Europa hat gerade dafür gestimmt, das Internet zu ruinieren, so ziemlich alles zu überwachen und große Teile unserer Kommunikation zu zensieren.
[Anmerkung: bei diesem Text handelt es sich um die Übersetzung eines Artikels von Cory Doctorow auf BoingBoing vom 12. September 2018]
Lobbyisten für »Urheber« haben sich mit den großen Unterhaltungsfirmen und den Zeitungsverlegern zusammengetan und schafften es, dass die neue [europäische] Urheberrechtsdirektive heute morgen mit Haaresbreite verabschiedet wurde. Es handelt sich um einen Akt äußerst gewissenlosen Handelns; der Schaden für Künstler die von ihrer Kunst leben wird nur noch übertroffen vom Schaden für jedermann der das Internet für alles andere nutzt.
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Ich habe auf Youtube seit 2013 ein Video von der Intermodellbau, das Miniatur-Dampfmaschinen zeigt. Hinterlegt hatte ich den Clip mit Ragtime-Musik aus der Public Domain-Sammlung von freemusicarchive.org. Die verwendeten Dateien sind Originalaufnahmen aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts (ungefähr 1900 bis 1916) und selbstverständlich sind alle Urheber schon so lange tot, dass sämtliche Rechte erloschen sind.
Das hindert natürlich die Algorithmen der Copyright-Trolle nicht daran, die bekannteren der verwendeten Musikstücke als geklaut zu flaggen, insbesondere Gershwins Chinese Blues oder Scott Joplins Maple Leaf Rag (aus dem Jahr 1899!). An sich schon eine Unverschämtheit (insbesondere da im Abspann des Video die Quellen eindeutig genannt sind, das hat allerdings logischerweise weder die Automatismen von Warner noch die von Youtube gejuckt), aber normalerweise sollte ein Claim damit aus der Welt sein, dass man Youtube die Quelle nennt. Im Falle von Koch Media war das auch so (da hat sich das offenbar tatsächlich jemand angesehen), aber Warner Music trieb das Spiel bei George Gershwin auf die Spitze, indem mein Einspruch als nicht valide abgeschmettert wurde. Da blieb mir schon die Spucke weg, denn offensichtlich hatte sich das beim Musikmulti niemand inhaltlich angesehen – denn dann wäre sofort klar gewesen, dass das alles kompletter Bullshit ist.
Wenn man dann nochmal widersprechen möchte, weist Youtube einen dann auch mit dramatischen Worten darauf hin, dass ein weiterer Einspruch drastische rechtliche Konsequenzen haben kann, es wird also eine Drohkulisse aufgebaut, die möglicherweise Ängstlichere dazu verführen kann, ihre Ansprüche aufzugeben und den Copyright-Trollen von Warner und Co. das Feld zu überlassen. Nicht mit mir, also noch einen Einspruch eingereicht und nochmal dieselben Hinweise wie beim ersten hinterlassen.
Dann passierte lange nichts und nach 30 Tagen kam die Meldung von Youtube, dass bei Warner niemand auf den Einspruch reagiert habe und der Fall nun geschlossen sei. Neues von Captain Obvious, denn selbst wenn sich das irgendein Erfüllungsgehilfe bei Warner angesehen haben sollte, was ich nicht glaube, wäre sofort klar gewesen, dass der Claim, der sofort dazu führte, dass sämtliche Monetarisierung des Videos sofort an Warner geht, völlig für die Füße ist.
Verdammte Copyright-Trolle. Ich habe kurz darüber nachgedacht, Warner Music Deutschland wegen Betrugs anzuzeigen, habe es dann aber gelassen, weil ich mir das daraus resultierende Generve nicht antun wollte, und weil vermutlich eh niemand ermittelt hätte, da die Einnahmen aus der Video-Monetarisierung schlichtweg Peanuts sind.
Wie dumm die von Contentmafia (Musik, Film, egal) verwendeten Verfahren tatsächlich daher kommen, zeigt der Bericht darüber, dass sie ihre eigenen Seiten oder sogar Shopseiten Amazons, auf denen sie selbst ihre Filme verkaufen, als Urheberrechtsverstöße bei Google melden. Man darf an dieser Stelle darüber spekulieren, wieviele völlig legale Google-Suchergebnisse aufgrund unberechtigter Ansprüche seitens irgendwelcher Rechteinhaber-Vollidioten gesperrt werden.
