Gamescom und Sicherheit – Teil zwei

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Wäh­rend mei­nes Urlaubs hat­te ich bei den Games­com-Ver­an­stal­tern wegen der in mei­nen Augen völ­lig über­zo­ge­nen Sicher­heits­maß­nah­men ange­fragt und es wur­de bereits fest­ge­stellt, dass Plüsch­tie­re und Sty­ro­por­vö­gel dann offen­bar plötz­lich doch kei­ne Waf­fen sind. Den­noch waren wei­ter­hin Fra­gen offen, des­we­gen hak­te ich nach. Auch inter­es­sier­te mich, ob es die Ver­an­stal­ter tat­säch­lich nicht für … »unge­schickt« hal­ten, wenn einer­seits dra­ko­ni­sche Sicher­heits­re­geln auf­ge­stellt wer­den und ande­rer­seits aus­ge­rech­net die Tür­kei als Part­ner­land 2016 dabei ist.

Hier noch­mal mei­ner Anfrage:

Sehr ge­ehrte Frau xxxx,

wird das auch öf­fent­lich ge­macht? Die Cos­play­er­szene er­geht sich seit ges­tern in er­heb­lich kri­ti­schen Äu­ße­run­gen und in­ten­si­ver Dis­kus­sion über das Ver­hal­ten der Ga­­mes­­com-Ver­­an­stal­­ter und die völ­lig un­kla­ren Be­din­gun­gen hin­sicht­lich er­laub­ter Ge­gen­stände. Wer­den Sie die­se noch deut­li­cher for­mu­lie­ren, da­mit die Cos­player eine hö­here Si­cher­heit be­kom­men, nicht am Ein­gang ab­ge­wie­sen zu wer­den, oder Ge­gen­stände kon­fis­ziert zu be­kom­men? Was ist mit Per­so­nen, die kei­ne Kennt­nis von den „Re­geln“ er­lan­gen konn­ten? Wer­den die ein­ge­zo­ge­nen Ge­gen­stände sol­cher Per­so­nen ge­kenn­zeich­net, ge­sam­melt und nach Be­such­sende zu­rück­ge­ge­ben? Oder wer­den in­kri­mi­nierte Ge­gen­stände ver­nich­tet? Wer­den sol­che Per­so­nen trotz gül­ti­ger Ein­tritts­karte ab­ge­wie­sen, wenn sie mit ei­ner Ver­nich­tung ih­res Be­sit­zes nicht ein­ver­stan­den sind? Wie sind also die kon­kre­ten Bedingungen?

Für wei­tere In­for­ma­tio­nen be­danke ich mich im voraus.

Die Ant­wort bekam ich erst auf noch­ma­li­ge Nach­fra­ge, in die­ser hat­te ich mei­ne Fra­gen wie folgt ergänzt:

Hal­ten Sie es nicht für gera­de­zu gro­tesk, wenn Sie für die Besu­cher erheb­lich ein­schrän­ken­de »Sicher­heits­re­geln« for­mu­lie­ren aber gleich­zei­tig aus­ge­rech­net die Tür­kei als Games­com-Part­ner­land für das Jahr 2016 einladen?

Sind Sie nicht der Ansicht, dass eine der­art dras­ti­sche und ein­sei­ti­ge Ver­än­de­rung der Ver­an­stal­tungs-AGB gemäß deut­schem Recht ein gewich­ti­ger Grund für eine Ver­trags­auf­lö­sung durch die Besu­cher ist? Sprich: Dass die­se ihr Ticket zurück­ge­ben und ihr Geld zurück­ver­lan­gen können?

Die­se klang stel­len­wei­se leicht … eingeschnappt:

Sehr geehr­ter Herr Holzhauer,
anbei die Beant­wor­tung Ihrer Fragen:

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on der ver­stärk­ten Sicher­heits­maß­nah­men und ver­schärf­ten Kos­tüm­be­stim­mun­gen wur­den über unse­re bestehen­den Kanä­le an die Teil­neh­mer der games­com kom­mu­ni­ziert. Fra­gen und Unklar­hei­ten, die bei uns im Call Cen­ter oder in unse­ren Social Media Kanä­len auf­tre­ten, beant­wor­ten wir.

