RYZOM kommt auf den ersten und zweiten Blick wie eins der üblichen MMORPGs daher und weicht weder in der Steuerung noch in den Inhalten grundlegend von anderen Vertretern des Genres ab. Auffällig ist die vergleichsweise hübsche Grafik – auffällig ist aber auch die Lernkurve, die aufgrund zahlreicher Skills und Wahlmöglichkeiten von Anfang an deutlich höher ist, als bei einsteigerfreundlicheren Produkten anderer Hersteller.
RYZOM hat trotz haufenweise bekannter Versatzstücke aber auch einiges an Innovation zu bieten, an erster Stelle möchte ich hier die Möglichkeit nennen, nicht nur »user generated content« zu erstellen, also selbsterstellte Questen und Questreihen zu generieren, sondern während diese Questen durchgespielt werden, kann man wie eine Art Gamemaster die Kontrolle über NPCs übernehmen und diese damit individuell agieren lassen. Das gibt es so meines Wissens bei keinem anderen MMO.
Trotz aller Vorteile und trotz interessanter Hintergrundgeschichte und welt sowie einer soliden Umsetzung kam RYZOM leider nie so richtig zu Potte, so dass der französische Entwickler Nevrax bereits im Jahr 2006 Konkurs anmelden musste. Danach wollten ehemalige Mitarbeiter, Fans und die Free Software Foundation nach einem Spendenaufruf die Rechte am Spiel kaufen, diese gingen jedoch stattdessen an Gameforge France. Als auch die in die Insolvenz gehen mussten, und nach weiteren Turbulenzen und der Abspaltung einer Open Source-Version des Spiels übernahm in 2009 die zypriotische Firma Winch Gate Property Ltd. das Spiel und führte auch bezahlte Abos weiter.Der Quellcode und die Spielinhalte wurden am 6. Mai 2010 an die Free Software Foundation übergeben, RYZOM sollte unter Version 3 der AGPL zugänglich gemacht, alle künstlerischen Inhalte unter Creative Commons Namensnennung–Weitergabe unter gleichen Bedingungen (CC-by-sa) gestellt werden. Dies betrifft jedoch nicht die Welt an sich, die ist nach wie vor nur über den offiziellen Server spielbar.
Die »offizielle« Version ist seit Kurzem free-to-play, man kann bis zum Level 125 aufsteigen, ohne einen Cent zu bezahlen. Wer ein Szenario abseits der ausgetretenen MMO-Pfade sucht, der sollte einen Blick riskieren. Durch die Offenlegung der Quellen gibt es inzwischen Clients nicht nur für Windows, sondern auch für Linux und Mac OS.
Die Grafik der Landschaften ist nicht mehr state-of-the-art, sieht aber immer noch recht ansprechend aus, insbesondere, wenn man bedenkt, wieviele Jahre sie bereits auf dem Buckel hat. Und wenn man mal ehrlich ist, sind die Avatare auch nicht deutlich häßlicher als die in LOTRO… ;o)
RYZOM Screenshots Copyright Winch Gate Property Ltd.