommt der Autor einen Anteil wenn dieses verkauft wird. Gewinner: Der Leser, der ein Buch bekommt, das gedruckt nicht vorliegt und vielleicht nie wieder vorliegen wird, und der Autor, der dafür Geld erhält, das sonst ausgeblieben wäre. Klar: die Verlage gehen leer aus … kein Mitleid – die hätten mir das Buch ja zur Verfügung stellen können.
Es versteht sich von selbst: Google darf nicht machen, was sie wollen und es muss darüber diskutiert werden, wieviel vom Kuchen der Urheber (nicht die Verwerter!) tatsächlich erhält. Aber den Konzern pauschal als das Urböse hinzustellen ist pure Polemik einer Branche, die mit dem Medium Internet nach wie vor nicht zurecht kommt und und es sich zurechtbiegen will, bis es zum eigenen Geschäftsmodell passt – unterstützt von Politikern, die brav alles nachplappern, was die Lobby ihnen vorschreibt.
Das Internet wird sich allerdings nicht zurechtbiegen lassen. Und als Buchliebhaber kann ich an der Rettung von Büchern aus dem Nirvana nichts Böses entdecken.
Vom Arcanum Fantasy-Verlag erreichte uns der Hinweis auf eine neue Webseite unter der Adresse www.pro-buchhandel.de. Ziel des Portals ist es, Kleinverlage und Buchhändler miteinander in Kontakt zu bringen. Auf der Seite wird erläutert:
Was ist der Sinn dieser Website?
Kleine Verlage und Kleinstverlage haben oft ein Problem: Die Anbindung an den Buchhandel ist schwierig erfolgreich zu gestalten, denn allein der Anschluss an ein oder mehrere Barsortimente genügt nicht, damit ein Buch auch bestellt wird. Auch, wenn das Internet erst die Existenzgrundlage für viele Kleinverlage geschaffen hat, so ist die Anbindung an den Buchhandel doch ein wichtiger, wahrscheinlich sogar der wichtigste Punkt für einen erfolgreichen Kleinverlag.
Buchhandlungen auf der anderen Seite haben ebenfalls oft Probleme. Genannt seien hier beispielhaft Liquiditätsprobleme, da Barsortimente im Voraus bezahlt werden müssen und somit dringend benötigtes Kapital gebunden wird, sowie die Frage nach attraktiven Angeboten oder Extras, die Kunden in die Buchhandlung ziehen könnten. […]
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