Machen wir mal einen Realitätscheck hinsichtlich der Kosten von Büchern in Europa und den USA. ich möchte hier mal einige Preise exemplarisch nennen, um zu zeigen, dass Gedrucktes hierzulande im Vergleich einfach zu teuer ist. Vorher will ich allerdings noch auf eine seiner Aussagen eingehen. Er führt aus, dass es einen Preisanstieg um ca. zwei Prozent gab und fügt hinzu:
Seit zwanzig Jahren gab es eine solche Preiserhöhung von einem Jahr zum anderen nicht mehr.
Ich weiß ja nicht, von welchen 20 Jahren er redet, aber ich kann mich an deutliche Preissteigerungen zur Umstellung von Deutschmark auf Euro erinnern – und in Blick in mein Buchregal bestätigt das auch. Warum blendet er diese Tatsache wissentlich aus?
Aber kommen wir zu den Preisvergleichen. Ich habe einige Bücher – natürlich aus dem Segment »Phantastik« – herausgesucht und deren Preise in verschiedenen Ländern verglichen. Es handelt sich aus naheliegenden Gründen um internationale Titel, die in allen Ländern verfügbar sind. Das Ergebnis ist wie folgt:
Suzanne Collins – THE HUNGER GAMES, deutscher Titel: DIE TRIBUTE VON PANEM, Hardcover
- Deutschland: 18,95 EUR
- United Kingdom: 9,99 GBP ~ 12,00 Euro
- USA: 14,06 USD ~ 10,34 EUR
- Italien: 12,67 EUR
- Spanien: 15,20
J. R. R. Tolkien – THE HOBBIT – deutscher Titel: DER HOBBIT, Hardcover
- Deutschland: 14,95 EUR
- United Kingdom: 7,19 GBP ~ 8,64 EUR
- USA: 11,80 USD ~ 8,68 EUR
- Italien: es scheint keine italienischsprachige Ausgabe zu existieren, die englische kostet EUR 10,36
- Spanien: 13,25 EUR
George R. R. Martin: A SONG OF ICE AND FIRE, deutscher Titel: DIE HERREN VON WINTERFELL und DAS ERBE VON WINTERFELL, Taschenbuch
- Deutschland: 15,00 EUR plus 15,00 EUR = 30 EUR
- United Kindom: 6,29 GBP ~7,56 EUR
- USA: 8,22 USD ~ 6,05 EUR
- Italien: 12,75 EUR (die scheinen ebenfalls aufzuteilen, aber es gibt anlässlich der TV-Serie die ersten beiden Bände in einem Buch)
- Spanien: 9,50 EUR
J. K. Rowling – HARRY POTTER AND THE DEATHLY HALLOWS, deutscher Titel HARRY POTTER UND DIE HEILIGTÜMER DES TODES, Hardcover (gibt es in .de nicht als Taschenbuch)
- Deutschland: 24,90 EUR
- United Kingdom: 12,23 GBP ~ 14,70 EUR
- USA: 15,86 USD ~ 11,66 EUR
- Italien: 18,40 EUR
- Spanien: 20,90 EUR
Cornelia Funke – TINTENHERZ, englischer Titel: INKHEART
- Deutschland: 9,99 Euro (Taschenbuch), 19,90 (Hardcover)
- United Kingdom: 5,75 GBP ~ 6,90 EUR (Taschenbuch), 11,59 GBP ~ 13,93 EUR (Hardcover)
- USA: 8,61 USD ~ 6,33 EUR (Taschenbuch), 17,12 USD ~ 12,59 EUR (Hardcover)
- Italien: 8,93 EUR (Taschenbuch), eine Hardcoverausgabe scheint es nicht zu geben
- Spanien: 11,30 EUR (Taschenbuch), 23,65 (Hardcover)
Lassen wir es dabei bewenden, ich könnte hunderte weitere Beispiele nennen. Der Trend ist eindeutig: Bücher sind im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland teuer. Zum Teil sogar sehr teuer. Der einzige Ausreißer in den Stichproben ist TINTENHERZ in Spanien, vermutlich sind die dortigen Verlage ordentlich über den Tisch gezogen worden. Es möge mir bitte auch niemand damit kommen, dass auf der britischen Insel keine Umsatzsteuer auf Bücher anfällt, in allen Fällen wären diese auch dann noch deutlich preisgünstiger, wenn man sieben Prozent aufschlagen würde. Der Fairness halber muss man auch noch sagen, dass Bücher in Frankreich ähnlich teuer sind wie in Deutschland. Auch da arbeitet offenbar eine gute Lobby. Ja, ich weiß, der Absatzmarkt und damit die Produktion in englischer Sprache ist weitaus höher als die in deutscher, damit kann man mehr absetzen. Die Preisgestaltung unterscheidet sich allerdings auch in Ländern mit geringeren Absatzzahlen üblicherweise von Deutschland dadurch, dass Bücher preiswerter sind. Und den Osten Europas habe ich dabei noch gar nicht betrachtet. Übrigens gilt auch in Spanien und Italien eine Buchpreisbindung, eine solche existiert in gerade mal acht von 26 Ländern Europas. Nach aktuellen Statistiken befindet sich Deutschland beim allgemeinen Preisniveau in Europa ungefähr in der Mitte. Bei Buchpreisen sieht das aus schwer nachvollziehbaren Gründen anders aus. Leider konnte ich keine Statistik finden, die die Buchpreise in europäischen Ländern vergleicht, deswegen meine Stichproben.
