Erster Eindruck: Virtual Reality mit der Oculus Go

Ich war äußerst skep­tisch, als ich von der Ocu­lus Go hör­te, einem stan­da­lo­ne VR-Head­set mit ein­ge­bau­tem Android-Mini­com­pu­ter, das Vir­tu­al Rea­li­ty ohne Strip­pen ermög­li­chen soll. Denn ich besit­ze auch eine Ocu­lus Rift und ken­ne deren Leis­tungs­an­for­de­run­gen für den Rech­ner und auch die Pro­ble­me durch die exter­nen Sen­so­ren, die das Spiel­erleb­nis an vie­len Stel­len doch so erheb­lich ein­schrän­ken, dass ich die Bril­le lei­der trotz eigent­lich groß­ar­ti­ger VR-Erfah­rung kaum noch nutze.

Nach den ers­ten Rück­mel­dun­gen zur Go-Vari­an­te war ich dann doch neu­gie­rig und habe eine geor­dert. das geht aktu­ell nur über die offi­zi­el­le Ocu­lus-Sei­te, für Euro­pa wer­den die Head­sets aus den Nie­der­lan­den gelie­fert und die Bril­le war ratz­fatz da (ich gehe aber davon aus, dass es die Bril­le dem­nächst auch bei Ama­zon und Co geben wird). Der Preis liegt bei 220 Euro für die 32 GB-Vari­an­te und 270 Euro für die 64 GB-Ver­si­on. Die Spei­cher­an­ga­be sagt wie beim Smart­phone, wie vie­le Apps auf das Gerät passen.

Die Ocu­lus Go kommt in grau­em Finish und erfreu­lich kom­pakt daher. Als Bril­len­trä­ger hat­te ich arge Sor­gen, ob die Seh­hil­fe dar­un­ter passt, aber hier hat man ganz offen­sicht­lich von der Rift gelernt: Man kann einen zusätz­li­chen Abstand­hal­ter ein­set­zen und mit dem passt mei­ne Bril­le völ­lig pro­blem­los unter die Mas­ke. Auch ansons­ten hat man in Sachen Bequem­lich­keit von den Erfah­run­gen mit den Vor­gän­ger­mo­del­len offen­sicht­lich gelernt.

Um das Gerät kon­fi­gu­rie­ren zu kön­nen, benö­tigt man zwin­gend ein Smart­phone und eine App, die gibts für Android und iOS, sowie einen Account bei Ocu­lus. Hier­bei soll­te der Daten-Para­noi­ker immer beden­ken, dass hin­ter dem Unter­neh­men Face­boook steht, und dass mit Sicher­heit Daten über den Nut­zer und die Nut­zung gesam­melt wer­den, auch wenn man an den Berech­ti­gun­gen und den Pri­vat­sphä­re-Ein­stel­lun­gen schrau­ben kann.
Die App führt den Nut­zer dann auch durch die Erst­in­stal­la­ti­on und gibt ein paar Bedien­hin­wei­se, das geht dann nach dem Auf­set­zen naht­los in der VR weiter.

Der Ocu­lus Go liegt ein mini­ma­lis­ti­scher Con­trol­ler bei. Zumin­dest wirkt der auf den ers­ten Blick mini­ma­lis­tisch, tat­säch­lich hat man eine erstaun­li­che Men­ge an Funk­tio­nen in das klei­ne Gerät gesteckt, neben drei Knöp­fen auch ein Game­pad mit Touch-Funk­ti­on, damit kann man eine Men­ge machen.

Was mir als ers­tes auf­fiel: Das Headt­rack­ing und die Erken­nung des Con­trol­ler sind fast schon erschre­ckend gut, und das ohne jeg­li­che exter­ne Sen­so­ren. Als zwei­tes muss ich äußerst ver­blüfft die Ton­wie­der­ga­be nen­nen. Obwohl kei­ne Kopf­hö­rer oder Laut­spre­cher zu erken­nen sind, wird der Sound ziem­lich prä­zi­se auf die Ohren pro­ji­ziert und das in einer für die­se Tech­nik erstaun­lich guten, wenn auch etwas mit­ten­las­ti­gen, Qua­li­tät. Wer etwas Ela­bo­rier­te­res möch­te, kann einen Kopf­hö­rer anschließen.
Beim Headt­rack­ing wird der VR-Vete­ran fest­stel­len, dass bei man­chen Situa­tio­nen dann die exter­nen Sen­so­ren oder ein Raum­track­ing doch feh­len, denn man kann bei­spiels­wei­se nicht durch Bewe­gung des Kop­fes »an Objek­ten vor­bei schau­en«, oder zumin­dest nur sehr rudi­men­tär, aber das kann man durch cle­ve­re Pro­gram­mie­rung der Apps wie­der wett machen.

Was die Bril­le für die­sen Preis bie­tet ist abso­lut über­zeu­gend und könn­te einen wei­te­ren Schritt zum Durch­bruch von VR-Lösun­gen dar­stel­len. Gut: Bei einem mobi­len Rech­ner muss man Ein­bu­ßen bei der Gra­fik­qua­li­tät hin­neh­men, aber wie wir wis­sen, ist der Spiel­witz letzt­end­lich wich­ti­ger als hoch­auf­lö­sen­de Kil­ler­gra­fik. audio­vi­su­el­le Stim­mung und geschick­tes Game­play sind für die Immersi­on oft ausschlaggebender.

