Zeit

Kommentar: Steampunk, ein »Wort von morgen«?

Steampunks

Bei der Zeit hat man den Steam­punk wahr­ge­nom­men. Na, das ist ja toll. Man arbei­tet sich in einem eher kur­zen Arti­kel am Begriff ab, ohne ihn rich­tig zu ver­ste­hen, er wirft einen äußerst ober­fläch­li­chen Blick auf die­se über­aus facet­ten­rei­che Sub­kul­tur, die auch ein Gen­re oder ein Lebens­stil sein kann und sich kon­kre­ten Defi­ni­ti­ons­ver­su­chen erfolg­reich ent­zieht und erfreu­lich unscharf fokus­siert bleibt. Für die Zeit ist Steam­punk ein­fach gemod­de­te Kaf­fee­ma­schi­nen. Wenn sie mei­nen. »Qua­li­täts­jour­na­lis­mus« und Sub­kul­tur haben noch nie zusam­men gepasst, heu­te, in den Zei­ten nach­läs­si­ger bis kei­ner Recher­che, gilt das umso mehr. Aller­dings hät­te bereits ein Blick in die deut­sche Wiki­pe­dia eine weit­aus breit­ban­di­ge­re Defi­ni­ti­on zuta­ge geför­dert.

Am aller­geils­ten fin­de ich aller­dings, dass sie den Begriff Steam­punk unter »Wor­te von mor­gen« ein­sor­tie­ren.

Die Neu­zu­gän­ge in unse­rem Voka­bu­lar zei­gen, wie sich unse­re Welt ver­än­dert hat.

Lie­ber Ste­fan Schmitt, Du musst jetzt ganz stark sein: Der Begriff ist nicht im Arti­kel­sinn »von mor­gen«, der ist nicht ein­mal neu, er wur­de Mit­te der 1980er vom Autoren K. W. Jeter geschaf­fen. Das ist 30 Jah­re her. Und die Renais­sance der Sub­kul­tur liegt auch schon Jah­re zurück. Die einen sagen zehn, ande­re 15. Ein »Wort von mor­gen« ist das nur für Jour­na­lis­mus von ges­tern.

Dank an Alex Jahn­ke für den Hin­weis.

Bild: Steam­punks auf dem ers­ten Steam­punk-Jahr­markt in der Jahr­hun­dert­hal­le Bochum Ende Febru­ar am Stand von Æther­an­ge­le­gen­hei­ten 2015, Bild von mir, CC BY-NC-SA

Rant: Wovon sollen Autoren leben? Im Ernst?

eBook-Piraterie

Im Tages­spie­gel und zweit­ver­wer­tet auch in der Zeit fand sich in den ver­gan­ge­nen Tagen ein Inter­view mit einem anony­men Buch­pi­ra­ten, der angeb­lich die größ­te (deut­sche) Platt­form für ille­ga­le eBooks betreibt. Dass so etwas bei der Buch­bran­che nicht gut ankommt, hät­te man sich vor­her den­ken kön­nen. Da hört man ein­zel­ne Stim­men jam­mern, wie es sein kann, das sol­chen Raub­mord­ko­pier­ter­ro­ris­ten über­haupt ein Podi­um gege­ben wird. Auf buch​re​port​.de fei­ert man ab, dass irgend jemand Straf­an­zei­ge gegen die bei­den Zei­tun­gen erstat­tet hat (mög­li­cher­wei­se jemand vom Buch­re­port selbst). War­um? Weil der Link zum Ange­bot gesetzt wur­de, das sei angeb­lich »Bei­hil­fe zur Urhe­ber­rechts­ver­let­zung«. Die sind ja nied­lich. Der Hei­se-Ver­lag hat längst bis zum Bun­des­ge­richts­hof durch­ge­foch­ten, dass das Set­zen von Links selbst­ver­ständ­lich zur jour­na­lis­ti­schen Arbeit gehört, das könn­te man als Qua­li­täts­jour­na­list wis­sen. Sie­he:

* Hei­se vs. Musik­in­dus­trie: Bun­des­ge­richts­hof ver­wirft Link-Ver­bot
* Hei­se vs. Musik­in­dus­trie: Begrün­dung des BGH-Urteils gegen Link-Ver­bot
Urteil des I. Zivil­se­nats vom 14.10.2010 – I ZR 191/​08

Außer­dem müss­te man kon­se­quen­ter­wei­se dann auch gleich den Bör­sen­ver­ein ver­kla­gen, denn der hat auf sei­ner Web­sei­te über die Arti­kel berich­tet und eben­falls auf die eBook-Sei­te ver­linkt; von Goog­le wol­len wir gar nicht reden. Der Gip­fel der Dreis­tig­keit ist aller­dings der Satz am Ende des Arti­kels, der sich auf die unter ande­rem von Ans­gar War­ner auf eBook-News bemän­gel­ten zu hohen eBook-Prei­se der Publi­kums­ver­la­ge bezieht:

Wovon Autoren bei E‑Book-Prei­sen im Cent-Bereich künf­tig leben sol­len, ver­rie­ten aller­dings weder der anony­me Boox.to-Betreiber noch War­ner.

