Kurz vor der Buchmesse kamen Random House (einer der größten Verlage weltweit) und Books on Demand, kurz BoD, damit aus der Höhle, dass sie einen »Self-Publishing-Verlag« gegründet haben. Mal abgesehen davon, dass es dringend nötig erscheint, denen nahezubringen, dass die Worte »Selfpublishing« und »Verlag« nun mal per Definition nicht zusammen passen, erscheint das in meinen Augen als noch ein Versuch der etablierten Branche, an Selfpublishern mitzuverdienen. Und um erfolgreiche Selbstveröffentlicher für eigene Verlage abzugreifen. Ein schneller Blick auf die Seite bestätigt beides meiner Ansicht nach auch.
Zuerst zu Vorteilen: Bereits beim kostenlosen Paket erhält man eine ISBN für sein eBook und »internationalen Online-Vertrieb«. Details zu letzterem habe ich auf der Seite auch nach längerem Klicken vergeblich gesucht. Offenbar ist es zwingend, sich anzumelden, um einen Autorenvertrag oder Buchvertrag einsehen zu können. Transparent geht anders, alle diese Rahmenbedingungen sollten bereits vor einer Anmeldung einsehbar sein, wie beispielsweise bei Amazon. Ich verstehe offen gesagt nicht, was diese Geheimnistuerei soll – außer vielleicht dass sie darin begründet ist, dass es sich eben um Verlagsbranchendinosaurier handelt, die solche Geheimniskrämerei vielleicht ganz normal finden.
Sehen wir uns den Buchkalkulator an, dann kommen wir auf Tantiemen für den Autor, die in ähnlichen Größenordnungen wie bei CreateSpace/Amazon liegen (leicht darunter). Das ginge wohl noch in Ordnung, insbesondere, wenn man betrachtet, dass die Printbücher (angeboten werden Taschenbuch, Hardcover, Hardcover mit Fadenbindung, Ringbuch und Booklet) angeblich in Buchhandlungen bestellbar sein sollen. Ob das tatsächlich funktioniert, wird die Zukunft zeigen, ich halte es allerdings aufgrund der beiden Firmen im Hintergrund für durchaus wahrscheinlich.
Grotesk wird es dann aber, wenn es um die Preise für Autorenexemplare geht. Ein Beispiel.
Ein Taschenbuch in 12 x 19 cm, matter Laminierung, Papier cremeweiß 90g, 268 Seiten. Verkauft man das für 9,99 Euro (ein recht angemessener Preis), kommen beim Autor gerade mal poplige 1,02 Euro an (knapp 11 Prozent). Bei Amazon sind das ca. 70 Cent mehr. Natürlich kann man mehr einnehmen, wenn man den Preis erhöht, aber da muss man ja gerade als Selfpublisher vorsichtig sein und eng kalkulieren, was die Leser zu zahlen bereit sind.
Wollte man dieses Buch für sich als Autorenexemplar bestellen, kostet das – und ich kann es nicht anders ausdrücken – wegelagerische 8,71 Euro netto, 9,32 Euro brutto, wenn man bis zu 24 Stück ordert. Bis 50 sinkt der Preis auf 7,56 netto / 8,09 brutto. Zuzüglich Versandkosten. Angesichts dieser völlig inakzeptablen Preise muss ich mich fragen, was für Drogen die nehmen.
Bei Createspace kostet mich ein Buch auch bei geringen Auflagen ca. knapp 5 Euro inklusive Expedited-Versand aus den USA. Lasse ich bei Booksfactory drucken (Mindestbestellwert 50 Euro), kostet mich ein solches Buch in Top-Qualität 3,50 Euro inkl. USt und Versand. Ja, ich weiß, die vertreiben die Bücher im Buchhandel, aber dennoch ist zum einen die Marge viel zu gering (sie wollen für ein Printbuchpaket ja auch noch einen Einstiegspreis von 39 Euro – bis zum 21.12.2015, dann wird das vermutlich teurer), zum anderen ist der Preis für die Autorenexemplare nichts anderes als unverschämt. Print On Demand ist BoDs Kerngeschäft. Wenn die tatsächlich keine besseren Konditionen bieten können, riecht das für mich nach Abzocke.
Komisch wird es dann nochmal bei den zu Printbüchern vorgeschlagenen eBook-Preisen, die sich an den Mondpreisen für elektronische Bücher der deutschen Verlagsbranche orientieren und die für Selfpublisher völlig utopisch sind. Die Preise kann man allerdings deutlich verringern und erhält dann immer noch ganz brauchbare Erlöse, die allerdings deutlich unter denen liegen, die Amazon zahlt. Bei dem Rechenbeispiel oben sagt der Buchkalkulator einen Verkaufspreis von 6,99 Euro an, dabei wäre die eBook-Nettomarge 2,67 Euro, verringert man den Preis auf 3,49 Euro bleibt eine Nettomarge von gerade mal 1,33 Euro. Sollte das eBook für null Euro Einstiegspauschale damit tatsächlich in allen Branchenshops zu finden sein, könnte man darüber tatsächlich mal nachdenken, aber das kann nur die Zukunft zeigen. Angepriesen wird:
Sie werden in allen relevanten Buchhandlungen und Online-Shops wie Amazon, Apple iBooks, Tolino, Google Play, Thalia und Hugendubel gelistet.
Aber was genau bedeutet in diesem Zusammenhang das Wort »relevant«?
Bedenken sollte man bei den Preisen, dass keinerlei Werbung oder Marketing mit den Paketen und den pro Verkauf einbehaltenen Gebühren einher gehen. Das muss man als Selfpublisher immer noch selber machen.
Soweit ein kurzer Einblick, vielleicht teste ich das bei vorhandener Zeit mal intensiver, auch weil ich mir die gepriesenen Online-Editoren für Inhalte und insbesondere auch die Verträge ansehen möchte, aber meiner Meinung nach handelt es sich um eine weitere Mogelpackung der Verlagsbranche, um an Selfpublishern mitzuverdienen.
Wenn man das als Selfpublisher tatsächlich testen will, sollte man in Erwägung ziehen, die Autorenexemplare einfach bei einem anderen Anbieter wie beispielsweise Booksfactory deutlich günstiger drucken zu lassen; wenn man tatsächlich weitestgehend alle Rechte behält, wie das auf der Seite meiner Ansicht nach suggeriert wird, müsste das vertraglich gesehen problemlos möglich sein.
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