Cory Doctorow: Das EU-Parlament unterzeichnet ein katastrophales Internetgesetz: Was passiert als nächstes?

Cory Doctorow: Das EU-Parlament unterzeichnet ein katastrophales Internetgesetz: Was passiert als nächstes?

Der fol­gen­de Text ist im Ori­gi­nal von Cory Doc­to­row und von der Web­sei­te der Elec­tro­nic Fron­tier Foun­da­ti­on, er und die Gra­fik ste­hen wie die­se Über­set­zung unter CC-BY

In einer erschüt­tern­den Ableh­nung des Wil­lens von fünf Mil­lio­nen Online-Peten­ten und über 100.000 Demons­tran­ten an die­sem Wochen­en­de hat das Euro­päi­sche Par­la­ment den gesun­den Men­schen­ver­stand und den Rat von Wis­sen­schaft­lern, Tech­no­lo­gen und UN-Men­schen­rechts­ex­per­ten auf­ge­ge­ben und das Urhe­ber­recht in der digi­ta­len Bin­nen­markt­richt­li­nie in sei­ner Gesamt­heit gebilligt.

Es gibt jetzt nur noch wenig, was ver­hin­dern kann, dass die­se Bestim­mun­gen zum Gesetz der Län­der in ganz Euro­pa wer­den. Es ist theo­re­tisch mög­lich, dass der end­gül­ti­ge Text auf der Tagung des Euro­päi­schen Rates Ende die­ses Monats nicht die Zustim­mung einer Mehr­heit der Mit­glied­staa­ten fin­den wird, aber dazu müss­te min­des­tens ein Schlüs­sel­land sei­ne Mei­nung ändern. Zu die­sem Zweck ver­dop­peln deut­sche und pol­ni­sche Akti­vis­ten bereits ihre Bemü­hun­gen, die wich­tigs­ten Stim­men ihrer Regie­rung zu verschieben.

Wenn die­ser Ver­such fehl­schlägt, wer­den die Ergeb­nis­se lang­fris­tig und chao­tisch sein. Im Gegen­satz zu EU-Ver­ord­nun­gen wie der DSGVO, die zu einem Gesetz wer­den, indem sie durch die zen­tra­len EU-Insti­tu­tio­nen ver­ab­schie­det wer­den, müs­sen EU-Richt­li­ni­en umge­setzt wer­den: sie müs­sen zu natio­na­lem Recht jedes Mit­glieds­lan­des wer­den. Die Län­der haben bis 2021 Zeit, um die Urhe­ber­rechts­richt­li­nie umzu­set­zen, aber die EU hält ihre Mit­glie­der sel­ten an die­se Frist, so dass es noch län­ger dau­ern könnte.

Lei­der ist es wahr­schein­lich, dass die ers­te Umset­zung der Richt­li­nie von den Län­dern kom­men wird, die ihre Annah­me am meis­ten unter­stützt haben. Die der­zei­ti­ge Grup­pe der fran­zö­si­schen Poli­ti­ker hat sich stets für die schlimms­ten Tei­le der Richt­li­nie ein­ge­setzt, und die Macron-Regie­rung könn­te ver­su­chen, einen frü­hen Sieg für die Medi­en­un­ter­neh­men des Lan­des zu erzielen.

Län­der, deren Poli­tik stär­ker gespal­ten war, wer­den zwei­fel­los län­ger brau­chen. In Polen wur­den die Poli­ti­ker von wüten­den Wäh­lern bela­gert, die woll­ten, dass sie die Richt­li­nie ableh­nen, wäh­rend sie gleich­zei­tig mit scham­lo­sen Dro­hun­gen von natio­na­len und loka­len Zei­tungs­be­sit­zern kon­fron­tiert wur­den, die warn­ten, dass sie jeden Poli­ti­ker, der gegen Arti­kel 11 gestimmt hat­te, »nicht ver­ges­sen« wür­den. Die Ver­ab­schie­dung der Richt­li­nie wird die­se Tren­nung zwi­schen dem pol­ni­schen Volk und dem Medi­en­un­ter­neh­men auf­recht­erhal­ten, wobei die Poli­ti­ker dar­um kämp­fen, eine inner­staat­li­che Lösung zu fin­den, die ihre Aus­sich­ten bei kei­ner der bei­den Grup­pen beeinträchtigt.

Die Rhe­to­rik in Deutsch­land in den letz­ten Tagen war nicht viel bes­ser. Deut­sche Poli­ti­ker behaup­te­ten mit unbe­weg­ten Gesich­tern, dass die Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men die Demons­tran­ten an die­sem Wochen­en­de für den Marsch auf die Stra­ße bezahlt hät­ten. Unter­des­sen leg­te die Christ­lich-Demo­kra­ti­sche Uni­on, die Par­tei von Ange­la Mer­kel, deren eige­ner Axel Voss als Anfüh­rer der Richt­li­nie agier­te, einen poli­ti­schen Vor­schlag vor, der vor­schlug, Arti­kel 13 nicht mit Fil­tern, son­dern mit einem pau­scha­len Lizenz­sys­tem umzu­set­zen. Juris­ten haben bereits erklärt, dass die­se Lizen­zen nicht den stren­gen Anfor­de­run­gen von Arti­kel 13 ent­spre­chen wer­den – aber es wird für die CDU schwie­rig wer­den, von die­ser Ver­pflich­tung jetzt Abstand zu nehmen.

Damit kom­men wir zur Zukunfts­per­spek­ti­ve der recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen vor den euro­päi­schen Gerich­ten. Im Gegen­satz zur DSGVO, die den bestehen­den Regu­lie­rungs­be­hör­den die kla­re Befug­nis gab, die­ses Gesetz und sei­ne Unklar­hei­ten zu beur­tei­len und durch­zu­set­zen, ist unklar, wer der EU Kon­sis­tenz zwi­schen bei­spiels­wei­se einem har­ten fran­zö­si­schen Régime und einer poten­zi­ell wei­che­ren deut­schen Lösung auf­zwin­gen oder den noto­risch inko­hä­ren­ten Text der Richt­li­nie inter­pre­tie­ren soll.

Das bedeu­tet, dass es am euro­päi­schen Jus­tiz­sys­tem und dem lan­gen, lang­sa­men Weg zu einer end­gül­ti­gen Ent­schei­dung des Obers­ten Gerichts der EU, des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) lie­gen wird, das Gesetz zu korrigieren.

