Fehlerstrotzendes eBook: Heyne antwortet – auch die Antwort ist mangelhaft

Screenshot Heyne eBook

Nach dem Tweet ges­tern hat­te sich der Ver­lag Hey­ne in Sachen des mise­ra­bel for­ma­tier­ten und feh­ler­strot­zen­den eBooks (sie­he mei­ne bei­den Arti­kel) erst ein­mal wie­der in Schwei­gen gehüllt. Dann fiel mir auf, dass ich aus dem Tweet nicht ent­neh­men konn­te, ob ich noch­mal eine Ant­wort erhal­ten wer­de. Des­we­gen frag­te ich soeben noch­mal nach. Und sie­he da, man ver­fiel in hek­tisch zu nen­nen­de Akti­vi­tät, es kam qua­si sofort eine Ant­wort, aller­dings auf einem Weg, wie er nur -Bewoh­nern ein­fal­len kann. Man pack­te die Ant­wort auf eine Web­sei­te des Ver­lags. War­um man mir nicht an die Redak­ti­ons­adres­se ant­wor­ten kann, oder ein­fach einen Kom­men­tar unter den Arti­kel schreibt, bleibt eben­so offen, wie die Fra­ge, war­um ich ein­fach mal geduzt wer­de. Pro­fes­sio­nell ist anders. Hier der Antworttext:

Glü­hen­der Stahl von Richard Mor­gan (eBook)

Lie­ber Stefan,

ent­schul­di­ge bit­te die spä­te Ant­wort. Dei­ne Anfra­ge von Mit­te März scheint ver­se­hent­lich auf dem fal­schen Schreib­tisch gelan­det zu sein. Nor­ma­ler­wei­se bemü­hen wir uns, Leser-Anfra­gen umge­hend zu beant­wor­ten. Jeden­falls dan­ke für dei­nen Hin­weis, den wir sehr ernst neh­men! Wie du in dei­nem Arti­kel ja schon rich­tig annimmst, han­delt es sich um typi­sche Scan­feh­ler – tat­säch­lich müs­sen auch wir im Ver­lag manch­mal den Weg über den Scan wäh­len, weil eben nicht alle Daten »ohne­hin elek­tro­nisch vor­lie­gen«. Unse­re eBooks sich­ten und über­ar­bei­ten wir lau­fend – bei der gro­ßen und stän­dig wach­sen­den Titel­an­zahl braucht das etwas Zeit. Umso dank­ba­rer sind wir für Hin­wei­se aus unse­rer Leser­schaft, dann kön­nen wir näm­lich gezielt die Pro­blem­fäl­le angehen.

Wie es jetzt kon­kret wei­ter­geht: Das eBook »Glü­hen­der Stahl« (Richard Mor­gan) ging noch ges­tern in die Her­stel­lung und wird neu produziert.

PS: Wir schi­cken dir ger­ne das über­ar­bei­te­te Buch zu. Schi­cke uns hier­für ein­fach dei­ne E‑Mailadresse an online@heyne.verlag.

Wir ent­schul­di­gen uns noch ein­mal für die enstan­de­nen Unan­nehm­lich­kei­ten und wün­schen künf­tig ein unge­trüb­tes Lese­ver­gnü­gen mit unse­ren Büchern!

Dein Hey­ne Verlag

Da blei­ben natür­lich eini­ge Fra­gen offen. Selbst wenn eine Anfra­ge auf einem »fal­schen Schreib­tisch« lan­det, kann man die selbst­ver­ständ­lich wei­ter­lei­ten und trotz­dem beant­wor­ten. Übri­gens ging die Mail an die Che­fin der PR-Abtei­lung, war­um ist das ein »fal­scher Schreib­tisch«? Es han­del­te sich also tat­säch­lich um einen Scan. Was Hey­ne in sei­ner Replik aller­dings aus­lässt – und das ver­mut­lich mit vol­ler Absicht – ist die Ant­wort auf die Fra­ge, wie so etwas durch­rut­schen kann. Es han­delt sich ja nicht um ver­ein­zel­te Pro­ble­me, son­dern das eBook strotzt von vor­ne bis hin­ten auf jeder Sei­te von Feh­lern. Hat da wirk­lich kei­ner auch nur den gerings­ten Blick drauf gewor­fen? Gibt es wirk­lich kei­ner­lei Qua­li­täts­ma­nage­ment? Und: Wenn Hey­ne sei­ne Bücher »lau­fend sich­tet und über­ar­bei­tet«, wie kann es dann sein, dass die­ses eBook jah­re­lang in die­ser man­gel­haf­ten Form ver­kauft wird? Es kann mir nie­mand erzäh­len, dass das tat­säch­lich noch kein Leser gemel­det hat.

Offen bleibt auch, was mit all den zahl­lo­sen Käu­fern ist, die jetzt auf einem feh­ler­strot­zen­den eBook sit­zen. Bekom­men die auto­ma­tisch ein neu­es? Wer­den sie infor­miert? An wen müs­sen sie sich wen­den? All das wären Punk­te gewe­sen, die man hät­te beant­wor­ten müs­sen. Statt des­sen soll ich auf mei­ne Anfra­ge mit dem Oben­ste­hen­den abge­speist wer­den, das man in gro­ßen Tei­len auf Anhieb als nichts ande­res als PR-Bla­bla erken­nen kann. Da hilft auch kei­ne Entschuldigung.

Über­se­hen hat man bei Hey­ne offen­bar auch, dass nicht ich der geschä­dig­te Kun­de war (was aus dem Arti­kel ein­deu­tig zu ent­neh­men ist).

Somit blei­ben fast alle mei­ner gestell­ten Fra­gen unbe­ant­wor­tet: Wie kann das bei einem der­art man­gel­haf­ten eBook pas­sie­ren? Wie will man ange­sichts sol­cher unpro­fes­sio­nel­ler Vor­ge­hens­wei­se den hohen Preis recht­fer­ti­gen? Was ist mit ande­ren eBooks, es wird sich garan­tiert nicht um einen Ein­zel­fall han­deln? Was sol­len geschä­dig­te Kun­den tun?

Nicht über­ra­schend, aber erschre­ckend, fin­de ich übri­gens die Tat­sa­che, dass man bei Hey­ne Bücher ein­scan­nen muss, weil die Daten nicht elek­tro­nisch vor­lie­gen. In wel­chem Jahr­hun­dert leben wir denn? Und man kann nur aus der Ant­wort ent­neh­men, dass das immer noch so ist, sonst hät­te man sicher dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sich die Pro­zes­se seit dem Erschei­nen von GLÜHENDER STAHL ver­än­dert haben. Da das unterblieb …

[Update] Noch eine Anmer­kung: Jetzt wis­sen wir auch, war­um die eBooks deut­scher Publi­kums­ver­la­ge so heil­los über­teu­ert sind – sie wer­den in Hand­ar­beit hergestellt. :)

[Update 11:45] Auf Nach­fra­ge via Twit­ter ant­wor­te­te der Hey­ne Verlag:

Ja, Kind­le-Leser erhal­ten den aktua­li­sier­ten Titel auto­ma­tisch via Cloud … Ansons­ten ein­fach eine Mail an online@heyne.de

Dass außer Ama­zon nur die wenigs­ten eBook-Shops tat­säch­lich in der Lage sind, die Kun­den-eBooks per Push zu aktua­li­sie­ren (falls das über­haupt geht), ist da ver­mut­lich nur nebensächlich …

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

5 Kommentare for “Fehlerstrotzendes eBook: Heyne antwortet – auch die Antwort ist mangelhaft”

sagt:

Aber die Druck­da­tei für die Print­fas­sung soll­te auch aus Inde­sign gekom­men sein … Schmei­ßen die die nach dem Druck weg?

sagt:

[…] In den letz­ten Jah­ren sind aber auch die SF-Neu­erschei­nun­gen bei Hey­ne stark zurück­ge­gan­gen, und man hat ver­mehrt auf Neu­auf­la­gen von Klas­si­kern und noch gar nicht so alter Bücher von Autoren wie David Brin, Ser­gej Lukia­nen­ko oder Chi­na Mie­viel­le gesetzt. Ist halt güns­ti­ger, als eine neue Über­set­zung zu finan­zie­ren. Wobei ich über eini­gen die­ser Neu­auf­la­gen wie z. B. David Brin sehr froh bin. Das sind alles Titel, die eigent­lich als Selbst­ver­ständ­lich­keit in eine gut gepfleg­te Back­list gehö­ren. Aber lei­der geht der Trend dazu, dass SF-Titel schon nach weni­gen Jah­ren (manch­mal sogar schon nach einem oder zwei) ver­ramscht wer­den und ver­grif­fen blei­ben (sie­he z. B. die Taka­shi Kovac-Rei­he von Richard Mor­gan, deren Bän­de 2 und 3 lan­ge nur zu Mond­prei­sen gebraucht erhält­lich waren – und zwar schon kurz nach Erschei­nen). Durch die Ent­wick­lung des E‑Books hat sich das vor allem bei Hey­ne inzwi­schen geän­dert. Dort hat man Hun­der­te von Büchern aus der Back­list allein als E‑Book neu ver­öf­fent­licht. Aller­dings habe ich auch schon gehört, dass sich dar­un­ter teil­wei­se schlecht ein­ge­scann­te und vor Feh­lern nur so strot­zen­de Tex­te befin­den sol­len (sie­he Richard Mor­gans Glü­hen­der Stahl). […]

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