Interessant ist, dass man sich inhaltlich widerspricht. In der letzten Mail war davon die Rede, dass die Landesmedienanstalt nur ein Problem mit Klappentexten und Covern hatte, jetzt sind es doch auf einmal wieder die Bücher selbst. Alles in allem ist dieser gesamte Vorgang inkohärent und lässt eine logische Herangehensweise vermissen. Wie ich bereits sagte: Ich halte das alles für blinden Aktionismus.
Doch kommen wir zur Antwort Numero drei.
Die Inhalte der Mail sind eingerückt kursiv dargestellt, dazwischen meine Anmerkungen.
Lieber Herr Holzhauer!
Ich muss es einfach mal sagen: Es mag an dieser Stelle Korinthenkackerei sein, aber diese Anrede geht in einem geschäftlichen oder professionellen Umfeld gar nicht. Ich bin entweder der sehr geehrte Herr Holzhauer oder »Hallo Stefan«. Mit diesem »Lieber« soll eine persönliche Nähe und Verbundenheit suggeriert werden, die nicht existiert. Mir geht so etwas Gekünsteltes immer wieder auf die Nerven, nicht nur in diesem Fall.
Gerne nehme ich mir nun die Zeit und antworte dezidierter auf Ihre noch offenen Fragen.
Wenn ich von Verlag spreche, so ist dies die aktuelle Terminologie im beam-Vertriebsvertrag, die ich hier übernehme. Es tut nichts zur Sache, ob sie als Verlag, Autor oder Selfpublisher einen Vertrag mit beam geschlossen haben. Sie sind unser Handelspartner und dürfen sich damit auch angesprochen fühlen. Da gibt es keinen Unterschied.
Schön, dass sie »dezidiert« auf meine offenen Fragen eingeht. Es müsste allerdings »dediziert« heißen, es sei denn, sie möchte mir eindringlich oder energisch antworten. Was sein kann. Aber das nur am Rande.
Ich fühle mich mit dem Begriff »Verlag« nicht angesprochen. Ich führe keinen Verlag und das auch ausdrücklich und aus Gründen. Man würde sich bei Luebbe keinen Zacken aus der Krone brechen, ginge man von dieser offensichtlich eingeschliffenen Buchbranchen-Nomenklatur ab, wenn man mit bei Beam angemeldeten Indies spricht. Ich kann daraus nur entnehmen, dass Luebbe Selfpublisher egal sind, wenn man sie noch nicht einmal direkt anredet oder einfach zugunsten von Verlagen auslässt. Man hätte auch einfach von »Handels-« oder »Geschäftspartnern« reden können, das wäre diskriminierungsfrei gewesen. Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass man bei Luebbe die auf Beam eBooks bereits bei Übernahme reichlich vorhandenen Selfpublisher zwar gern mitnimmt, um an ihnen zu verdienen, sie ihnen aber ansonsten reichlich egal sind.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten,bei beam Daten anzuliefern.
Wird via Aggregatoren oder via Ftp geliefert, so wird zu jedem EPub eine Onix-Datei übertragen/ geliefert. Dies ist der allgemeine Standard für den Buchhandel und das Verlagswesen um Produkte, die online vertrieben werden, optimal zu beschreiben. Webshops können diese automatisiert interpretieren. So auch beam.
Gerne erkundige ich mich bei der Technik, wie Sie eBooks manuell kennzeichnen können, so sie dies wollen. Der Prozess des manuellen Uploads funktioniert meines Wissens nachwievor ohne dass sich etwas geändert hat.
Es ist ja schön, dass ich die technischen Hintergründe erläutert bekomme, danach hatte ich aber gar nicht gefragt. Ich hatte mir das angelesen, oder bereits gewusst. Es hat allerdings mit der Frage nach einer FSK auf eBooks nur am Rande zu tun.
Für eine Einschätzung erotischer Inhalte und einer entsprechenden freiwilligen Kennzeichnung bzw. Altersempfehlung kann ich kein verbindliches Rezept bereitstellen.