Auch hier gehört das Urheberrecht dringend zugunsten der Urheber und Nutzer reformiert, damit nicht Copyright-Trolle in großen Massen Claims ins Netz bomben dürfen, sondern bei falschen Anschuldigungen und Mißbrauch des Urheberrechts (das nach Vergabe von Lizenzen »Verwerterrecht« heißen sollte) auch Konsequenzen zu tragen haben. Das würde die automatisierten Trollereien erheblich verringern.
Ich gehe aber davon aus, dass in der Hinsicht dank unserer lobbylutschenden Politik nichts passieren wird. Der geleakte Entwurf des »reformierten« Urheberrechts der EU-Kommission und des in meinen Augen mehr als peinlichen Internet-Kommissars Oettinger (wenn man irgendwelche Vögel in der deutschen Politik nicht mehr brauchen kann, werden sie nach Brüssel abgeschoben, um dort Unheil anzurichten) zeigt ja eindeutig, dass der Verwertermafia alles in den Hintern geschoben werden soll, und man die Interessen und Rechte der Urheber und Nutzer erneut mit Füßen tritt. Teile des Gesetzes lesen sich, als seien sie von den Contentanbietern diktiert worden, und vermutlich war das auch so.
Wenn diese Gesetze so durchkommen, wird Raubkopieren zu zivilem Ungehorsam.
Vorwort zur Neuveröffentlichung: Dieser Text erschien ursprünglich im April 2010 (also bereits vor sagenhaften sechs Jahren) auf dem alten Artikelportal von PhantaNews. Aus gegebenem Anlass habe ich ihn jetzt hierher übertragen, denn er erscheint angesichts der Tatsache, dass die Buchbranche nach allen anderen die Digitalisierung entdeckt hat, in immer größeres »Mimimi« ausbricht und offenbar alle Fehler der Musikindustrie wiederholen möchte, aktueller denn je. Auslöser war konkret allerdings das Erscheinen eines Artikels von Felix Münter bei Teilzeithelden, bei dem mich allein der polemische (und sachlich falsche) Titel bereits schaudern lässt. Mir hängt diese Form der Diskussion zum Hals raus, denn sie wurde bereits erschöpfend geführt und muss wahrlich nicht erneut angefangen werden, nur weil Buchbranche und Autoren etliche Jahre nach allen anderen die Digitalisierung entdeckt haben.
Cory Doctorow ist ein kanadischer Science-Fiction-Schriftsteller und Aktivist in Sachen neue Medien, Internet, Copyright-Liberalisierung und Privatsphäre. Am letzten Wochenende habe ich sein Buch LITTLE BROTHER in Rekordzeit gelesen, nachdem es mir von »fellow netizens« bereits mehrfach nachdrücklich ans Herz gelegt wurde.
Das Besondere an diesem Buch: man kann es nicht nur über die einschlägigen Vertriebskanäle kaufen, sondern es auch einfach auf seiner Webseite kostenlos in zahlreichen Formaten herunter laden. Kostenlos. Einfach so. Legal. Unter einer Creative Commons-Lizenz. Trotz dieser Tatsache verkaufen sich seine Bücher wie geschnitten Brot.
Wie kann das sein? Insbesondere angesichts des Dauergejammers gewisser Verleger und Verlage, wie böse kostenlose Angebote sind – seien sie nun semilegal oder legal – und dass beide den Markt zerstören…
Im Vorwort zu LITTLE BROTHER befindet sich der folgende Text, den ich aus dem Englischen übersetzt habe, um ihn hier zu veröffentlichen, was ich aufgrund der CC-Lizenz problemlos tun darf, wenn ich den Namen des Autoren nenne, auf seine Webseite hinweise und kein Geld damit verdiene.
Cory Doctorow zu Copyright, Urheberrechten und Web. Der Mann ist einfach ein Held!
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Neil Gaiman sagt Worte, die sich vielleicht die Entscheider und Bedenkenträger in den Verlagen (und auch bei der Musikindustrie) mal genau anhören sollten. Wunschdenken, ich weiß…
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YouTube, Hitler und Ubisoft – die hatten wir kürzlich hier im Gespräch, weil Rechteinhaber (und/oder arrogante Wichtigtuer) von YouTube verlangt haben, Clips offline zu nehmen. Prominenteste aktuelle Beispiele waren die Hitler-Parodien aus DER UNTERGANG oder DarkSidePhyls Spiele-Walkthroughs.
Google hat jetzt reagiert und weist deutlicher als bisher darauf hin, dass man bei einem angeblichen Copyright-Verstoß als Gegenmaßnahme den »fair use«-Button betätigen kann – damit geht das beanstandete Video sofort wieder online.
