Der Deutsche Phantastik Preis schafft das Internet ab

dpp

Nein, so weit ist es natür­lich noch nicht gekom­men, aber ich war schon sehr ver­wun­dert, als ich bei den Kate­go­rien der Vor­run­de des Deut­schen Phan­tas­tik Prei­ses in die­sem Jahr aus­ge­rech­net »Bes­te Web­sei­te« nicht mehr gefun­den habe.

Klar, ich habe in den ver­gan­ge­nen Jah­ren immer wie­der kri­ti­siert, dass die Aus­rich­ter nicht zwi­schen geschäfts­mä­ßi­gen Sei­ten mit ent­spre­chen­der Man- und finan­zi­el­ler Power und Fan­sei­ten unter­schie­den haben (was ich für unfair hal­te). Und: Ja, natür­lich fand man bei den Nomi­nier­ten immer wie­der mal die­sel­ben Sei­ten, aber in Sachen Seri­en wird seit gefühl­ten Jahr­hun­der­ten auch jedes Mal PERRY RHODAN nomi­niert, also kann das kein Grund gewe­sen sein.

Des­we­gen wun­de­re ich mich über die still­schwei­gen­de Abschaf­fung der Kate­go­rie Web­sei­te doch ganz erheb­lich, ins­be­son­de­re ange­sichts der Tat­sa­che, dass der Medi­en­wech­sel nach wie vor in vol­lem Gan­ge ist und Infor­ma­tio­nen aus dem Web immer mehr die Ober­hand gegen­über klas­si­scher Bericht­erstat­tung bei­spiels­wei­se in Maga­zi­nen gewin­nen (was man nicht zuletzt dar­an erkennt, dass die Men­ge ent­spre­chen­der Publi­ka­tio­nen mas­siv schwindet).

Ein­fal­len wür­den mir reich­lich Nomi­nie­rungs-Aspi­ran­ten aus dem nicht­ge­schäft­li­chen Bereich, und ich mei­ne damit nicht zwin­gend Phan­ta­News, son­dern Sei­ten wie Teil­zeit­hel­den, Wür­fel­held, Non­Play­a­ble­Cha­rac­ters, Nerd­licht und einen Hau­fen mehr, bei denen Fans aus Spaß an der Freu­de und ohne kom­mer­zi­el­le Zie­le über das gemein­sa­me Hob­by berich­ten – und das durch­aus auf pro­fes­sio­nel­lem Niveau. Von Myria­den an Buch­blogs, die sich aus­schließ­lich mit Phan­tas­tik befas­sen noch gar nicht gespro­chen. Sogar die Ver­la­ge haben nach Jah­ren das (Werbe-)Potential sol­cher Sei­ten erkannt und ver­su­chen sie seit eini­gen Mona­ten mas­siv zu hofie­ren. Nur beim DPP, da schafft man die Kate­go­rie »bes­te Web­sei­te« ab, als gäbe es kein Inter­net … Es ist fast zum Lachen.

Des­we­gen muss ich an die­ser Stel­le kon­sta­tie­ren, dass ich den Weg­fall die­ser Kate­go­rie ange­sichts der Stel­lung des Inter­nets in unser aller Leben und für die Phan­tas­tik für reich­lich rück­wärts­ge­rich­tet und abso­lut nicht nach­voll­zieh­bar halte.

Update (01.06.2016): Im Scifinet.org-Forum schreibt Mam­mut, dass er sub­jek­tiv eher eine Schwem­me an Print­ma­ga­zi­nen sieht. Ich weiß nicht, in wel­cher Fil­ter­bub­ble Mam­mut lebt, aber es wur­den in letz­ter Zeit diver­se Phan­tas­tik-Maga­zi­ne ein­ge­stellt, natio­nal wie inter­na­tio­nal, zuletzt ist der Ver­lag Aben­teu­er Medi­en, der Nau­ti­lus her­aus­gibt, in die Insol­venz gerutscht. Seit Jah­ren berich­ten die Medi­en dar­über, dass die Absatz­zah­len von Zei­tun­gen und Maga­zi­nen mas­siv ein­bre­chen, beson­ders stark bei jün­ge­ren Nut­zern. Als Bei­spiel mal ein Bericht im Spie­gel – bereits 2009 erschie­nen (und seit­dem ist es nicht bes­ser gewor­den). Bereits von 1980 bis 2001 ist die Nut­zung von Maga­zi­nen bei den 14 – 29-jäh­ri­gen um zwei Drit­tel ein­ge­bro­chen – und dann erst kam noch das Inter­net dazu. Des­we­gen kann ich sei­ne »Schwem­me« nur als sub­jek­ti­ve Fehl­wahr­neh­mung ver­or­ten und emp­feh­le eine Recherche.

