Kommentar: Ein Nachtrag zum Deutschen Phantastik-Preis

dpp

Kürz­lich hat­te ich mich dar­über gewun­dert, war­um beim Deut­schen Phan­tas­tik-Preis die Kate­go­rie »bes­te Web­sei­te« abge­schafft wur­de – und hal­te das ange­sichts der Digi­ta­li­sie­rung und des Medi­en­wan­dels für fehl­ge­lei­tet und rückwärtsgerichtet.

Dann habe ich zu dem The­ma noch wei­ter über­legt. Das Ding heißt ja »Deut­scher Phan­tas­tik Preis«. Statt Kate­go­rien digi­ta­ler Medi­en abzu­schaf­fen, müss­ten die­se eigent­lich drin­gend auf ande­re Erzähl­ar­ten erwei­tert wer­den. Schließ­lich han­delt es sich ja nicht um den »Deut­schen Preis für Phan­tas­tik-Bücher«, son­dern der Name ist wei­ter greifend.

Gut, dass die Audio­books wie­der abge­schafft wur­den, kann ich nach­voll­zie­hen, weil Ver­öf­fent­li­chun­gen zu die­sem The­ma hier auf Phan­ta­News regel­mä­ßig kaum Zugrif­fe haben, dar­aus wür­de ich schlie­ßen, dass das The­ma nicht wirk­lich auf Inter­es­se stößt, und des­we­gen viel­leicht die Zahl der Stim­men gering war.

Aber Phan­tas­ti­sches fin­det bei­spiels­wei­se auch im Com­pu­ter­spiel statt und in die­sem Bereich sind deut­sche Ent­wick­ler regel­mä­ßig auch inter­na­tio­nal weit vor­ne. Wäre es nicht über­fäl­lig, dass ein her­aus­ra­gen­des Com­pu­ter­spiel mit phan­tas­ti­schem The­ma aus deut­schen Lan­den aus­ge­zeich­net wird? Oder eine App?

Denk­bar wäre auch ein Preis für beson­ders krea­ti­ven Ein­satz moder­ner Tech­no­lo­gien. Das muss man gar nicht nächer umschrei­ben, vor­stell­bar wären hier Apps, die Bücher ergän­zen, beson­ders ori­gi­nell mul­ti­me­di­al ange­rei­cher­te eBooks oder Aug­men­ted Rea­li­ty-Tech­no­lo­gien, die ein Prin­buch zum Leben erwecken.

Und dann ist da das trau­ri­ge The­ma »Film & Fern­se­hen«. Tat­säch­lich fin­det das Gen­re auch in Deutsch­land statt, aller­dings meist abseits der Fern­seh­bild­schir­me und Kino­lein­wän­de, in Indie-Pro­duk­tio­nen, wie z.B. dem inter­na­tio­nal abge­fei­er­ten aber hier­zu­lan­de völ­lig unbe­kann­ten DER NACHTMAHR, oder in Fan­film­pro­jek­ten auf You­tube und Vimeo wie dem mil­lio­nen­fach ange­schau­ten DARTH MAUL – APPRENTICE. Die Aus­rich­ter schrei­ben in ihrer FAQ:

»Des­halb gibt es auch kei­ne Kate­go­rie »Bes­ter Film« oder »Bes­te TV-Serie« mehr, weil auf die­sem Gebie­ten im deutsch­spra­chi­gen Raum lei­der zu wenig pro­du­ziert wird.«

Wäre es nicht viel sinn­vol­ler durch eine Aus­zeich­nung die unter zum Teil schwie­rigs­ten Bedin­gun­gen und mit mini­mals­ten Mit­teln rea­li­sier­ten Herz­blut­pro­jek­te der Indie- und Fan­fil­mer-Sze­ne vor­zu­stel­len, und ihnen mehr drin­gend nöti­ge Sicht­bar­keit zu ver­schaf­fen, die ihnen Fern­seh­sen­der und Ver­lei­her vor­ent­hal­ten? Statt zu sagen: »Wird eh nix pro­du­ziert!«, was zudem eben noch nicht ein­mal stimmt? (Das hät­te auch den Charme, dass man auch bemer­kens­wer­te Pro­fi-Pro­duk­tio­nen wie MARA, CARGO oder KRABAT immer noch aus­zeich­nen kann, wenn es denn mal eine gibt).

