Novellierung

Das neue Buchpreisbindungsgesetz, eBooks und die Selfpublisher

eBook-Paragraph

Man­che Geset­ze benö­ti­gen Jah­re bis zu ihrem Inkraft­tre­ten, wenn aller­dings eine Lob­by drän­gelt, macht die Poli­tik auch schon mal deut­lich schnel­ler: Seit heu­te gilt das neue Buch­preis­bin­dungs­ge­setz, her­beilob­by­isiert vom Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels und Co, das jetzt auch eBooks ein­deu­tig benennt (wit­zig dar­an ist aller­dings nach wie vor, dass es bis heu­te kei­ne ein­deu­ti­ge, rechts­gül­ti­ge Defi­ni­ti­on gibt, was ein eBook eigent­lich ist).

Mathi­as Mat­ting wid­met sich dem The­ma auf sei­ner Sei­te Self­pu­blisher­bi­bel, und bekräf­tigt auch auf Nach­fra­ge in der Face­book-Grup­pe »Self Publi­shing«, dass sich für Selbst­ver­le­ger nichts ändert. Er beharrt dar­auf, dass das Gesetz auch für Self­pu­blisher gilt.

Doch da irrt er mei­ner Ansicht nach. Ich schrieb bereits im Mai die­ses Jah­res über das The­ma, denn in den Begrün­dun­gen zum Gesetz, die von Gerich­ten zur Urteils­fin­dung her­an­ge­zo­gen wer­den, steht, dass die Preis­bin­dung für eBooks von Self­pu­blishern eben NICHT gilt. Der Pas­sus (sie­he Begrün­dung im PDF des BMWI)

»Der Preis­bin­dung unter­lie­gen­de elek­tro­ni­sche Bücher wer­den zum dau­er­haf­ten Zugriff ange­bo­ten und sind unter Wür­di­gung aller Umstän­de als über­wie­gend ver­lags- oder buch­han­dels­ty­pisch anzusehen.«

Und das schließt Self­pu­blisher aus, denn die sind eben NICHT ver­lags­ty­pisch, ins­be­son­de­re dann nicht, wenn man aus­schließ­lich über Ama­zon anbie­tet, dann ist das eBook mög­li­cher­wei­se noch nicht ein­mal buch­han­dels­ty­pisch, denn man bekommt es im her­kömm­li­chen Buch­han­del (bzw. bei deren Online­platt­for­men) nicht. Ich ste­he übri­gens mit die­ser Mei­nung nicht allei­ne.

Im Geset­zes­ent­wurf stand sogar noch:

Elek­tro­ni­sche Bücher, die nicht als ver­lags- oder buch­han­dels­ty­pisch anzu­se­hen sind, wie bei­spiels­wei­se von den Autoren selbst unter Nut­zung spe­zia­li­sier­ter Platt­for­men ver­öf­fent­lich­te elek­tro­ni­sche Bücher, fal­len nicht unter die Preisbindung.

Da hat man offen­bar noch eini­ges an Lob­by­tum in Bewe­gung gesetzt, um den Pas­sus aus den Begrün­dun­gen her­aus zu bekommen.

Ob man sich mit dem Bör­sen­ver­ein und des­sen Treu­hän­der­kanz­lei, die über die Ein­hal­tung der Buch­preis­bin­dung wacht und dafür auch gern mal abmahnt, anle­gen möch­te, muss man natür­lich als Self­pu­blisher abwä­gen. Es könn­te aller­dings sein, dass Bör­sen­ver­ein und Co. wie bis­her lie­ber die Schaf­fung eines Prä­ze­denz­falls unbe­dingt ver­mei­den möch­ten. Ein recht­li­ches Rest­ri­si­ko bleibt, denn was die juris­ti­sche Power angeht, sitzt der Bör­sen­ver­ein sicher am län­ge­ren Hebel und bereits die­ses Droh­sze­na­rio könn­te ver­hin­dern, dass Selbst­ver­le­ger Expe­ri­men­te wagen, hier das Recht also durch Inter­es­sen­grup­pen selbst­ge­macht wird.

