Ebenfalls völlig unbekannt war mir die Online-Buchhandlung lehmanns.de, die ich mir an dieser Stelle vorgenommen habe. Auf den ersten Blick ist die Startseite übersichtlich, erscheint allerdings auf mich altbacken und konservativ. Webdesign geht so seit ca. 10 Jahren nicht mehr, wirklich ansprechend wirkt das nicht. Das könnte man mit ein wenig css-Fu leicht verbessern.
Ein Blick ins Menü an der linken Seite zeigt, dass dieser Shop offenbar einen Schwerpunkt auf Sach- und Fachliteratur legt, denn diese beiden Kategorien nehmen die ersten Plätze in der Navigationsstruktur ein. Die Hauptpunkte sind als sogenannte Akkordeons ausgelegt, die ihre Unterpunkte offenbaren, wenn man darauf klickt. Erfreut stelle ich fest, dass es hier eine Abteilung »Fantasy / Science Fiction« gibt. Folgt man diesem Link, entdeckt man oberhalb des Inhalts eine weitere Unterteilung in »Fantasy« und »Science Fiction«. Im Prinzip sehr schön und so, wie ich das in anderen Onlineshops gern gehabt hätte. Ergonomisch völliger Mumpitz ist in meinen Augen allerdings die Zersplitterung der Menüführung: oben auf der Seite eine Auswahl für die Medien (also Buch, eBook, Hörbücher und so weiter), links die Kategorieunterteilung und dann noch ein weiteres Menü mit Subkategorien oberhalb des Contents? Das gehört links mit in die Hauptnavigation. Die beiden kleinen Links oben hätte ich fast übersehen.
Auf der SF & F‑Startseite finden sich ein paar Beispiele, da sie jeweils eigene Titel haben, handelt es sich offenbar um eine Art Empfehlungen, angenehm finde ich, dass es hier scheinbar keine Anspruchs-Standesdünkel gibt, denn auch ein Sachbuch zu STAR WARS ist darunter. Links führen nicht nur zu den Printausgaben, sondern auch zu den eBooks der Bücher (falls vorhanden).
Ein Klick auf »Science Fiction« führt zu einer Übersicht, die ist angeblich nach »Relevanz« sortiert (sagt mir ein Dropdown am oberen Rand), was hier die Relevanzkriterien sind, erschließt sich mir allerdings nicht. Immerhin kann man auch nach »Autor«, »Titel« und »Jahr« sortieren. Die Suche findet nicht nur Printversionen, sondern auch eBooks. Dritter Treffer ist John Scalzis REDSHIRTS, das ich in meinen Tests immer als Beispiel verwendet habe, doch dazu weiter unten mehr.
Die erste Suche starte ich wie immer mit dem Begriff BLOOD RITES, dem Titel eines Harry Dresden-Romans von Jim Butcher. In der erscheinenden Liste ist der erste Treffer erst weiter unten, deswegen verfeinere ich die Suche, indem ich den Autorennachnamen anhänge. Das klappt besser, es gibt fünf Treffer. Auch hier werden nicht bei allen Treffern Coverbilder angezeigt, gefunden werden Soft- und Hardcover von Roc und Orbit, allerdings auch die von James Marsters eingesprochenen Hörbücher. Zu den Preisen: das Roc-Taschenbuch kostet 8,22 Euro, der Amazon-Preis liegt bei 7,10 Euro – Amazon kann sofort liefern, Lehmanns ebenfalls. Beim Roc-Hardcover sagt Lehmanns 21,36 an, Amazon liegt bei 20,99, das wäre ein okay-Preis, leider kann Lehmanns nicht liefern, Amazon hat auf Lager.
Weiter mit CHANGES, auch hier muss ich die Suche mit dem Autorennamen erweitern, auch hier kommen mehrere Ergebnisse, die meisten ohne Coverbild, die Roc-Taschenbuchausgabe fehlt ebenso wie das Hardcover, das Orbit-Taschenbuch kostet 11,13, Euro und ist nicht lieferbar. Bei Amazon zahlt man 10,99 Euro und kann es sofort bekommen. Nimmt man die Roc-Ausgabe ist man sogar mit nur 7,00 Euro dabei. Anmerkung zwischendurch: Die Dresden-Romane erscheinen bei Roc und Orbit, üblicherweise sind die Roc-Ausgaben deutlich preiswerter als die des anderen Verlags, deswegen fokussiere ich üblicherweise auf diese.
