Als Alchemist hat man es nicht leicht. Nachdem man sich den ganzen Vormittag im Wald herumgetrieben hat, um Zutaten zu sammeln, steht man anschließend stundenlang am Kessel, um Tränke für vorbeiziehende Abenteurer zu mixen, oder neue Kreationen zu erschaffen. Und wenn einem dann noch das passende Kleingeld fehlt, um den durch frühere Experimente missmutig gestimmten Studenten als Versuchskaninchen zu benutzen, muss man die brodelnde Brühe am Ende noch im Selbstversuch testen. Was tut man nicht alles um neue Erkenntnisse publizieren zu können, damit man bei der nächsten Alchemistenkonferenz nicht blöd da steht?
Das neue Spiel aus dem Hause Czech Games Edition hat auf der Spielemesse in Essen für viel Aufsehen gesorgt, denn es ist eines der Ersten, das eine App fest in den Spielablauf integriert. Obwohl die englische Originalversion erst im Oktober erschienen ist, hat der Heidelberger Spieleverlag bereits jetzt die deutsche Übersetzung herausgebracht, pünktlich zum Weihnachtsgeschäft.
Jeden Morgen, wenn Christine erwacht, beginnt ihr Leben von vorne. Eine Vierzigjährige, die glaubt in der Nacht zuvor als Zwanzigjährige ins Bett gegangen zu sein. Und jeden Morgen erzählt Ehemann Ben von ihrem schrecklichen Unfall, bei der sie eine psychogene Amnesie erlitten hat. Seit vierzehn Jahren erwacht Christine jeden einzelnen Tag ohne jede Erinnerung an die Geschehnisse vom Vortag. Hochzeitsbilder von ihr und Ben hängen im Badezimmer, um eventuell aufkeimende Erinnerungen zu unterstützen. Schränke und Kommoden sind mit Post-Its beklebt, damit sich Christine im Haus zurecht findet. Für Christine geschieht das alles immer zum ersten Mal, aber für Ben ist es eine schmerzhaft endlose Schleife an Wiederholungen. Aber dass dieser Film kein Drama, sondern Psychothriller sein wird, weiß man spätestens seit dem Beginn des Marketings von ICH DARF NICHT SCHLAFEN.
THE ZERO THEOREM – Bundesstart 27.11.2014
Die Besprechung basiert auf der amerikanischen BluRay-Fassung
Wenn Terry Gilliam einen Film dreht, dann hat man was zu erzählen. Auch weil Gilliam selber so viel erzählen will. Aber man darf nicht unbedingt Antworten auf die sich häufenden Fragen erwarten. Gilliam ist ein sehr eigenwilliger Regisseur, sicherlich gibt es weit exzentrischere in der Filmlandschaft, doch der Filmemacher ist in diesem illustren Kreis einer der ganz wenigen, die sich direkt an der Grenze von Arthouse- und Mainstream-Publikum entlang bewegen. Cronenberg wäre vielleicht noch einer dieser Namen. Wenn Terry Gilliam einen Film dreht, dann ist dieser etwas Besonderes. Das kann gleichermaßen positiv wie negativ ausgelegt werden. Zerlegt man diese Filme in ihre einzelnen Bestandteile, ist es am wahrscheinlichsten, dass sich positiv und negativ die Waage halten. Bei ZERO THEOREM wäre das zum Beispiel eine sehr gute Schauspielerin, die eine sehr schlecht inszenierte Figur spielen muss. Oder dass Nicola Pecorini mit einer tadelloser Kameraführung überzeugt, die Ausstattung allerdings viel zu überladen und chaotisch ist. Wenn Terry Gilliam einen Film dreht, dann ist er der einzige, der eine schreiend bunte Welt, richtig deprimierend wirken lässt.
THE HUNGER GAMES: MOCKINGJAY – Part 1 – Bundesstart 20.11.2014
Vor zwei Generationen gab es als großes Idol und besten Bogenschützen Robin Hood zu bewundern, eine generationenübergreifende Ikone unter den Heldenentwürfen. So ändern sich eben die Zeiten. Denken die über Vierzigjährigen bei einer Nickelbrille an John Lennon, ist es bei jenen unter Vierzig Harry Potter. Der Harry Potter der Bogenschützen ist jetzt Katniss Everdeen. Und wie Katniss Everdeen in einer brutal hierarchischen Gesellschaft an sich selbst wachsen musste, ist mit ihr eine Jugendbuchverfilmung erwachsen geworden.
Ist bei einer Trilogie der Mittelteil das schwächste Glied in der Kette, Ausnahmen gibt es wenige, ist es bei einer Quadrologie unweigerlich der dritte Teil. Er schließt selbst nur an ein offenes Ende an, und entlässt den Zuschauer mit einem offenen Ende. Für Quereinsteiger ein kaum zu bewältigendes Unterfangen. Und für den versierten Kinogänger oftmals ein Ärgernis. Oftmals, aber nicht zwangsläufig auch bei MOCKINGJAY 1. Ein ausgezeichneter Film, dessen finale Fortsetzung allerdings beweisen muss, dass das Zweiteilen eines einzelnen Romans gerechtfertigt war.
