Tschüss Heise und c’t, hallo Readly

Tschüss Heise und c’t, hallo Readly

Eigent­lich passt es nicht zu den The­men die­ser Sei­te, aber wenn es um eBooks oder elek­tro­ni­sche Ver­sio­nen von Zeit­schrif­ten sowie deren Prei­se geht, irgend­wie doch.

Ich kann gar nicht mehr genau nach voll­zie­hen, wie lan­ge ich die Com­pu­ter­zeit­schrift c’t aus dem Hei­se Ver­lag schon lese. Es müs­sen Jahr­zehn­te sein, frü­her am Kiosk erwor­ben und vor ein paar Jah­ren dann abonniert.

Seit Mona­ten ärge­re ich mich über die gesun­ke­ne Qua­li­tät und die gestri­che­nen The­men­be­rei­che. Wenn ich die bes­ten Hot­keys für Win­dows wis­sen woll­te, wür­de ich mir das Käse­blatt Chip kau­fen. Will ich aber nicht. Des­we­gen habe ich immer wie­der dar­über gere­det, dass »die Chip­i­fi­zie­rung der c’t nicht mehr auf­zu­hal­ten ist«. Neben­bei sag­te man mir als Plus-Abon­nen­ten regel­mä­ßig, ich habe als beson­de­res Goo­die »einen direk­ten Draht zur Redak­ti­on«. Davon habe ich aller­dings nie etwas bemerkt, auf kei­ne ein­zi­ge mei­ner nicht sehr zahl­rei­chen Mails über die Jah­re als Abon­nent habe ich auch nur die gerings­te Reak­ti­on erhal­ten. Noch nicht mal ein knap­pes »ist ange­kom­men« oder »sehen wir uns mal an«. Der »direk­te Draht« ist also eine Luft­num­mer und ein nicht ein­ge­hal­te­nes Abo-Versprechen.

Als Abon­nent hat mich Hei­se zudem mit Wer­bung per Email zuge­wor­fen. Eigent­lich kein Pro­blem, man soll­te mei­nen dass ein Ver­lag, der Maga­zi­ne wie die c’t oder die IX ver­öf­fent­licht, in der Lage sein muss, einen Wer­bungs-Abmel­de­link in der Mail funk­tio­nal zu imple­men­tie­ren. Waren sie aber nicht. Ich kann nicht mehr nach­voll­zie­hen, wie oft ich dar­auf geklickt habe und wie oft ich die Mel­dung »Sie wur­den erfolg­reich abge­mel­det« zu sehen bekam. Um danach wei­ter Spam­mails zu erhal­ten. Irgend­wann habe ich dann den Sup­port des­we­gen ange­schrie­ben – und kei­ne Ant­wort erhal­ten. Dann habe ich mich auf Face­book beschwert, dort woll­te man ver­an­las­sen, dass ich eine Rück­mel­dung bekom­me. Die kam nicht. irgend­wann schrieb die Dame, »ich hät­te jetzt ja eine Rück­mel­dung erhal­ten«. Hat­te ich nicht. Die kam Tage spä­ter. Man habe mich aus dem Ver­tei­ler aus­ge­tra­gen, »aus tech­ni­schen Grün­den kön­ne ich aber noch wei­ter Wer­bung bekom­men«. An der Stel­le blieb mir schon schwer die Spu­cke weg.

Erschwe­rend kam hin­zu, dass die Abozu­stel­lung der c’t in letz­ter Zeit nicht funk­tio­niert und die Zeit­schrift weder Frei­tags in mei­nem Brief­kas­ten lag, noch Sams­tags, noch irgend­wann. Der Sup­port ver­sprach in einem Fall schnel­le Abhil­fe, es kam aber erst ein Ersatz­ex­em­plar nach­dem ich noch­mals inter­ve­nie­ren muss­te. Bei der letz­ten Beschwer­de wegen nicht erhal­te­nen Hef­tes bekam ich gar kei­ne Rück­mel­dung mehr, immer­hin lag irgend­wann das Heft im Brief­kas­ten (aller­dings ca. zwei Wochen nach dem eigent­li­chen Zustelldatum).