Ich kann lediglich Empfehlungen geben aufgrund meiner persönlichen Kenntniss des Marktes und meiner Erfahrung diverser Fälle im Bereich Jugendschutz und so im Einzelfall zu einer transparenten Kommunikation raten, um Abmahnungen zu vermeiden. Pornos oder SM-Romane sind z.b. meistens als solche in den Metadaten gekennzeichnet.
Rechtssicherheit einschätzen zu können ist nach Einlesen in die Materie für jedermann möglich, kann sicherlich immer durch einen kündigen Anwalt, Jugendschutzbeauftragten bzw. eine Überprüfung der Landesmedienanstalt gegeben werden.
Da zwinkere ich mit den Augen und mir bleibt ernsthaft die Spucke weg. »Rechtssicherheit einschätzen zu können ist nach Einlesen in die Materie für jedermann möglich«. Aha. Das wird Anwälte und Jugendschutzbeauftragte nicht freuen, die mit dieser Thematik ihr Geld verdienen, wenn das dermaßen einfach ist. Und es ist natürlich kompletter Humbug. Eine Alterseinschätzung von Inhalten ist keineswegs so simpel wie suggeriert, sonst bräuchten auch Verlage keinen Jugendschutzbeauftragten, sondern würden das den Hausmeister machen lassen, den sie sich schnell haben »in die Materie einlesen lassen«. Erotik ist ein weites Feld und gerade im Übergang zwischen »kann man ab 16 lesen« und »muss ab 18 deklariert werden« sind die Grenzen für Laien kaum zu ziehen (bei eindeutiger Pornografie sicherlich, aber darum geht es hier im Kern nicht, sondern um die Grenzgebiete, die unklaren Fälle, mit denen Selfpublisher, die in diesem Bereich schreiben, konfrontiert sein dürften. Wo genau fängt der Porno an?). Hier einfach zu behaupten, man können sich das Fachwissen »mal eben anlesen« ist derart realitätsfern, dass es mir beinahe körperliche Schmerzen bereitet.
Ebenfalls daneben ist der dann folgende Rat, einen Anwalt oder Jugendschutzbeauftragten heranzuziehen. Na sicher, den bezahlen Selfpublisher selbstverständlich entspannt mal eben aus der Portokasse. Nicht. Was denn nun? »Kann jeder« oder »muss ein Anwalt machen«?
Dass »Pornos oder SM-Romane z.b. meistens als solche in den Metadaten gekennzeichnet sind« mag für Verlage zutreffen, aber nicht für Selfpublisher, denen Metadaten in den allermeisten Fällen völlig wumpe sind. Da sind wir wieder bei der Fokussierung auf Verlage, die ja angeblich nur eine Begrifflichkeit ist, wie wir weiter oben lernten. Tatsächlich ignoriert man bei Luebbe hier aber die grundlegenden Unterschiede zwischen Verlagen und Selfpublishern.
Beam ist ein unabhängiger eBookshop, der auch Kleinstanbieter und Autoren via Direktanschluss im Sortiment führt, jedoch kein Selfpublishing-Portal.
Da muss ich widersprechen. Wenn Autoren ohne Verlag Bücher veröffentlichen und verkaufen, sind sie Selfpublisher, auch Indies genannt. Wenn eine Webseite deren eBooks verkauft, dann handelt es sich auch um eine Selfpublisher-Plattform. Amazon verkauft Kühlschränke, Bierpullen und Klodeckel, aber eben auch eBooks von Selfpublishern, deswegen ist Amazon unter anderem auch eine Selfpublisher-Plattform (nebenbei die größte in Deutschland). Und deswegen ist Beam eBooks neben anderem eben auch eine Selfpublisher-Plattform, denn die verkaufen meines Wissens nach keine Kühlschränke, Bierpullen und Klodeckel, aber Verlagsbücher und solche von Indies. Das kann man auch nicht einfach mit einem »Sind wir aber nicht! So!« wegdiskutieren.