1991. Drei Gangster überfallen eine Bar, werden aber von Detective Matthew Scudder gestellt und auf offener Straße erschossen. Der gnadenlose Einsatz des alkoholkranken Scudder endet allerdings in einem fürchterlichen Desaster. Diese Einstiegssequenz ist eine der ganz wenigen Action-Szenen, die sich der Film leistet. Er rückt Liam Neeson wieder etwas von seinem Übermensch-Image weg, zum Charakter-Darsteller der er eigentlich ist. Mit dem bereits bereits in Postproduktion befindlichen TAKEN 3 wird der Fan knallharter Action sowieso bald wieder zufrieden gestellt. RUHET IN FRIEDEN begibt sich mehr in die Hände des Thrillers und gibt noch einen Schuss Drama hinzu. Scott Frank hat hier erst seinen zweiten Spielfilm inszeniert, und das nach sieben Jahren. Dass er allerdings das Drehbuch selbst verfasste, macht aus RUHET IN FRIEDEN fast schon eine sichere Wette. Denn Romanverfilmungen kann Scott Frank, wie MARLEY & ICH schon bewies, und er beherrscht auch alle weiteren Genres. Für Kenneth Branagh schrieb er den Thriller DEAD AGAIN, für Spielberg die Zukunftsvision MINORITY REPORT, oder überzeugte mit einem Remake wie FLUG DES PHÖNIX. Einem Menschen wie Scott Frank kann man sich also anvertrauen, auch wenn man vielleicht andere Kost serviert bekommt, als man zuerst annehmen würde.
Vorabkritiken zu INTERSTELLAR versuchten zwanghaft, aber auch nicht besonders gelungen, Stanley Kubriks2001: ODYSSEE IM WELTRAUM mit Christopher Nolans Epos INTERSTELLAR zu vergleichen und gegeneinander abzuwägen. Und sie verglichen und wogen ab, wo es vollkommen unangebracht war, und keinen Sinn ergab. Übersehen haben sie allerdings den einen Punkt, der beide Filme tatsächlich verbinden könnte: Sie zeichnen sich durch ihren selbst auferlegten Realismus aus, wo sie sich stringent den wissenschaftlichen Fakten unterwerfen. Dann gibt es eine gewisse Wendung, die in ein Terrain fällt welches eben noch nicht wissenschaftlich zu erklären ist. Von hier an werfen die Macher ihre eigenen Spekulationen und Interpretationen in die Handlung, und erzwingen vom Zuschauer eine geistige Grenzerfahrung. Nolan hat das mit MEMENTO getan und mit INCEPTION auf die Spitze getrieben. War MEMENTO noch ein rätselhaftes Puzzle, mit eindeutiger Auflösung, wurde INCEPTION zum geistigen Labyrinth, das gefeiert, aber kontrovers diskutiert wurde. Anscheinend wollten die Nolan-Brüder mit dem Drehbuch zu INTERSTELLAR noch einen Schritt weiter gehen. Sie fordern nicht nur heraus, sondern provozieren auch, sie erklären alles, und lösen doch nichts auf. Und wenn die einen den Film als Meisterwerk feiern, und die anderen ihn als missratenen Science-Fiction-Wust beschimpfen, dann könnten tatsächlich beide Parteien recht haben.
Die Freiheit ist ein Geschenk, das sich nicht jeder gern machen lässt
Enthält minimale Spuren von Spoilern.
Irgendwann, als neulich der deutsche Filmpreis verliehen wurde, hat auch DAS FINSTERE TAL Preise eingeheimst, wurde sogar als der große Sieger verkauft. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich der Deutsche Filmpreis nicht die Bohne interessiert, denn üblicherweise werden irgendwelche Geschichtsbewältigungs-Dramen ausgezeichnet, oder höchst unwitzige Komödien. In dem Bericht, den ich zufällig darüber im Fernsehen sah (unter anderem deswegen ein Zufall, weil ich TV eigentlich nur noch vom Wegsehen kenne), war aber auch ein kurzer Trailer enthalten, mehr ein Teaser. Das sah tatsächlich interessant aus – und dann mehrten sich die Stimmen, die DAS FINSTERE TAL als »Alpenwestern« bezeichneten, gar als »Genre-Film«. Und sowas in deutscher Sprache (es ist eine österreichisch-deutsche Koproduktion)? Ich war nun nicht so heiß darauf, mir den im Kino anzusehen, als der Preis für die BluRay allerdings kürzlich im Angebot unter zehn Euro fiel, wollte ich dann doch mal einen Blick riskieren, um festzustellen, ob die euphorisch klingenden Kritiken gerechtfertigt sind.
