Via Google+ wurde ich auf bol.de hingewiesen. Bol.de und buch.de gehören zum selben Anbieter (nämlich der buch.de internetstores AG). Deswegen zeigte sich bei Stichproben, dass das Angebot nahezu identisch ist, ich würde mal davon ausgehen, dass beide Portale auf dieselben Datenbanken zurück greifen und nur das Frontend unterschiedlich gestaltet wurde. Ich habe mich deswegen bei meinem Test auf bol.de beschränkt.
Auf den ersten Blick fällt mir auf der Startseite auf, dass die Hauptnavigation nach Kategorien, die man oben horizontal findet, an der linken Seite vertikal nochmal wiederholt wird. Das wirkt seltsam redundant. Wenn man allerdings eine Kategorie anklickt, erscheint innerhalb des gewählten Kontexts links eine Subnavigation – und das macht natürlich Sinn. Die Gestaltung der Startseite ist … hm … minimalistisch und auch hier findet man den gesamten Contentblock an die linke Browserseite gekuschelt. Warum das heute noch derart viele Seitenbetreiber so machen, ist mir völlig unverständlich.
Auf der Startseite werden diverse Medien vorgestellt, jeweils drei unter den Labels »Tipps der Redaktion«, »Aktuelles« und »Bestseller«. Das geht völlig in Ordnung und ist auch immer eine gute Idee, um Verkäufe zu generieren, wenngleich auch hier die Tipps der Redaktion jegliche Begründung fehlen lassen, warum es sich gerade bei diesem Artikel um eine Empfehlung handelt.
Die Hauptmenüpunkte klappen in Form eines sogenannten »Megamenüs« auf und offenbaren ihre Subkategorien. Das ist bequem. Erfreulicherweise gibt es sowohl unter »Bücher« wie auch unter »eBooks & eReader« den Eintrag »Science Fiction & Fantasy« (unter eBooks heisst der witzigerweise »Fantasy & Science-Fiction«, warum hier die Reihenfolge eine andere ist, weiß vermutlich bei Bol keiner). Wählt man eine der Hauptkategorien, öffnet sich links eine Subnavigation, die mehr Einträge umfasst als das eben angesprochene Megamenü. Äußerst übersichtlich und so oder ähnlich muss das gemacht werden.
Höchst erfreulich ist, dass es hier sogar mehrere Unterkategorien gibt, nämlich »Fantasy«, »nach Reihen«, »Science Fiction«, »Vampirromane« (seufz) und »Nach Autoren«. Das ist vorbildlich. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die angezeigten Ergebnisse nach verschiedenen Kriterien neu zu sortieren: »beste Treffer«, »»aufsteigend nach Verkaufsrang«, »absteigend nach Erscheinungsjahr«, »auf- und absteigend nach Preis« sowie »»auf- und absteigend alphabetisch«. Das sind Optionen, wie ich sie auf den anderen Shopseiten bisher vergeblich gesucht habe und das erinnert alles schon sehr deutlich an Amazon – man hat sich zweifellos an diesem Vorbild orientiert.
Wähle ich die Subkategorie »fremdsprachige Bücher« verändert sich erneut das Seitenmenü und ich kann zwischen verschiedenen Sprachen wählen. Ich klicke auf »Englische Bücher« – und bin verblüfft, denn sogar hier werden nochmals Unterkategorien angezeigt. Das wäre für mich angesichts der anderen getesteten Plattformen an dieser Stelle fast ein Grund, eine Flasche Schampus aufzumachen und zu feiern, nur leider, leider vermisse ich hier die Kategorie »SF & Fantasy«. Doch halt … Nach einem Klick auf »Belletristik« erscheint nochmals ein Submenü und dort gibt es auch einen Eintrag dafür. Okay, her mit dem Schampus und das obwohl es jetzt keine Unterteilung zwischen den beiden Genres mehr gibt. Unterhalb der Hauptnavigation finde ich sogar einen sogenannten »Breadcrumb«, der mir anzeigt, wie tief und wo in der Navigationsstruktur ich mich befinde – bei denen scheint es sich obwohl sie bei der Nutzung von komplexen Webseiten überaus hilfreich sind, um eine arkane oder okkulte Kunst zu handeln, denn sie inzwischen selten irgendwo zu finden.
