Wahnsinn! »S« von J. J. Abrams und Doug Dorst

Wahnsinn! »S« von J. J. Abrams und Doug Dorst

Cover S

Heu­te schrei­be ich über ein Buch, bevor ich es gele­sen habe. War­um ich das tue? Ein­fach: Weil ich noch nie etwas so Abge­fah­re­nes gese­hen habe und auch noch nie ein Buch mit einem der­ar­tig coo­len und kon­se­quent durch­ge­zo­ge­nen Kon­zept in Hän­den hat­te. Allein auf­grund der Auf­ma­chung hat es bei mir bereits gewon­nen, bevor ich auch nur eine Zei­le gele­sen habe. Das ist kein Lesen, das ist Erleben.

Es war bekannt, dass es ein Buch mit dem Titel »S« geben wür­de, bei dem die Idee vom Regis­seur, Pro­du­zen­ten und Hol­ly­wood-Wun­der­kind J. J. Abrams stammt, der bekann­ter­ma­ßen nicht nur STAR TREK auf­ge­mischt hat, son­dern auf bei der Fort­füh­rung der STAR WARS-SAGA Regie füh­ren wird. Umge­setzt wur­de die­se Idee vom preis­ge­krön­ten US-Autor Doug Dorst.

Das Kon­zept ist der Knül­ler. In einem Papp­schu­ber fin­det sich das Buch SHIP OF THESEUS des Autoren V. M. Stra­ka, das schein­bar aus dem Jahr 1949 stammt, auf alt getrimmt ist und aus­sieht wie ein Biblio­theks­ex­em­plar, inklu­si­ve Inven­tur­auf­kle­ber und Aus­leih­s­tem­peln auf der letz­ten Sei­te. Schlägt man es auf, trifft man nicht nur auf zahl­lo­se Rand­no­ti­zen, die von den eigent­li­chen Prot­ago­nis­ten ver­fasst wur­den, son­dern es lie­gen zudem Unmen­gen von Begleit­ma­te­ri­al zum Inhalt bei: Post­kar­ten, Zei­tungs­aus­schnit­te, Ein­tritts­kar­ten, hand­schrift­li­che Noti­zen und Abhand­lun­gen, Skiz­zen auf Ser­vi­et­ten (im Ernst!) und sogar eine Dechif­frier­schei­be, die man offen­bar benö­tigt, um das Rät­sel zu lösen. Die Illu­si­on ist so echt, dass man meint, ein altes Buch zu rie­chen, obwohl der muf­fig-Fak­tor fehlt, wie ein schnel­les Schnüf­feln bewies.

Hin­ter­grund: In einer Leih­bü­che­rei ent­leiht eine jun­ge Frau das Buch und ent­deckt dar­in die Anmer­kun­gen eines Frem­den. Sie fügt ihre Anmer­kun­gen hin­zu und lässt das Buch wider­um für den Frem­den zurück, der erneut ant­wor­tet. Die­ses Spiel wie­der­holt sich mehr­fach und das Ergeb­nis des Aus­tauschs über die Aben­teu­er des fik­ti­ven Autoren und der Recher­chen der bei­den erge­ben das Gesamtkunstwerk.

Und hier zeigt sich auch, dass man­ches eben nicht als eBook geht. »S« liegt auch als eBook vor, aber das Gesamt­kon­zept funk­tio­niert in elek­tro­ni­scher Form nicht, in die­sem Fall geht durch die zahl­lo­sen Gim­micks, das auf alt getrimm­te Buch und Rand­no­ti­zen und ‑Zeich­nun­gen, aus­schließ­lich das gedruck­te Werk.

Buch mit Gimmicks

Gran­di­os und vor allem: das ist mit der­art viel Lie­be fürs Detail umge­setzt, dass es eine wah­re Freu­de ist. Das Papier des Buches ist an den Rän­dern ver­gilbt, bei den unge­zähl­ten Gim­micks hat man Wert auf Authen­ti­zi­tät gelegt, bis hin zu Brief­mar­ken und Post­stem­peln – oder eben der erwähn­ten Ser­vi­et­te: es han­delt sich wirk­lich um eine.

Ich kann jedem, der auf sol­ches abge­fah­re­ne Zeug steht nur enpfeh­len: kau­fen! Selbst wenn der Inhalt schlecht sein soll­te, was ich nicht glau­ben kann, sind allein die Auf­ma­chung und die zahl­lo­sen Bei­la­gen die müden 17 Euro Wert, die man auf Ama­zon dafür ansagt. [Update: Der Preis ist kurz nach der Ver­öf­fent­li­chung die­ses Arti­kels von Ama­zon wie­der auf 19,95 Euro hoch­ge­setzt wor­den. Das ist aber immer noch ein Mord­s­preis für das Gebotene]

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