Die Recherche nach John Scalzis REDSHIRTS fördert sowohl die deutschen wie auch die englischen Ausgaben zutage. Das Softcover von Tor Books wird für 12,34 Euro angeboten, ist aber wieder mal nicht lieferbar. Beim Konkurrenten kostet die 10,70 Euro und ist – ich möchte fast anmerken: wie immer – lieferbar. Cover gibt es manchmal, manchmal nicht.
Bevor ich das vergesse: ich kann in der Seitenleiste nach einer durchgeführten Suche diese einschränken, beispielsweise nur auf englische Bücher. Das ist genau das, was ich möchte und wäre ein grandioses Feature – nur leider steht bei gefühlten 90% der Bücher, dass sie »in zehn bis 20 Tagen lieferbar« sind. Und das schmälert die Freude doch ganz erheblich. Beim Konkurrenten kann ich die Werke sofort bekommen.
Eine Suche nach »Alan Dean Foster« ist äußerst erfolgreich, auch nach einer Einschränkung auf englische Bücher. Wenn ich den Autorennamen falsch eingebe, findet die Suchmaschine gar nichts. Das ist schlapp. Beim korrekt eingegebenen Namen existieren zwar beeindruckende 504 Treffer, allerdings ist leider so gut wie keiner davon mit einem Cover geschmückt. Da ich Bücher die ich bereits besitze auch am Cover erkenne, ist das wenig hilfreich.Ich bemühe die erweiterte Suche für eine Recherche nach »Alan Dean Foster« im Medienbereich »ebooks«, denn jetzt möchte ich erneut der Frage nachgehen, ob ich hier englische eBooks erwerben kann. Es werden haufenweise elektronische Bücher gefunden. Der halbwegs neue Roman »HUMAN BLEND« in der Del Rey-Ausgabe kostet – und ich traue meinen Augen kaum – 21,32 Euro. Hier muss man allerdings zugeben, dass Amazon den überhaupt nicht als eBook liefern kann. Trotzdem ist der Preis lachhaft.
Bei Charles Stross´ HIDDEN FAMILY bestätigt sich die Befürchung: englische eBooks sind auch hier geradezu aasgeierig teuer, denn es wird ein Preis von unverschämten 12,36 Euro angesagt. Dafür wird dann aber auch mal vorsichtshalber kein Cover angezeigt. Amazon bietet eine Umschlagabbildung und sagt nur 4,37 Euro an, also nur ungefähr ein Drittel des Lehmanns-Preises. Auch hier sind die englischsprachigen eBook-Versionen durch die Bank weg viel zu teuer, zum Teil muss man deutlich mehr als den doppelten Preis bezahlen. Würfeln die ihre Preise alle aus? Es kann mir niemand erzählen, dass Amazon die US-Verlage derart unter Druck setzt, dass die ePub-Preisangaben um soviel höher ausfallen, als die der Kindle-Fassungen. Zudem liegen die Preise für die elektronischen Versionen der Bücher sogar deutlich über denen der Printausgaben. Dass hier etwas ganz und gar nicht stimmen kann, sollte sogar jemandem auffallen, der glaubt, dass man die Bildzeitung für mehr als Fische einwickeln gebrauchen kann.
Verblüfft musst ich zwischendurch einen »zuletzt angesehen«-Balken entdecken. Das ist ja mal ein Feature. Nur leider werden hier falsche Hoffnungen geweckt, denn es gab Preisangaben von null Euro. Oh, dachte ich, gibt es hier etwa Promotion-Angebote für lau?
Doch beim Durchklicken zu PULSARNACHT fand ich:
Oder bei REDSHIRTS:
War also nix mit Promo-Angeboten, es handelte sich um irgendein technisches Problem.
Auch bei Lehmanns sind selbstverständlich, wie in der Branche bis auf löbliche Ausnahmen üblich, alle eBooks mit Adobe-DRM verseucht.