Da bleibt mir die Spu­cke weg. Autoren wer­den von der Bran­che tra­di­tio­nell – und ich kann es nicht anders sagen – beschis­sen bezahlt. Die über­höh­ten Prei­se für eBooks damit zu begrün­den, dass die Autoren ja auch noch was abbe­kom­men müs­sen, kotzt mich an. Das ist Popu­lis­mus in Rein­kul­tur. Nicht die Autoren machen sich die Taschen damit voll, son­dern die Ver­la­ge, das wol­len wir hier mal ganz deut­lich klar stel­len. Die Autoren bekom­men Pea­nuts. Und: wer redet denn von »eBook-Prei­sen im Cent-Bereich«? Ange­mes­se­ne Prei­se sind gemeint. Was die beschrie­be­nen eBook-Flat­rates angeht: ja, die wer­den kom­men, es gibt sie sogar schon.

Man kann nur mehr Autoren raten, ihre Bücher im Selbst­ver­lag zu ver­kau­fen, Ama­zon zahlt 70% Tan­tie­men, davon kann ein Ver­lags­au­tor nur träu­men. Es wird zudem Zeit für eine alter­na­ti­ve Platt­form, die eben­so erfolg­reich ist, wie die Ama­zo­nen und auch ähn­li­che Hono­ra­re gene­riert, ohne gleich auf einem mit Blut unter­schrie­be­nen Ver­trag die See­le des Autoren (sprich: umfang­rei­che und aus­schließ­li­che Rech­te an den Tex­ten) ein­zu­for­dern. Und wenn die Flat­rates kom­men, soll­ten Autoren eben­falls direkt mit deren Anbie­tern ver­han­deln, ansons­ten schöp­fen auch hier die Ver­la­ge wie­der das Geld ab, die Musik­in­dus­trie zeigt gera­de, wie das geht.

Was die Ver­la­ge angeht: har­tes DRM weg, benut­zer­freund­li­che Platt­for­men schaf­fen und nach­voll­zieh­ba­re Prei­se ansa­gen. Dann klappts auch mit dem Leser. Und viel­leicht mal damit anfan­gen deut­lich sym­pa­thi­scher auf­tre­ten, statt stän­dig mit Rechts­ver­dre­hern zu dro­hen oder gegen Mit­be­wer­ber zu pöbeln.

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Bild: eBook-Pira­te­rie, von mir, CC BY-NC-SA

Die »Verkindlichung« der Literatur …

In der Zeit hat sich mal wie­der einer der Anspruchs­fa­na­ti­ker aus dem Fens­ter gelehnt. Ulrich Grei­ner moniert, dass es der­art vie­le »Kin­der­bü­cher« in den Best­sel­ler­lis­ten gibt – und ob das denn sein muss.

An die­ser Stel­le könn­te ich natür­lich wie­der ein­mal vom Leder zie­hen und poin­tiert zum Aus­druck brin­gen, was ich von der­lei eng­stir­ni­gen Sprü­chen hal­te. Kurz­fas­sung: pseu­do-intel­lek­tu­el­les Gewäsch. Muss ich aber gar nicht, denn Jugend­buch­au­to­rin Jut­ta Wil­ke hat in einem offe­nen Brief im Gro­ßen und Gan­zen bereits zum Aus­druck gebracht, was auch ich in ähn­li­cher Form sagen wür­de.

Eins noch zum unter­schied­li­chen Lese­ver­hal­ten von Kin­dern und Erwach­se­nen:
Kin­der lesen Bücher, weil sie von ihnen gefes­selt wer­den. Nicht weil sie auf Best­sel­ler­lis­ten ste­hen oder irgend­wo nomi­niert wor­den sind.

Ich möch­te aller­dings noch Fol­gen­des ergän­zen: es sind die Kin­der- und Jugend­bü­cher, die aus jun­gen Men­schen über­haupt erst ein­mal Leser machen. Die dann spä­ter in ihrem Leben viel­leicht auch mal zu etwas Anspruchs­vol­le­rem grei­fen. Oder auch nicht, aber das ist zweit­ran­gig: ohne les­ba­re Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur kei­ne erwach­se­nen Leser. Des­halb fin­de ich es umso unver­ständ­li­cher, wie die­se Lite­ra­tur­form so unüber­legt her­un­ter gemacht wird.

Und dem muss man kei­nes­falls »Ein­halt gebie­ten«, wie es der Autor ger­ne hät­te, zumin­dest lässt sich das sei­nem Arti­kel ent­neh­men, son­dern im Gegen­teil muss man gute Kin­der- und Jugend­li­te­ra­tur sogar drin­gend för­dern, statt sie in der vor­lie­gen­den Form als ner­vend oder qua­li­ta­tiv min­der­wer­tig zu dekla­rie­ren.

Oder räu­men wir sol­chen Dünn­brett­boh­re­rei­en mit unse­rem Kom­men­ta­ren zuviel Gewicht ein und soll­ten sie eigent­lich bes­ser igno­rie­ren?

Dank an Alex Jahn­ke und Tom Orgel für den Hin­weis auf den offe­nen Brief

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Bild »blät­tern« von Nevit Dil­men, aus der Wiki­pe­dia, GFDL

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