An der Stel­le hat­te ich den Papp so auf, dass ich Hei­se mal einen DSGVO-Brand­brief habe zukom­men las­sen, den hat­te ich pikan­ter­wei­se aus der c’t. Es mel­de­te sich der Jus­ti­zi­ar des Ver­lags, gleich­zei­tig der Daten­schutz­be­auf­trag­te, und stell­te fest, dass das Aus­kunfts­er­su­chen zum einen viel zu umfang­reich sei (erzähl das der c’t-Redak­ti­on) und zum ande­ren ja eine Geschäfts­be­zie­hung bestehe, wes­we­gen man mir selbst­ver­ständ­lich Wer­be­mails zusen­den dür­fe. Dem erläu­ter­te ich die oben geschil­der­ten Pro­ble­me in einer wei­te­ren Mail und ergänz­te, dass ich ohne den gan­zen Stress gar kein DSGVO-Aukunfts­er­su­chen geschickt hät­te. Die Ant­wort lau­te­te wie folgt:

[…] vie­len Dank für Ihre Mail und die offe­ne Kri­tik, die mich ehr­lich gesagt erschreckt hat! Es ist nicht selbst­ver­ständ­lich, dass Sie sich dazu die Zeit nehmen.
Ich kann Sie gut ver­ste­hen und hät­te als Kun­de ver­mut­lich eben­so gehandelt.
Für die Miss­stän­de kann ich mich nur ent­schul­di­gen! Ich lei­te Ihre Nach­richt direkt an die Ver­ant­wort­li­chen im Ver­lag wei­ter, damit die sich bei Ihnen melden.

Gemel­det haben sich kei­ne »Ver­ant­wort­li­chen«, erst auf noch eine wei­te­re Anfra­ge hin mel­de­te sich erneut der Aboservice.

Es kommt noch ein The­ma hin­zu: Ich wür­de trotz der seit  Jah­ren ver­bugg­ten und unre­pa­rier­ten App gern auf ein rein digi­ta­les Abo umstel­len. Das spart Papier und eigent­lich lan­det die c’t nach dem Lesen ohne­hin im Alt­pa­pier­con­tai­ner; wenn ich etwas nach­le­sen möch­te, kann ich das als Plus-Abon­nent im Arti­kel­ar­chiv tun. Aller­dings sind die Prei­se, die Hei­se für die e‑Abos ansagt in mei­nen Augen inak­zep­ta­bel. Es fal­len die Druck­kos­ten weg (gut, die dürf­ten zu ver­nach­läs­si­gen sein und bei ein paar Cent pro Heft lie­gen), außer­dem muss kein Por­to gezahlt wer­den. Und es fal­len kein Auf­wand und kei­ne Kos­ten für Nach­sen­dun­gen an, wenn die c’t mal wie­der nicht ankommt.

Etwas Sinn­vol­les anbie­ten will man mir nicht. Ich soll eine rein elek­tro­ni­sche App-Abo-Ver­si­on inklu­si­ve PDF-Aus­ga­be neh­men, die ich nicht möch­te. Die rei­ne PDF-Plus-Ver­si­on wäre güns­ti­ger, wenn sie mir für den­sel­ben Preis ein App-Abo anbie­ten wür­den, ohne PDF, wäre ich zufrie­den. Tun sie aber nicht, ich soll für einen höhe­ren Preis das PDF- dazu neh­men, das ich in all den Jah­ren noch nie genutzt habe und auch nie nut­zen wer­de. Immer wie­der bie­tet man mir eine Mogel­pa­ckung mit Cash­back an, bei der ich ach so tol­le 30 Euro zurück­er­hal­te (Jubel! Nicht.). Aller­dings nur im ers­ten Jahr, danach soll ich das Abo in vol­ler Höhe zahlen.

