Amazon Prime Video – ein ernüchternder Test

aiv

Ich war zuge­ge­be­ner­ma­ßen erst ein­mal ein wenig eupho­risch, als ich las, dass Ama­zon für Prime-Kun­den einen Video-Strea­ming-Zugang frei­schal­tet, der Zugriff auf hau­fen­wei­se Fil­me und Seri­en ermög­li­chen wür­de. 49 Euro soll­te das im Jahr kos­ten, das sind gera­de mal 20 Euro mehr für ein angeb­lich zum bis­he­ri­gen Ange­bot erwei­ter­tes Love­film-Kon­to, also für unge­fähr 1,67 Euro im Monat belie­big Video On Demand.

Als ich das dann tat­säch­lich zu nut­zen ver­such­te, leg­te sich die Eupho­rie aller­dings schnell.

Es gibt zwei Orte, an denen ich Fil­me und Fern­seh­se­ri­en sehe. Zum einen in der Man-Cave über den Bea­mer, an den eine PS3 als Zuspie­ler und Medi­en­cli­ent ange­schlos­sen ist, zum ande­ren im Wohn­zim­mer über den Smart-TV von Phil­ips, auch der hängt selbst­ver­ständ­lich im Netz­werk und kann als Strea­ming-Cli­ent ver­wen­det wer­den.

Zuerst zur Play­sta­ti­on: als ich ver­such­te, die Ama­zon Prime Video-App zu instal­lie­ren, mel­de­te das Sys­tem, es sei bereits eine höhe­re Ver­si­on instal­liert. Na, das ist ja pri­ma, dach­te ich und rief die­se auf. Ich sah dar­auf­hin die Mel­dung, dass ich erst ein­mal eine neue Ver­si­on der App instal­lie­ren müs­se. Ganz aller­liebst und nicht beson­ders pro­fes­sio­nell. Als die Instal­la­ti­on erle­digt war (die Datei­en sind nicht beson­ders groß, irgend­was knapp über 20 MB, ergo ging das schnell), konn­te ich mir das Ange­bot anse­hen. Der Unter­schied zur Love­film-App, die ich bereits aus einer Test­pha­se kann­te, war mar­gi­nal.

Umge­hau­en hat mich das Ange­bot inhalt­lich nicht, ganz im Gegen­teil. Aktu­el­le Fil­me sind wei­test­ge­hend Fehl­an­zei­ge und bei den Seri­en sieht es ähn­lich düs­ter aus. Na schön, ALPHA HOUSE kann ich mir anse­hen, eine von Ama­zon Stu­di­os eigen­pro­du­zier­te Sit­com mit John Good­man um repu­bli­ka­ni­sche Sena­to­ren. Aller­dings zum Zeit­punkt des Tests gera­de mal nur drei syn­chro­ni­sier­te Epi­so­den.

Denn: Ori­gi­nal­ton ist wei­test­ge­hend Fehl­an­zei­ge, nur eine ver­schwin­dend gerin­ge Men­ge der Inhal­te sind in eng­li­scher Spra­che abzu­ru­fen. Das ist heut­zu­ta­ge nicht mehr zeit­ge­mäß und gera­de bei einem US-Tech­no­lo­gie-Kon­zern wie Ama­zon in mei­nen Augen ganz schön pein­lich. Da ich ein O‑Ton-Freund bin, zudem umso frus­trie­ren­der.
Frag­wür­dig zudem, dass man für man­che Inhal­te auch als Prime-Kun­de noch­mal extra zah­len soll. Bei Brand­neu­em und Block­bus­tern wür­de ich das ja viel­leicht noch ein­se­hen (wenn man sie bereits vor dem Ver­kauf als Sil­ber­schei­be anse­hen kann), aber bei altem Schmonz? Ich hat­te die Idee, viel­leicht mal ein paar Fol­gen der ers­ten Sea­son CASTLE anzu­schau­en, da soll sogar die ers­te Staf­fel, immer­hin bereits etli­che Jah­re alt, auch für mich als Prime-Kun­den 1,99 Euro pro Epi­so­de kos­ten. Das kann doch nicht deren Ernst sein? Da bin ich ja bei Apple güns­ti­ger auf­ge­ho­ben – und die sind in mei­nen Augen schon schwei­ne­teu­er.