Eine Liste aller Filme um den bluttrinkenden Fürsten zu erstellen wäre mühsam, wahrscheinlich nicht komplett, und darüber hinaus von keinem größeren Nährwert. Sieht man sich auch nur ein grobes Gerüst von allen möglichen Dracula-Filmen an, dann fällt sofort die Unsinnigkeit in den meisten von ihnen auf. Waren NOSFERATU 1922 und DRACULA 1931 die erfolgreichen Grundlagen für die cineastische Verwertung der Mythengestalt, hielt er sich im Kino dennoch für länger eher im Dunkeln verborgen. Erst als Hammer mit HORROR OF DRACULA die Leinwand eroberte, begann die inflationäre Ausschlachtung des transsilvanischen Fürsten. War die Produktionsfirma Hammer anfangs noch zögerlich, schob sie nach und nach in immer kürzeren Abständen Futter für das dürstende Publikum nach. Andere Firmen versuchten der Blutspur zu folgen, schließlich war die Figur bereits frei von Rechten. Obskure Crossover gab es, genau wie eine für ein schwarzes Publikum zugeschnittene Blaxploitation-Version.
Als John Badham 1979 mit Frank Langella in der Hauptrolle erstmals eine korrekte Annäherung an den Roman von Bram Stoker versuchte, hatte das Kino dem vermeintlichen Interesse des Publikums längst einen Pfahl durchs Herz getrieben. Die durchaus gelungene Werner Herzog-Verfilmung NOSFERATU erntete nur aufgesetzten Spot, angeblich weil er sich an Murnaus Klassiker vergriff. Selbst als Francis Ford Coppola eine romangetreue Verfilmung ankündigte, lockte das niemanden aus dem Sarg. Das Publikum ließ sich allerdings überzeugen. BRAM STOKERs DRACULA wurde, vollkommen berechtigt, zu einem überragenden Erfolg. Mit dem Nachteil, dass sich erneut eine Welle an Dracula-Filmen aufzubauen begann. Als Universal Pictures ankündigte, für 2014 einen neuen DRACULA zu produzieren, da musste die erste Reaktion einfach nur sein: Warum?
Seit ein paar Jahren sind kooperative Brettspiele ein echter Renner. Mit PANDEMIE ist mir dieses Konzept zum ersten Mal begegnet und ich war gleich begeistert von der Idee. Warum darf es immer nur einen Sieger geben, wenn stattdessen die Spielergruppe gemeinsam Sieg oder Niederlage teilen kann? SPACE CADETS ist ebenfalls ein solches Spiel. Da sich die englische Originalversion schon seit geraumer Zeit in meiner Spielesammlung befindet und der Publisher Asmodee nun die übersetzte Variante herausbringt, nehme ich das zum Anlass, eine Besprechung zu diesem leider wenig bekannten Spiel zu schreiben.
Schon das Coverbild schreit förmlich hinaus, worum es geht: STAR TREK! Je nach Anzahl der Spieler übernimmt jeder eine oder mehrere Stationen des Raumschiffs. Egal ob Kapitänssessel, Schilde, Waffen oder Traktorstrahl; hier ist alles dabei, was ein Trekkie-Herz höher schlagen lässt. Der Name des Spiels ist dabei jedoch Programm, denn die Kadetten werden meist nicht so professionell agieren wie Kirk, Picard und Konsorten (ok, »professionell« ist vielleicht nicht der richtige Begriff, um Kirk zu beschreiben …). Da viele der wichtigen Aktionen unter Zeitdruck stattfinden, herrscht gerade bei Gefechten ein Heidenchaos auf der imaginären Brücke, was vom Spiel jedoch durchaus so gewollt ist und seinen Charme ausmacht.
Da gibt es die Bewohner mit den roten Hüten, die träumen von einem Leben wie dem der Bewohner mit den weißen Hüten. Und unter der Stadt wohnen die, die Angst vor den roten und den weißen Hüten haben. Gesehen hat sie noch niemand, aber gefürchtet sind sie. Monster. Furchterregende Monster, die Kindern das Gesicht wegfressen. Archibald Snatcher ist gewöhnlicher Bewohner, mit rotem Hut. Doch er kann Lord Portley-Rind, dem Stadtoberhaupt mit weißem Hut, das Versprechen abringen, ebenfalls im Hut befördert zu werden, wenn die grausamen Monster alle bekämpft und besiegt sind. Und so beginnt eine monatelange Hatz gegen die als Boxtrolle bekannten Bestien. In den unzugänglichen Katakomben unter Stadt hausen sie, sammeln Nachts den Müll von der Straßen, und nutzen diesen sinnvoll in ihrer kleinen Welt. Natürlich sind die Boxtrolls alles andere, als die ums sie gesponnenen Geschichten. Aber Archibald Snatcher hat ein Ziel, und so dezimieren sich auf ungerechtfertigte Weise, nach und nach die Schachteln mit Innenleben, die in Variationen an Frankensteins Monster erinnern. Sie heißen Fisch, oder Schuh, Zerbrechlich oder Süßigkeiten. Je nachdem in was für eine Verpackung sie gekleidet sind. Und mitten unter ihnen, reift Eggs zu einem Jungen heran. Ein Menschenkind, in einen Eierkarton gekleidet, der deswegen Eggs heißt, weil das deutsche »Eier« ein furchtbar blöder Name wäre.
Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen
Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.
Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.
Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.