Ange­sichts all die­ser oben ste­hen­den Din­ge hat­te ich ges­tern nach dem letz­ten, dem x‑ten, »tol­len Super­son­der­spe­zi­al­an­ge­bot« die Schnau­ze der­ma­ßen voll, dass ich die c’t zum Ablauf des aktu­el­len Abo­zeit­raums gekün­digt habe, wie ich es den Mit­ar­bei­tern des Hei­se-Ver­lags bereits mehr­fach androh­te. Wie schon fast erwar­tet, haben Sie mir dar­auf­hin ein »ganz neu­es« Ange­bot gemacht, das ich nicht aus­schla­gen kann: Den­sel­ben Cash­back-Mist, den ich bereits abge­lehnt hat­te. Man muss den Ein­druck gewin­nen, dass die sich all mei­ne Tickets nicht ange­se­hen haben – oder dass bei Hei­se die rech­te Hand nicht weiß, was die lin­ke tut. Viel­leicht soll­ten die mal jeman­den, der sich mit sol­chen The­men aus­kennt, nach einem funk­tio­nie­ren­den Ticket­sys­tem fra­gen … Even­tu­ell die c’t-Redak­ti­on, falls die über­haupt noch exis­tie­ren sollte.

Von den »Ver­ant­wort­li­chen« des Ver­lags hat sich – ent­ge­gen dem Ange­kün­dig­ten – nie jemand gemel­det, es sei denn, der Abo­sup­port mit sei­nen Text­bau­stei­nen sei damit gemeint.

Für mich geht damit eine jahr­zehn­te­lan­ge c’t-Ära zuen­de, eigent­lich ist das ziem­lich trau­rig, da mir ein so lan­ger Weg­be­glei­ter ver­lo­ren geht, aber da der Hei­se-Ver­lag der­art offen­sicht­lich kei­nen Wert auf mich als Abon­nen­ten legt, und da die Qua­li­tät des Hef­tes ohne­hin im Sturz­flug ist (ver­mut­lich aus Kos­ten­ein­spa­rungs­grün­den beim Hei­se-Ver­lag) sei es eben so.

Fun Fact am Ran­de: Bei der Maga­zin-eBook-Flat­rate Read­ly erhal­te ich für 120 Euro im Jahr Zugriff auf tau­sen­de, auch inter­na­tio­na­le, Maga­zi­ne. Mehr als ich jemals lesen könn­te. Die bekom­men jetzt mein Geld.

Bild Kains Face­palm von Alex E. Proi­mos, aus der Wiki­pe­diaCC BY

Verlagschef Ulmer möchte Monopol auf das Verleihen von eBooks – it’s not a bug, it’s a feature!

Auch nach der Erfin­dung des Buch­drucks waren Bücher noch lan­ge Zeit Pri­vi­le­gier­ten wie Kir­chen und Rei­chen vor­be­hal­ten. Doch irgend­wann ver­brei­te­te sich die Tech­nik und damit auch das Buch und die Her­stel­lung wur­de so ein­fach, dass man die brei­te Mas­se mit gedruck­ten Wer­ken ver­sor­gen konn­te. Und eins der unschlag­ba­ren Fea­tures des Buches ist es, dass man es wei­ter geben kann, sei es nun zum Ver­schen­ken, zum Ver­kau­fen oder zum Ver­lei­hen. In Zei­ten von kun­den­feind­li­chem DRM und in denen man Lese­li­zen­zen erwirbt, statt das Buch, sind die­se Mög­lich­kei­ten zu Unguns­ten des Nut­zers erheb­lich eingeschränkt.