Die Bild­qua­li­tät geht wohl in Ord­nung, das ist des­we­gen etwas schwer zu beur­tei­len, weil der Ups­ca­ler der PS3 wirk­lich gran­di­os ist und sogar aus mise­ra­blem Quell­ma­te­ri­al noch ein schö­nes Bild zau­bert. Strea­ming-Aus­set­zer oder Buf­fer-Pro­ble­me hat­te ich nur in einem Fall, die Pilo­t­epi­so­de von ALPHA HOUSE erfreu­te mich unge­fähr fünf Minu­ten lang mit mat­schi­gem Bild und üblen Arte­fak­ten. In den bei­den nach­fol­gen­den Fol­gen gab es das Pro­blem aber nicht. Bei irgend­ei­ner Ani­mé-Serie, deren Titel ich auf­grund von Irrele­vanz ver­ges­sen habe, bekam man einen Bild­brei vol­ler Arte­fak­te zu sehen, was auch wäh­rend der gesam­ten Lauf­zeit der ange­se­he­nen ers­ten bei­den Epi­so­den nicht bes­ser wur­de. Von der erschre­ckend dum­men deut­schen Syn­ch­ro erst gar nicht gere­det, aber für die kann Ama­zon nichts …

Jetzt aber noch zu einem völ­lig unver­ständ­li­chen Punkt, was die­ses Ange­bot angeht: für mei­nen Phil­ips Smart-TV, gera­de mal ein hal­bes Jahr alt, gibt es kei­ne App, um Ama­zons Ange­bot dar­auf nut­zen zu kön­nen. Das ist nicht nur ärger­lich, das ist – gelin­de gesagt – eine Unver­schämt­heit. Es soll­te von einem welt­weit agie­ren­den Mega­kon­zern wahr­lich nicht zuviel ver­langt sein, die Gerä­te von nam­haf­ten Her­stel­lern zu unter­stüt­zen. Eine Sup­port­an­fra­ge bei Ama­zon wur­de erst nach meh­re­ren Tagen mit einem Text­bau­stein beant­wor­tet: »Eine Lis­te kom­pa­ti­bler End­ge­rä­te fin­den Sie hier. Dan­ke für Ihren Hin­weis, wir ver­bes­sern unser Ange­bot stän­dig.« Ja, dan­ke, die­se Sei­te kann­te ich bereits. Nein, dass das Ange­bot »stän­dig ver­bes­sert« wird, nutzt mir im Moment rein gar nichts.

Wir fas­sen zusam­men: Ein eher mage­res Ange­bot, was aktu­el­le Fil­me und Seri­en angeht. Ange­sag­te Staf­feln von US-Seri­en fin­det man nicht, nur älte­re (und ein paar von Ama­zon Stu­di­os selbst­pro­du­zier­te, aber auch hier nur syn­chro­ni­sier­te Fol­gen). In eng­li­scher Spra­che liegt unver­ständ­li­cher­wei­se kaum was vor, und Ama­zon ist der Ansicht, dass man selbst nam­haf­te Anbie­ter von End­ge­rä­ten nicht unter­stüt­zen muss. Dazu die Tat­sa­che, dass man sogar für olle Kamel­len wie die ers­te Staf­fel CASTLE extra kas­sie­ren will.

Ama­zon kann das nicht ernst­haft für ein gutes Ange­bot hal­ten? Eine »bahn­bre­chen­de Neue­rung im Bereich Video«, wie ange­kün­digt, ist das ganz sicher nicht, eher hei­ße Mar­ke­ting-Luft.