AutorIn: Stefan Holzhauer

Meist harm­lo­ser Nerd mit natür­li­cher Affi­ni­tät zu Pixeln, Bytes, Buch­sta­ben und Zahn­rä­dern. Kon­su­miert zuviel SF und Fan­ta­sy und schreibt seit 1999 online darüber.

3 Kommentare for “Der Deutsche Phantastik Preis schafft das Internet ab”

sagt:

Ich habe mich so gewun­dert, dass ich auch nach­ge­fragt habe – hät­te ja sein kön­nen, dass man ein­fach dar­auf ver­ges­sen hat. – Na ja, es ist immer schwer, zwi­schen Fan­me­di­en und gewinn­brin­gen­den Medi­en zu unter­schie­den. Ich neh­me mal Print­ma­ga­zi­ne als Bei­spiel: Denen, die es in den Han­del schaf­fen, bleibt unterm Strich meis­tens auch nicht so viel über, dass die Redak­teu­re ihre sons­ti­gen Jobs hin­schmei­ßen könn­ten und man merkt es auch, dass nach und nach vie­le der Maga­zi­ne ver­schwin­den. Bei letz­te­ren gön­ne ich es denen es durch­aus, dass sie etwas Auf­merk­sam durch eine Nomi­nie­rung oder gar einen Gewinn eines Prei­ses bekom­men. War­um auch nicht? – Es ist ja auch nichts Ver­werf­li­ches dran, Geld für gute Arbeit ein­zu­neh­men. Und wenn hin­ter einem tol­len New­s­por­tal irgend­wer steht, der für ein paar Ein­nah­men sor­gen kann, dann ist das gut. Und wenn sie ein paar Ein­nah­men durch Wer­be­ban­ner haben, tja. – Aber ich weiß schon, was Du meinst, so Sachen, die kaum mehr als ein Web­shop sind, der Herr-der-Rin­ge Kett­chen ver­kauft. (Da gab es mal dabei, das war so in etwa.) Das ist natür­lich schon was anderes …

sagt:

Nein, ich mei­ne etwas völ­lig anderes.

Es gibt Phan­tas­tik-News- und Rezen­si­ons-Sei­ten, hin­ter denen ste­hen Fir­men. Die haben Mit­ar­bei­ter und die haben ein Wer­be­bud­get, die kön­nen ganz anders agie­ren, als eine Fan-Sei­te, egal wie pro­fes­sio­nell die auch sein mag. Das pri­mä­re Ziel sol­cher geschäft­li­chen Ange­bo­te ist es übli­cher­wei­se ent­we­der poten­te Wer­be­kun­den zu fan­gen, oder über Affi­la­te-Links zu Ama­zon und ande­ren Ein­nah­men zu gene­rie­ren. Das ist ein Geschäftsmodell.

Auch Fan-Sei­ten kön­nen Affi­lia­te-Links oder Wer­bung haben (was übli­cher­wei­se nicht mal die Hosting­kos­ten ein­fährt), aber sie ver­fü­gen weder über bezahl­te Voll­zeit­mit­ar­bei­ter, noch über Wer­be­bud­get. Die machen ihre Sei­ten, weil sie Fans sind und Spaß dar­an haben und ohne pri­mär auf den Kom­merz zu ach­ten. Da wer­den Sei­ten neben dem Brot­job und ohne Bezah­lung gestemmt. Im Prin­zip Fan­zines V2.0. Aber die soll­ten trotz aller Pro­fes­sio­na­li­tät nicht in eine Schub­la­de mit Sei­ten gesteckt wer­den, die pri­mär geschäft­lich sind, also mit Rezen­sio­nen et al Ein­nah­men gene­rie­ren wol­len und sollen.

Eine Unter­schei­dung ist nicht so schwer, wie man mei­nen könn­te, ein Blick ins Impres­sum wirkt da oft Wun­der. Und es wür­de auch einen Blick dafür schaf­fen, wer das rein geschäft­lich macht und wer das tut, weil er oder sie Fan ist.

Ich könn­te jetzt auch noch dar­über reden, dass ich nicht nach­voll­zie­hen kann, war­um schon län­ger die Kate­go­rien Audio­books & Höspie­le ent­fernt wur­den, oder was mit Self­pu­bli­shing ist, aber ich woll­te erst­mal nur über ein The­ma motzen … ;)

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