DRACULA UNTOLD

Dracula Untold

DRACULA UNTOLD – Bun­des­start 02.10.2014

Eine Lis­te aller Fil­me um den blut­trin­ken­den Fürs­ten zu erstel­len wäre müh­sam, wahr­schein­lich nicht kom­plett, und dar­über hin­aus von kei­nem grö­ße­ren Nähr­wert. Sieht man sich auch nur ein gro­bes Gerüst von allen mög­li­chen Dra­cu­la-Fil­men an, dann fällt sofort die Unsin­nig­keit in den meis­ten von ihnen auf. Waren NOSFERATU 1922 und DRACULA 1931 die erfolg­rei­chen Grund­la­gen für die cine­as­ti­sche Ver­wer­tung der Mythen­ge­stalt, hielt er sich im Kino den­noch für län­ger eher im Dun­keln ver­bor­gen. Erst als Ham­mer mit HORROR OF DRACULA die Lein­wand erober­te, begann die infla­tio­nä­re Aus­schlach­tung des trans­sil­va­ni­schen Fürs­ten. War die Pro­duk­ti­ons­fir­ma Ham­mer anfangs noch zöger­lich, schob sie nach und nach in immer kür­ze­ren Abstän­den Fut­ter für das dürs­ten­de Publi­kum nach. Ande­re Fir­men ver­such­ten der Blut­spur zu fol­gen, schließ­lich war die Figur bereits frei von Rech­ten. Obsku­re Cross­over gab es, genau wie eine für ein schwar­zes Publi­kum zuge­schnit­te­ne Blaxploitation-Version.

Als John Bad­ham 1979 mit Frank Lan­gel­la in der Haupt­rol­le erst­mals eine kor­rek­te Annä­he­rung an den Roman von Bram Sto­ker ver­such­te, hat­te das Kino dem ver­meint­li­chen Inter­es­se des Publi­kums längst einen Pfahl durchs Herz getrie­ben. Die durch­aus gelun­ge­ne Wer­ner Her­zog-Ver­fil­mung NOSFERATU ern­te­te nur auf­ge­setz­ten Spot, angeb­lich weil er sich an Murnaus Klas­si­ker ver­griff. Selbst als Fran­cis Ford Cop­po­la eine roman­ge­treue Ver­fil­mung ankün­dig­te, lock­te das nie­man­den aus dem Sarg. Das Publi­kum ließ sich aller­dings über­zeu­gen. BRAM STO­KERs DRACULA wur­de, voll­kom­men berech­tigt, zu einem über­ra­gen­den Erfolg. Mit dem Nach­teil, dass sich erneut eine Wel­le an Dra­cu­la-Fil­men auf­zu­bau­en begann. Als Uni­ver­sal Pic­tures ankün­dig­te, für 2014 einen neu­en DRACULA zu pro­du­zie­ren, da muss­te die ers­te Reak­ti­on ein­fach nur sein: Warum?

