Zuerst ist heute in zahllosen Medien zu vernehmen, wie es sich für Qualitätsmedien gehört, meist kommentarlos:
Vertreter von CDU und FDP verurteilten scharf, dass Google die Internetnutzer für seine Lobbyinteressen missbrauche
Die größte Lachnummer von allen. Gerade die, die Lichtjahre tief in den Ärschen Taschen aller Lobbyvertreter stecken, die nicht rechtzeitig auf die Bäume kommen, monieren Lobbyarbeit? Das ist ganz großes Kino und ich schlage CDU/CSU und FDP für diesen Spruch für den deutschen Comedypreis vor. Oder vielleicht ärgern die sich nur darüber, dass Google ihnen keine Kohle rüber schiebt? Wer weiß …
Ihr wisst aber schon, liebe Volksverräter, äh… ´schuldigung, Volksvertreter, dass sich eure Jugendorganisationen zusammen mit den Jusos, den Jungen Grünen und den Jungen Piraten heute deutlich vom LSR distanziert haben? Hat euch sicher nicht gefallen, was?
Der zweite Hammer stammt von Springer-Vize Keese. Der ist zusammen mit Googles Kay Oberbeck heute vom Deutschlandradio interviewt worden. Oberbeck sagte:
Sie [die Verlage] können selber festlegen, welche Teile von Seiten, welche Teile ihres Angebotes überhaupt auffindbar gemacht werden sollen oder gar nicht. Also insofern haben hier die Verlage schon jetzt sämtliche Hebel in der Hand, um selber festzulegen, was hier im Internet von ihren Angeboten sichtbar ist oder was auch nicht.
Daraufhin sonderte Keese doch tatsächlich den folgenden Bullshit ab:
Genau das Gegenteil ist der Fall, und da liegt sozusagen der Kern des Problems. […] Es wäre schön, wenn es solche differenzierten Möglichkeiten gäbe, wie Herr Oberbeck sie gerade schildert, aber die gibt es im Augenblick nicht.
Für wie dumm will der uns eigentlich verkaufen? Na gut, Springer-Presse halt, da erübrigt sich die Frage ohnehin schon, aber derart öffentlich gegenüber einem ÖR-Sender ausgesprochen kann man so etwas meiner Meinung nach nur als vorsätzliche Lüge bezeichnen. Dass er es nicht besser weiß, kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.
Falls dem doch so sein sollte, erläutere ich das mal. Also, Keese, pass´ gut auf:
Da gibt es diese Suchmaschine. Die heisst Google. Die indiziert automatisch Webseiten, wenn sie über Links im Netz auffindbar sind, oder wenn man sie selbst bei Google (wir erinnern uns: eine Suchmaschine – eigentlich ist es eine Findmaschine, denn man findet mit ihr Webseiten – auch Seiten von Zeitungen) einträgt. Nun kann es aber sein, dass man nicht möchte, dass Google (diese Suchmaschine) unsere Seiten indiziert (für alte Männer mit Kugelschreibern und Leser von Totholzmedien: in seinen Index, also seine Datenbank aufnimmt). Dann erstellt man eine Datei namens robots.txt. Da steht drin, welche Seiten der Webpäsenz – Entschuldigung zu schweres Wort für Zeitungsverleger – der Webseite nicht in Googles (eine Such- und Findmaschine) Index aufgenommen werden sollen. Fertig. Kein Gesetz nötig.
Das ist Punkt eins.
Punkt zwei ist Google News. Hier werden die Nachrichten der Zeitungswebprä… seiten gelistet, zusätzlich mit einem Anreißertext, ein sogenanntes Snippet, das ist durchaus korrekt. Allerdings muss man sich selbst dafür dort anmelden. Ich sage es nochmal laut und deutlich (und entschuldige mich bei Web-Affinen für die Großbuchsstaben): WENN MAN MIT SEINEM DRECKS-KÄSEBLATT IN DEN GOOGLE-NEWS-INDEX WILL; MUSS MAN SICH SELBST DA ANMELDEN. Und das gilt auch für Springer!Wenn ihr da nicht rein wollt, liebe Totholz-Veröffentlicher mit uninteressanten Webseiten, dann tragt euch verdammt nochmal einfach nicht da ein. Und wenn ihr wieder raus wollt, dann kündigt einfach euren blöden Account, Entschuldigung keine zu komplizierten Wörter: meldet euch wieder ab. Ist das so schwer? Braucht man dafür ein Gesetz? Ich antworte mal, falls ihr etwas nicht verstanden habt: nein, das braucht man garantiert nicht.
Heute Nacht wird dann also im Bundestag über das Leistungsschutzrecht debattiert. Na sicher. Um 2:45 Uhr. Ungefähr. Zu dieser Uhrzeit tobt im Deutschen Bundestag sicher das pralle Leben. Herzlichen Glückwunsch an die Lobbyarbeiter, die es geschafft haben, die Aussprache über dieses Gesetz auf einen Zeitpunkt mitten in der Nacht zu legen, damit das mal wieder nur zu Protokoll gegeben wird. Mir gegenüber hat der Bundesverband der Zeitungsverleger in einem Tweet geantwortet »sie seien ja nicht für die Terminplanung des Bundestages verantwortlich«. Ja, ne, is´ klar. Wenn einer von euch Vögeln mal eben seinen Kumpel Rösler anruft, dann sorgt der ganz sicher dafür, dass das Thema bequemerweise auf einen Nachttermin gelegt wird. Es ist ohnehin auffällig, wie oft Gesetze in letzter Zeit mittels solcher Nacht- und Nebel-Aktionen heimlich durchgewunken werden sollen. Und die fliegen doch sowieso auf, was soll das also?
Wenn das Leistungsschutzrecht kommt, dass werden neue Wellen von Abmahnungen durch Abzocker-Anwälte durch die reale Welt ziehen und es den Bürgern schon zeigen, dass sie nichts mehr im Internet veröffentlichen sollen. Viele werden dann klein beigeben und zumachen. Und schon ist die Verlegermafia ‑Meschpoke haufenweise Konkurrenz los. Fein ausgedacht, ihr Wohltäter. Und danke dafür, dass die ach so neutralen und objektiven Qualitätsmedien ihre Glaubwürdigkeit nachhaltig dadurch eingebüßt, dass sie tendenziell über dieses Thema berichteten, nämlich pro-Leistungsschutzrecht. Bevor ich wieder eine Zeitung kaufe und lese, ist die Sonne ausgebrannt.
… So, nu´ geht’s wieder.
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Bild: »Fear! The Abmahnanwalt«, Copyright Johannes Kretzschmar, CC BY-NC-SA