Grundsätzlich deuten die Stichproben aber an, dass Bücher hierzulande im Allgemeinen deutlich mehr kosten, als anderswo. Jaja, ich weiß, jetzt wird das Argument mit der Übersetzung kommen, das ist immer gern genommen. Allerdings weiß man auch, dass Übersetzer hierzulande äußerst miserabel bezahlt werden, deswegen kann dieser Umstand insbesondere bei Bestsellern kein Argument darstellen. Außerdem kann man mit ein wenig Vergleichen erkennen, dass sich die Preise übersetzter ausländischer Literatur an denen deutscher Bücher orientieren. Daraus könnte man schließen, dass auch letztere zu teuer sind.
»Aber denkt denn keiner an die Autoren?« höre ich es wieder einmal aus den heiligen Hallen der Buchbranche rufen. Doch, an die denke ich. Ständig. Und ich weiß, wie miserabel die entlohnt werden. So schlecht, dass außer Bestsellerautoren in Deutschland kaum jemand davon leben kann.
Wir halten fest: Bücher sind bereits jetzt aasgeierig teuer und der Börsenverein scheint zu unterstützen, dass diese noch teurer werden sollen. Zudem geht man vom Taschenbuch immer öfter gern mal aufs Paperback, weil man das bei gleichem Inhalt deutlich teurer verticken kann – man könnte es, ebenso wie das Aufteilen von Wälzern auf zwei Bücher, auch als »Kundenverarsche« bezeichnen, denn es handelt sich nur um neue Schläuche für alten Wein. Die Branche versteht offensichtlich immer noch nicht, dass sie heutzutage in direkter Konkurrenz zu Tablet- und Smartphone-Apps steht, die man für ein paar Cent erwerben kann. Von anderen direkten Konkurrenzen wie Internet, Spielen, Filmen noch gar nicht gesprochen. Und auch nicht davon, dass man sich eben seinen Lesestoff für einen Bruchteil des deutschen Preises gleich im englischen Original kaufen kann. Allerdings sollte man sich diese englischen Originale besser nicht bei deutschen Anbeitern kaufen.
Die massiv ansteigende Armut in Deutschland, nach aktuellen Angaben sind fünf Prozent aller Kinder als arm anzusehen, scheint die Branche in ihrer Filterblase ebenfalls nicht zu interessieren. Wenn die Entscheidung lautet: Buch oder etwas zu essen, ist die Entscheidung wohl einfach. Kann sich noch jemand an Anton Philipp Reclam erinnern, der mit seiner Universalbibliothek auch weniger Betuchten das Lesen von Klassikern und Belletristik ermöglichen wollte? Was ist davon geblieben, außer dem Ansinnen, möglichst viele Bücher »zu drehen«?
Ja, ich denke auch, dass Bücher einen Wert haben. Aber der Preis muss angemessen sein. Und das ist er in meinen Augen bereits jetzt nicht. Zumindest nicht bei den Publikumsverlagen mit ihren Großauflagen.
[cc]
Bild: Der Bücherwurm, von Karl Spitzweg, gemeinfrei, angereichert mit Euro-Symbolen
RT @PhantaNews: Preiserhöhungen – die feuchten Träume der Buchbranche? http://t.co/3alIaYlk7R #buchpreise #buchbranche #preiserhöhungen
RT @PhantaNews: Preiserhöhungen – die feuchten Träume der Buchbranche? http://t.co/3alIaYlk7R #buchpreise #buchbranche #preiserhöhungen
Nicht nur ist der englischsprachige Buchmarkt allein im Binnenmarkt 5–7x so groß wie der deutschsprachige (je nach Rechenweise), die Qualität der Bücher ist eine ganz andere, nicht inhaltlich, sondern vor allem in Druck und Papier. Ebenso wird in Deutschland gerne eine Mischkalkulation gemacht, Massentitel tragen so zum Teil ausgefallenere Titel mit und machen diese so bezahlbar.
Dass das kein Muss ist, ist klar. Ohne Zweifel bekommt man aus USA gerade die billig produzierten Mass-Market-Paperbacks deutlich günstiger.
Aber ich für meinen Teil möchte auf feinkörniges Papier, gut lesbare Drucke und hochwertige Einbände mit Lesebändchen und echter Bindung nicht verzichten. Und dafür bin ich auch bereit zu bezahlen.