Man könn­te an die­ser Stel­le auch mal dar­über nach­den­ken, war­um Mat­ting so offen­siv eine ande­re Mei­nung ver­tritt. Viel­leicht weil er Mit­glied und 1. Vor­sit­zen­der eines Self­pu­blisher-Ver­eins ist, der in den Räu­men des Bör­sen­ver­eins gegrün­det wurde?

In mei­nen Augen ist das Buch­preis­bin­dungs­ge­setz ohne­hin ein fos­si­ler Ein­griff in den Markt, der es der Bran­che ermög­licht, kar­tell­ar­ti­ge Struk­tu­ren zu schaf­fen und schwä­che­re Markt­teil­neh­mer aus­zu­boo­ten. Es gehört abgeschafft.

Views: 0

Börsenverein motzt über Entwurf zur Urheberrechtsnovellierung

Copyright

In mei­nen Augen ist es gera­de­zu wider­wär­tig zu nen­nen, wie der Bör­sen­ver­ein sich über die Stär­kung der Rech­te des Urhe­bers in einem Ent­wurf des Urhe­ber­rechts echauf­fiert. Bis­her sind die Ver­wer­ter deut­lich im Vor­teil, was Rech­te angeht und kön­nen den Urhe­bern Kne­bel­ver­trä­ge dik­tie­ren, bei­spiels­wei­se was Lauf­zei­ten angeht. Das führt unter ande­rem dazu, dass Bücher in der Ver­sen­kung ver­schwin­den, weil sie nicht nach­pro­du­ziert wer­den, der Ver­lag aber auch die Rech­te nicht frei­gibt, damit die­se an den Autor zurück­fal­len kön­nen. Völ­lig gro­tesk wird die Lage bei eBooks: Wenn die Ver­trags­klau­sel bei Print­bü­chern noch lau­tet, dass die Rech­te an den Autor zurück­fal­len, wenn das Buch eine gewis­se Zeit lang nicht erhält­lich war, ist das bei eBooks qua­si nie so, der Urhe­ber wird die Rech­te also nie zurück erhalten.

In der Novel­lie­rung des Urhe­ber­rechts soll die­se Zeit auf fünf Jah­re begrenzt wer­den. Wenn ein ande­rer Anbie­ter dann für die Rech­te mehr bezahlt, darf der Autor die­se zurück­for­dern und an den neu­en Anbie­ter vergeben.

Mat­thi­as Ulmer, Vor­sit­zen­der des Ver­le­ger-Aus­schus­ses des Bör­sen­ver­eins, äußert sich kri­tisch. Unter ande­rem dar­über, dass sich ein Buch in fünf Jah­ren noch nicht amor­ti­siert haben könnte.

Der Gesetz­ent­wurf des BMJV sieht unter ande­rem vor, dass Autoren ihre Ver­lags­ver­trä­ge nach fünf Jah­ren durch Rück­ruf been­den kön­nen. Dazu sol­len sie berech­tigt sein, wenn ihnen ein Ver­wer­ter, der an den Inves­ti­tio­nen des Ursprungs­ver­lags in das Werk und an des­sen wirt­schaft­li­chem Risi­ko nicht betei­ligt war, für die Wei­ter­nut­zung z.B. einen hohen Vor­schuss bie­tet. Der ursprüng­li­che Ver­trags­part­ner hat dann ledig­lich eine Art Vor­kaufs­recht. Das gilt auch dann, wenn er sich auf­grund noch nicht amor­ti­sier­ter Inves­ti­tio­nen in das Werk gegen­über dem neu­en Bie­ter in einer rui­nö­sen Wett­be­werbs­si­tua­ti­on befin­det. [Quel­le]

Darf ich mal lachen? Die meis­te Mas­sen­wa­re abseits von Best­sel­lern ist doch nach fünf Jah­ren nur noch in der Back­list zu fin­den, wenn man viel Glück hat. Die wur­de inzwi­schen schon lan­ge auf dem Remit­ten­den-Grab­bel­tisch ver­ramscht. Bei Best­sel­lern sieht die Sache natür­lich deut­lich anders aus, aber bei denen hat man dann sicher­lich bereits genug Umsatz gemacht, dass sich die Sache für Ver­lag (und viel­leicht sogar Autor) lohnte.