Noch ein Blick auf die Versandkosten: innerhalb Deutschlands liefert Lehmanns Bücher, CDs, Software und »Videos« versandkostenfrei, beim Verkauf an Endkunden bleibt das Versandrisiko bis zum Eingang beim Kunden beim Versender. Irgendwelche »schrägen« Formulierungen in den AGB finde ich nicht, leider auch keine Angaben zur Versanddauer.
Fazit: technisch ganz gut gelöst, auch wenn die Suchfunktion ein wenig besser sein könnte, was Vertipper angeht. Das Sortiment ist durchaus umfangreich und auch ältere englische Bücher werden gelistet, ebenso wie verschiedene englische Verlagsvarianten. Leider ist Lehmanns für mich aus zwei Gründen dennoch nicht einmal ansatzweise eine Alternative: zum einen sind so gut wie keine englischen Taschenbücher sofort lieferbar, alle Stichproben waren es bei Amazon. Zum anderen sind auch hier die Mondpreise für englische eBooks mit »Unverschämtheit« noch äußerst zuvorkommend umschrieben. Für mich trotz guter Ansätze keinesfalls eine Alternative.
Nachtrag: ich wurde auf Google+ von Ron Müller darauf hingewiesen, dass es sich bei Lehmanns primär um eine Fachbuchhandlung mit Spezialisierung auf wissenschaftliche Fachliteratur handelt. Deswegen seien die Suchen außerhalb ihrer Fachkompetenz. Das mag korrekt sein, ich stehe allerdings auf dem Standpunkt: wenn man eine Bellestristik-Abteilung vorhält, dann sollte man diese auch ernsthaft betreiben – sonst könnte der Eindruck entstehen, man wolle das Segment »noch eben« mitnehmen.
Um der Fachbuchkomnpetenz nachzugehen, habe ich mich zu ein paar Stichproben im Fachbuchbereich entschlossen (auch hier wieder englischsprachig, da Vergleiche mit deutschen Büchern aufgrund der Buchpreisbindung keinen Sinn machen):
BLENDER FOR DUMMIES
Lehmanns: lieferbar, EUR 29,17
Amazon: lieferbar, EUR 27,10
MASTERING BLENDER
Lehmanns: lieferbar, EUR 46,81
Amazon: lieferbar, EUR 48,00
HTML 5 CANVAS (O’Reilly)
Lehmanns: lieferbar, EUR 28,90
Amazon: lieferbar, EUR 24,95
DEFINITIVE GUIDE TO HTML5
Lehmanns: nicht lieferbar, EUR 42,46
Amazon: lieferbar, EUR 33,80
ADOBE PHOTOSHOP CS6 CLASSROOM IN A BOOK
Lehmanns: lieferbar, EUR 53,59
Amazon:lieferbar, EUR 36,95
Lehmanns kann bei englischsprachigen Fachbüchern offenbar eine Alternative sein, die letzten beiden Beispiele zeigen allerdings, dass man in Sachen Preis vorsichtig sein sollte.
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Weitere Tests von Amazon-Alternativen:
Pingback: Alternativen beim Online-Buchkauf, gibt es die? | PhantaNews
Du spießt in Deinen Tests m.E. wirklich einen der zentralen Punkte auf: die mangelnde Lieferkompetenz des deutschen Buchhandels bei englischsprachigen Titeln, und das wird mE eine immer größere Schwäche. Gerade in Uni-Städten ist das das große Einfallstor für Amazon.
Ein Student, der in seiner Buchhandlung auf einen englischsprachigen Titel vier Wochen warten muss, den er für weniger Geld bei Amazon am nächsten Tag, mindestens aber innerhalb von drei Tagen vorliegen hat, bestellt bald eben auch seine deutschsprachige Literatur dort. Und das geht nicht nur Studenten so – ich kenne Kollegen, die für mehrere hundert Euro Bücher monatlich bestellen, aus Großbritannien und Deutschland. Die brauchen die Bücher oft relativ zügig . Wieso sollten die sich die Mühe machen, die Käufe zu splitten? Natürlich machen sie das nicht und bestellen in der Regel alles auf einmal bei Amazon.