Wir kön­nen davon aus­ge­hen, dass die Medi­en und Rech­te­inha­bern sich für mög­lichst dra­ko­ni­sche natio­na­le Geset­ze ein­set­zen und dann umge­hend zu den Gerich­ten mar­schie­ren, um Geld­bu­ßen zu ver­hän­gen, wenn jemand online über die unschar­fen Gren­zen des Geset­zes wan­dert. Die Richt­li­nie ist so geschrie­ben, dass jeder Eigen­tü­mer von urhe­ber­recht­lich geschütz­tem Mate­ri­al von einem Inter­net­dienst Erfül­lung ver­lan­gen kann, und wir haben bereits gese­hen, dass die Rech­te­inha­ber kei­nes­wegs einig sind, was Big Tech tun soll. Was auch immer Inter­net­un­ter­neh­men und ‑Orga­ni­sa­tio­nen tun, um 27 oder mehr natio­na­le Geset­ze ein­zu­hal­ten – von der voll­stän­di­gen Ein­stel­lung von Links zu euro­päi­schen Nach­rich­ten­sei­ten über die Erhö­hung ihrer ohne­hin schon über­emp­find­li­chen Fil­ter­sys­te­me bis hin zu Geschäf­ten mit wich­ti­gen Medi­en­kon­zer­nen – wird von der einen oder ande­ren Frak­ti­on der Rech­te­inha­ber in Fra­ge gestellt werden.

Aber es gibt auch Mög­lich­kei­ten für die Gerich­te, die Richt­li­nie in den Griff zu bekom­men – oder sogar ihre schlimms­ten Arti­kel ganz zu strei­chen. Ein zen­tra­les Para­do­xon, das den Kern der Richt­li­nie aus­macht, muss sehr bald gelöst wer­den. Arti­kel 13 soll mit der älte­ren E‑Com­mer­ce-Richt­li­nie ver­ein­bar sein, die aus­drück­lich jede Ver­pflich­tung zur pro­ak­ti­ven Über­wa­chung der Durch­set­zung von geis­ti­gem Eigen­tum ver­bie­tet (eine Bestim­mung, die vom EuGH 2011 bestä­tigt und ver­stärkt wur­de). Alle gesetz­lich vor­ge­schrie­be­nen Fil­ter könn­ten ange­foch­ten wer­den, um die­se Inkon­sis­tenz zu beseitigen.

Aber wer wird die Inter­net­nut­zer vor Gericht ver­tre­ten? Big Tech hat eini­ge Beweg­grün­de und Mil­lio­nen, es zu tun, aber nach die­ser schwe­ren Nie­der­la­ge kön­nen die­se zuneh­mend defen­si­ven Rie­sen durch­aus ent­schei­den, dass es bes­ser sein wird, sich außer­ge­richt­lich zu eini­gen und ein Geschäft abzu­schlie­ßen, das den eta­blier­ten Medi­en in Euro­pa ein Dane­geld zahlt – zu einem Preis, der poten­zi­el­le Tech-Upstarts bequem aus die­sem Markt aus­schließt und die Markt­do­mi­nanz der Gro­ßen zementiert.

Das bedeu­tet, dass sich die euro­päi­schen Inter­net­nut­zer nicht auf die Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men ver­las­sen kön­nen, sich gegen das Gesetz zu weh­ren. Der Kampf muss fort­ge­setzt wer­den, wie es in den letz­ten Wochen der Fall war, wobei sich Mil­lio­nen von All­tags­nut­zern online und auf der Stra­ße zusam­men­schlie­ßen, um ihr Recht auf Zen­sur­frei­heit und freie Kom­mu­ni­ka­ti­on ohne algo­rith­mi­sche Zen­so­ren oder will­kür­li­che Lizenz­for­de­run­gen zum Aus­druck zu bringen.

EU-Neti­zens müs­sen unab­hän­gi­ge euro­päi­sche digi­ta­le Rech­te­grup­pen orga­ni­sie­ren und unter­stüt­zen, die bereit sind, die Richt­li­nie vor Gericht anzufechten.

Und außer­halb Euro­pas wer­den sich die Freun­de des Inter­nets dar­auf ein­stel­len müs­sen, gegen Urhe­ber­rechts­ma­xi­mis­ten vor­zu­ge­hen, die ver­su­chen, die­se schreck­li­che Richt­li­nie in den Rest der Welt zu expor­tie­ren. Wir müs­sen und wer­den uns zusam­men­schlie­ßen und zusam­men­hal­ten, um die­se Richt­li­nie in Euro­pa zu stop­pen und ihre wei­te­re Ver­brei­tung zu verhindern.

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EU-Verwerterreform: Wo man vielleicht nicht mehr kaufen möchte und wo man möglicherweise nicht mehr Mitglied sein will.

EU-Verwerterreform: Wo man vielleicht nicht mehr kaufen möchte und wo man möglicherweise nicht mehr Mitglied sein will.

Dank eines Teils der Poli­ti­ker im EU-Par­la­ment haben heu­te die Ver­wer­ter (Ver­la­ge, Musik­la­bels, Bör­sen­ver­ein und wie sie alle hei­ßen) ein gigan­ti­sches Geschenk bekom­men, das uns alle betref­fen wird, das das Inter­net welt­weit zen­sie­ren wird und das dazu führt, dass Urhe­ber (um die es ja vor­geb­lich ging) WENIGER vom Ver­trieb ihrer Wer­ken bekom­men wer­den. Wei­ter­hin wer­den es unab­hän­gi­ge Urhe­ber, die sich nicht irgend­wel­chen Ver­la­gen oder Agen­tu­ren anschlie­ßen wol­len, es durch die Zen­sur­fil­ter in Zukunft erheb­lich schwe­rer haben, ihren Con­tent an die Ziel­grup­pe zu brin­gen. Denn all das war nie dafür gedacht, den Urhe­bern mehr Rech­te und Geld zu ver­schaf­fen, son­dern aus­schließ­lich den Verwertern.

Urhe­ber?

Aller­dings haben auch hau­fen­wei­se Urhe­ber für die­se soge­nann­te Reform getrom­melt. Man muss sich fra­gen: Wie sind die gekö­dert wor­den? Auf der ande­ren Sei­te haben ins­be­son­de­re bekann­te und berühm­te Urhe­ber ein Inter­es­se dar­an, dass die klei­nen unsicht­bar wer­den, war­um ist auch ganz ein­fach zu ver­ste­hen: Dadurch ver­schwin­det Konkurrenz.

