Im Rahmen der Leipziger Buchmesse findet eine Veranstaltung namens »Bloggersessions 16« statt (die »16« weist übrigens auf das Jahr hin, nicht auf die laufende Nummer der Veranstaltung – vor 16 Jahren wussten die vermutlich noch nicht mal, wie man »Internet« buchstabiert). Dafür nimmt man vorsichtshalber auch gleich mal ordentlich Geld. Wenn man allerdings annimmt, dass es bei den Bloggersessions etwa um Blogger und deren Blogs geht, oder dass Blogger einen zentralen Punkt bei der Veranstaltung bilden, der irrt. Gerade mal zwei Blogger dürfen im Zeitslot zwischen 12:00 und 13:00 Uhr etwas vortragen, und das auch nur zeitgleich mit einem anderen Vortrag, der sich um rechtliche Belange bei Buchblogs dreht.
In allen anderen Programmpunkten erklären irgendwelche Schlauberger von Verlagen und Co., was Blogs ihrer Ansicht nach sind, und wie gefälligst deren Inhalte auszusehen haben, damit sie das Wohlgefallen der Branche finden. Wir erinnern uns: Das sind genau dieselben Figuren, die bis heute nicht richtig mit dem Web, mit sozialen Medien oder auch nur eBooks zurecht kommen.
Beispiele:
Literaturblogger herzen sich fernab jeglicher Geschäftsmodelle und bedienen kosten- und kritiklos die Wünsche der Verlage.
Ja, sicher, das ist garantiert deren feuchter Traum, dass man das kosten- und kritiklos tut. Das ist aber nicht bloggen. Das ist einfach Werbung. Und das »Herzen« zeigt allein schon, wie wenig ernst man den Bürgerjournalismus nimmt.
Direkt aus dem Verlagswesen berichtet Rainer Dresen was beim Zitieren, Verwenden von Covern, Autorenfotos usw. beachtet werden muss.
Rainer Dresen ist der Justiziar der Verlagsgruppe Random House. Und der erläutert das ganz sicher völlig neutral und in keiner Weise zugunsten der Verlage geprägt. Glaubt das irgend jemand?
Gerade für Neulinge in der Bloggerwelt ist es wichtig, konkrete Rubriken im Blog zu haben, diese regelmäßig zu befüllen und Kontinuität aufzubauen. Dabei helfen ein Redaktionsplan und die richtige Organisation ungemein.
Bitte? Vielleicht wenn man ein Verlagsblog betreibt. Dieser Vortrag kommt von Lovelybooks. Angesichts deren völlig unergonomischer Plattformsoftware sollte man vielleicht eher weghören, wenn sie erläutern, was sie durch ihre branchengetönte Brille für »richtiges« Bloggen halten. Authentisch sieht sicher anders aus.
Blogger und Verlage sprechen über die Möglichkeiten für Blogger Geschäftsmodelle aufzubauen und die Blogs zu professionalisieren.
Und da sieht man abschließend, dass die tatsächlich nicht mal ansatzweise verstanden haben, worum es beim Bloggen eigentlich geht. Sicher nicht in erster Linie ums »Professionalisieren«, auch wenn jegliche andere Vorstellung den umsatzgeprägten Verlagen fremd erscheinen muss.
Schade, dass ich mich dagegen entschieden habe, die LBM aufzusuchen, die 35 Euro hätte ich wohl mal investiert, auch wenn ich arge Sorge um mein Zwerchfell haben müsste.
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Ich habe immer Probleme mit dem Begriff Bürgerjournalismus,
sowie die Bezeichnung Qualitätsjournalismus. Das mag durchaus
in einem sarkastischen Zusammenhang stehen, aber es würdigt
die einen herab, und die anderen einfach zu hoch.
Was ist denn ein Journalist? Meistens hat er Germanistik studiert,
und vielleicht noch Theaterwissenschaften, und schwupps erklärt
er dir im Feuilleton die Kultur.
Und was ist eigentlich ein Blogger? Bis jetzt habe ich noch keine
befriedigende Definition dafür gefunden. Selbst wenn ich ein
sogenanntes Blog-Programm benutze, fühle ich mich nicht wie ein
Blogger.
Die großen Verlage und Zeitungen winden sich doch nur noch
ungelenk. Sie haben längst erkannt, dass ihr arrogantes Stündchen
geschlagen hat. Nicht dass ich dies gut finde, aber sie hätten schon
vor sehr langer Zeit darauf reagieren müssen. Was zum Beispiel
einen guten Journalisten ausmacht, dass er Entwicklungen ein
gewisses Stück weit auch voraussehen kann.
Bei ‘Blogs’, sowie Zeitungen, oder Nachrichtensendungen gilt nach
wie vor: Ansehen, lesen, Meinung bilden, selektieren. Wer das als
mündiger Bürger nicht kann, ist selbst schuld.
Und wenn Random House wirklich die mit dem Löffel gefressene
Weisheit auf der Buch-Messe verkünden will, dann wäre ich gerne
neben Stefan Holzhauer im Publikum gesessen, um seine Schmährufe
zu geniessen.
Unter #bmb16 kannst du die blogger sessions nachverfolgen bzw. als Streams hier: https://voicerepublic.com/series/buchmesse-blogger-sessions-16
Bin mal gespannt, was du sagst.
Und so einen Kommentar muss man anonym posten? Das hat insbesondere dadurch Geschmäckle, dass er von der Domain leipziger-messe.de versendet wurde. Angst vor Kritik oder sich dieser zu stellen? Kann ich nicht ernst nehmen.