»Ein Spiel von den Machern von MONUMENT VALLEY« – war einer der Teasersprüche für die App LAND’S END für die Oculus Go. Da ich das Headset neu habe, und zum Testen ein Game kaufen wollte, griff ich für 4,99 Euro zu. Wenn es von ustwo games ist, kann es so übel nicht sein – dachte ich.
Tatsächlich ist das Spiel an sich nicht schlecht. Man bewegt sich per Kurzteleportationen durch eine stilisierte aber ziemlich stimmungsvolle low-poly-Landschaft und muss hier verschiedene Rätsel lösen, die zum einen darin bestehen, Punkte mit Powerlinien zu verbinden, um irgendwas zu aktivieren, das einen dann im Spiel weiter bringt. Bisweilen muss man auch Steine herumlevitieren, um diese Verbindungen möglich zu machen. Was sich jetzt relativ simpel anhört, könnte ein ganz grandioses Game sein.
Warum nur »könnte«?
Weil man für 4,99 gerade mal fünf Level bekommt und die hatte ich ohne große Eile und mit Herumprobieren an den Rätseln in knapp 40 Minuten durch, das halte ich für eine Frechheit. Man kann das höchstens als Demo einstufen, als Appetizer – und dafür ist es zu teuer. LAND’S END wirkt für mich, als habe man ustwo games gesagt: »Macht mal schnell was zum Launch der Oculus Go, das können wir dann teuer verticken!« Aber das stimmt nicht, denn es gab das Game bereits für die Gear VR – da kostete es sogar 7,99 Euro.
Wäre es ein vollständiges Spiel mit mehr Leveln würde ich für die Realisierung, Stimmung, Musik und vor allem die clevere VR-Steuerung vermutlich fünf Sterne vergeben. Für Preis/Leistung kann ich allerdings nur einen Stern gewähren, und das nur mit viel Wohlwollen für das eigentlich nette Spielprinzip und die Umsetzung auf der Oculus Go.
Und deswegen ist der Kurztest ein Kurztest: weil das Spiel zu kurz ist …
Investiert euer Geld lieber woanders oder wartet darauf, dass LAND’S END im Angebot ist. 99 Cent hielte ich für angemessen. Sowas kloppen Indie-Entwickler vermutlich an einem Wochenende in Unity zusammen.
Ich war äußerst skeptisch, als ich von der Oculus Go hörte, einem standalone VR-Headset mit eingebautem Android-Minicomputer, das Virtual Reality ohne Strippen ermöglichen soll. Denn ich besitze auch eine Oculus Rift und kenne deren Leistungsanforderungen für den Rechner und auch die Probleme durch die externen Sensoren, die das Spielerlebnis an vielen Stellen doch so erheblich einschränken, dass ich die Brille leider trotz eigentlich großartiger VR-Erfahrung kaum noch nutze.
Nach den ersten Rückmeldungen zur Go-Variante war ich dann doch neugierig und habe eine geordert. das geht aktuell nur über die offizielle Oculus-Seite, für Europa werden die Headsets aus den Niederlanden geliefert und die Brille war ratzfatz da (ich gehe aber davon aus, dass es die Brille demnächst auch bei Amazon und Co geben wird). Der Preis liegt bei 220 Euro für die 32 GB-Variante und 270 Euro für die 64 GB-Version. Die Speicherangabe sagt wie beim Smartphone, wie viele Apps auf das Gerät passen.
Die Oculus Go kommt in grauem Finish und erfreulich kompakt daher. Als Brillenträger hatte ich arge Sorgen, ob die Sehhilfe darunter passt, aber hier hat man ganz offensichtlich von der Rift gelernt: Man kann einen zusätzlichen Abstandhalter einsetzen und mit dem passt meine Brille völlig problemlos unter die Maske. Auch ansonsten hat man in Sachen Bequemlichkeit von den Erfahrungen mit den Vorgängermodellen offensichtlich gelernt.
Um das Gerät konfigurieren zu können, benötigt man zwingend ein Smartphone und eine App, die gibts für Android und iOS, sowie einen Account bei Oculus. Hierbei sollte der Daten-Paranoiker immer bedenken, dass hinter dem Unternehmen Faceboook steht, und dass mit Sicherheit Daten über den Nutzer und die Nutzung gesammelt werden, auch wenn man an den Berechtigungen und den Privatsphäre-Einstellungen schrauben kann.
Die App führt den Nutzer dann auch durch die Erstinstallation und gibt ein paar Bedienhinweise, das geht dann nach dem Aufsetzen nahtlos in der VR weiter.
