Sony eröffnet eBook-Store – Buchhandel lamentiert
Aus einem Artikel auf Buchreport.de:
Erst Libri/ebook.de, dann MVB/Netto und jetzt Sony – eine neue Empörungswelle im Buchhandel dürfte perfekt sein
Ja, es ist schon ein hartes Los für die Elfenbeinturmhocker in den Tempeln des preisgebundenen »Point Of Sale«, dass der Buchhandel auf einmal abseits von Diddle-Mäusen und Duftkerzen mit einem Markt konfrontiert wird, auf dem doch tatsächlich keine Buchpreisbindung gilt. Man fürchtet sich ja fast davor, ihnen eröffnen zu müssen, dass es außer beim Buchverkauf in Deutschland fast nirgendwo eine solche Kartellregelung gibt. Dass jeder Dinge verkaufen darf, der meint, etwas verdienen zu können, und dass die Preise nicht durch irgendwelche Gesetze geschützt sind, die aus grauer Vorzeit und guter Lobbyarbeit stammen. Zum Beispiel eReader.
Gestern hat Sony den deutschen Ableger seines eBook-Shops eröffnet. Natürlich hat Sony das getan, das war bereits des Längerem angekündigt und wenn man einen Blick auf die eReader PRS-T1 und PRS-T2 warf, dann gab es dort den dazu passenden Link schon auf deren »Desktop«. Der funktionierte nur (noch) nicht.
Liebe Buchhändler, habt ihr euch die Geräte eigentlich mal angesehen, oder wart ihr ausschließlich damit befasst, darüber zu lamentieren, dass Libri es doch tatsächlich gewagt hat, auf ebook.de den PRS-T2 40 Euro billiger anzubieten, als ihr? Oder darüber, dass Netto eBooks verkaufen wollte, noch dazu unterstützt von einer Börsenvereins-Tochter? Habt ihr euch die Geräte angesehen, die ihr vertickt (das könnte ja durchaus dabei helfen, die Kunden zu beraten, wenn sie danach fragen), oder habt ihr sie ungeöffnet über die Ladentheke geschoben, froh darüber, dass der dumme Käufer nichts vom Preis bei eBook.de wusste?
Man bekommt den Eindruck, dass jedesmal ein Aufheulen durch die Buchhökerer-Branche geht, wenn ein neuer eBook-Shop eröffnet. Nein, falsch, ich formuliere neu: jedesmal, wenn ein neuer eBook-Shop eröffnet, geht ein Aufheulen durch die Buchverhökerer-Branche. Kommt damit zurecht: entweder ihr findet einen Weg, euch daran sinnvoll zu beteiligen, oder ihr teilt das Schicksal von Kutschern, Gaslampenanzündern, Dampfmaschinen-Ölern und Schriftsetzern. Schriftsetzer … Kennt ihr Letztere noch? Von den Schriftsetzern haben manche gelernt, einen Computer zu bedienen, um weiter existieren zu können. Solltet ihr nicht auch vielleicht endlich mal damit anfangen, neue techniken einzusetzen?
Es sollte jedem Buchhändler klar sein: es gibt glücklicherweise keine Gesetze gegen Plattformen, die eBooks verkaufen. Es gibt Anbieter. Die verkaufen Kunden das, was die wollen. Wer überleben will, muss flexibel sein und erkennen, dass wir nicht gestern, sondern heute leben – und den Kunden an erster Stelle einfach verkaufen, was sie wollen, das ist doch so einfach. Und wenn das jeder einzelne »kleine Buchhändler« nicht kann: meine Güte, ihr habt doch diesen Debattierclub und schwergewichtigen Preisbindungsritter Börsenverein. Kann über die Schiene nicht schnell was installiert werden, was auch den vielbeschworenen »kleinen Buchhändler« dazu befähigt, an diesem Markt teil haben zu können? Nicht? Dann geht sterben! Was? Amazon-Monopol? Von mir aus. Wenn Amazon mir so richtig auf die Nerven geht, lese ich halt nur noch Independent-Kram, für den braucht man Amazon auch nicht wirklich.
Es könnte so einfach sein. Wenn Sony (Amazon, Apple, Google, you name it) den Kunden etwas verkauft, was die haben wollen, dann macht Sony nichts falsch. Wenn ihr das nicht tut … den Rest des Satzes überlasse ich der Phantasie des Lesers. Wir sind hier ja schließlich auf PhantaNews.
p.s.: Wer Satire findet, darf sie behalten. Ich habe mich früher stundenlang in Buchhandlungen herum getrieben und mächtig Geld dort gelassen. Bis sie nicht mehr das hatten, was ich wollte – und noch nicht einmal Willens waren, mir das in angemessener Zeit und zu einem angemessenen Preis (englische Bücher) zu beschaffen. Das war das Ende einer langen Freundschaft. Das könnte sich wieder ändern. Wenn ihr mich als Kunden erneut ernst nehmt.
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