Der prominenteste Anbieter, bei dem zu jedem Titel eine Altersempfehlung obligatorisch ist, heist Apple.
Apple auf der anderen Seite ist nun eher keine Selfpublisher-Plattform im eigentlichen Sinne. Amazon wäre eine korrekte Antwort gewesen, für die ich Punkte vergeben hätte. So jedoch: »Luebbe no points«.
Abseits von jugendgefährdenden Inhalten wird bei beam keine Alterseinstufung verlangt. Wir wurden von der Landesmedienanstalt mit einer Frist dazu angehalten, diese Kennzeichnungen bei relevanten Titeln bei und durch unsere Handelspartner sicherzustellen.
Hier wird es kafkaesk. In der letzten Mail wurde ausgesagt, es ginge nur um die Klappentexte (und Cover). Jetzt auf einmal fordert die Landesmedienanstalt (mit Frist!!einsölf!) laut Luebbe doch wieder eine Alterskennzeichnung für die eBooks? (Für die es meiner Ansicht nach keine rechtlicheGrundlage gibt.) Was denn nun? Ich befürchte, dass ich eine wirklich klare und eindeutige Antwort von Luebbe nicht bekommen werde, egal wie oft ich auch nachhake. Vielleicht frage ich mal bei der Landesmedienanstalt nach. Die müssen ja schließlich wissen, was genau sie »angemahnt« haben.
Eine Fsk für eBooks gibt es nicht. Es gibt lediglich wie beschrieben ein fsk-Kennzeichen innerhalb des existierenden Onixstandards (also auf Metadatenebene) herausgegeben von der Organisation EDITEUR.
Lassen wir uns das auf der Zunge zergehen: Es gibt keine FSK für eBooks, aber man soll an den eBooks eine FSK-Kennzeichnung anbringen. Diese Logik erschließt sich mir nicht. Ich halte es sogar für gefährlich, eine FSK-Kennzeichnung vorzugaukeln, die so tatsächlich gar nicht existiert, denn das grenzt an Vortäuschung falscher Tatsachen. Ich gehe davon aus, dass man deswegen abgemahnt werden kann (und selbst wenn nicht, wird es die Abmahnmafia dennoch versuchen).
Was bleibt abschließend zu sagen?
Abgemahnt werden derzeit vor allem kleine Portale wie beam. Bei Nichteinhaltung diverser Vorgaben werden wir nun gezwungen, bestimmte Inhalte unserer Handelspartner offline zu nehmen. Aus Kundensicht sehr schade, da natürlich in keinster Weise transparent ist, warum große Portale wie Amazon nicht gleichermaßen für selbige Titel abgemahnt werden.
Vor allem kleine Portale. Mimimi.
Ich gehe sicher davon aus, dass auch Amazon Post von den Landesmedienanstalten erhalten haben wird, sollte es problematische Texte auf deren Webseite geben, ebenso wie andere »große Portale«, denn warum sollten die bei der Landesbehörde einen Unterschied zwischen großen und kleinen Anbietern machen, oder kleine Anbieter aktiv benachteiligen? Eine solche Annahme oder Unterstellung entbehrt jeder Grundlage.
Ich nehme aber weiterhin an, dass es problematische Texte bei Amazon gar nicht gibt, weil die da ein Auge darauf haben – und weil man als Kunde unangemessene Inhalte melden kann. Und man kann sicher davon ausgehen, dass die Amazon-Kunden das in typisch deutscher Blockwart-Mentalität auch tun. Bei Luebbe möchte man eine solche Prüfung aber offenbar nicht durchführen.
Resultierende Kundenunzufriedenheit ist ein Ergebnis, ein weiteres die direkte Geschäftsschädigung durch weniger Umsatz auf Seite von beam. Daraus resultierend auch weniger Umsatz bzw. bei Sperrung eines Titels kein Umsatz mehr für den Vertriebspartner über beam.
