Buchreport: Buchhandel klagt über abwandernde eBook-Kunden
Auf Buchreport.de findet sich heute ein Artikel mit dem Teaser »Sortimenter klagen über abwandernde E‑Book-Kunden«. Was ich darunter an Aussagen lese, lässt mich wünschen, über mehr Hände zu verfügen, weil ein doppeltes Facepalm dafür deutlich nicht mehr ausreicht. Ich möchte hier auf ein paar der Aussagen eingehen.
Die Kunden betrachten uns nicht als Anlaufstelle für E‑Reader, dafür gehen sie ins Netz oder zum Elektronikmarkt
Genau. Denn wenn ich in Buchhandlungen gehe, um mir eReader anzusehen, dann sind da keine. Oder nur die Leib- und Magen- eReader der jeweiligen Kette. Und allzu oft finde ich die eReader nur hinter Glas, wie seltene Fische, statt zum Anfassen und Ausprobieren. Die Präsentation muss besser werden, und man sollte nicht weiterhin den Eindruck versprühen, dass man die Mistdinger eigentlich gar nicht verkaufen will.
Niedrige Rendite: Zwar seien E‑Reader fast täglich ein Gesprächsthema, doch der Beratungsaufwand sei zu hoch und münde eher selten im Kauf vor Ort.
Nein? Wirklich? Ihr wollt mir im Ernst verkaufen, dass der Beratungsaufwand für einen eReader zu hoch ist, für ein Kochbuch zum Preis von 14,95 Euro aber nicht? Das kann nicht euer Ernst sein? Und die Rendite? Na sicher kaufe ich meinen eReader nicht bei euch, wenn der anderswo 40 Euro preiswerter ist. Ihr müsst euch mal von eurem Preisbindungsdenken lösen, wenn ihr außer Duftkerzen andere nicht preisgebundene Ware verkaufen wollt. Und wenn ihr über eure Zulieferer nicht günstig genug an die Geräte kommt, dann sind die entweder unfähig, oder sie ziehen euch ab! Schon einmal versucht, euch einen Überblick über mögliche Bezugsquellen zu verschaffen, die günstiger sind, als eure Zulieferer? Mal versucht, über eine Einkaufsgemeinschaft billiger an die Geräte zu kommen? Nein? Dann kein Mitleid von meiner Seite.
Und was die Reader angeht: die erwerbe ich garantiert nicht im Elektronikmarkt, die sind viel zu teuer, auch wenn die Werbung was anderes verspricht, sondern online.
Und wenn ich schon »Beratungsaufwand« lese … ich bin noch nie in einer Buchhandlung kompetent zum Thema eReader beraten worden. Und ich mache mir inzwischen einen Spaß daraus, in Buchhandlungen zu gehen, um dort nach den Geräten zu fragen. Vielleicht sollte ich die witzigsten oder dümmsten Antworten mal niederschreiben.
Ein häufig genanntes Problem ist, dass Stammkunden verloren gehen, weil sie sich einen E‑Reader gekauft haben und sich andernorts mit Lesestoff versorgen, aus Händlersicht vor allem bei Amazon
Ja, natürlich versorge ich mich anderswo mit eBooks. Ihr habt doch gar keine. Ihr könnt keine Bons mit einem Key ausdrucken, mittels dessen ich mir das Ding zu Hause runter laden kann, ihr habt keine Möglichkeiten, mir am sprichwörtlichen »Point Of Sale« eins auf das Gerät zu laden, ich sehe noch nicht mal Epidus eBook-Cards bei euch im Laden stehen. Und bevor ich mich durch eure unergonomischen Webseiten hangle, kaufe ich woanders.
Gegen Amazons Übermacht könne der Handel nicht allein ankämpfen. Die Branche müsse die Nutzungsbedingungen vereinheitlichen, Hersteller bessere Lesegeräte frei von »Kinderkrankheiten« anbieten.
Allein daraus kann man doch schon entnehmen, dass Borniertheit vorherrscht. Es gibt nur ein maßgebliches Format abseits von Amazon, nämlich ePub (zum Nachlesen verlinkt). Die meisten Lesegeräte der aktuellen Generation, die keine Nischenprodukte von Firmen aus Süd-Kasachstan sind, haben ihre Kinderkrankheiten längst hinter sich gelassen. Warum ihr nicht gegen Amazon ankämpfen könnt? Siehe alle Zeilen vor dieser.
Als Quintessenz: das Gejammer und Geheule einstellen und einfach mal anfangen, mit Wollen, Kompetenz und ohne »Mimimi« an das Thema heran zu gehen. Kundenbindung entsteht dadurch, dass die Kunden gern zu euch gehen, weil sie sich gut beraten fühlen. Und dadurch, dass ihr keine Mondpreise ansagt. Agieren statt jammern.
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Bild: eReader vor Buchhandlung von mir, Hintergrundbild gemeinfrei, aus der Wikipedia