Die Lösung ist eigent­lich ein­fach: Zufrie­de­ne Autoren blei­ben beim Ver­lag. Wenn man die­se also nicht am aus­ge­streck­ten Arm ver­hun­gern lässt und fair behan­delt, dann wer­den die­se sicher­lich wei­ter mit dem Ver­lag arbei­ten, der sie erfolg­reich gemacht hat. Macht ein ande­rer Ver­lag ein deut­lich bes­se­res Ange­bot, dann ist das Werk offen­sicht­lich auch deut­lich mehr wert, als der ers­te Ver­trags­part­ner zah­len möch­te. Eigent­lich sind das in einer Markt­wirt­schaft völ­lig nor­ma­le Vor­gän­ge, aber wenn man sein Haupt selig auf dem wei­chen Kis­sen der Buch­preis­bin­dung bet­ten kann, mag einem das mög­li­cher­wei­se nicht klar sein. Ein wei­te­rer Grund dürf­te sein, dass etli­che Ver­le­ger (und ande­re Mit­spie­ler in der Buch­bran­che) immer noch nicht ver­stan­den haben, oder die Augen davor ver­schlie­ßen, dass wir nicht mehr in den 1980ern leben.

Der Ver­weis auf Klein­ver­la­ge zieht in mei­nen Augen nicht, da die­se nach mei­nen Erfah­run­gen den Autoren ohne­hin bes­se­re und fai­re­re Kon­di­tio­nen bie­ten, als gro­ße Publi­kums­ver­la­ge. Die klei­nen agie­ren mit den Urhe­bern auf Augen­hö­he, statt vom hohen Ross herab.

Es dürf­te aber klar sein, dass der Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels sei­ne gesam­te Lob­by­macht in die Wag­scha­le wer­fen wird, um autoren­freund­li­che und seit Jah­ren über­fäl­li­ge Ver­bes­se­run­gen der Geset­zes­la­ge zuguns­ten der Urhe­ber zu ver­hin­dern. Die Musik­in­dus­trie wird das eben­falls tun. Es soll­te also kei­nen wun­dern, wenn am Ende auf­grund die­ser Lob­by­ein­flüs­se ein Gesetz her­aus­kommt, das die Urhe­ber noch schlech­ter stellt, als es jetzt bereits der Fall ist.

Die Ver­wer­ter sind exakt das: Ver­wer­ter. Sie schaf­fen selbst nichts Krea­ti­ves, sie ver­kau­fen aus­schließ­lich das Werk Drit­ter, der eigent­li­chen Urhe­ber. Und ich wie­der­ho­le mich: Deren Rech­te müs­sen im Rah­men einer Urhe­ber­rechts­no­vel­le deut­lich gestärkt wer­den. Die aktu­el­len Ver­wer­ter­rech­te sind viel zu umfang­reich, zu aus­ufernd, sie benach­tei­li­gen die Werk­schaf­fen­den. Und wenn die Ver­wer­ter von »Urhe­ber­rech­ten« spre­chen, wenn sie gegen angeb­li­che Raub­ko­pien wet­tern, dann mei­nen sie die­se nicht tat­säch­lich, son­dern aus­schließ­lich ihre Verwerterrechte.

Wir brau­chen aber mehr Rech­te für die Urhe­ber. Drin­gend. Geset­ze müs­sen zuerst dem Bür­ger die­nen, nicht irgend­wel­chen Firmeninteressen.

Bild »Copy­right« von Pix­a­bay, CC0, Public Domain

Views: 0

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen