Wie bekannt gibt es in Deutschland ein Gesetz für Buchpreisbindung. Das besagt grundsätzlich, dass Bücher überall gleich viel kosten müssen (stark verkürzt dargestellt). Und dieses Gesetz wird vom Börsenverein und dessen Treuhänder auch gnadenlos durchgesetzt, wer versucht daran zu rütteln, wird abgemahnt. Und das sogar, obwohl Börsenverein und Treuhänder sich nicht einig sind, ob beispielsweise Selfpublisher unter das Gesetz fallen.
Durch die Buchpreisbindung hat der Büchermarkt eine kartellartige Struktur, Kartelle sollen durch andere Gesetze eigentlich vermieden werden, aber dank guter Lobbyarbeit gilt das für diese Branche offensichtlich nicht. Die rigide und ausnahmslose Durchsetzung führt unter anderem dazu, dass solche progressiven und in anderen Ländern völlig legalen Aktionen wie das »Humble eBook-Bundle« in Deutschland nicht möglich sind, ohne sich der Gefahr von Rechtsstreitigkeiten auszusetzen.
Wie hirnrissig diese Buchpreisbindung angesichts eines internationalen Marktes und des Internets ist, zeigt der britische Versandhändler The Book Depository. Die versenden weltweit kostenlos, was an sich bereits ein Feature ist. Bei englischen Büchern sind sie in aller Regel nicht preiswerter als beispielsweise Amazon.de, sind aber eine Alternative, falls der Onlinehändler mal was nicht vorrätig haben sollte. Interessant wird es aber bei deutschen Büchern, denn auch die führt Book Depository. Und diese sind zum Teil deutlich preiswerter als hierzulande.
Beispiel gefällig? Bitte: ER IST WIEDER DA von Timur Vermes, preisgebunden bei uns für 19,33 EUR. Beim Book Depository für EUR 17,69 zu haben, also 1,64 günstiger. Noch eins? TINTENHERZ als Taschenbuch: preisgebunden bei uns für 12 Euro, beim Book Depository für 11,03 Euro. Oder: DIE TRIBUTE VON PANEM – TÖDLICHE SPIELE. Preisgebunden in Deutschland für 17,90 Euro, in GB für 16,94 Euro.
Das waren jetzt nur ein paar Beispiele, teilweise gibt es deutlichere Preisunterschiede zwischen den hiesigen Shops und dem Book Depository. Auch wenn diese Preisdifferenzen vielfach eher gering sind und man auf die Ware aus dem Vereinigten Königreich ein paar Tage länger warten muss, zeigt das deutlich, dass man auch preisgebundene Bücher günstiger erhalten kann. Und das zudem völlig legal. Meine Vorhersage: Es wird nicht lange dauern, bis andere Anbieter ähnliche Angebote machen und gezielt deutsche Kunden ansprechen.
Vielleicht sollte das dem Börsenverein zu denken geben. Der wird aber vermutlich eher versuchen, diese Praktiken zu unterbinden. Ein Klageversuch gen Britannien dürfte aber sicher unterhaltsam werden. Das Gesetz sagt zwar:
§ 4 Grenzüberschreitende Verkäufe
(1) Die Preisbindung gilt nicht für grenzüberschreitende Verkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes.
(2) Der nach § 5 festgesetzte Endpreis ist auf grenzüberschreitende Verkäufe von Büchern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes anzuwenden, wenn sich aus objektiven Umständen ergibt, dass die betreffenden Bücher allein zum Zwecke ihrer Wiedereinfuhr ausgeführt worden sind, um dieses Gesetz zu umgehen.
Da der Händler aber weltweit anbietet, dürfte es wohl nicht ganz einfach werden, ihm letzteres nachzuweisen.
Ach ja: The Book Depository gehört zu Amazon …
[cc]
Logo The Book Depository Copyright The Book Depository Limited
Nun, das dürfte grundsätzlich interessant werden, zumal wir ja in der Deutschen Post mit der »Wiedereinfuhr« etwas ähnliches haben:
Angenommen, ich möchte mal 5.000 Werbebriefe (mit meiner deutschen Absendeadresse) an Empfänger in Deutschland versenden. Dann ist es von den Portokosten her billiger, ich schicke diese zu einem »gewerblichen Versender« nach England. Der frankiert alles und schickt die Briefe relativ normal ab nach Deutschland. Naja, erlaubt ist das auch nicht …
Viel spannender finde ich ja die Frage, wer den nun an »The Book Depository« liefert. In letzter Instanz dürfte das der (deutsche) Verlag sein, der auf jeden Fall abkassiert. Haben die überhaupt ein Interesse daran, diesen »Versand-Wildwuchs« einzudämmen? Ich glaube es – ehrlich gesagt – nicht. Verkauft ist nun einmal verkauft; ich denke, das ist die Hauptsache und in diesem Fall ist den Verlagen die deutsche Buchpreisbindung doch egal.
Book Depository ist eine Amazon-Tochter. Ich vermute, die bekommen die Bücher von Amazon. Wenn das tatsächlich so sein sollte und rauskommt, ist das Geschrei hierzulande wieder groß und die Börsenvereins-Mitglieder holen Forken und Fackeln raus. [/ironie off]
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