Der Oculus Go liegt ein minimalistischer Controller bei. Zumindest wirkt der auf den ersten Blick minimalistisch, tatsächlich hat man eine erstaunliche Menge an Funktionen in das kleine Gerät gesteckt, neben drei Knöpfen auch ein Gamepad mit Touch-Funktion, damit kann man eine Menge machen.
Was mir als erstes auffiel: Das Headtracking und die Erkennung des Controller sind fast schon erschreckend gut, und das ohne jegliche externe Sensoren. Als zweites muss ich äußerst verblüfft die Tonwiedergabe nennen. Obwohl keine Kopfhörer oder Lautsprecher zu erkennen sind, wird der Sound ziemlich präzise auf die Ohren projiziert und das in einer für diese Technik erstaunlich guten, wenn auch etwas mittenlastigen, Qualität. Wer etwas Elaborierteres möchte, kann einen Kopfhörer anschließen.
Beim Headtracking wird der VR-Veteran feststellen, dass bei manchen Situationen dann die externen Sensoren oder ein Raumtracking doch fehlen, denn man kann beispielsweise nicht durch Bewegung des Kopfes »an Objekten vorbei schauen«, oder zumindest nur sehr rudimentär, aber das kann man durch clevere Programmierung der Apps wieder wett machen.
Was die Brille für diesen Preis bietet ist absolut überzeugend und könnte einen weiteren Schritt zum Durchbruch von VR-Lösungen darstellen. Gut: Bei einem mobilen Rechner muss man Einbußen bei der Grafikqualität hinnehmen, aber wie wir wissen, ist der Spielwitz letztendlich wichtiger als hochauflösende Killergrafik. audiovisuelle Stimmung und geschicktes Gameplay sind für die Immersion oft ausschlaggebender.
Die Auswahl an Apps ist derzeit noch etwas beschränkt, aber ich bin ziemlich sicher, dass sich das schnell ändern wird, denn auch für die Oculus Go kann man einfachst mit den üblichen Entwicklungsumgebungen Spiele erstellen.
Neben Spielen gibt es diverse »Experiences«, beispielsweise 3D-Filme, unter denen leider auch etliche mit geringer Auflösung, die man sich nicht wirklich geben möchte. Auch Netflix kann man mit der Brille im Kinoformat ansehen, wenn man unbedingt möchte.
Neben den speziell für die Go konzipierten Apps hat man zudem Zugriff auf solche, die eigentlich für Samsungs Gear VR gedacht waren, hier möglicherweise mit eingeschränkten Möglichkeiten, da nicht für die Go optimiert.
Herausheben möchte ich noch die Social Features, denn die Software bietet die Möglichkeit, sich einen Raum einzurichten, in dem man sich mit Freunden (die ebenfalls eine Go besitzen) treffen und verschiedenen Aktivitäten nachgehen kann, beispielsweise zusammen Videos schauen, oder (im Moment noch sehr simple) Games zusammen zu spielen. Hier erhascht man aber schon mal einen kleinen Ausblick auf das, was hier möglich sein könnte, nicht nur bei Spielen, sondern auch in Sachen Telepräsenz oder Zusammenarbeiten über Entfernungen.
Mein beinahe einziger Kritikpunkt ist die Akkulaufzeit, denn der wird durch die Games doch ordentlich leergesogen (nach einer Stunde Nutzung mit Spielen ist der Akku halb leer). Dem kann man durch eine Powerbank entgegenwirken, dann ist man auch weiterhin nicht mit einem Netzgerät verkabelt. Zweiter kleiner Kritikpunkt ist genau das fehlende Netzteil, aber man kann jedes Handyladegerät mit Micro-USB-Stecker verwenden, und davon liegen heutzutage in jedem Haushalt eh mehrere herum.
Alles in allem ist die Oculus Go im Ersteindruck ein ganz großartiges Stück Hardware, insbesondere für diesen Preis, das mit seinen ausgeklügelten Features und ergonomischer Bedienung auch nicht-Nerds bei ersten Ausflügen in die VR glücklich machen dürfte. Und das gilt insbesondere auch wegen der Freiheit, das Ding ohne jegliche Verkabelung quasi überall nutzen zu können.
Nachtrag: Per USB an den Rechner angeschlossen meldet sich das Ding als Massenspeicher, man kann also Medien wie Fotos oder Filme direkt darauf laden, ohne den Umweg über die App gehen zu müssen. Und ich hoffe, dass man darüber auch eigene Experimente in Unity oder anderen Game Engines auf die Kiste bekommt, ohne über den Oculus Appstore gehen zu müssen. Mal sehen, was die Spezialisten auf Reddit dazu sagen.
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