Der trans­sil­va­ni­sche Fürst Vlad hat sei­ne Kind­heit und Jugend als Sol­dat für das Osma­ni­sche Reich ver­bracht, wohin ihn sein Vater sand­te, als Zei­chen der Ver­bun­den­heit zum tür­ki­schen Sul­tan. Hier wur­de er zum bes­ten und gefürch­tets­ten Sol­da­ten in den Bal­kan­krie­gen. Jah­re spä­ter hat Vlad das Fürs­ten­tum Wala­chei in Trans­sil­va­ni­en von sei­nem Vater über­nom­men und ist glück­li­cher Ehe­mann und Vater. Nach sei­nen ent­beh­rungs­rei­chen Jugend­jah­ren ist Vlad nur auf Frie­den für sein Reich bedacht. Als Meh­med Sul­tan wird, mit dem Vlad groß gewor­den ist, will die­ser Euro­pa erobern, und for­dert von sei­nem trans­sil­va­ni­schen Ver­bün­de­ten ein­tau­send Kin­der um sie zu Sol­da­ten zu erzie­hen. Und ganz beson­ders ener­gisch ver­langt Meh­med Vlads Sohn Inge­ras. Nach sei­nen eige­nen schmerz­li­chen Erfah­run­gen will die­ser die Kin­der nicht aus­lie­fern, was aller­dings für die Wala­chei einen Krieg gegen die Tür­ken her­auf­be­schwö­ren wür­de. Und die osma­ni­sche Armee wäre Vlads Kämp­fern tau­send­fach über­le­gen. Wider die Ver­nunft, aber für die Ehre, lässt der Fürst die tür­ki­schen Vor­bo­ten pfäh­len und gibt damit Sul­tan Meh­med eine kla­re Bot­schaft. Von hier an gibt es kein Zurück. Wohl wis­send, dass er wirk­lich alles tun muss, um wenigs­tens den Hauch einer Chan­ce für sein Reich zu bekom­men, geht Vlad in die kars­ti­gen Ber­ge, wo er sich Hil­fe von einem mys­ti­schen Wesen erhofft. Tat­säch­lich trifft er auf Cali­gu­la, der durch einen Fluch auf ewig an die Fins­ter­nis gebun­den ist, und die Fähig­kei­ten der Tie­re der Nacht inne hat. Cali­gu­la kann erst von sei­nem Fluch erlöst wer­den, wenn jemand bereit ist sein Blut zu trin­ken, dann aber selbst zum Geschöpf der Nacht wird.

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Luke Evans ist eine sehr mar­kan­te, aber auch cha­ris­ma­ti­sche Figur. Mit spie­le­ri­scher Selbst­ver­ständ­lich­keit kann er all die Facet­ten abde­cken, die von einem Cha­rak­ter wie Vlad ver­langt wer­den. Denn der grau­sa­me Sol­dat muss gleich­zei­tig lie­be­vol­ler Vater sein. Der beherrsch­te Stra­te­ge soll sich eben­so als ver­zwei­fel­ter Fürst zei­gen. Und Luke Evans ist genau der Typ, bei dem man glaubt, dass die Rol­le ein­zig mit ihm in Gedan­ken geschrie­ben wur­de. Der Schau­spie­ler, dem es bis­her im Kino noch nicht ver­gönnt war, sich exal­tier­ter zu prä­sen­tie­ren, ist die tra­gen­de Säu­le des Films, wegen ihm bleibt der Zuschau­er an der Geschich­te. Lei­der hat man ihm mit Domi­nic Coo­per kei­nen über­zeu­gen­den Geg­ner an die Sei­te gestellt, der als Meh­med ledig­lich die Ste­reo­ty­pen aus dem Ärmel schüt­telt. Dafür haben sich Regis­seur Gary Shore und Kame­ra­mann John Schwartzman eini­ge net­te Bild­ideen aus­ge­dacht, die wirk­lich über­ra­schen, wie Vlads visu­el­le Wahr­neh­mung wäh­rend sei­ner Wand­lung. Bei­den muss man auch zugu­te hal­ten, dass sie nicht der Ver­su­chung erla­gen, grö­ßer als die Wirk­lich­keit zu insze­nie­ren, wo unver­mit­telt von einem Sol­da­ten zu einem weit über den Hori­zont mar­schie­ren­den Heer  geschwenkt wird, oder Kulis­sen über jede Rea­li­tät auf­ge­bla­sen wer­den. Das macht bei DRACULA UNTOLD die ein­zel­nen Set­tings sehr greif­bar und boden­stän­dig. Gera­de dadurch wird Vlads über­na­tür­li­cher Kampf gegen die tür­ki­sche Armee noch verstärkt.

