»Künstliche Intelligenz« alias »KI« ist gerade eins der Aufregerthemen schlechthin und es äußern sich gerne Personen dazu, die nicht den geringsten Schimmer über das Thema haben, gerade aus dem Bereich Politik lese ich immer wieder Stilblüten zwischen Hohnlachen und Fremdschämen.
Dieses Beispiel dokumentiert geradezu perfekt die Probleme mit Deep Learning-basierten Techniken, insbesondere wenn man sie unüberwacht und ohne redaktionelle Prüfung einsetzt.
Es handelt sich um die deutsche Übersetzung des englischen Originaltextes zur Fernsehserie THE A‑TEAM beim Amazons IMDb.
Die Übersetzung ist wortwörtlich korrekt, inhaltlich aber erstaunlich falsch. Auch vom Wortsinn her liegt der DL-Algorithmus daneben, denn nicht die Unschuldigen werden vom Militär verfolgt, sondern das A‑Team.
Das dokumentiert aber eben auch die Probleme mit »KI«-generierten Texten: Sie können vollständig glaubwürdig aussehen, sind aber inhaltlicher Bullshit. Das lässt sich eins zu eins auf andere Bereiche von KI als Übersetzung oder Textgenerierung übertragen. Redakteure, die meinen, das könnte ihnen die Arbeit prima erleichtern, könnten irgendwann ein übles Erwachen erleben, wenn ihnen ein DL-erzeugter Bullshit-Artikel durchgerutscht sein wird und die Reputation ihres Mediums zerstört.
Ich halte »KI« in vielen Bereichen für ein überaus hilfreiches und nützliches Tool (ich möchte »content aware fill in Photoshop ebenso wenig missen, wie meine DL-basierten Upscaler oder Denoiser), aber aus dem Traum der Goldgräberstimmung, und dem »spart euch viel Geld für Texter« die derzeit von vielen bekoksten Marketing-»Spezialisten« verbreitet wird, kann schnell ein Alptraum werden.
Angesichts der rasanten Geschwindigkeit mit denen sich Deep Learning-basierte Applikationen gerade weiter entwickeln, könnte meine Aussage in drei Monaten aber bereits hinfällig sein. Die Technik entwickelt sich dermaßen rasant, dass unsere üblicherweise in Tech-Fragen völlig verschnarchten Politiker sich schwer tun werden, das zu regulieren und im Sinne der Bevölkerung einzuhegen.
Übrigens: der Übersetzer DeepL, ebenfalls Deep Learing-basiert, wie der Name bereits andeutet, übersetzt den Satz perfekt. Aus
Four Vietnam vets, framed for a crime they didn’t commit, help the innocent while on the run from the military.
wird
Vier Vietnam-Veteranen, die eines Verbrechens beschuldigt werden, das sie nicht begangen haben, helfen Unschuldigen, während sie auf der Flucht vor dem Militär sind.
Offenbar sind Amazons Übersetzungsalgorithmen verbesserungswürdig.
Dank an Thorsten Krüger fürs finden des urlustigen Patzers bei IMDb.
Paizo, der Herausgeber von Pen & Paper-Rollenspielen wie PATHFINDER oder STARFINDER positioniert sich in einem aktuellen Statement eindeutig gegen »AI«-generierte Inhalte, seien es Bilder oder Texte. Das gilt auch für Fanart.
Das bezieht sich insbesondere auch auf ihre Onlineplattformen Pathfinder Infinite und Starfinder Infinite, auf denen es Fans möglich ist, Content basierend auf Paizos IPs zu verkaufen. Paizo schreibt dazu:
Since we launched the company in 2002, Paizo has made its reputation with the assistance of countless traditional artists and writers, who are just as integral to the success of our games as our in-house editors, art directors, designers, and developers. The ethical and legal issues surrounding »AI art« and writing prompt programs — and the serious threat they pose to the livelihoods of partners who have helped us get to where we are today as a company — demand that we take a firm position against the use of this technology in Paizo products.
Seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2002 hat sich Paizo mit Hilfe unzähliger traditioneller Künstler und Autoren einen Namen gemacht, die zum Erfolg unserer Spiele ebenso beitragen wie unsere internen Redakteure, Art Directors, Designer und Entwickler. Die ethischen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit »KI-Kunst« und Textgenerierungsprogrammen – und die ernsthafte Bedrohung, die sie für den Lebensunterhalt unserer Partner darstellen, die uns dabei geholfen haben, dorthin zu gelangen, wo wir heute als Unternehmen stehen – erfordern, dass wir eine klare Position gegen die Verwendung dieser Technologien in Paizo-Produkten beziehen.
Problematisch dürfte in diesem Zusammenhang allerdings werden, dass es im Moment nahezu unmöglich sein dürfte, Texte oder Bilder die mittels Deep Learning generiert wurden, verlässlich zu identifizieren (wobei allerdings auch hierfür Algorithmen bereits auf dem Weg sind).
Es wird jetzt spannend sein zu sehen, wie lange sie diesen Standpunkt aufrechterhalten werden – oder können.
Vor einer Woche erklärte der Herausgeber des renommierten US-Phantastikmagazing Clarkesworld, dass man bis auf weiteres keine Kurzgeschichten mehr annehmen würde. Grund: Er war mit Kurzgeschichten geflutet worden, die offensichtlich mit Open AIs Deep Learning-basiertem Chatbot ChatGPT erstellt worden waren (mit »künstlicher Intelligenz« hat das übrigens nur weitläufig zu tun, auch wenn Ahnungslose das gern gleichsetzen. Deep Learning ist nur ein Aspekt des weiten Feldes KI, aber keine KI an sich und in sich, von echter KI sind wir noch weit entfernt. Wenn also Politiker°Innen oder Marketing-Heinis in dem Zusammenhang von KI faseln, sind sie nicht von Ahnung getrübt und nutzen einfach ein Buzzword).
Damit erreicht ein Phänomen aus dem Bereich bilderstellende Kunst die Autoren und Verlage. Im Bereich Bilderstellung werden wir seit Monaten mit Bildern geflutet, die angeblich Kunst sind und bei denen tatsächlich nur oft Unbegabte Midjourney, Dall‑E oder Stable Diffusion mit Begriffen füttern und dann meinen, sie hätten mit den entstandenen Bildern Kunst erschaffen, was natürlich so pauschal Unsinn ist.
Und genauso nutzen jetzt Personen, die sich für Schriftsteller°Innen halten, ChatGPT, um Texte zu erschaffen. Und das sollte auch nicht wundern, denn genau dafür hatte Open AI bereits Ableger seines Algorithmus GPT‑3 beworben: Beim Verfassen von Texten zu helfen und Schreibblockaden zu überwinden. Dabei beginnt man Sätze oder Absätze und die GPT-3-basierten Tools vervollständigen diese im Kontext des bereits Geschriebenen.
Deswegen sollte es nicht wundern, wenn sich selbst für gewitzt haltende Pseudoautor°Innen meinen, sie würden große Literatur erschaffen (oder um einfach schnelles Geld zu machen), indem sie ChatGPT mittels Prompt anweisen, eine Kurzgeschichte zu verfassen.
Und das ist aus vielen Gründen ein Problem. An erster Stelle sicherlich, weil es für Selfpublisher°innen ohnehin schon äußerst schwierig ist, sichtbar zu werden, das wird noch viel schwieriger, wenn man zusätzlich auch noch in einer Flut von DL-generierten Büchern versinkt.