Sofern jemand, gemäß Ihrer Fra­ge ein Cos­play­er kei­ne Kennt­nis von den ange­pass­ten Sicher­heits­maß­nah­men und Kos­tüm­be­stim­mun­gen erhal­ten hat, und sei­ne Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­chen Gegen­stän­de zum Gelän­de mit­bringt gilt: Vor den Kon­troll­stel­len im Außen­be­reich wer­den Gar­de­ro­ben­zel­te auf­ge­stellt. Hier kön­nen bean­stan­de­te Gegen­stän­de kos­ten­pflich­tig abge­ge­ben wer­den. Da Sie mit Ihrer Arbeit ja dazu bei­tra­gen, Men­schen zu infor­mie­ren, hier noch ein­mal der Hin­weis für Privatbesucher:

Lasst, wenn nicht zwin­gend erfor­der­lich, Taschen und Ruck­sä­cke sowie Gegen­stän­de aller Art, die ihr nicht zwin­gend für den Besuch der games­com benö­tigt, bit­te zu Hau­se, um die War­te­zei­ten so gering wie mög­lich zu hal­ten. Denn: An den Ein­gän­gen wer­den noch vor Betre­ten des Mes­se­ge­län­des Kon­troll­maß­nah­men, inkl. Taschen­kon­trol­len, durch­ge­führt. Die Kon­trol­len sind varia­bel ange­legt und rich­ten sich nach kurz­fris­ti­gen Rück­spra­chen mit den Sicher­heits­be­hör­den. Bit­te stellt euch auf län­ge­re War­te­zei­ten ein und unter­stützt uns, durch kein oder wenig Mes­se­ge­päck, bei den Kon­troll­maß­nah­men. Zur Pla­nung eurer Anrei­se: Die Sicher­heits­kon­trol­len star­ten ab 07:00 Uhr. War­te­zei­ten müs­sen ein­ge­plant werden.
Cos­play­er: Die games­com lebt auch von der Krea­ti­vi­tät eurer Kos­tü­me und daher sind Cos­play­er auch wei­ter­hin herz­lich will­kom­men. Auf­grund der Ereig­nis­se der letz­ten Tage bit­ten wir um euer Ver­ständ­nis, dass alle Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­che Ele­men­te in eurem Kos­tüm auf der games­com 2016 nicht zuge­las­sen sind. Wir möch­ten euch bit­ten, auch in der Stadt auf das Tra­gen von Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­chen Gegen­stän­den mit Rück­sicht auf die Bewoh­ner und Besu­cher der Stadt Köln zu verzichten.
Hin­ter­grund die­ser Ver­schär­fung der Kos­tüm­be­stim­mun­gen ist es, ins­be­son­de­re Kin­der und Fami­li­en sowie ande­re Besu­cher der games­com, aber auch Bewoh­ner und Gäs­te der Stadt Köln, durch täu­schend ech­te Kos­tü­me, die teil­wei­se auch Nach­bil­dun­gen von Waf­fen und/oder waf­fen­ähn­li­chen Gegen­stan­de beinhal­ten, nicht zu ver­ängs­ti­gen. Sämt­li­che Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­che Bestand­tei­le eures Kos­tüms ? unab­hän­gig von Mate­ri­al und Grö­ße ? wer­den euch vor Ein­tritt in das Gelän­de abge­nom­men. Daher bit­ten wir euch, die­se nicht mit zur games­com zu bringen.
Wal­king Acts der Aus­stel­ler auf der gamescom:
Genau­so wie Cos­play­er soll es auf der games­com auch wei­ter­hin Wal­king Acts der Aus­stel­ler geben. Die­se wer­den aber vor­ab bei uns ange­mel­det und mög­li­che Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­che Gegen­stän­de noch vor Beginn der games­com geprüft und gekenn­zeich­net. Nach der Prü­fung dür­fen die­se Kos­tüm­be­stand­tei­le das Mes­se­ge­län­de wäh­rend der Lauf­zeit der games­com nicht mehr verlassen.