»Fair use« ist nun eine US-amerikanische Rechtsform, die bei uns so leider keine Gültigkeit hat. Dennoch ist das ein guter Ansatz, denn es reicht nicht mehr, wenn ein US-Rechteinhaber einfach mal eine angebliche Urheberrechtsverletzung als solche bei Google moniert – klickt der Benutzer auf den »fair use«-Button, nachdem der Clip offline ging, geht der wieder online, und muss der Beschwerdeführer ab sofort vor Gericht, um seine Behauptungen zu beweisen und durchzusetzen.
Das ist ein ziemlich schlauer Plan von Google, den zum einen werden sich die meisten YouTube-Nutzer (die mit Hirn) genau überlegen, was sie tun, zum anderen werden die Jungs von der Copyright-Mafia sich überlegen, ob sie vor Gericht gehen und damit Präzedenzfälle provozieren wollen – denn in vielen Fällen ist es fraglich ob sie mit ihren Behauptungen und Forderungen durchkommen würden.
… unter diesem Titel hat die Heinrich Böll Stiftung zusammen mit iRights.info einen Reader zum Thema Copyright in der Internet-Ära herausgebracht. Der Untertitel lautet »Plädoyers für ein zukunftstaugliches Urheberrecht«. In diesem Reader nehmen renommierte Autoren unter anderem Stellung zum Urheberrecht in der modernen vernetzten Welt, zum Kopieren und zum Leistungsschutz-Gejammer der etablierten Verleger.
Der Reader steht unter einer Creative Commons-Lizenz, die es mir ermöglicht, einen der Artikel hier zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei um die Betrachtungen von Monika Ermert zum ACTA-Abkommen, dass soeben hinter verschlossenen Türen und weitestgehend ohne den Einfluss demokratischer Prinzipien verhandelt wird und das zu einschneidenden Einschränkungen unserer Bürgerrechte in der digitalen Welt führen wird – wenn es nicht rechtzeitig gestoppt und auf eine demokratische Basis gehoben wird.
Warum ich das hier thematisiere? Das hat verschiedene Gründe. Zum einen stammt das heute genutzte Urheberrecht aus einer grauen Vorzeit und passt nicht mehr zur »digitalen Gesellschaft«. Zum anderen kann es meiner Ansicht nach nicht angehen, dass Volksvertreter die Interessen des Volkes das sie vertreten sollen an die Vertreter von Medienkonzernen verkaufen. Und drittens sehe ich die Gefahr, dass Bürgerjournalisten ihre Blogs und Special-Interest-Seiten (so wie beispielsweise diese hier) zumachen können, wenn die Verleger von Baumfäll-Zeitungen (und Konsorten) ihre Forderungen mittels massiver Politik-Manipulationen durchsetzen können – ein erster Ansatz ist mit dem Jugendmedienstaatsvertrag und seinen abstrusen Forderungen bereits getan.
Man muss diese Informationen verbreiten, damit auch die vielleicht endlich aufwachen, die unreflektiert die Parolen der Medienindustrie und ihrer Handpuppen nachplappern.
Cory Doctorow ist ein kanadischer Science-Fiction-Schriftsteller und Aktivist in Sachen neue Medien, Internet, Copyright-Liberalisierung und Privatsphäre. Am letzten Wochenende habe ich sein Buch LITTLE BROTHER in Rekordzeit gelesen, nachdem es mir von »fellow netizens« bereits mehrfach nachdrücklich ans Herz gelegt wurde.
Das Besondere an diesem Buch: man kann es nicht nur über die einschlägigen Vertriebskanäle kaufen, sondern es auch einfach auf seiner Webseite kostenlos in zahlreichen Formaten herunter laden. Kostenlos. Einfach so. Legal. Unter einer Creative Commons-Lizenz. Trotz dieser Tatsache verkaufen sich seine Bücher wie geschnitten Brot.
Wie kann das sein? Insbesondere angesichts des Dauergejammers gewisser Verleger und Verlage, wie böse kostenlose Angebote sind – seien sie nun semilegal oder legal – und dass beide den Markt zerstören…
Im Vorwort zu LITTLE BROTHER befindet sich der folgende Text, den ich aus dem Englischen übersetzt habe, um ihn hier zu veröffentlichen, was ich aufgrund der CC-Lizenz problemlos tun darf, wenn ich den Namen des Autoren nenne, auf seine Webseite hinweise und kein Geld damit verdiene.
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