Es gibt inzwischen Programme, die ChatGPT-erzeugte Texte erkennen können; Fun Fact am Rande: auch die basieren auf Deep Learning. Allerdings stehen die zum einen nicht jeder zur Verfügung (oder Nutzer sind nicht in der Lage, sie zu verwenden) und zum anderen wird es insbesondere für Amazon äußerst schwierig werden, große Mengen an Veröffentlichungen zu durchsuchen – und es wird garantiert auch False Positives geben, also Bücher, die fälschlich automatisiert aussortiert werden, obwohl keine sogenannte KI beteiligt war.
Das ist selbst ein Problem für den größten Selfpublishing-Anbieter Amazon, der sicherlich versuchen wird, seine technische Macht und Kompetenz dagegen in Stellung zu bringen. Die deutsche Buchbranche glänzt üblicherweise durch technische Rückständigkeit und wird damit meiner Erwartung nach noch viel größere Probleme haben. Ich gehe davon aus, dass sich in nicht allzu ferner Zukunft jemand mit der Nachricht melden wird, er habe einem der großen Publikumsverlage ein per DL erstelltes Werk untergejubelt.
Problematisch ist das aber auch für Selfpublisher°Innen (und nicht nur für die), wenn Amazon seinen Dienst massiv einschränkt, um der genannten Probleme Herr zu werden, oder wenn deutsche Plattformen aus Angst und technischem Unvermögen dasselbe tun. Aber auch dass Herausgeber wie Clarkesworld keine Kurzgeschichten mehr annehmen, um Zeit zu haben einen Weg zu finden, um damit umzugehen, ist besorgniserregend über das Selfpublishing hinaus (selbst wenn Kurzgeschichten in Deutschland leider quasi keine Rolle spielen).
Problematisch ist das auch deswegen, weil ChatGPT mit Milliarden Texten aus dem Web per Datamining gefüttert wurde, der Algorithmus hat aus diesen Texten sein künstliches neuronales Netzwerk trainiert, daher auch der Begriff Deep Learing (stark vereinfacht). Es könnte also passieren, dass Fragmente aus den Originaltexten in den erzeugten Inhalten auftauchen und das wäre ein Plagiat. Dass das nicht abwegig ist, zeigt dass Microsofts Code-Vervollständigungs-Tool CoPilot dabei erwischt wurde, unerlaubt den Code Dritter zu kopieren, mit dem das Tool gefüttert worden war, dabei konnte dieser Drittcode eindeutig identifiziert werden – und Programmcode ist in vielen Fällen als kreative Schöpfung ebenfalls urheberrechtlich geschützt.
Ich lehne Deep Learning nicht grundsätzlich ab und sehe auch durchaus reichlich positive Aspekte und legale Anwendungsgebiete (die aufzuzählen würde den Rahmen des Artikels sprengen). Aber wie mit jeder neuen Technologie gibt es Personen, die die Möglichkeiten ausnutzen und verwenden, um sich einen Vorteil zu verschaffen, sei es in der Internet-Währung »Sichtbarkeit« oder finanziell. Ich bin sehr gespannt, wie Gesellschaft und Wirtschaft darauf reagieren werden. Von der deutschen Politik erwarte ich in der Hinsicht nichts, die bemerken neue Tech-Themen und Regulierungsnotwendigkeiten ohnehin immer zehn Jahre zu spät und/oder reagieren dann handwerklich miserabel darauf, weil sie die inhaltlich nicht verstanden haben, oder weil Gesetze durch Unternehmen herbeilobbyisiert werden.
In den USA laufen die ersten Verfahren von Künstler°Innen gegen Open AI oder die Betreiber von Midjouney. Die Klagenden halten es für nicht in Ordnung, dass ihre Werke ungefragt in die DL-Algorithmen gefüttert wurden. Ich erwarte demnächst Ähnliches im Bereich Text.
Zum Abschluss noch ein Beispiel:
Ich sagte zu ChatGPT:
Write a short story about hyperintellgent aliens that visit earth to pacify humanity but that goes awfully wrong
Und die Antwort war folgende Vignette:
The hyperintelligent aliens arrived on Earth with the best of intentions. They were a peaceful species and had heard about the violence and conflict that plagued the planet. They believed they could help. The aliens had the power to pacify humanity with a single thought, and they were confident that they could bring about a new era of peace and harmony.