Ähnlich unzufriedenstellend sind die Vorgehensweisen in der Produktpiraterie bzgl. Verstößen bei Markenrecht, wo auch primär die vertreibenden kleinen Shops angegangen werden und nicht die wirklichen Vertreiber der Piraterieprodukte.
Was »Produktpiraterie« mit dem Thema zu tun hat, müsste mir mal jemand erklären.
Wir wollen bei beam erotische eBooks verkaufen, natürlich sind wir nach bestem Gewissen bemüht, Transparenz innerhalb des Genres zu gewährleisten. Dies hoffen wir in Zusammenarbeit gemeinsam mit unseren Handelspartnern zu tun. Die Entscheidung zur konkreten Handlung liegt bei jedem einzelnen.
Für weitere Informationen stehe ich gerne zur Verfügung!
Sie müssen aber auch Verständnis dafür haben, dass ich bisher alleinig für beam zuständig bin und bei dem sehr breiten Aufgabenfeld nicht immer direkt jedes Anliegen binnen eines Tages beantworten kann.Viele Grüße und frohe Pfingsten wünscht
(Name entfernt)
Das war´s.
Wie man leicht sehen kann, machen eine Menge der Erklärungen bei dieser Aktion auch nach reiflichem Überlegen wenig Sinn und bei Luebbe widerspricht man sich selbst.
Wenn das ein Indiz dafür ist, wie der Rest der Branche mit dem Thema umgehen wird, dann gute Nacht.
Abschließend ein Hinweis, den ich bereits getätigt habe, den ich aber wegen seiner Relevanz hier nochmal wiederholen möchte:
Wer auf irgendeiner Buchverkaufsplattform ein Konto eröffnet, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Damit ist diese ganze Alterskennzeichnungsgeschichte eine absolute Luftnummer, denn es ist streng genommen gar nicht möglich, dass Minderjährige eBooks kaufen können, die erst ab 18 Jahren gelesen werden dürfen. Sicherzustellen, dass die Angaben bei Kontoeröffnung korrekt sind, also diese zu verifizieren, obliegt dem Betreiber der Plattform, dafür gibt es seit Jahren etablierte Prozesse. Und damit wären auch schon alle diesbezüglichen Probleme gelöst – ohne sie auf Verlage oder Selfpublisher abwälzen zu müssen. Ja, der eReader kann zuhause herumliegen, der Filius danach greifen und dort schlimme Dinge finden. Aber ist das bei Totholzbüchern anders? Oder: Wenn Sohnemann sich Pornos geben möchte, greift er sicher nicht zum eBook, sondern sucht garantiert eine der frei zugänglichen einschlägigen nichtdeutschen Plattformen im Web auf. Da ist das auch viel … plastischer als in einem öden Buch.
Grandios der Hinweis, dass meine Email-Gesprächspartnerin alleine für Beam zuständig ist. Großes Gewicht scheint man der Plattform bei Luebbe also nicht zuzumessen, wenn nur eine einzelne Person den Laden am Laufen halten muss – man hätte es sich beinahe denken können.
In keinem meiner Bücher gibt es auch nur ansatzweise erotische Inhalte (es sei denn, man stünde auf gut geschmierte Kolben, die in feucht dampfenden Zylindern rhythmisch pulsieren – und selbst die kommen nicht vor), so dass mich der ganze Zirkus im Prinzip nicht betrifft. Da ich allerdings die Handhabung und Vorgehensweise in diesem Fall – vorsichtig ausdrückt – für suboptimal und planlos (und in Teilen für hochgradig bedenklich) halte und ich kein Vertrauen mehr in Beam als Plattform bzw. Luebbe als Betreiber habe, denke ich darüber nach, alle meine eBooks dort zu entfernen. Insbesondere, da ich als Selfpublisher ja so offensichtlich uninteressant bin, dass man nur Verlage anspricht.
Amazon läuft prima.
Schade um die einstmals grandiose Plattform Beam eBooks.
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