Des­we­gen kann man mal dar­über nach­den­ken, ob man mög­li­cher­wei­se von sol­chen Künst­lern, Ver­la­gen, Musik­la­bels und so wei­ter ein­fach nichts mehr kau­fen möchte.

Eine Lis­te fin­det man auf Hel­ga Trü­pels Sei­te »#manifesto4copyright«. Vor dem Kauf von Wer­ken könn­te man da mal einen Blick dar­auf wer­fen und dann über­le­gen, ob man die­ses Werk tat­säch­lich benö­tigt, oder ob man viel­leicht lie­ber etwas von einem unab­hän­gi­gen Künst­ler kau­fen möch­te. Zusätz­lich könn­te man in Zukunft vor jedem Kauf eines Musik­stücks, Buches oder sons­ti­gen Wer­kes mal eine Such­ma­schi­ne der eige­nen Wahl befra­gen, wie der oder die Künst­ler zur EU-Urhe­ber­rechts­re­form ste­hen. Wir leben ja (noch) in einem frei­en Land und nie­mand kann zu Käu­fen gezwun­gen wer­den. Man könn­te also ein­fach mal mit den Füßen abstim­men. Ich möch­te natür­lich kei­nes­wegs zu einem Boy­kott auf­ru­fen, aber es kann jeder mit sich selbst aus­ma­chen, wem man Geld hin­ter­her wirft.

Ver­bän­de und Vereine?

Und dann sind da noch Ver­bän­de und Ver­ei­ne, die eigent­lich für ihre Mit­glie­der agie­ren soll­ten, aber in Sachen Urhe­ber­rechts­re­form genau das Gegen­teil getan haben.

Eine Lis­te von Ver­ei­nen, Ver­bän­den und Lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen, die für die Urhe­ber­rechts­re­form getrom­melt haben, fin­det man als PDF bei enpa.eu (und falls es da ver­schwin­den soll­te, habe ich eine Kopie).

Da könn­te sich jedes Mit­glied über­le­gen, ob man die­se Ver­ei­ne und Ver­bän­de tat­säch­lich noch durch Mit­glied­schaft und damit Geld unter­stüt­zen möch­te. Auch das muss natür­lich jeder mit sich selbst aus­ma­chen, und ich möch­te hier kei­nes­falls dazu aufrufen …

Logo Ban Con­tent von der Elec­tro­nic Fron­tier Foun­da­ti­on, CC-BY

#saveyourinternet Demos: Wir sind alle nur gekauft!

#saveyourinternet Demos: Wir sind alle nur gekauft!

Heu­te war ich wie vie­le zehn­tau­sen­de ande­re in Deutsch­land (inzwi­schen wird bei seriö­sen Quel­len von »weit über 100000 Per­so­nen« gere­det – Update: über 150000!) für ein frei­es Inter­net auf der Stra­ße, das lob­by­ge­steu­er­te EU-Poli­ti­ker, allen vor­an Axel Voss (CDU), zuguns­ten von Ver­wer­tern und wei­te­ren Inter­es­sen­grup­pen zer­stö­ren wollen.

Vor­geb­lich ist dabei immer vom Urhe­ber­recht die Rede und davon, dass Krea­ti­ve ange­mes­sen ent­lohnt wer­den sol­len. Das ist aller­dings nur vor­ge­scho­ben, denn die Rea­li­tät sieht völ­lig anders aus, bei­spiels­wei­se sol­len die Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten wie VG Wort in Zukunft wie­der die Hälf­te der Ein­nah­men an die Ver­wer­ter (also bei­spiels­wei­se Ver­la­ge) aus­schüt­ten, statt wie es nach höchst­rich­ter­li­cher Ent­schei­dung sein muss alles an die Urhe­ber. Die­ses höchst­rich­ter­li­che Urteil war den Ver­wer­tern ein Dorn im Auge und es wur­de bei­spiels­wei­se durch den Bör­sen­ver­ein des deut­schen Buch­han­dels mas­si­ve Lob­by­ar­beit betrie­ben, damit im EU-Recht fest­ge­schrie­ben wer­den soll, dass die Hälf­te des Gel­des wie­der an ver­wer­ter gehen muss.

Wie­so das urhe­ber­freund­lich sein soll, erschließt sich mir nicht. Ich hal­te es für das genaue Gegenteil.

Über die Upload­fil­ter wur­de bereits genug gesagt und ich möch­te dar­auf nicht umfäng­lich wei­ter ein­ge­hen, nur kurz: Sie sind tech­nisch unmög­lich umsetz­bar und wer­den mas­siv over­blo­cken. Unter ande­rem eben auch Wer­ke klei­ner Urhe­ber, die abseits der gro­ßen Ver­wer­ter ihre Wer­ke anbie­ten. Wenn die ihre Wer­ke aber nicht mehr hoch­la­den kön­nen, weil ein Con­tent­fil­ter die falsch als durch drit­te urhe­ber­recht­lich geschützt erkennt, dann hilft das auch die­sen Urhe­bern nicht. Vom Scha­den für die freie Mei­nungs­äu­ße­rung haben wir da noch gar nicht gesprochen.

Es geht hier also gar nicht um Urhe­ber (son­dern um Ver­wer­ter) und die soge­nann­te »Reform«, die das Urhe­ber­recht fürs 21. Jahr­hun­dert fit machen soll, tut genau das Gegen­teil: Sie ist ein Rück­schritt und zemen­tiert über­kom­me­ne, kon­ser­va­ti­ve Geschäfts­mo­del­le, statt dem Rech­nung zu tra­gen, dass wir alle Urhe­ber sind. Die Inter­es­sen der Bür­ger und der Krea­ti­ven wer­den zuguns­ten der Ver­wer­ter kom­plett über Bord gewor­fen, wir inter­es­sie­ren nicht, allein die Inter­es­sen der Ver­wer­ter zählen.