Könn­te man mal drü­ber nach­den­ken, um den Preis aus der leicht ange­staub­ten Print-Ver­gan­gen­heit in die Gegen­wart zu hie­ven … Statt­des­sen wird die Kate­go­rie Web­sei­te abge­schafft … Irgend­wie typisch deutsch.

Ergän­zung: Dis­kus­si­on auf Goog­le+ (Vor­sicht, das ist in die­sem neu­mo­di­schen Internet!) ;)

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

7 Kommentare for “Kommentar: Ein Nachtrag zum Deutschen Phantastik-Preis”

sagt:

Guter Ansatz, rich­ti­ger Gedan­ke! Eine sol­che Vor­ge­hens­wei­se wür­de den Preis defi­ni­tiv öffnen.

Okay, ich könn­te bei Com­pu­ter­spiel nicht abstim­men … Aber seri­ös abstim­men bei den Kurz­ge­schich­ten kann bei­spiels­wei­se nie­mand – da hat wohl nie­mand einen Marktüberblick.

HP

sagt:

Die Fra­ge wäre dann nur, ob eine Ver­lei­hung auf dem BUCH­mes­se­Con, der sich nun mal fast nur um Bücher dreht, noch sinn­voll wäre.
Und den BuCon auf wei­te­re The­men zu erwei­tern ist kaum mög­lich, der platzt ja jetzt schon aus allen Nähten.

Aller­dings hat der Preis sich IMO vor allem wegen der Nomi­nie­rungs­pra­xis ins Abseits manö­vriert. Wer das größ­te Netz­werk hat, kriegt die meis­ten Stim­men und wird nomi­niert – und das sind nicht unbe­dingt Fans (dann wäre es ja ok), son­dern eben z.B. Mit­glie­der eines Autoren­fo­rums die für den einen Autor stim­men, der eben ein Debüt hat­te, gleich­wohl die meis­ten es nicht gele­sen haben usw… Oder man rich­tet sich eben 100 eMail-Adres­sen ein und nomi­niert sich 100x selbst.

Ich bin selbst Autor. Ich will kei­nen Pries gewin­nen, weil ich bei Schul­freun­den, Arbeits­kol­le­gen und so wei­ter um Stim­men gebet­telt habe, son­dern weil mei­ne LESER mei­nen, ich habe ihn ver­dient. Davon ist lei­der beim DPP kei­ne Rede mehr, der Preis ist in die­ser Form irrele­vant – von daher auch völ­lig Wurst, ob und wie er erwei­tert wird, solan­ge das so bleibt.

sagt:

Dass der, der die meis­ten Fans akti­vie­ren kann, den Preis bekommt, ist eine Bin­sen­weis­heit. Das ist bei jedem Publi­kums­preis so. Ansons­ten: Sie­he der Link zur Dis­kus­si­on auf Goog­le+, da habe ich aus­führ­lich begrün­det, war­um ich das für posi­tiv hal­ten würde.

Kurz­fas­sung: Um aus dem furz­tro­cke­nen, kon­ser­va­ti­ven Tot­holz­re­ser­vat zu kom­men. Und um der Idee hin­ter dem Preis laut FAQ (För­de­rung deut­scher Künst­ler) nach­zu­kom­men. Oder sind nur Autoren Künstler?

Per­sön­lich ist mir auch völ­lig egal, ob ich einen Preis bekom­me oder nicht. Trotz­dem hat der DPP eine Daseins­be­rech­ti­gung. Ers­tens weil man sich zusam­men freu­en kann, wenn man ihn gewon­nen hat (ich erin­ne­re mich an einen Knei­pen­be­such nach der BuCon im vor­letz­ten Jahr, bei dem reich­lich Prei­se auf dem Tisch stan­den). Und zwei­tens soll­te man die Wer­be­wir­kung einer Aus­zeich­nung ins­be­son­de­re für Bücher aus Klein­ver­la­gen nicht unterschätzen.

sagt:

Na ja, gera­de bei unge­kürz­ten Audio­books ist es ja prak­tisch so wie der Ori­gi­nal­ro­man. Da wird nichts oder prak­tisch nichts umge­schrie­ben und man kann dann auch etwas nach Genuss der Hör­buchs ein­fach auch zum bes­ten Roman wäh­len, da man hier ja sehr wohl die Ori­gnal­qua­li­tät des Hand­lungs­ver­laufs und die Erzähl­wei­se beur­tei­len kann. Sinn­voll wäre ledig­lich eine Kate­go­rie »Bes­ter Spre­cher« – nach­dem ja auch einen »Bes­ter Gra­phi­ker« (all­ge­mein, nicht für ein bestimm­tes Werk) beim DPP gibt. 

Mit der Film­ka­te­go­rie ist es auch schwie­rig, aber man könn­te viel­leicht eine eige­ne Kate­go­rie für alles schaf­fen, was nicht in die ande­ren hin­ein­fällt. Film, Hör­spiel (ja, und Hör­spiel ist was Eige­nes, wirk­lich eine eige­ne Insze­nie­rung mit ver­teil­ten Rol­len, Geräu­schen usw. – nicht ein­fach vor­ge­le­sen), beson­de­re Pro­jek­te zur Phan­tas­tik wie Aus­stel­lun­gen, Thea­ter­auf­füh­run­gen … aber ins­ge­samt gese­hen ist es nur ein Gedan­ke. Die Umset­zung von Ideen ist nie ganz ganz leicht und im End­ef­fekt müs­sen das die ent­schei­den, die auch die Arbeit damit haben.

sagt:

Ja, Moder­ni­sie­ren ist schwie­rig, ins­be­son­de­re bei so hoch­kon­ser­va­ti­ven Fan­doms wie deut­sche SF und etwas weni­ger deut­sche Phantastik.

Viel­leicht ist das Ankom­men in der (tech­ni­schen) Gegen­wart oder eine Sicht­bar­keits­er­hö­hung für den Preis auch gar nicht erwünscht. Das Weg­las­sen der Kate­go­rie »Web­sei­te« erweckt bei mir zumin­dest nicht gera­de den Ein­druck der Fortschrittlichkeit.

sagt:

Ich fand es auch sehr scha­de, dass die­ses Jahr die Kate­go­rie »Web­sei­te« weg­ge­fal­len ist.
Es gibt ja durch­aus groß­ar­ti­ge Web­sei­ten aus dem Bereich Phan­tas­tik, die auch irgend­wie mit Büchern zu tun haben, die man hier nomi­nie­ren könn­te. Im wei­tes­ten Sin­ne kön­nen dar­un­ter auch auf­wen­dig gestal­te­te Web­sei­ten von Ver­la­gen für Bücher fal­len, ich erin­ne­re mich nur zu gut an die toll gestal­te­te Medi­en­kam­pa­gne zu den »Sei­ten der Welt«. Man kann davon halten,w as man will, ich fand es zumin­des­tens sehr aufsehenserregend.
Und auch sonst stim­me ich dir zu, wenn man auch ande­re Medi­en nomi­nie­ren könn­te, wür­de man viel­leicht anfan­gen, die­se Medi­en bewuss­ter zu kon­su­mie­ren, nach ihnen zu suchen und zu schau­en, was es denn gibt, damit man bei der Nomi­nie­rungs­pha­se was kennt :D

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