Aber im Ernst: das ist bisher bei Weitem die beste Lösung, die ich bis jetzt gesehen habe und sie ist höchst ergonomisch und bequem. Durch die Menge an Subkategorien kann man sich relativ schnell genau dorthin hangeln, wohin man möchte. Andere Anbieter sollten sich hier schnell ein paar planetengroße Scheiben abschneiden, denn es zeigt, was möglich ist, wenn man jemanden beauftragt, der sich mit sowas auskennt und das Wort »Usability« nicht für eine seltene Erbkrankheit hält. Ich bin an dieser Stelle äußerst gepannt, ob der positive Eindruck so bestehen bleiben wird.
Auch hier ist wieder die erste Suche die nach BLOOD RITES von Jim Butcher. Es gibt mehrere Treffer, das Orbit-Taschenbuch, sowie Soft- und Hardcover von Roc. Das Roc-Taschenbuch wird als Sonderangebot mit »-10%« angepriesen, damit kostet es mit 7,10 Euro genau soviel wie bei Amazon; es ist lieferbar. Das Hardcover ist mit 19,20 sogar preiswerter als bei Amazon, dort werden 20,99 Euro angesagt. Ich wäre schwer beeindruckt, leider ist es bei Bol aber nicht sofort lieferbar, sondern erst in »1 – 2 Wochen«. Schade. Amazon kann liefern.
Weiter mit CHANGES, auch hier muss ich aufgrund der vielen Treffer das Suchergebnis mit dem Autorennamen verfeinern. Gefunden wird nur ein Taschenbuch, das von Roc, der Preis beträgt 7,40 Euro, es ist sofort lieferbar. Bei Amazon werden 7,20 Euro angesagt, da ist es ebenfalls lieferbar und die haben zudem das Hardcover.
Im Vergleich zu den bisherigen Shops fällt mir übrigens auf, dass ich bei den englischen Bücher bei jedem einzelnen Coverbilder angezeigt bekommen habe, das ist deutlich besser als bei den anderen Anbieter, wo es zu oft nur Platzhalter zu sehen gibt. Ich würde gern über irgend etwas motzen, aber bisher ist alles in Ordnung bis gut.
Die Suche nach REDSHIRTS fördert Soft- und Hardcover von Tor Books und Gollancz ans Licht des Bildschirms, lieferbar ist leider keines davon. Das trübt das Ergebnis, denn REDSHIRTS ist ein durchaus aktueller Roman. Die Preise sind wie folgt:
- Gollancz Hardcover: 17,40 EUR
- Gollancz Softcover: 9,30 EUR
- Tor Hardcover: 18,30 EUR
- Tor Softcover: 11,00 EUR
Zum Vergleich die Preise bei Amazon:
- Gollancz Hardcover: 17,00 EUR
- Gollancz Softcover: 9,00 EUR
- Tor Hardcover: 17,90 EUR
- Tor Softcover: 10,70 EUR
Hier also nur minimale Unterschiede beim Preis, allerdings kann Amazon liefern, Bol nicht. Nicht lieferbar ist hier übrigens in beiden Fällen die Taschenbuchausgabe bei Gollancz, aber das ist kein Wunder: die erscheint erst im Mai.
Eine Suche nach »Alan Dean Foster« funktioniert genauso gut wie eine nach »Alan Dearn Foster«, die Suchmaschine kann also »fuzzy«. Bei einer Einschränkung auf englischsprachige Bücher muss man leider feststellen, dass der größte Teil nicht sofort lieferbar ist. Die Preise sind im direkten Vergleich zum Konkurrenten im großen und ganzen in Ordnung.
Kommen wir zu den eBooks.
Die auf englische eBooks beschränkte Suche nach Alan Dean Foster bringt nur fünf Ergebnisse, das ist bei einem derart fleißigen Autor ziemlich erbärmlich. Für ICERIGGER in der Gateway-Ausgabe soll man 10,99 Euro berappen, Amazon sagt dafür nur 6,49 Euro an (ICERIGGER stammt übrigens aus dem Jahr 1974 … wie die bei Bol auf diese Preise kommen, weiß wohl nur der Q). Charles Stross´ HIDDEN FAMILY wird nicht gefunden, ebenso wenig wie Scalzis REDSHIRTS. Der Bestseller THE HUNGER GAMES von Suzanne Collins kostet 8,99 Euro, bei Amazon nur 5,65. George R. R. Martins A DANCE WITH DRAGONS wird für 27,79 angeboten, hier ist der Preis bei Amazon mit 13,99 Euro schon hoch. Das Taschenbuch bekommt man dort übrigens für vergleichsweise läppische 5,99 Euro, das ist derselbe Preis wie bei Bol.
Es sind hier auch ein paar sehr preiswerte Lizenz-eBooks zu finden, wie beispielsweise WORLD OF WARCRAFT: DAWN OF THE ASPECTS PART I für 2,70, das ist beim Konkurrenten allerdings auch für 2,21 zu haben.
Bei den eBooks sind diePreisunterschiede nicht ganz so krass wie auf manch anderen Portalen, aber immer noch deutlich und diese bewegen sich in vielen Fällen um den doppelten Preis herum. Erfreulich ist, dass auch Bol.de im eBook-Bereich gemeinfreie Klassiker kostenlos im Programm hat, das ist die erste Plattform neben Amazon, die so etwas anbietet. Daumen hoch.
Zwischendurch sei angemerkt, dass bei der Titeldetailansicht wie bei Amazon Vorschläge im Stil von »Kunden die dies kauften, haben auch das erworben« eingeblendet werden. Das ist aus meiner Sicht zuerst einmal sehr angenehm und hilfreich, allerdings war die Qualität dieser Vorschläge durchwachsen. Man könnte natürlich argumentieren, dass Bol nichts dafür kann, wenn die Kunden so erratisch einkaufen … ;)
Zum Versand: Bücher werden innerhalb Deutschlands versandkostenfrei geliefert, das ist angenehm. Allerdings gilt das wirklich nur für reine Buchbestellungen. Bei soegannnten Mischbestellungen (also Buch und noch was anderes) fallen unter 20 Euro Bestellwert drei Euro Versandkosten an, Bürobedarf wird erst ab 45 Euro ohne Versandkosten verschickt. Das ist weniger schön. Als Lieferfrist wird »ein bis drei Tage« angegeben, also normale Postlaufzeit. Ein Grund, warum Mischsendungen nicht ebenfalls kostenfrei ausgeliefert werden, will mir nicht einfallen.
Größere Absonderlichkeiten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind mir nicht aufgefallen, allerdings ist es schon ein starkes Stück, dass man Versandkosten nachzahlen soll, wenn aufgrund einer Stornierung oder eines Widerrufs der Bestellbetrag unter die Portofreigrenze fällt. Außerdem sollte man bei Bol.de die AGBs mal auf Fehler in der Zeichencodierung überprüfen, ein paar der Umlaute werden mal nicht korrekt dargestellt, mal schon.
Alles in allem wird auf Bol.de eine Menge besser gemacht als auf den anderen bislang getesteten Plattformen. Auch hier sind allerdings die englischen eBooks deutlich teurer als bei Amazon und auch hier sind zahllose englischsprachige Bücher nicht vorrätig (oder gar nicht erst gelistet) und können erst nach »ein bis zwei Wochen« versandt werden. Eine echte Alternative in Bezug auf englischsprachige Bücher und eBooks ist also trotz vieler positiv zu bewertender Punkte auch Bol.de nicht, allerdings in allen anderen Punkten durchaus, zumal man hier auch beispielsweise Computer- und Konsolenspiele oder DVDs und BluRays bekommt. Die allerdings nicht versandkostenfrei – das gilt jedoch auch für Amazon, es sei denn, man ist dort Prime-Kunde.
Außerdem sollte man bedenken: wer eine Alternative zu Amazon sucht, weil man Angst vor Monopolen oder international agierenden Großkonzernen hat, der treibt mit Bol möglicherweise den Teufel mit dem Beelzebub aus, denn dahinter stand ursprünglich zu 100% der Medienriese Bertelsmann, der sich immer wieder aus den verschiedensten Gründen Kritik ausgesetzt sieht. Zwar wurde die Plattform 2002 an die »buch.de internetstores AG« verkauft, Bertelsmann hält jedoch immer noch Anteile von 26,7 %. Mit dem gleichnamigen niederländischen Internethändler bol.com hat bol.de übrigens trotz des identischen Logos nichts zu tun, denn der Holländer gehört zu Holtzbrinck und Weltbild. Den werde ich mir allerdings eventuell ebenfalls einmal ansehen, denn auch er hat englischsprachige (und sogar deutsche) Bücher (A DANCE WITH DRAGONS: 10,99 Euro, THE HUNGER GAMES allerdings mit 9,99 Euro sogar teurer als bei bol.de)
Demnächst mehr.
[cc]
Nachtrag: ich bin gerade aufgrund positiver Rückmeldungen auf die Idee verfallen, mir das Adventure-Spiel NI NO KUNI für die Playstation 3 zu kaufen. bol.de: EUR 58,99. Amazon: 49,99 … (GameStop: 59,99, Osiander: 59,99, Lehmanns: 59,99, Kohlibri: 59,99, buchhandel.de: nicht vorhanden).
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