Und heu­te dann gehen so vie­le Men­schen wie noch nie zuvor bei einem netz­po­li­ti­schen The­ma auf die Stra­ßen Deutsch­lands. Allein in Mün­chen kamen nach Anga­ben der Poli­zei 40000 Per­so­nen zusam­men (und die Poli­zei schätzt immer äußerst kon­ser­va­tiv), um fried­lich für ihre Rech­te zu demonstrieren.Und auch im Rest Euro­pas gab es in zahl­lo­sen Städ­ten Kundgebungen.

Und was macht die CDU: Die lässt jeg­li­che demo­kra­ti­sche wer­te hin­ter sich und behaup­tet allen Erns­tes, wir Demons­tran­ten sei­en alle von irgend­wel­chen US-Fir­men bezahlt. 450 Euro pro Per­son – in mei­ner Tasche ist jeden­falls nichts davon. Ich bin­de den Beweis als Bild ein, falls der Tweet – wie schon frü­he­re aus Rich­tung die­ser Par­tei – plötz­lich verschwindet:

Ich wie­der­ho­le mich: Mit die­ser Lüge, die auf dem Niveau von Trump oder Orban ist, hat die CDU den Boden der Demo­kra­tie ver­las­sen. Sie will den Pro­test, der fest in unse­rer Ver­fas­sung ver­an­kert ist, durch die­se offe­nen Falsch­aus­sa­gen diskreditieren.

Das ist zudem ein erneu­ter Beweis, was die­se Geron­ten-Par­tei von der Jugend hält. Geht sie zur Schul­zeit für das Kli­ma und gegen die ver­fehl­te Kli­ma­po­li­tik der letz­ten 25 Jah­re auf die Stra­ße wird dar­auf nicht inhalt­lich ein­ge­gan­gen, es geht nur um »man darf nicht schwän­zen«. Gehen zig-zehn­tau­sen­de am Wochen­en­de auf die Stra­ße, dann fällt den Polit­clowns nichts Bes­se­res ein, als zu behaup­ten die wären alle »von ame­ri­ka­ni­schen Kon­zer­nen« bezahlt.

Das hier geht nicht mehr weg. Die CDU hat es geschafft, eine gan­ze Genera­ti­on gegen sich auf­zu­brin­gen und die Sym­pa­thi­san­ten der Jugend­li­chen wer­den immer mehr. Und über die Jugend­li­chen hin­aus waren heu­te auf der Demo in Düs­sel­dorf auch etli­che Per­so­nen zu sehen, die eher in mei­nem Alter waren (Ich bin ein alter Sack. Ers­ter Com­pu­ter 1979, WWW-Zugang seit Mit­te der 1990er, in der IT tätig). Und ich hof­fe und gehe davon aus, dass es mehr werden.

Soll­te die­ses gro­tes­ke Gesetz am Diens­tag tat­säch­lich ver­ab­schie­det wer­den, dann war das heu­te erst der Anfang, dann muss sich die Geron­to­kra­tie im warm anziehen.

Und obwohl alle Demos heu­te völ­lig fried­lich von­stat­ten gegan­gen sind (es wur­de in Düs­sel­dorf ohne aus­drück­li­che Erlaub­nis noch nicht ein­mal eine frei zugäng­li­che Wie­se betre­ten!): eine Jugend die der­art oft und der­art dreist ver­arscht wird, könn­te sich radi­ka­li­sie­ren und dage­gen könn­ten die 68er wie ein … Kin­der­ge­burts­tag aussehen.

Update: Die Rea­li­tät sieht übri­gens so aus:

#saveyourinternet – PhantaNews am 21.03.2019 nicht erreichbar

#saveyourinternet – PhantaNews am 21.03.2019 nicht erreichbar

Als Pro­test gegen die lob­by­ge­steu­er­te, soge­nann­te EU-Urhe­ber­rechts­re­form und die Arti­kel 11, 12 und 13 wird PhantaNews.de am Don­ners­tag, den 21.03.2019 ganz­tä­gig nicht erreich­bar sein. Wer die Sei­te dann auf­ruft wird einen Info­text zu sehen bekom­men, sowie einen Link zu einer Sei­te, die die Demons­tra­tio­nen gegen die Reform am 23.03.2019 in diver­sen deut­schen Städ­ten listet.

Phan­ta­News hat sich damit der Akti­on »Phantast*Innen gegen Arti­kel 13« ange­schlos­sen, über die man mehr auf der zuge­hö­ri­gen Web­sei­te erfah­ren kann.

Die Pro­ble­me noch mal in Kurzfassung:

Arti­kel 11: Ver­lin­kung wird im Netz schwie­rig bis unmöglich.

Arti­kel 12: Urhe­ber wer­den noch wei­ter mar­gi­na­li­siert, Geld das bei­spiels­wei­se Autoren zusteht wird in Rich­tung Ver­la­ge ver­scho­ben. Es geht hier nicht um Urhe­ber­rech­te, son­dern um Verwerterinteressen.

Arti­kel 13: Con­tent­fil­ter wer­den das Inter­net wie wir es ken­nen abschaf­fen und erheb­li­che Ein­schnit­te für Kunst, frei­en Aus­druck und Mei­nungs­äu­ße­rung brin­gen. Die Über­macht der Inter­net­gi­gan­ten wird zemen­tiert, da kein ande­rer Anbie­ter die Zen­sur­fil­te­r­in­fra­struk­tur imple­men­tie­ren kann.

Dazu noch ein äußerst inter­es­san­tes aktu­el­les Inter­view mit Cory Doc­to­row in der Süd­deut­schen Zei­tung. Und hier ein Text von heu­te auf netzpolitik.org:

Ein­fach aus­ge­drückt ste­hen unab­hän­gi­gen Krea­ti­ven drei Gate­kee­per im Weg: die Platt­for­men, die Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten und die Filtergesellschaften.

Mei­ne Bit­te: geht am Sams­tag für ein frei­es Inter­net auf die Stra­ße und zeigt den kor­rup­ten Poli­ti­kern im EU-Par­la­ment, dass ihr euch das freie Netz nicht weg­neh­men las­sen wollt!

