Video-Interview: Tad Williams zum Thema Selfpublishing

Den Namen Tad Wil­liams kennt der Phan­tas­tik-Fan durch Epen wie die OTHERLAND- oder die OSTEN ARD-Rei­he, letz­te­re mit dem Roman DER DRACHENBEINTHRON. Wil­liams wur­de kürz­lich in einem Video-Inter­view von Media­pu­bli­shing-Stu­den­ten der Hoch­schu­le der Medi­en in Stutt­gart zum The­ma Self­pu­bli­shing befragt (und ich fra­ge mich: war­um nut­zen aus­ge­rech­net Media­pu­bli­shing-Stu­den­ten das Bild­for­mat 4:3? Aber das nur am Ran­de).

Für den Autor kommt nach sei­nen Aus­sa­gen Self­pu­bli­shing nicht in Fra­ge, da er sich auf das Schrei­ben kon­zen­trie­ren will und er beim Inde­pen­dent-Ver­le­gen zu vie­le Mar­ke­ting- und Publi­ci­ty-Din­ge neben­her machen müss­te. Außer­dem sagt der Autor: »Auch wenn alle über Self­pu­bli­shing reden, weiß nie­mand, was pas­sie­ren wird«.

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Doch auch wenn er eine Men­ge wirk­lich klu­ge Din­ge sagt, da irrt der Meis­ter ver­mut­lich. Erst ges­tern berich­te­te Ans­gar War­ner auf e‑book-news dar­über, dass die ver­leg­ten Titel in Sachen Self­pu­bli­shing in den USA jene der klas­si­schen Buch­bran­che bereits um ein Viel­fa­ches über­stei­gen:

… das poten­ti­el­le, bis­her unaus­ge­schöpf­te Markt­vo­lu­men lie­ge bei 52 Mil­li­ar­den Dol­lar, und damit etwa dop­pelt so hoch wie der aktu­ell von klas­si­schen Ver­la­gen erzeug­te Umsatz.
Selbst wenn man Reprint und gemein­freie Klas­si­ker her­aus­rech­net, wer­den via Self-Publi­shing schon jetzt acht mal mehr Titel ver­legt als auf klas­si­schem Weg. Die Zahl der Inde­pen­dent-Autoren über­steigt die der Ver­lags­au­to­ren sogar um das 100-fache.

Das liegt unter amde­rem dar­an, dass man Crea­teSpace-Bücher in den USA auch über das Bar­sor­ti­ment bekommt – oder ganz pro­fan aus­ge­drückt: im Buch­han­del. Eine Situa­ti­on, von der die deut­schen Self­pu­blisher nur träu­men kön­nen. Es han­delt sich um »ver­deck­ten Zah­len«, denn die US-Buch­bran­che nimmt Ver­käu­fe von Inde­pen­dent-Autoren bis­her nicht oder kaum in ihre Sta­tis­ti­ken auf – genau wie hier­zu­lan­de.

Auf e‑book-news.de heisst es wei­ter:

Fragt sich natür­lich: Und was ist mit Deutsch­land? Inter­es­san­ter­wei­se hat ja die Frank­fur­ter Buch­mes­se das Self-Publi­shing medi­en­wirk­sam zum Top-The­ma des Jah­res 2013 gemacht. In den Mes­se­hal­len selbst wer­den jedoch mal wie­der die Pro­duk­te von klas­si­schen Ver­la­gen das Bild bestim­men, ein Bild, das aber die tat­säch­li­chen Markt­struk­tu­ren ver­schlei­ern dürf­te.

Und das ist in mei­nen Augen die größ­te Lach­num­mer: die Betrei­ber der Buch­mes­se (also im Prin­zip der Bör­sen­ver­ein), erklä­ren Self­pu­bli­shing zum ganz gro­ßen Hype, tat­säch­lich möch­te man aber auf der Ver­an­stal­tung dann doch lie­ber unter sich blei­ben, so wie es schon immer war, und alte Tra­di­tio­nen pfle­gen. Man könn­te sie auch erstarr­te Struk­tu­ren nen­nen. Wenn Self­pu­bli­shing tat­säch­lich das gro­ße Ding ist, war­um lädt man die Autoren dann nicht ein, um sich auf der Mes­se zu prä­sen­tie­ren? Ein­fach: weil man selbst mit eige­nen Able­gern wie epu­b­li oder neo­books Kon­trol­le über die Indie-Autoren erlan­gen und sie nach den bran­chen­ei­ge­nen Spiel­re­geln mani­pu­lie­ren möch­te – um mit den ver­meint­li­chen Buch-Pari­as trotz­dem abzu­kas­sie­ren.