Eini­ge Stadt­bü­che­rei­en haben auf das sich ändern­de Lese­ver­hal­ten reagiert und soge­nann­te »Onlei­hen« ein­ge­rich­tet, über die man eBooks online aus­lei­hen kann. Für den Nut­zer über­aus prak­tisch, man muss noch nicht ein­mal mehr das Haus ver­las­sen – und Senio­ren kön­nen die Schrift­grö­ße anpas­sen, wenn sie nicht mehr so gut sehen kön­nen. Ein win-win-Sze­na­rio, soll­te man mei­nen – und auch recht­lich unkri­tisch, da hier grund­sätz­lich nicht viel anders ist, als beim Aus­lei­hen phy­sisch vor­han­de­ner Wälzer.

Doch Mat­thi­as Ulmer, geschäfts­füh­ren­der Gesell­schaf­ter des Eugen-Ulmer-Ver­lags, sieht das anders, wie man aus einem Hei­se-Arti­kel ent­neh­men kann. Offen­bar stuft er die »unge­brems­te Aus­lei­he« sogar als noch pro­ble­ma­ti­scher als Pira­te­rie an, denn die­se ist völ­lig legal. Einem Ver­le­ger, der ange­sichts der stei­gen­den eBook-Absät­ze Dol­lar­zei­chen in den Augen hat, kann so etwas natür­lich nicht gefal­len, er möch­te offen­bar ein Mono­pol für das Ver­lei­hen von eBooks bei der Buch­bran­che sehen. Und träumt bereits von bran­chen­ei­ge­nen Ver­leih­sys­te­men und abstru­sen Mond­prei­sen wie 2,99 Euro für das Ent­lei­hen eines Buches via Apple. Aus­lei­hen soll laut Ulmer das zen­tra­le Geschäfts­mo­dell wer­den. Wenn das die lan­ge über­fäl­li­ge Anpas­sung des Geschäfts­mo­dells an die Inter­net-Zeit sein soll, dann gute Nacht, Gutenberg.

Des­we­gen sol­len die Biblio­the­ken die Dienst­leis­tung nach sei­ner Mei­nung erheb­lich ein­schrän­ken und nur noch sozi­al oder finan­zi­ell schwa­che damit bedie­nen. Was für ein Wohltäter …

Es bleibt für den Bür­ger nur zu hof­fen, dass der Gesetz­ge­ber hier nicht erneut vor der Lob­by ein­knickt, denn man darf davon aus­ge­hen, dass auch ande­re Buch­ver­le­ger ähn­lich abstru­se und wie­der ein­mal bür­ger­feind­li­che Gedan­ken hegen. Eine der­ar­ti­ge unnö­ti­ge Ein­schrän­kung des Biblio­theks­be­triebs ist nicht hin­zu­neh­men. Es ist nicht ein­zu­se­hen, war­um ein Ser­vice, den es bereits sehr lan­ge gibt, nicht mehr breit ange­bo­ten wer­den soll, nur weil sich das Medi­um mini­mal ändert. Es ist zudem nicht ein­zu­se­hen, dass das aus­schleiß­lich aus wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen der Ver­la­ge geschieht. Das All­ge­mein­wohl wiegt hier deut­lich schwerer.
Wäh­rend Ulmer sich auf öffent­li­che Biblio­the­ken ein­schießt, machen Ama­zon oder Skoo­be der­weil schon­mal das Geschäft. Per­sön­lich den­ke ich, dass ein ganz ein­fa­cher Weg, um die Umsät­ze kräf­tig anzu­kur­beln der wäre, ein­fach ver­nünf­ti­ge und kun­den­ge­rech­te Prei­se für eBooks anzu­sa­gen, statt sol­cher, die sich am Hard­co­ver ori­en­tie­ren. Aber das ist wahr­schein­lich zu ein­fach – und nicht gewinn­träch­tig genug … (face­palm)

Wir wer­den genau beob­ach­ten müs­sen, was die Bran­che in die­ser Hin­sicht plant, um nöti­gen­falls dage­gen vorzugehen.

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