The leaders of Earth welcomed the aliens with open arms. They were excited about the prospect of a world without war, famine, or poverty. The aliens began their work, using their advanced technology to pacify human minds. At first, everything seemed to be going well. People stopped fighting, and the world became a much quieter place.
However, as time went on, something started to go wrong. The pacification began to have unintended consequences. People stopped being creative, curious, and passionate. They became apathetic and indifferent to everything around them. The world became a stagnant, colorless place, devoid of any real life.
The aliens were baffled. They had intended to create a peaceful world, but they had not realized the true cost of pacification. They had taken away the very essence of what made humans human.
The leaders of Earth demanded that the aliens reverse their pacification. They wanted their people to be free to think, feel, and act as they pleased. But the aliens had no idea how to undo what they had done. They had thought that they could make the world a better place, but instead, they had destroyed it.
In the end, the aliens left Earth, saddened by the unintended consequences of their actions. They had hoped to help humanity, but instead, they had robbed them of their humanity. And so, the world returned to its former state, with all its flaws and imperfections. But at least, it was still alive.
Sicher, das ist weder hohe Literatur (aber das ist eine Menge Belletristik ebenfalls nicht) noch besonders kreativ. Dennoch kann man vielleicht Neil Clarkes Problem verstehen, wenn er mit solchen Texten geflutet wird. Übrigens ist ChatGPT im englischsprachigen Bereich bei Amazon inzwischen an etlichen Werken als »Mitautor« genannt.
Disclaimer: Dieser Artikel wurde ohne die Nutzung von ChatGPT erstellt (bis auf die Vignette), auch wenn es mir in den Fingern juckte. Artikelbild aus Dall‑E, Prompt: »A robot spewing money, digital painting«. Logo ChatGPT Copyright Open AI
Normalerweise werden Titel auf PhantaNews in Großbuchstaben geschrieben. Im Fall der angekündigten Fox-Serie »neXt« wäre das aufgrund der Schreibweise allerdings kontraproduktiv.
Bei neXt geht es um den Tech-Magnaten Paul Leblanc, gespielt von John Slattery (AVENGERS: ENDGAME), der sich bemüht, die von ihm entwickelte und wildgewordene künstliche Intelligenz unter Kontrolle zu bekommen. Somit ein hochaktuelles Thema, auch wenn wir von echten KIs noch meilenweit entfernt sind.
Einen konkreten Starttermin für neXt gibt es noch nicht, die Show wurde aber für die US-»Midseason« angekündigt, das wäre vermutlich im Januar oder Februar 2020.
In nur zwei Minuten hat der Regie-Debütant Alex Garland die Exposition erzählt, und seinen Protagonisten dorthin gebracht, wo er die noch ausstehende Laufzeit verbringen wird. Nämlich im Kern der Geschichte. Der offensichtliche Programmierer Caleb hat scheinbar bei einer Lotterie gewonnen. Die raumnahe arbeitenden Kollegen gratulieren ihm begeistert. Es scheint ein firmeninternes Gewinnspiel gewesen zu sein, und noch dazu ein großes Ding. Dann fliegt ein Hubschrauber über grandiose, unberührte Landschaften. »Wann kommen wir zu seinen Ländereien«, fragt Caleb. Der Pilot lächelt, »wir fliegen schon seit zwei Stunden darüber«. Es ist der erste Dialog in EX MACHINA. Was aus den ersten zwei Minuten nicht vollkommen schlüssig wurde, wird später äußerst geschickt in den Dialogen aufgefangen und erklärt. Alex Garland weiß also, wie man Geschichten erzählt, wie man eine Handlung strukturiert. Spannung entsteht bei Garland nicht aus der Situation, sondern durch die Erzählform.
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