Die Aus­wahl an Apps ist der­zeit noch etwas beschränkt, aber ich bin ziem­lich sicher, dass sich das schnell ändern wird, denn auch für die Ocu­lus Go kann man ein­fachst mit den übli­chen Ent­wick­lungs­um­ge­bun­gen Spie­le erstellen.
Neben Spie­len gibt es diver­se »Expe­ri­en­ces«, bei­spiels­wei­se 3D-Fil­me, unter denen lei­der auch etli­che mit gerin­ger Auf­lö­sung, die man sich nicht wirk­lich geben möch­te. Auch Net­flix kann man mit der Bril­le im Kino­for­mat anse­hen, wenn man unbe­dingt möchte.
Neben den spe­zi­ell für die Go kon­zi­pier­ten Apps hat man zudem Zugriff auf sol­che, die eigent­lich für Sam­sungs Gear VR gedacht waren, hier mög­li­cher­wei­se mit ein­ge­schränk­ten Mög­lich­kei­ten, da nicht für die Go optimiert.

Her­aus­he­ben möch­te ich noch die Social Fea­tures, denn die Soft­ware bie­tet die Mög­lich­keit, sich einen Raum ein­zu­rich­ten, in dem man sich mit Freun­den (die eben­falls eine Go besit­zen) tref­fen und ver­schie­de­nen Akti­vi­tä­ten nach­ge­hen kann, bei­spiels­wei­se zusam­men Vide­os schau­en, oder (im Moment noch sehr simp­le) Games zusam­men zu spie­len. Hier erhascht man aber schon mal einen klei­nen Aus­blick auf das, was hier mög­lich sein könn­te, nicht nur bei Spie­len, son­dern auch in Sachen Tele­prä­senz oder Zusam­men­ar­bei­ten über Entfernungen.

Mein bei­na­he ein­zi­ger Kri­tik­punkt ist die Akku­lauf­zeit, denn der wird durch die Games doch ordent­lich leer­ge­so­gen (nach einer Stun­de Nut­zung mit Spie­len ist der Akku halb leer). Dem kann man durch eine Power­bank ent­ge­gen­wir­ken, dann ist man auch wei­ter­hin nicht mit einem Netz­ge­rät ver­ka­belt. Zwei­ter klei­ner Kri­tik­punkt ist genau das feh­len­de Netz­teil, aber man kann jedes Han­dy­la­de­ge­rät mit Micro-USB-Ste­cker ver­wen­den, und davon lie­gen heut­zu­ta­ge in jedem Haus­halt eh meh­re­re herum.

Alles in allem ist die Ocu­lus Go im Erst­ein­druck ein ganz groß­ar­ti­ges Stück Hard­ware, ins­be­son­de­re für die­sen Preis, das mit sei­nen aus­ge­klü­gel­ten Fea­tures und ergo­no­mi­scher Bedie­nung auch nicht-Nerds bei ers­ten Aus­flü­gen in die VR glück­lich machen dürf­te. Und das gilt ins­be­son­de­re auch wegen der Frei­heit, das Ding ohne jeg­li­che Ver­ka­be­lung qua­si über­all nut­zen zu können.

Nach­trag: Per USB an den Rech­ner ange­schlos­sen mel­det sich das Ding als Mas­sen­spei­cher, man kann also Medi­en wie Fotos oder Fil­me direkt dar­auf laden, ohne den Umweg über die App gehen zu müs­sen. Und ich hof­fe, dass man dar­über auch eige­ne Expe­ri­men­te in Unity oder ande­ren Game Engi­nes auf die Kis­te bekommt, ohne über den Ocu­lus App­s­to­re gehen zu müs­sen. Mal sehen, was die Spe­zia­lis­ten auf Red­dit dazu sagen.

Fotos von mir

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6 Kommentare zu „Erster Eindruck: Virtual Reality mit der Oculus Go“

  1. Ich bin erst mal abge­schreckt weil es kei­ne offi­zi­el­le You­Tube App gibt. Gibt es da über den Gear VR Kanal was zum nach­la­den? Also etwas womit ich abends You­Tube gucken (ein­ge­loggt, da aus mei­nen Abos?) kann ohne das gesam­te Schlaf­zim­mer durch mein Han­dy­dis­play zu erleuchten?

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    Stefan Holzhauer

    Ich hab noch kei­ne gefun­den. Im Moment geht You­tube im Home-Raum über den vir­tu­el­len Brow­ser (Chro­me), aber da wer­den dann noch nicht mal 360-Grad-Vide­os in 3D dargestellt.

    You­tube ist jetzt aber auch nicht das zen­tra­le Anwen­dungs­ge­biet der Ocu­lus Go …

  3. Nee, natür­lich nicht. Aber für mich wäre es halt einer der wich­tigs­ten zusätz­lich zu den Spie­len. Und da ich mit 360 Grad Vide­os expe­ri­men­tie­re und You­Tube die Plat­form für 360 ist irgend­wie dann doch wie­der. Das mit dem Brow­ser wus­te ich, ersetzt aber nicht wirk­lich die »nor­ma­le« Nut­zung. Scha­de. Aber da am Nach­fol­ger ja schon gear­bei­tet wird war­te ich dann lie­ber erst noch was…

  4. Avatar-Foto
    Stefan Holzhauer

    Eige­ne 360°-Filme kannst Du eh sidel­oa­den oder vom Medi­en­ser­ver strea­men und in der Rooms-App anschauen.

    Übri­gens geht’s im Brow­ser wun­der­bar: Video auf­ru­fen, hohe Qua­li­tät aus­wäh­len, auf Voll­bild gehen und dann in den vie­w­ing-Optio­nen auf »360« schalten.

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