Man kann von der Megaupload-Schließung halten was man will, es kann nicht angehen, dass ein SWAT-Antiterror-Team wie in einem schlechten Film medienwirksam und mit eindeutiger Abschreckungsabsicht auf ein Grundstück vordringt und einen Menschen dafür verhaftet, dass er angeblich Raubkopien angeboten haben soll. Hat das schon einmal jemand bei Bänkern gemacht, die durch nur verbrecherisch zu nennende Spekulationen die Weltwirtschaft (und damit auch unsere Staaten) an den Rand des Ruins gebracht haben? In Sachen Griechenland möglicherweise auch darüber hinaus?
Es kann nicht angehen, dass weltweite Proteste es schaffen, SOPA und PIPA in den USA zu stoppen, aber ACTA von bürgerfernen und demokratisch nicht kontrollierten Lobbyhuren in Brüssel durchgewunken werden kann.
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Hier der Text:
Schon der Name führt in die Irre. Die eigentliche Intention von ACTA ist es, Immaterialgüterrechte zu beschützen. Als Handelsabkommen wurde es dazu entwickelt, Produkt- und Markenpiraterie sowie gefälschte Kopien von hochwertigen Gütern zu verhindern. Ebenso soll es den Missbrauch oder die Umdeutung von bekannten Marken ausschließen. Es soll die Investitionen, die in die Entwicklung von Produkten gesteckt wurden, durch Patente auf Medizin, medizinische Produkte aber auch Nahrungsmittel und Saatgut schützen. Künstler, Kreative und Journalisten sollen durch ACTA eine sichere Grundlage erhalten, um die Qualität ihrer Veröffentlichungen zu verbessern und um das internationale Urheberrecht zu harmonisieren. ACTA baut auf TRIPS auf.
Wikipedia definiert Fälschung als: »die bewusste Nachahmung eines Objektes oder einer Information zur Täuschung Dritter«.
Wenn man jedoch ein File im Internet kopiert, bleibt es genau das gleiche File, es handelt sich hierbei um keine Nachahmung. Es wurde auch nicht gestohlen, denn das Original ist noch immer da, wo es ursprünglich war. Die Information wurde ohne ein Entgelt für den Schöpfer geteilt. Der Begriff Fälschung (Counterfeit) ist deswegen irreführend.
Geistiges Eigentum oder auch Immaterialrechte wurden nie in ACTA definiert. Somit schützt ACTA nicht nur Handelsmarken, es kann auch zum urheberrechtlichen Schutz jeder Idee, Information oder sogar von Begriffen eingesetzt werden, damit dessen unlizensierter Gebrauch dann kriminalisiert und verfolgt werden kann.
Der Einfluss durch dieses Abkommen auf das Internet würde die Grundlagen der freien, auf Teilhabe und Partizipation bauenden Informationsgesellschaft aushebeln.
Der tatsächliche ACTA-Text deckt eine breite Palette von Feldern ab, ist extrem komplex und schwer zu fassen. Analog zum Internet würde ein hypothetisches Beispiel folgendermaßen aussehen:
Du lernst in einem bezahlten Kochkurs ein tolles Gericht kennen und möchtest es Deinen Freunden vorstellen. Diese Weitergabe stellt mit ACTA ein kriminelles Vergehen dar.
Im Internet würde ACTA diese Verstöße des Urheberrechts durch eine engmaschige Kontrolle aller Datenströme kontrollieren und protokollieren. Über ACTA würden die Verwerter und Verlage, welche die jeweiligen Rechte innehalten und die verletzt wurden, unmittelbar informiert. Sie könnten den Rechteverstoß direkt ahnden, die Daten und Links zum Content werden ohne Verhandlung gesperrt.
ACTA verlangt von den ISPs eine Überprüfung der von den Usern dort hinterlegten Daten nach urheberrechtlichen Verletzungen.
ACTA möchte dies für Musik, Filme, Bilder, journalistische Beiträge, Trademarks und Patente durchsetzen. Damit würden Portale wie Youtube, Twitter, Tumblr und viele andere unmittelbar kriminalisiert und zensiert.
ACTA wurde hinter verschlossenen Türen geheim ausgehandelt und ist als undemokratisch legitimiertes Instrument verfassungsrechtlich bedenklich.
Es betreibt den Rückbau von Partizipation in der Informationsgesellschaft und fußt auf einem totalitären Zensuranspruch. ACTA öffnet Tür und Tor für die grenzenlose Überwachung des Bürgers durch die Industrie.
… unter diesem Titel hat die Heinrich Böll Stiftung zusammen mit iRights.info einen Reader zum Thema Copyright in der Internet-Ära herausgebracht. Der Untertitel lautet »Plädoyers für ein zukunftstaugliches Urheberrecht«. In diesem Reader nehmen renommierte Autoren unter anderem Stellung zum Urheberrecht in der modernen vernetzten Welt, zum Kopieren und zum Leistungsschutz-Gejammer der etablierten Verleger.
Der Reader steht unter einer Creative Commons-Lizenz, die es mir ermöglicht, einen der Artikel hier zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei um die Betrachtungen von Monika Ermert zum ACTA-Abkommen, dass soeben hinter verschlossenen Türen und weitestgehend ohne den Einfluss demokratischer Prinzipien verhandelt wird und das zu einschneidenden Einschränkungen unserer Bürgerrechte in der digitalen Welt führen wird – wenn es nicht rechtzeitig gestoppt und auf eine demokratische Basis gehoben wird.
Warum ich das hier thematisiere? Das hat verschiedene Gründe. Zum einen stammt das heute genutzte Urheberrecht aus einer grauen Vorzeit und passt nicht mehr zur »digitalen Gesellschaft«. Zum anderen kann es meiner Ansicht nach nicht angehen, dass Volksvertreter die Interessen des Volkes das sie vertreten sollen an die Vertreter von Medienkonzernen verkaufen. Und drittens sehe ich die Gefahr, dass Bürgerjournalisten ihre Blogs und Special-Interest-Seiten (so wie beispielsweise diese hier) zumachen können, wenn die Verleger von Baumfäll-Zeitungen (und Konsorten) ihre Forderungen mittels massiver Politik-Manipulationen durchsetzen können – ein erster Ansatz ist mit dem Jugendmedienstaatsvertrag und seinen abstrusen Forderungen bereits getan.
Man muss diese Informationen verbreiten, damit auch die vielleicht endlich aufwachen, die unreflektiert die Parolen der Medienindustrie und ihrer Handpuppen nachplappern.
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