#savey­ourin­ter­net

Künster gegen Artikel 13: Wenn große Techfirmen und große Verwerter sich die Künstler zum Fressen zurechtlegen ist es egal, wer das größere Stück bekommt

Künster gegen Artikel 13: Wenn große Techfirmen und große Verwerter sich die Künstler zum Fressen zurechtlegen ist es egal, wer das größere Stück bekommt

Ori­gi­nal­text von Cory Doc­to­row auf der Web­sei­te der Elec­tro­nic Fron­tier Foun­da­ti­on, Text und Logo CC BY

Arti­kel 13 ist der immer wie­der umstrit­te­ne Vor­schlag, prak­tisch jede Online-Com­mu­ni­ty, jeden Online-Dienst und jede Online-Platt­form für rechts­ver­let­zen­des Mate­ri­al, das von ihren Nut­zern ver­öf­fent­licht wur­de, recht­lich haft­bar zu machen, auch wenn es für den Online-Dienst­leis­ter kei­ne denk­ba­re Mög­lich­keit gab, von einer Urhe­ber­rechts­ver­let­zung zu erfahren.

Dies erfor­dert unvor­stell­ba­re Sum­men, um es über­haupt zu ver­su­chen, und der Ver­such wird schei­tern. Das Ergeb­nis von Arti­kel 13 wird eine radi­ka­le Ver­rin­ge­rung der Alter­na­ti­ven zu den US-Big-Tech-Platt­for­men und den rie­si­gen Medi­en­kon­zer­nen sein. Das bedeu­tet, dass Medi­en­un­ter­neh­men in der Lage sein wer­den, Krea­ti­ve weni­ger für ihre Arbeit zu bezah­len, denn die Krea­ti­ven wer­den kei­ne Alter­na­ti­ve zu den mul­ti­na­tio­na­len Unter­hal­tungs­rie­sen haben.

Die Schöpfer ordentlich vorgeführt

Die Medi­en­un­ter­neh­men brach­ten die Urhe­ber­grup­pen dazu, Arti­kel 13 zu unter­stüt­zen, indem sie argu­men­tier­ten, dass Medi­en­un­ter­neh­men und die von ihnen ver­trie­be­nen Urhe­ber die glei­chen Inter­es­sen hät­ten. Aber im End­spiel von Arti­kel 13 haben die Medi­en­un­ter­neh­men ihre Schöp­fer­kol­le­gen ordent­lich ver­arscht und for­der­ten die Strei­chung von Klau­seln, die die Rech­te der Künst­ler auf eine ange­mes­se­ne Ent­schä­di­gung durch die Medi­en­un­ter­neh­men schütz­ten, was zu völ­lig gerecht­fer­tig­ten Zorn bei die­sen ver­ra­te­nen Künst­ler­rechts­grup­pen führte.

Aber die Rea­li­tät ist, dass Arti­kel 13 immer schlecht für die Urhe­ber sein wür­de. Bes­ten­falls konn­te Arti­kel 13 nur hof­fen, dass er ein paar Euro von der Bilanz von Big Tech in die Bilanz von Big Con­tent ver­schie­ben wür­de (und das wäre wahr­schein­lich ohne­hin eine vor­über­ge­hen­de Situa­ti­on). Weil Arti­kel 13 die Mög­lich­kei­ten für Schöp­fer ver­rin­gern wür­de, indem er unab­hän­gi­ge Medi­en- und Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men zer­schlägt, wür­den alle Mit­nah­me­ef­fek­te, die Medi­en­un­ter­neh­men mach­ten, an ihre Füh­rungs­kräf­te und Aktio­nä­re gehen, nicht an die Künst­ler, die kei­ne ande­re Wahl hät­ten, als das zu schlu­cken und das zu neh­men, was ihnen ange­bo­ten wird.

Denn: Wann hat ein Medi­en­un­ter­neh­men zuletzt ein beson­ders pro­fi­ta­bles Jahr gefei­ert, indem es sei­ne Lizenz­ab­ga­ben erhöht hat?

Es sollten schon immer Filter sein.

Die ers­ten Ver­sio­nen von Arti­kel 13 for­der­ten Unter­neh­men auf, Urhe­ber­rechts­fil­ter nach dem Vor­bild des »Con­tent ID«-Systems von You­Tube zu bau­en: You­Tube lädt eine aus­ge­wähl­te Grup­pe ver­trau­ens­wür­di­ger Rech­te­inha­ber ein, Mus­ter von Wer­ken hoch­zu­la­den, die sie als ihr Urhe­ber­recht gel­tend machen, und blo­ckiert dann das Video eines Benut­zers, das die­sen Urhe­ber­rechts­an­sprü­chen zu ent­spre­chen scheint (oder lei­tet Ein­nah­men davon ab).

Es gibt vie­le Pro­ble­me mit die­sem Sys­tem. Einer­seits beschwe­ren sich gro­ße Medi­en­un­ter­neh­men dar­über, dass sie für enga­gier­te Ver­let­zer viel zu leicht zu umge­hen sind, und ande­rer­seits erkennt Con­tent ID alle mög­li­chen Arten von legi­ti­men Aus­drucks­for­men, ein­schließ­lich Stil­le, Vogel­ge­sang und Musik, die der eigent­li­che Künst­ler zur Ver­brei­tung auf You­Tube hoch­ge­la­den hat. Manch­mal liegt das dar­an, dass ein Rech­te­inha­ber fälsch­li­cher­wei­se Urhe­ber­rech­te bean­sprucht hat, die ihm nicht gehö­ren; manch­mal liegt es dar­an, dass Con­tent ID ein »fal­se posi­ti­ve« erzeugt hat (d.h. einen Feh­ler macht); und manch­mal liegt es dar­an, dass Soft­ware ein­fach nicht den Unter­schied zwi­schen einer ver­let­zen­den Nut­zung eines urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Wer­kes und einer Nut­zung, die unter »fai­res Han­deln« fällt erken­nen kann, wie bei­spiels­wei­se Kri­tik, Kom­men­tar, Par­odie, etc. Nie­mand hat einen Algo­rith­mus zur Erken­nung von Par­odien trai­niert, und nie­mand wird dies in naher Zukunft tun (es wäre schon toll, wenn wir Men­schen dazu brin­gen könn­ten, Par­odien zuver­läs­sig zu erkennen!).