Mei­ne Prime-Mit­glied­schaft läuft noch bis Novem­ber 2014. Soll­te sich das Ange­bot bis zu die­sem Zeit­punkt nicht maß­geb­lich ver­bes­sert haben, wer­de ich von einer Ver­län­ge­rung defi­ni­tiv abse­hen. Es sei denn, Ama­zon hat ein Ein­se­hen und kop­pelt Prime von die­sem in mei­nen Augen äußerst halb­ga­ren Strea­ming Ser­vice wie­der ab. Eigent­lich scha­de, denn ich moch­te den Lie­fer­ser­vice. Und ich kann ehr­lich gesagt auch nicht nach­voll­zie­hen, wie ein Kon­zern, der ansons­ten so inno­va­tiv und pro­gres­siv agiert, in Sachen Video­strea­ming so der­ma­ßen dane­ben grei­fen kann.

Blog Marketing

 Blog-Mar­ke­ting ad by hal­li­ma­sh

Logo Ama­zon instant Video Copy­right Ama­zon

7 Kommentare zu „Amazon Prime Video – ein ernüchternder Test“

  1. Exakt auch mei­ne Mei­nung. Im Ver­gleich zu den Mit­be­wer­bern ein sehr sehr schwa­cher Auf­tritt.

  2. Da ich nicht will, dass irgend­ein Smart­TV meint, im Netz pet­zen zu müs­sen, was bei uns auf dem Bild­schirm läuft, kommt der mir nicht ans Netz. Als Medi­en­wie­der­ga­be­ge­rät kommt ein Raspber­ry Pi zum Ein­satz. Ein­de dies­be­züg­li­che Anfra­ge nach Unter­stüt­zung wur­de von Ama­zon auch nur mit nichts­sa­gen­den Text­bau­stei­nen (mer­ke: Text­bau­stei­ne sind das Gegen­teil von Kun­den­freund­lich­keit und Ser­vice) abge­fer­tigt.

    Wenn Ama­zon Instant Video nicht auf die­ses bescheu­er­te DRM set­zen wür­de, könn­te man sich da ja selbst was für den Pi bas­teln. Aber so ist der Dienst nicht nur inhalt­lich schlecht, son­dern tech­nisch kaputt. Ich will selbst ent­schei­den, auf wel­chen Gerä­ten ich mei­ne Inhal­te schaue.

    Mein Prime läuft noch bis Febru­ar 2015 zum alten Preis, aber ich habe die Ver­län­ge­rung bereits gekün­digt.

  3. @Markus: der Schwatz­sucht der Smart-TVs ist man nicht hilf­los aus­ge­setzt, bereits ein­fa­che Maß­nah­men trei­ben ihnen das nach Hau­se Tele­fo­nie­ren aus. Den pas­sen­den Arti­kel gibt’s in einer der letz­ten aus­ga­ben der c’t

  4. @Stefan: Ja, aber ich bin zu faul, mich um sowas zu küm­mern. Mei­ne Lösung ist da ein­fa­cher. ^^

  5. Fin­de ich nicht, die Ope­n­ELEC-Ein­rich­te­rei auf dem Raspi nervt auch, ins­be­son­de­re das aktu­ell hal­ten und das Gef­ri­ckel mit Plug­ins. Ich fri­ckel ja eigent­lich ganz gern, aber das ist defi­ni­tiv kei­ne ergo­no­mi­sche und beque­me Lösung. Mal davon abge­se­hen, dass der Raspi gern mal nicht mehr boo­tet, weil Ope­n­ELEC wie­der ein Furz quer­sitzt (weil er nicht kor­rekt run­ter­fah­ren konn­te, irgend­wel­che Caches nicht mehr vor­han­den sind und ich dann nur noch einen Boot­loop sehe). Nee­nee, das ist nicht all­tags­taug­lich.

  6. Pingback: Netflix - Erstkontakt: katastrophal - PhantaNews

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen