Börsenverein motzt über Entwurf zur Urheberrechtsnovellierung

Copyright

In mei­nen Augen ist es gera­de­zu wider­wär­tig zu nen­nen, wie der Bör­sen­ver­ein sich über die Stär­kung der Rech­te des Urhe­bers in einem Ent­wurf des Urhe­ber­rechts echauf­fiert. Bis­her sind die Ver­wer­ter deut­lich im Vor­teil, was Rech­te angeht und kön­nen den Urhe­bern Kne­bel­ver­trä­ge dik­tie­ren, bei­spiels­wei­se was Lauf­zei­ten angeht. Das führt unter ande­rem dazu, dass Bücher in der Ver­sen­kung ver­schwin­den, weil sie nicht nach­pro­du­ziert wer­den, der Ver­lag aber auch die Rech­te nicht frei­gibt, damit die­se an den Autor zurück­fal­len kön­nen. Völ­lig gro­tesk wird die Lage bei eBooks: Wenn die Ver­trags­klau­sel bei Print­bü­chern noch lau­tet, dass die Rech­te an den Autor zurück­fal­len, wenn das Buch eine gewis­se Zeit lang nicht erhält­lich war, ist das bei eBooks qua­si nie so, der Urhe­ber wird die Rech­te also nie zurück erhalten.

In der Novel­lie­rung des Urhe­ber­rechts soll die­se Zeit auf fünf Jah­re begrenzt wer­den. Wenn ein ande­rer Anbie­ter dann für die Rech­te mehr bezahlt, darf der Autor die­se zurück­for­dern und an den neu­en Anbie­ter vergeben.

Mat­thi­as Ulmer, Vor­sit­zen­der des Ver­le­ger-Aus­schus­ses des Bör­sen­ver­eins, äußert sich kri­tisch. Unter ande­rem dar­über, dass sich ein Buch in fünf Jah­ren noch nicht amor­ti­siert haben könnte.

Der Gesetz­ent­wurf des BMJV sieht unter ande­rem vor, dass Autoren ihre Ver­lags­ver­trä­ge nach fünf Jah­ren durch Rück­ruf been­den kön­nen. Dazu sol­len sie berech­tigt sein, wenn ihnen ein Ver­wer­ter, der an den Inves­ti­tio­nen des Ursprungs­ver­lags in das Werk und an des­sen wirt­schaft­li­chem Risi­ko nicht betei­ligt war, für die Wei­ter­nut­zung z.B. einen hohen Vor­schuss bie­tet. Der ursprüng­li­che Ver­trags­part­ner hat dann ledig­lich eine Art Vor­kaufs­recht. Das gilt auch dann, wenn er sich auf­grund noch nicht amor­ti­sier­ter Inves­ti­tio­nen in das Werk gegen­über dem neu­en Bie­ter in einer rui­nö­sen Wett­be­werbs­si­tua­ti­on befin­det. [Quel­le]

Darf ich mal lachen? Die meis­te Mas­sen­wa­re abseits von Best­sel­lern ist doch nach fünf Jah­ren nur noch in der Back­list zu fin­den, wenn man viel Glück hat. Die wur­de inzwi­schen schon lan­ge auf dem Remit­ten­den-Grab­bel­tisch ver­ramscht. Bei Best­sel­lern sieht die Sache natür­lich deut­lich anders aus, aber bei denen hat man dann sicher­lich bereits genug Umsatz gemacht, dass sich die Sache für Ver­lag (und viel­leicht sogar Autor) lohnte.

Die Lösung ist eigent­lich ein­fach: Zufrie­de­ne Autoren blei­ben beim Ver­lag. Wenn man die­se also nicht am aus­ge­streck­ten Arm ver­hun­gern lässt und fair behan­delt, dann wer­den die­se sicher­lich wei­ter mit dem Ver­lag arbei­ten, der sie erfolg­reich gemacht hat. Macht ein ande­rer Ver­lag ein deut­lich bes­se­res Ange­bot, dann ist das Werk offen­sicht­lich auch deut­lich mehr wert, als der ers­te Ver­trags­part­ner zah­len möch­te. Eigent­lich sind das in einer Markt­wirt­schaft völ­lig nor­ma­le Vor­gän­ge, aber wenn man sein Haupt selig auf dem wei­chen Kis­sen der Buch­preis­bin­dung bet­ten kann, mag einem das mög­li­cher­wei­se nicht klar sein. Ein wei­te­rer Grund dürf­te sein, dass etli­che Ver­le­ger (und ande­re Mit­spie­ler in der Buch­bran­che) immer noch nicht ver­stan­den haben, oder die Augen davor ver­schlie­ßen, dass wir nicht mehr in den 1980ern leben.

Der Ver­weis auf Klein­ver­la­ge zieht in mei­nen Augen nicht, da die­se nach mei­nen Erfah­run­gen den Autoren ohne­hin bes­se­re und fai­re­re Kon­di­tio­nen bie­ten, als gro­ße Publi­kums­ver­la­ge. Die klei­nen agie­ren mit den Urhe­bern auf Augen­hö­he, statt vom hohen Ross herab.

Es dürf­te aber klar sein, dass der Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels sei­ne gesam­te Lob­by­macht in die Wag­scha­le wer­fen wird, um autoren­freund­li­che und seit Jah­ren über­fäl­li­ge Ver­bes­se­run­gen der Geset­zes­la­ge zuguns­ten der Urhe­ber zu ver­hin­dern. Die Musik­in­dus­trie wird das eben­falls tun. Es soll­te also kei­nen wun­dern, wenn am Ende auf­grund die­ser Lob­by­ein­flüs­se ein Gesetz her­aus­kommt, das die Urhe­ber noch schlech­ter stellt, als es jetzt bereits der Fall ist.

Die Ver­wer­ter sind exakt das: Ver­wer­ter. Sie schaf­fen selbst nichts Krea­ti­ves, sie ver­kau­fen aus­schließ­lich das Werk Drit­ter, der eigent­li­chen Urhe­ber. Und ich wie­der­ho­le mich: Deren Rech­te müs­sen im Rah­men einer Urhe­ber­rechts­no­vel­le deut­lich gestärkt wer­den. Die aktu­el­len Ver­wer­terrech­te sind viel zu umfang­reich, zu aus­ufernd, sie benach­tei­li­gen die Werk­schaf­fen­den. Und wenn die Ver­wer­ter von »Urhe­ber­rech­ten« spre­chen, wenn sie gegen angeb­li­che Raub­ko­pien wet­tern, dann mei­nen sie die­se nicht tat­säch­lich, son­dern aus­schließ­lich ihre Verwerterrechte.

Wir brau­chen aber mehr Rech­te für die Urhe­ber. Drin­gend. Geset­ze müs­sen zuerst dem Bür­ger die­nen, nicht irgend­wel­chen Firmeninteressen.

Bild »Copy­right« von Pixabay, CC0, Public Domain

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

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