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ARTIKEL 13 STOPPEN

Copy­right-Fil­ter sind eine schreck­li­che Idee. Goog­le hat 100 Mil­lio­nen Dol­lar (und mehr) aus­ge­ge­ben, um einen sehr begrenz­ten Urhe­ber­rechts­fil­ter zu erstel­len, der nur Vide­os betrach­tet und nur Bei­trä­ge einer aus­ge­wähl­ten Grup­pe von vor­ab geprüf­ten Rech­te­inha­bern blo­ckiert. Arti­kel 13 umfasst alle mög­li­chen urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Wer­ke: Text, Audio, Video, Fotos, Soft­ware, Über­set­zun­gen. Und eini­ge Ver­sio­nen von Arti­kel 13 ver­lan­gen von Platt­for­men, dass sie rechts­ver­let­zen­de Ver­öf­fent­li­chun­gen jedes urhe­ber­recht­lich geschütz­ten Wer­kes blo­ckie­ren, selbst sol­che, von denen ihnen nie­mand erzählt hat: Irgend­wie wird Ihr For­umd für Hun­de­freun­de sei­ne Nut­zer dar­an hin­dern müs­sen, 50 Jah­re alte Zei­tungs­ar­ti­kel, Bei­trä­ge von ande­ren Mes­sa­ge-Boards, Fotos, die von Social Media her­un­ter­ge­la­den wur­den, zu pla­gi­ie­ren, etc. Sogar die mil­de­ren »Kom­pro­miss­ver­sio­nen« von Arti­kel 13 sahen vor, dass Online-Diens­te die Ver­öf­fent­li­chung von allem, wor­über sie infor­miert wor­den waren, blo­ckie­ren muss­ten, mit schwe­ren Stra­fen für die Nicht­ein­hal­tung einer For­de­rung und kei­ner­lei Stra­fen für fal­sche Ansprü­che sei­tens der Verwerter.

Aber selbst wenn Fil­ter Din­ge blo­ckie­ren, die kei­ne Urhe­ber­rechts­ver­let­zung dar­stel­len, so ermög­li­chen sie doch dedi­zier­ten Schutz­rechts­ver­let­zern, ohne grö­ße­re Pro­ble­me wei­ter zu machen. Das liegt dar­an, dass Fil­ter rela­tiv ein­fa­che, sta­ti­sche Tech­ni­ken ver­wen­den, um Benut­zer-Uploads zu inspi­zie­ren, und Ver­let­zer kön­nen die Blind­stel­len der Fil­ter aus­tes­ten und ver­schie­de­ne Tech­ni­ken aus­pro­bie­ren, bis sie auf Mög­lich­kei­ten tref­fen, sie zu umge­hen. Bei­spiels­wei­se kön­nen eini­ge Bild­fil­ter umgan­gen wer­den, indem man das Bild von links nach rechts dreht oder es anstel­le von Far­be in Schwarz-Weiß wie­der­gibt. Fil­ter sind »Black Boxes«, die von enga­gier­ten Schutz­rechts­ver­let­zern wie­der­holt getes­tet wer­den kön­nen, um zu sehen, was durchkommt.

Für ehr­lich eNut­zer – die Del­fi­ne, die in den Thun­fi­sch­net­zen des Urhe­ber­rechts gefan­gen sind – gibt es kei­nen Unter­grund mit Hin­weis­ge­bern, die Nie­der­la­ge­tech­ni­ken tei­len, um Ihre Inhal­te zu ent­stau­en. Wenn Sie ein AIDS-For­scher sind, des­sen Vide­os fälsch­li­cher­wei­se von AIDS-Leug­nern bean­sprucht wur­den, um sie zu zen­sie­ren, oder Gege­ner von Poli­zei­bru­ta­li­tät, deren Body­cam-Vide­os von Poli­zei­dienst­stel­len blo­ckiert wur­den, die ver­su­chen, der Kri­tik zu ent­ge­hen, ope­rie­ren Sie bereits an der Gren­ze Ihrer Fähig­kei­ten und ver­fol­gen nur Ihre eige­ne Sache. Sie kön­nen ver­su­chen, zusätz­lich zu Ihrer For­schung, Akti­vis­mus oder Kom­mu­ni­ka­ti­on ein Fil­ter-bre­chen­der Exper­te zu wer­den, aber es gibt nur 24 Stun­den am Tag, und die Über­schnei­dung zwi­schen Men­schen die etwas zu sagen haben und Men­schen, die her­aus­fin­den kön­nen, wie man über­eif­ri­ge (oder kaput­te) Urhe­ber­rechts­fil­tern umgeht, ist schlicht nicht sehr groß.

All dies brach­te die Fil­ter in einen so mie­sen Ruf, dass deren Erwäh­nung aus Arti­kel 13 gestri­chen wur­de, aber trotz der Ver­schleie­rung war klar, dass der Zweck von Arti­kel 13 dar­in bestand, Fil­ter ver­pflich­tend zu machen: Es gibt ein­fach kei­ne Mög­lich­keit, sich vor­zu­stel­len, dass jeder Tweet, jedes Face­book-Update, jeder Mes­sa­ge-Board-Kom­men­tar, jedes Social Media Foto und ande­re benut­zer­ge­ne­rier­te Inhal­te ohne ein auto­ma­ti­sier­tes Sys­tem auf die Ein­hal­tung der Urhe­ber­rech­te eva­lu­iert wer­den kön­nen. Und wenn Sie Online-Foren für die Ver­let­zung durch ihre Nut­zer ver­ant­wort­lich machen, müs­sen sie einen Weg fin­den, um alles zu bewer­ten, was deren Nut­zer veröffentlichen.

Nur weil Künstler Medienunternehmen unterstützen, bedeutet das nicht, dass Medienunternehmen Künstler unterstützen.

Hun­der­te von Mil­lio­nen Euro für den Bau von Fil­tern aus­zu­ge­ben, die nicht Urhe­ber­rechts­ver­let­zer zu stop­pen, statt­des­sen aber legi­ti­me Mate­ria­li­en unzu­läs­sig zen­sie­ren (sei es auf­grund von Bos­heit, Inkom­pe­tenz oder Schlam­pe­rei), wird kein Geld in die Taschen der Künst­ler bringen.

