Heute erschien der neue Asterix-Band, und dabei handelt es sich um eine runde Nummer, nämlich die 40. Ich war sehr gespannt auf das neue Abenteuer der unkaputtbaren Gallier, die mich seit den frühen 70ern begleiten. Die letzten Alben hatten mir ausgesprochen gut gefallen, da sie den Geist der Comics in die heutige Zeit retten konnten und trotzdem behutsam modernisierten. Dass die Dinger gut sind zeigte mir nicht zuletzt, dass ich während des Lesens immer wieder mal laut loslachte.
Bei DIE WEISSE IRIS hat Fabcaro (Fabrice Caro) den Job des Textern übernommen, den zuvor bei den Fortführungen zwischen 2013 und 2021 Jean-Yves Ferri innehatte. Und auch deswegen fragte ich mich, ob der Übergang von Ferri zu Fabcaro bruchfrei über die Bühne gehen würde.
Ich gehe davon aus, dass dieser Asterix harsche Kritik ernten wird. Denn er tut das, was auch frühere Asterix-Bände immer wieder ausgezeichnet hat: Er macht sich über aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen lustig. Ewig Gestrige werden das selbstverständlich ausblenden, wie sie das immer tun und behaupten »sowas hätte es früher nicht gegeben« – und würden damit perfekt als Karikaturen in DIE WEISSE IRIS passen.
Cäsar ärgert sich wieder einmal darüber, dass man in Sachen widerspenstige Gallier nicht so recht voran kommt. Visusversus, der oberste Medicus seiner Armeen, schlägt eine neue Herangehensweise vor, eine Methode, die er »die weiße Iris« nennt. Da Cäsar sonst nichts mehr einfällt, stimmt er zu.
Visusversus ist ein Schaumschläger in der Form moderner Motivationstrainer oder »Achtsamkeitscoaches«, die die Leute mit haufenweise hohlen Phrasen vollschwallen und die als Philosophie verkaufen. Und er sorgt mit seiner Methode sowohl in den römischen Lagern als auch im gallischen Dorf für reichlich … Veränderungen.
Der Comic spielt dabei sowohl geschickt mit bekannten Versatzstücken aus dem gallischen Dort und seiner Bewohner. Außerdem gibt es reichlich Seitenhiebe auf aktuelle Entwicklungen, die Asterix-typisch sehr charmant daher kommen und in ihrer unnachahmlichen Art in alle Richtungen witzeln. Personen, die sich über auf Straßen festgeklebte Aktivisten aufregen, bekommen ebenso ihr Fett weg, wie die Deutsche Bahn und ihre Verspätungsausreden, Elektro-Roller, Achtsamkeit, Umwelt, Selbstoptimierung, Feminismus, Hipster mit Stadtflucht-Träumen und zahlreiche andere aktuelle Themen mehr. Und das ist eben auch der Grund, warum diejenigen, die merkbefreit ständig über »Wokeness« schwadronieren hier vermutlich nicht amüsiert sein werden. Und damit exakt beweisen, warum die Gags ziehen (oder sie merken das gar nicht, weil sie den Inhalt falsch interpretieren und sich bestätigt fühlen, »Wokeness«-Schreier sind ja meist nicht sonderlich intelligent).
Nebenbei wird aber auch noch eine wirklich witzige Asterix-Geschichte erzählt, die in zahllosen Facetten an die frühen Bände erinnert und die den Bewohnern des gallischen Dorfes auch mal wieder etwas zu tun gibt. Und nebenbei hatte ich auch dieses Mal ein paar laute Lacher beim Lesen. Ich muss allerdings zugeben, dass DIE WEISSE IRIS ein paar Seiten brauchte, bis sie zündete. Man muss in das Konzept und die Idee tatsächlich erstmal reinkommen. Und keine Sorge: Auch wenn Profikritiker auf Qualitätsmedien behaupten, im »modernisierten, revolutionierten« Asterix gäbe es kein Gekloppe mehr, müssen die was anderes gelesen haben, als ich.
Wie schon bei den letzten Asterix-Bänden bewerte ich auch diesen mit »alle Daumen hoch«, insbesondere weil man sich mal wieder traut, aktuelle Themen auf äußerst augenzwinkernde Weise mit einzubauen und das in deutlich stärkerem Maß als in den letzten Bänden. So gehört sich das und wer sich darüber aufregt, der kann ja was anderes lesen. Dabei bleibt Asterix so wie er war: Gegen Trends gebügelt und diese Mischung aus Vertrautem und minimal neuem inhaltlichen Stil, der aber immer der Vorlage deutlich treu bleibt und sich traut, auf äußerst charmante Art in alle Richtungen auszuteilen.
ASTERIX – DIE WEISSE IRIS erschien am 26. Oktober 2023, die deutschsprachige Ausgabe bei Egmont Ehapa Media. Die Softcover-Ausgabe kostet 7,99 Euro, das Hardcover schlägt mit 13,50 Euro ins Kontor.
Coverabbildung: ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2023 HACHETTE LIVRE / GOSCINNY-UDERZO