Hat es wirk­lich noch eine Dra­cu­la-Ver­fil­mung gebraucht? Ja, durch­aus. Auch wenn UNTOLD mit Schwä­chen zu kämp­fen hat. Am auf­fal­lends­ten ist dabei die letz­te Sequenz, die ent­we­der einen zwei­ten Teil vor­be­rei­ten soll, oder ein­fach nur über­ra­schen­de Wen­dung sein möch­te. So oder so passt die­ser Schluss so über­haupt nicht zu der sonst stim­mi­gen Atmo­sphä­re und reißt den Zuschau­er förm­lich aus dem Sze­na­rio, wel­ches ihn die vor­an­ge­gan­ge­nen 85 Minu­ten so gefes­selt hat. Obgleich der Film zudem in der zwei­ten Hälf­te durch­aus eini­ge Straf­fun­gen ver­tra­gen hät­te. Sind Vlads Kräf­te ein­mal ent­fes­selt, glei­chen sich die ein­zel­nen Kämp­fe zu sehr. Optisch und insze­na­to­risch kann dann UNTOLD in der letz­ten hal­ben Stun­de nicht viel Neu­es zei­gen. Doch man muss auf der ande­ren Sei­te sagen, dass die Hand­lung eini­ge dra­ma­tur­gisch geschickt ein­ge­fä­del­te Wen­dun­gen bringt. Wie es zum Bei­spiel dazu kommt, dass Vlad sei­nem Schick­sal doch nicht ent­rin­nen kann, obwohl er tat­säch­lich drei Tage aus­hielt, ohne der Ver­su­chung nach mensch­li­chem Blut nach­zu­ge­hen. Oder wie fin­dig er in der fina­len Schlacht das Böse zu rekru­tie­ren ver­steht, aber abschlie­ßend den­noch mit den eige­nen Waf­fen schlägt.

DRACULA UNTOLD ist ein Film, der höchst inter­es­san­te Aspek­te in den Mythos ein­flie­ßen lässt, die dann tat­säch­lich eine neue Geschich­te erzäh­len. Und doch ist alles vor­han­den, was man bis­her glaub­te zu wis­sen. In einer Sze­ne erklärt Vlad, dass Dra­cu­lea »Sohn des Dra­chen« bedeu­ten wür­de, wo Meh­med zuvor pro­vo­kant mein­te zu wis­sen, dass »Dra­cul« den Sohn des Teu­fels bezeich­ne. In das Dreh­buch flos­sen also nicht nur die fil­mi­schen Mythen, son­dern auch zu einem wesent­li­chen Grad die his­to­ri­schen Fak­ten ein. DRACULA UNTOLD ist ein äußerst gelun­ge­ner Film, der sei­ne Schwä­chen selbst zu über­spie­len ver­steht. Ein Film dem nichts ange­staub­tes oder längst über­hol­tes anhaf­tet. Der dadurch Spaß macht, weil man glaubt die Geschich­te zu ken­nen die er erzäh­len will, und dann doch mit so viel neu­en Ansatz­punk­ten über­rascht. Allein, wie die Insze­nie­rung die Wand­lungs­fä­hig­keit von Vlad zu nut­zen ver­steht, wenn er sich die Geschöp­fe der Nacht zu eigen macht, ist schon sehens­wert. Und das alles mit Luke Evans in der Haupt­rol­le. Zumin­dest hat es die­se fil­mi­sche Inter­pre­ta­ti­on des Mythos unbe­dingt noch gebraucht.

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DRACULA UNTOLD
Dar­stel­ler: Luke Evans, Sarah Gadon, Domi­nic Coo­per, Charles Dance, Saman­tha Barks, Char­lie Cox, Zach McGo­wan, Noah Hunt­ley u.a.
Regie: Gary Shore
Dreh­buch: Matt Saza­ma, Burk Sharpless
Kame­ra: John Schwartzman
Bild­schnitt: Richard Pearson
Musik: Ramin Djawadi
Pro­duk­ti­ons­de­sign: Fran­cois Audouy
92 Minuten
USA 2014

Bild­rech­te: Uni­ver­sal Inter­na­tio­nal Pictures

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