Das heißt nicht, dass die­se (zumin­dest für eine Wei­le) nicht das Gleich­ge­wicht zu den Medi­en­un­ter­neh­men beein­flus­sen wer­den. Weil Fil­ter immer min­des­tens eini­ge Zeit aus­fal­len wer­den, und weil Arti­kel 13 Unter­neh­men nicht von der Haf­tung befreit, wenn dies geschieht, muss Big Tech zu einer Art Über­ein­kunft mit den größ­ten Medi­en­un­ter­neh­men kom­men – »Du kommst aus dem Gefäng­nis frei«-Karten, zusam­men mit direk­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nä­len, die Medi­en­un­ter­neh­men ver­wen­den kön­nen, um ihr eige­nes Mate­ri­al zu ent­fer­nen, wenn es fälsch­li­cher­wei­se durch einen Fil­ter blo­ckiert wird. (Es ist erstaun­lich, wie oft ein Teil eines gro­ßen Medi­en­kon­zerns sei­ne eige­nen Inhal­te sperrt, die von einem ande­ren Teil des­sel­ben Rie­sen­kon­zerns hoch­ge­la­den wurden.)

Aber es ist ziem­lich naiv sich vor­zu­stel­len, dass der Geld­trans­fer von Big Tech zu Big Con­tent Künst­ler berei­chern wird. Da es sich klei­ne­re euro­päi­sche Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men nicht leis­ten kön­nen, Arti­kel 13 ein­zu­hal­ten, wer­den Künst­ler kei­ne ande­re Wahl haben, als sich bei den gro­ßen Medi­en­un­ter­neh­men anzu­mel­den, auch wenn ihnen der ange­bo­te­ne Deal nicht gefällt.

Klei­ne­re Unter­neh­men spie­len heu­te eine wich­ti­ge Rol­le im Tech­no­lo­gie-Öko­sys­tem der EU. Es gibt natio­na­le Alter­na­ti­ven ähn­lich wie Insta­gram, Goog­le und Face­book, die die US Big Tech in ihren Her­kunfts­län­dern über­tref­fen. Die­se wer­den den Kon­takt mit Arti­kel 13 nicht über­le­ben. Die win­zi­gen Aus­nah­men von Arti­kel 13 für klei­ne­re Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men waren ohne­hin nur Maku­la­tur, und die neu­es­te Ver­si­on von Arti­kel 13 macht die­se Aus­nah­men nutz­los.

Klei­ne­re Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men wer­den auch nicht in der Lage sein, die unver­meid­li­che Flut von Ansprü­chen von Copy­right-Trol­len und klein­ka­rier­ten Betrü­gern zu bewäl­ti­gen, die eine sich bie­ten­de Gele­gen­heit wittern.

Klei­ne­re Medi­en­un­ter­neh­men – oft von unab­hän­gi­gen Künst­lern geführt, um ihre eige­nen Krea­tio­nen oder die eini­ger weni­ger Freun­de zu ver­mark­ten – wer­den eben­falls kei­nen Platz am Tisch mit Big Tech fin­den und die­se klei­nen Anbie­ter müs­sen sich aus­schließ­lich dar­auf kon­zen­trie­ren, die Medi­en­rie­sen davon abzu­hal­ten, die Bestim­mun­gen von Arti­kel 13 zu nut­zen, um sie ganz aus dem Geschäft zu drängen.

In der Zwi­schen­zeit wer­den »Fil­ter für alles« eine Gold­gru­be für Betrü­ger und Gau­ner sein, die Künst­ler aus­nut­zen. Arti­kel 13 wird die­se Sys­te­me zwin­gen, sich auf der Sei­te der Über­blo­ckie­rung poten­zi­el­ler Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen zu irren, und das ist ein Glücks­fall für Erpres­ser, die gefälsch­te Urhe­ber­rechts­an­sprü­che nut­zen kön­nen, um die Feeds von Künst­lern abzu­schal­ten und Geld zu ver­lan­gen, um die Ansprü­che auf­zu­he­ben. Theo­re­tisch kön­nen auf die­se Wei­se schi­ka­nier­te Künst­ler ver­su­chen, die Platt­for­men dazu zu brin­gen, den Betrug zu erken­nen, aber ohne den Schutz eines gro­ßen Medi­en­un­ter­neh­mens mit sei­nen Rück­ka­nä­len in die gro­ßen Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men müs­sen sich die­se Künst­ler hin­ter Mil­lio­nen ande­rer Men­schen anstel­len, die zu Unrecht gefil­tert wur­den, um ihren Fall zu vertreten.

Wenn du jetzt schon denkst, dass Big Tech schlecht ist…

Kurz­fris­tig kippt Arti­kel 13 das Spiel­feld in Rich­tung Medi­en­un­ter­neh­men, aber die­ser Vor­teil wird schnell dahin sein.

Ohne die Not­wen­dig­keit, auf­stre­ben­de Kon­kur­ren­ten in Euro­pa zu kau­fen oder zu ver­nich­ten, wer­den die ame­ri­ka­ni­schen Tech­no­lo­gie­rie­sen nur grö­ßer und schwie­ri­ger zu zäh­men sein. Selbst die aggres­si­ve Kar­tell­ar­beit der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on wird wenig zur För­de­rung des Wett­be­werbs bei­tra­gen, wenn der Wett­be­werb gegen Big Tech im Rah­men der Geschäfts­tä­tig­keit Hun­der­te von Mil­lio­nen Euro für die Ein­hal­tung des Urhe­ber­rechts erfor­dert – Kos­ten, die Big Tech wäh­rend des Wachs­tums nie zu tra­gen hat­te, und die die Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men ver­nich­tet hät­ten, bevor sie wach­sen konnten.

Zehn Jah­re nach der Ver­ab­schie­dung von Arti­kel 13 wird Big Tech grö­ßer denn je und noch ent­schei­den­der für den Betrieb von Medi­en­un­ter­neh­men sein. Die Big Tech-Unter­neh­men wer­den die­se Macht nicht als eine öffent­li­che Treu­hand­ge­sell­schaft behan­deln, die für alle gerecht ver­wal­tet wird: Sie wer­den sie als einen wirt­schaft­li­chen Vor­teil behan­deln, der auf jede erdenk­li­che Wei­se genutzt wer­den kann. Wenn der Tag kommt, an dem die FIFA, Uni­ver­sal oder Sky die Techrie­sen Goog­le, Face­book oder Apple viel mehr benö­ti­gen als umge­kehrt, wer­den die Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men aus­pres­sen, aus­pres­sen und auspressen.

Dies wird natür­lich dem Ergeb­nis der Medi­en­un­ter­neh­men scha­den. Aber weißt du, wem es noch scha­den wird?

Künst­lern.