In Deutsch­land dau­ert immer alles etwas län­ger, aber es wür­de mich sehr wun­dern, wenn Self­pu­bli­shing nicht auch hier­zu­lan­de zu einem Fak­tor wer­den wür­de. Ins­be­son­de­re der Han­del wür­de gut dar­an tun, sich dem zu öff­nen.

[cc]

2 Kommentare zu „Video-Interview: Tad Williams zum Thema Selfpublishing“

  1. Ich ver­ste­he ehr­lich gesagt nicht, dass du das posi­tiv siehst. Das zeigt doch nur, dass eben jeder Depp sei­ne Ergüs­se auf den Markt wer­fen kann, und genau die­se Unzahl wird den Indie-Wahn auch ganz schnell wie­der abwür­gen, den­ke ich.

    Aus Autoren­sicht:
    Unter all die­sen Autoren auf­zu­fal­len ist mitt­ler­wei­le fast genau­so schwer, wie einen Ver­lag oder eine Agen­tur zu fin­den. Wer soll zu all dem Zeugs Leser-Rezen­sio­nen schrei­ben, die doch bei der Aus­wahl hel­fen sol­len. Es wird also immer mehr zu gekauf­ten Rezen­sio­nen und 1‑S­tern-Bas­hing kom­men, bis die­ses Werk­zeug jed­we­de Glaub­wür­dig­keit ver­lo­ren hat.

    Aus Leser­sicht:
    Unter dem Berg von Müll der ver­öf­fent­licht wird die wirk­lich lesens­wer­ten Sachen zu fin­den, wird immer schwe­rer, nicht zuletzt weil es eben kaum noch glaub­wür­di­ge Leser­re­zen­sio­nen gibt.

    Klar, auch Ver­la­ge ver­öf­fent­li­chen Müll, aber MEHR Müll macht es für den geneig­ten Käu­fer nicht eben ein­fa­cher.

    Bleibt zu hof­fen, dass diver­se Möch­te­gern-Autoren nach ent­täu­schen­den ers­ten Büchern sich wie­der den din­gen zuwen­den, von denen sie was ver­ste­hen und die Zahl der Indie-Ver­öf­fent­li­chun­gen auf ein ver­nünf­ti­ges Maß

  2. Stefan Holzhauer

    Das sind doch die­sel­ben Argu­men­te, wie man sie auch im Zusam­men­hang mit Indie-Musik oder dem Inter­net und Bür­ger­jour­na­lis­mus gehört hat – und sie haben sich als falsch erwie­sen.

    Viel­falt kann nie schlecht sein.

    Natür­lich ist eine Men­ge Müll unter den Self­pu­bli­shing-Ver­öf­fent­li­chun­gen, aber genau­so ist das im Inter­net: man muss unter den Mil­lio­nen Baby­sei­ten, Kat­zen­bil­dern und Schwa­fel­b­logs mit irrele­van­tem Inhalt eben­falls den rele­van­ten Con­tent fin­den. Dabei hel­fen Such­ma­schi­nen und etwas ganz ähn­li­ches wird es bald auch fürs Self­pu­bli­shing geben, da bin sicher. Ent­we­der in Form mode­rier­ter Kata­lo­ge wie Qin­die oder auch auto­ma­ti­siert, denn letzt­lich sind Stil und Ortho­gra­fie durch Algo­rith­men zu erfas­sen, dafür kann man eine Such­ma­schi­ne pro­gram­mie­ren; Goog­le kommt bestimmt mit sowas auf den Markt. Dass so etwas geht, zeigt bei­spiels­wei­se die Soft­ware Papy­rus auf ein­drucks­vol­le Art und Wei­se. Wenn die Zahl der Recht­schreib­feh­ler in einer Lese­pro­be zu hoch wird, oder die Stil­ana­ly­se einen schlech­ten Wert ver­gibt, dann schaut man sich das halt gar nicht erst an. Damit kann man die ganz mise­ra­blen schon­mal aus­sie­ben. Und ohne Lese­pro­be kau­fe ich gar nix mehr.

    Eins ist aber ganz klar: die Ver­la­ge wer­den sich dar­auf ein­stel­len müs­sen und schnell agie­ren, sonst sehe ich schwarz. Denn ins­be­son­de­re bekann­te Autoren kön­nen ihre Bücher auf­grund ihres Bekannt­heits­grads auch ohne Ver­la­ge ver­öf­fent­li­chen. Die soll­ten sich schnell davon lösen, in Self­pu­blishern grund­sätz­lich nur Pari­as und Ama­teu­re zu sehen. Das­sel­be gilt auch für Leser. Wer nur schlech­te Self­pu­blishung-Bücher fin­det, der hat eine schlech­te Such­stra­te­gie. Leser­be­wer­tun­gen erset­zen das selbst­stän­di­ge Den­ken nicht.

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