Das ist für den Buchhandel deshalb so dramatisch, weil das genau die Kundschaft ist, die bereit ist, viel Geld für Bücher auszugeben, aber es ist genau diese Kundschaft, die tagein, tagaus erfährt, dass die Kompetenz des Buchhandels stark der von Amazon hinterherhinkt. Ganz schlimm ist da so eine Seite wie buchhandel.de, dass die sich trauen, so etwas online zu stellen! Die Webshops, die von libri.de gemanagt werden, gehen m.E. noch einigermaßen, und gut ist m.E. osiander.de, auch wenn die ebenfalls lange Lieferfristen für englischsprachige Titel haben.
Hier muss der Buchhandel etwas unternehmen, denke ich. Da sind wahrscheinlich auch die Grossisten gefragt, die besser mit ihren Partnern im Ausland zusammenarbeiten müssen.
Ich habe in einem anderen Artikel recherchiert, warum englische eBooks bei den Shops des Buchhandels derart teuer sind:
http://phantanews.de/wp/aartikel/englische-ebooks-und-ihre-unerklarlichen-preise-in-deutschen-shops/
Das Problem der Preise ist bei den Printbüchern dasselbe: zu viele wollen daran verdienen. Amazon bezieht direkt bei den Verlagen, der deutsche Buchhandel bezieht bei US-Grossisten, die schlagen schon auf, dann die Distributoren und am Ende auch nochmal der Buchhändler selbst. Schon Ende der 90er habe ich US-Taschenbücher bei meinem Comichändler zum halben Preis (!) des Buchhandels kaufen können, weil der direkt importierte.
Wenn die beim Buchhandel glauben, heute angesichts internationalen Handels über das Netz immer noch Fantasiepreise nehmen zu können, dann dürfen sie sich nicht wundern, wenn sie untergehen.
Wobei man sagen muss: Die Preise von Libri sind im Grunde vergleichbar mit dem, was Amazon verlangt. Bei Osiander und Beck ist das nach meinem Eindruck ähnlich. Richtig teuer wird es aber, wenn ich bei einer lokalen Buchhandlung ohne besondere Kontakte einen englischsprachigen Buchtitel ordere. Nach meinem Eindruck ist das insbesondere dann teuer, wenn KNV der Grossist ist. Hier habe ich schon Preisaufschläge von 15 Euro erlebt (gegenüber dem Preis bei Amazon oder Libri), dadurch wurde in einem Fall das Buch um die Hälfte teurer! Welcher Student bestellt dann noch in so einer Buchhandlung?
Die genauen Hintergründe, warum über die Libri-Webshops solche Titel günstiger zu bekommen sind (und warum die ‘manuelle’ Besorgung über KNV so teuer), kenne ich nicht. Ein Buchhändler sicherte mir aber zu, dass er keinen kaufmännischen Nachteil hat, wenn ich das Buch über seinen libri.de-Webshop zur Abholung in seine Buchhandlung bestelle, selbst bei Direktversand verdient er noch etwas.
Naja, ein schneller Check:
Alan Dean Foster – Star Trek Into Darkness (Print):
ebook.de (libri): 16,12 EUR
Amazon: 12,45 EUR
Fast vier Euro Unterschied dafür, dass ich auch noch länger darauf warten muss.
Oder
Alan Dean Foster – Kingdoms Of Light (Print):
ebook.de: 18,49 EUR
Amazon: 8,99
Neun Euro fuffzich Unterschied. Bei dem Preisunterschied würde ich eventuell dann bei libri kaufen, wenn das Buch von einer halbnackten Tänzerin angeliefert wird, die aus einer Torte springt. :)
Ich kann das nur für wissenschaftliche Fachbücher sagen, da sind die Preise oft ähnlich. Aber vermutlich macht Amazon dort auch nicht so gute Angebote, da dieser Markt auch für das böse A ;) nicht so interessant ist. Insgesamt dürfte der Umsatz damit zwar nicht gering sein, aber auf die einzelnen Titel bezogen lohnen sich Kampfpreise hier vermutlich nur bei wenigen Büchern.