Ergän­zend auf Ihre Fra­ge zur »Ticket­rück­ga­be«: Mit dem Erwerb einer Ein­tritts­kar­te für den Besuch der games­com erhält man das Recht, das Mes­se­ge­län­de zu betre­ten und die dort aus­ge­stell­ten Pro­duk­te in Augen­schein zu neh­men. Ein­zel­ne Besucher/Besuchergruppen nut­zen die Mes­se, um Tei­le ihrer (Rollenspiel-)Verkleidung zur Schau zu stel­len. Dies ist aber nicht Bestand­teil des Ver­tra­ges. Den Ticket­preis kann man sich also nicht erstat­ten lassen.

Ich den­ke, dann soll­ten Ihre Fra­gen jetzt beant­wor­tet sein.

Grü­ße
xxxx

Den größ­ten Teil der Ant­wort nimmt die schlich­te Wie­der­ho­lung der bereits bekann­ten »Regeln« ein, dar­in ist nichts Neu­es zu fin­den. Sub­li­mie­ren wir also mal die neu­en Informationen:

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on der ver­stärk­ten Sicher­heits­maß­nah­men und ver­schärf­ten Kos­tüm­be­stim­mun­gen wur­den über unse­re bestehen­den Kanä­le an die Teil­neh­mer der games­com kom­mu­ni­ziert. Fra­gen und Unklar­hei­ten, die bei uns im Call Cen­ter oder in unse­ren Social Media Kanä­len auf­tre­ten, beant­wor­ten wir.

Sofern jemand, gemäß Ihrer Fra­ge ein Cos­play­er kei­ne Kennt­nis von den ange­pass­ten Sicher­heits­maß­nah­men und Kos­tüm­be­stim­mun­gen erhal­ten hat, und sei­ne Nach­bil­dun­gen von Waf­fen oder waf­fen­ähn­li­chen Gegen­stän­de zum Gelän­de mit­bringt gilt: Vor den Kon­troll­stel­len im Außen­be­reich wer­den Gar­de­ro­ben­zel­te auf­ge­stellt. Hier kön­nen bean­stan­de­te Gegen­stän­de kos­ten­pflich­tig abge­ge­ben werden.

Ergän­zend auf Ihre Fra­ge zur »Ticket­rück­ga­be«: Mit dem Erwerb einer Ein­tritts­kar­te für den Besuch der games­com erhält man das Recht, das Mes­se­ge­län­de zu betre­ten und die dort aus­ge­stell­ten Pro­duk­te in Augen­schein zu neh­men. Ein­zel­ne Besucher/Besuchergruppen nut­zen die Mes­se, um Tei­le ihrer (Rollenspiel-)Verkleidung zur Schau zu stel­len. Dies ist aber nicht Bestand­teil des Ver­tra­ges. Den Ticket­preis kann man sich also nicht erstat­ten lassen.

Mei­ne Anmer­kun­gen hierzu:

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on wird also kom­mu­ni­ziert, das ist erfreu­lich. Was nutzt es aber, wenn auf Anfra­gen in den sozia­len Medi­en nicht geant­wor­tet wird (mir und ande­ren so pas­siert)? Oder wenn jemand kei­ne sozia­len Medi­en nutzt, oder nicht jene, die die Ver­an­stal­ter der Games­com nutzen?