Ich lese aufgrund der Mondpreise in Deutschland sowie aufgrund der miserablen Übersetzungen eine Menge US-Bücher. Dass die in diesem Maße qualitativ schlechter sind, als hiesige stimmt schon lange nicht mehr. Gerade Hardcover sind mindesten genauso gut wie hierzulande, manche sogar deutlich besser. Lesebändchen sind mir völlig egal, eBooks haben sowieso keine. Papierqualität ist für mich völlig nachrangig, der Inhalt zählt. Bei den Mass Market Paperback ist der Druck schon mal von schlechterer Qualität als hierzulande. Aber das bedeutet nicht, dass er schlecht ist. Und was ist mit nicht englischsprachigen Ländern? Ist da die Qualität der Buchprodukte auch schlechter als in Deutschland? Von wegen.
Das mit der Mischkalkulation ist auch so eine gern verbreitete Geschichte. Dabei heisst es doch, die Buchpreisbindung wäre DAS Mittel, um auch Nischenprodukte möglich zu machen. Und nun braucht es zusätzlich noch eine Überteuerung von Massentiteln, um diese zuu finanzieren? prima, dann können wir die mittelalterliche Lobby-Nummer »Buchpreisbindung« ja abschaffen.
Ein Taschebuch kostet in Deutschland zwischen 6 und 11 Euro.
Gebundene Bücher zwischen 17 und 25 Euro.
Broschierte Bücher kosten zwischen 10 und 20 Euro, aber wer das nicht will solls halt einfach lassen, ich warte da auch lieber auf das Taschenbuch.
Eine DVD eines Films kostet zwischen 8 und 15 Euro (außer dem Ramsch den eh keiner will oder den alle schon haben – aber das ist bei Büchern auch nicht anders).
Eine Special Edition, ein Steelbook o.ä. kostet zwischen 12 und 35 Euro.
Einen Film schaue ich innerhalb von 90 bis 240 Minuten an. Je nach Buch liest man daran 2 – 30 Stunden. Ist das Buch von guter Qualität kann ich es beliebig oft lesen UND es wertet meine Wohnung optisch auf.
Für mich liegt da die Preisverschiebung wo ganz anders.
Aber letztendlich: wenn alles was Sie wollen spottbillige Paperbacks sind, die bekommen Sie ja aus USA, dann kann Ihnen der deutsche Buchmarkt doch herzlich wurscht sein.
Man kann und sollte verschiedene Medien nicht so direkt vergleichen, ein Buch kostet in der Herstellung auch nicht mehrere Millionen Dollar, wie ein Blockbuster. Unter diesem Aspekt müssten Bücher sogar verschwindend billig im Vergleich zum Film sein, denn die Kosten für Herstellung, Logistik und Autoren sind um ein Vielfaches geringer. Auch die Länge der Mediennutzung ist hier völlig irrelevant. Sonst komme ich mit dem Vergleich Computerspiele, der natürlich ebenso daneben ist, für 15 Euro hatte ich bereits jahrelangen kreativen Spaß mit Minecraft. Apps für Tablets oder Smartphones liegen im Cent-Bereich und bieten ebenfalls stunden- oder tagelange Unterhaltung. Was ist mit Open-Source- oder free2play-Games? Dieser Vergleich zwischen verschiedenen Medien hinkt auf allen vorhandenen Beinen.
Übrigens bekommt man Filme per Video on Demand oder Streaming inzwischen bereits oft deutlich preiswerter als in Form einer DVD oder BlueRay.
Filme kann ich mir ebenfalls beliebig oft ansehen und auch eine gut sortierte Videosammlung wertet die Wohnung auf. Ebenso wie eine gut sortierte Videospielesammlung. Alles eine Frage der Perspektive.
Wer hat denn gesagt, dass ich nur spottbillige Paperbacks will? Ich jedenfalls nicht. Auch Hardcover sind in Deutschland überteuert. Und es soll ja bisweilen auch lesbare deutsche Autoren geben …
Ohne es richtig geprüft zu haben, finde ich deutsche Bücher im Vergleich zum US-Markt überteuert. Und, das kann ich mit Sicherheit sagen, weil ich als King-Fan alle Hardcover in deutsch und englisch habe, dass die Qualität der amerikanischen Hardcover bei weitem besser ist.
Kings FOUR PAST MIDNIGHT wurde von Heyne auf zwei Bände aufgeteilt, angeblich wegen des Umfanges. Vollkommener Quatsch. Und dann die unsäglichen Änderungen an der Covergestaltung. Bei UNDER THE DOME – DIE ARENA war die Gestaltung als ergänzendes Kunstwerk einbezogen. In Deutschland setzt Heyne einen drittklassigen Designstudenten ans Cover. Und dafür zahle ich dann einen höheren Preis? Bücher sollen durchaus ihren Preis haben, aber auch dem eigentlichen künstlerischen Absichten Rechnung tragen. Das passiert in Deutschland nicht.