Denn Medi­en­rie­sen, wie ande­re Unter­neh­men, die einen Käu­fer­markt für ihre Roh­stof­fe – also Kunst und ande­re krea­ti­ve Arbei­ten – haben, tei­len ihre Ein­nah­men nicht mit ihren Lie­fe­ran­ten, aber sie erwar­ten von ihren Lie­fe­ran­ten unbe­dingt, dass sie ihre Ver­lus­te mittragen.

Wenn Medi­en­un­ter­neh­men ver­hun­gern, neh­men sie Künst­ler mit. Wenn Künst­ler kei­ne ande­re Wahl haben, wer­den sie von den Medi­en­un­ter­neh­men noch stär­ker ausgepresst.

Was ist zu tun?

Weder Medi­en­rie­sen noch Tech­no­lo­gie­rie­sen haben die Inter­es­sen von Künst­lern im Blick.

Bei­de Arten von Unter­neh­men sind voll von Men­schen, die sich um Künst­ler küm­mern, aber insti­tu­tio­nell han­deln sie für ihre Aktio­nä­re, und jeder Cent, den sie einem Künst­ler geben, ist ein Cent, den sie nicht an die­se Inves­to­ren zurück­ge­ben können.

Eine wich­ti­ge Kon­trol­le die­ser Dyna­mik ist der Wett­be­werb. Den Kar­tell­be­hör­den ste­hen vie­le Instru­men­te zur Ver­fü­gung, die seit mehr als einer Genera­ti­on weit­ge­hend unge­nutzt sind. Unter­neh­men wur­de erlaubt durch Fusio­nen oder durch die Über­nah­me auf­kom­men­der Wett­be­wer­ber zu wach­sen, so dass Künst­ler weni­ger Medi­en­un­ter­neh­men und weni­ger Tech­no­lo­gie­un­ter­neh­men als Ansprech­part­ner haben, was bedeu­tet, dass die­se Unter­neh­men Künst­ler noch enger in den Wür­ge­griff neh­men und ihnen noch weni­ger Geld für ihre Arbeit geben kön­nen. Kar­tell­äm­ter könn­ten das verhindern.

Ein wei­te­rer wich­ti­ger Mecha­nis­mus könn­te eine ech­te Urhe­ber­rechts­re­form sein, wie die Neu­or­ga­ni­sa­ti­on des bestehen­den Rechts­rah­mens für das Urhe­ber­recht oder die För­de­rung neu­er Sys­te­me zur Auf­tei­lung der Ein­nah­men, wie frei­wil­li­ge Rah­men­li­zen­zen, die es Künst­lern ermög­li­chen könn­ten, sich für einen Pool von Urhe­ber­rech­ten gegen Lizenz­ge­büh­ren zu entscheiden.

Ein sol­ches Sys­tem muss dar­auf aus­ge­rich­tet sein, his­to­ri­sche For­men der Kor­rup­ti­on zu bekämp­fen, wie z.B. Ver­wer­tungs­ge­sell­schaf­ten, die Lizenz­zah­lun­gen unge­recht­fer­tigt ver­tei­len, oder Medi­en­un­ter­neh­men, die die­se bean­spru­chen. Das wäre die Art von zukunfts­si­che­rer Reform, die die Urhe­ber­rechts­richt­li­nie hät­te beschrei­ten kön­nen, bevor sie von den Inter­es­sen­ver­tre­tern in Beschlag genom­men wurde.

Ohne die­se Richt­li­ni­en wer­den wir am Ende die Medi­en­un­ter­neh­men berei­chern, aber nicht die Künst­ler, deren Wer­ke sie ver­kau­fen. Auf einem unfai­ren Markt­seg­ment ein­fach mehr Urhe­ber­rech­te an Ver­wer­ter zu ver­ge­ben, ist wie einem gemobb­ten Kind zusätz­li­ches Essens­geld zu geben: Die Bul­lies neh­men sich das zusätz­li­che Geld auch noch, und das Kind wird wei­ter­hin hung­rig sein.

Künst­ler soll­ten auf der Sei­te des frei­en Aus­tauschs stehen.
Es ist ein­fach, sich auf Medi­en und Kunst zu kon­zen­trie­ren, wenn man an Arti­kel 13 denkt, aber dort wird des­sen pri­mä­re Wir­kung nicht zu sehen sein.

Die Platt­for­men, auf die sich Arti­kel 13 rich­tet, sind nicht in ers­ter Linie Unter­hal­tungs­me­di­en: Sie wer­den für alles genutzt, von der Roman­tik bis zum Fami­li­en­le­ben, von der Beschäf­ti­gung bis zur Unter­hal­tung, von Gesund­heit bis Frei­zeit, von Poli­tik und Staats­bür­ger­schaft und mehr.

Urhe­ber­rechts­fil­ter wer­den sich auf alle die­se Akti­vi­tä­ten aus­wir­ken, da sie alle mit den glei­chen Pro­ble­men wie Fal­se-Posi­ti­ves, Zen­sur, Betrug und mehr kon­fron­tiert sein werden.

Die Kunst hat sich schon immer für die freie Mei­nungs­äu­ße­rung für alle ein­ge­setzt, nicht nur für Künst­ler. Big Tech und Big Media üben bereits eine enor­me Kon­trol­le über unser öffent­li­ches und gesell­schaft­li­ches Leben aus. Die­se Kon­trol­le noch­mals zu erhö­hen ist schlecht für uns alle, nicht nur für die­je­ni­gen von uns die Künst­ler sind.

Künst­ler und Publi­kum haben ein gemein­sa­mes Inter­es­se dar­an, das Leben von Künst­lern zu för­dern: Men­schen kau­fen kei­ne Bücher, Musik oder Fil­me, weil sie Medi­en­un­ter­neh­men unter­stüt­zen wol­len, sie tun es, um Krea­ti­ve zu unter­stüt­zen. Wie immer ist für Künst­ler die rich­ti­ge Sei­te, auf der sie sein kön­nen, die Sei­te des Publi­kums: die Sei­te der frei­en Mei­nungs­äu­ße­rung, ohne unter­neh­me­ri­sche Tor­wäch­ter jeg­li­cher Art.

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Über­setzt mit www.DeepL.com/Translator, Ände­run­gen von mir (ja, ich weiß, dass eini­ge For­mu­lie­run­gen bes­ser sein könn­ten, ich habe bereits diver­se üble Pat­zer von DeepL ent­fernt, aber hier geht es mei­ner Ansicht nach mehr um die Sache als um per­fek­te Form)