Dass Gar­de­ro­ben­zel­te auf­ge­stellt wer­den sol­len, um dort nicht geneh­mig­te Gegen­stän­de zu lagern, ist immer­hin eine sinn­vol­le Infor­ma­tio­nen. Dass man dafür Geld neh­men will, kann ich aller­dings nur unter »dreist« ein­ord­nen. Denn nach wie vor hat man sich um die Beant­wor­tung der Fra­ge gedrückt, wel­che Gegen­stän­de tat­säch­lich bean­stan­det wer­den. Was »waf­fen­ähn­lich« nach der Mei­nung der Ver­an­stal­ter oder deren Erfül­lungs­ge­hil­fen vom Sicher­heits­dienst ist, wis­sen wir lei­der immer noch nicht, so dass hier eine erheb­li­che Unsi­cher­heit ver­bleibt. Wie unpro­fes­sio­nell sich die Sicher­heits­dienst­ler ver­hal­ten, haben wir zur RPC gese­hen, als Besu­cher damit beläs­tigt wur­den, dass man Nerfs und Pols­ter­waf­fen nicht zulas­sen woll­te (die man drin­nen in gro­ßen Men­gen hät­te erwer­ben kön­nen, dar­über hin­aus wur­den auf dem Gelän­de sogar Blank­waf­fen ver­kauft), und ein Besu­cher befragt wur­de, ob der Pelz an der Gewan­dung von einer geschüt­zen Tier­art stam­me. Dar­an kann man wie­der sehen, dass man nicht jede ein­ge­bil­de­te Figur zum Sicher­heit­ler machen soll­te. Hier leb­ten offen­bar eini­ge jun­ge Män­ner Macht­phan­ta­sien aus, die ihnen die Uni­form ein­gibt. Ange­sichts der Ver­hal­tens­wei­sen zur RPC kann man sich leicht aus­ma­len, was mit sol­chen Per­so­nen zur Games­com an den Kon­trol­len gesche­hen wird. Da wer­den dann Plüsch­tie­re und Sty­ro­por­vö­gel eben doch nach Guts­her­ren­art zum waf­fen­ähn­li­chen Objekt dekla­riert. Der Besu­cher hat ja auch kei­ner­lei Mög­lich­keit, sich bei Streit­fra­gen an irgend­ei­ne über­ge­ord­ne­te Instanz zu wen­den, son­dern muss sich den mög­li­cher­wei­se will­kür­li­chen Ent­schei­dun­gen beugen.

Die Hin­wei­se, dass Cos­play nicht Teil des Ein­tritts­prei­ses ist, sind natür­lich am The­ma vor­bei. Die uni­la­te­ral geän­der­ten Bedin­gun­gen und Sicher­heits­maß­nah­men gel­ten ja auch für ganz nor­ma­le Besu­cher und nicht nur für Cos­play­er, des­we­gen kann man die­se Argu­men­ta­ti­on nicht gel­ten las­sen. Die dras­tisch geän­der­ten Sicher­heits­re­geln betref­fen auch nicht gewan­de­te Besu­cher (Taschen­kon­trol­len, War­te­schlan­gen) und stel­len nach mei­ner Ansicht selbst­ver­ständ­lich eine grund­le­gen­de Ände­rung der Bedin­gun­gen dar, die bei Ver­trags­ab­schluss galten.

Voll­kom­men igno­riert hat man mei­ne Fra­ge nach dem Part­ner­land Tür­kei. Auf eine wei­te­re Nach­fra­ge, in der ich auch um Infor­ma­tio­nen zu den Gar­de­ro­ben­prei­sen bat, kam kei­ner­lei Ant­wort mehr. Wie man die Prei­se auf der Games­com kennt, dürf­ten auch die­se eher gepfef­fert sein.

Abschlie­ßend kann ich nur fest­stel­len, dass die Infor­ma­ti­ons­la­ge hin­sicht­lich »waf­fen­ähn­li­cher Gegen­stän­de« wei­ter schlecht bleibt, da man nach wie vor auf­grund aus­blei­ben­der Infor­ma­tio­nen durch die Ver­an­stal­ter nicht weiß, wel­che Gegen­stän­de kon­kret bean­stan­det wer­den, und wel­che zuge­las­sen sind.

Ich kann mich nur wie­der­ho­len: Wenn wir zulas­sen, dass Angst geschürt wird und wir uns unser Leben von über­zo­ge­nen Sicher­heits­maß­nah­men ein­schrän­ken las­sen, haben die Ter­ro­ris­ten gewon­nen, ohne auch nur einen Schuss abzu­feu­ern. In jedem Jahr ster­ben in Deutsch­land zig­tau­sen­de durch Ver­kehrs- und Haus­halts­un­fäl­le oder an Niko­tin. Die Zahl der Toten auf deut­schem Boden auf­grund von Isla­mis­ten in den letz­ten 20 Jah­ren liegt bei zwei (Ange­hö­ri­ge der US-Armee auf dem Frank­fur­ter Flughafen).

auf die Angst

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