Petition

Petition: #wikifueralle – Holt die deutsche Wikipedia ins 21. Jahrhundert

Manch einer wird es in den letz­ten Tagen mit­be­kom­men haben: Es gab in der deut­schen Wiki­pe­dia eine Kon­tro­ver­se um einen Arti­kel über SF-Autorin­nen. Dem wur­de von gewis­sen bekannt miso­gy­nen Kräf­ten der Online-Enzy­klo­pä­die die Rele­vanz abge­spro­chen, der Arti­kel sei »über­flüs­sig«, in der Dis­kus­si­on ver­stie­gen sich Edi­to­ren sogar in Aus­sa­gen wie »das ist hier die Wiki­pe­dia und kei­ne femi­nis­ti­sche Kampf­platt­form!« Nach einer Dis­kus­si­on, in der eine deut­li­che Mehr­heit sich für die Bei­be­hal­tung des Tex­tes aus­sprach, wur­de er dann uni­la­te­ral von einem Admin gelöscht. Und glück­li­cher­wei­se  wie­der­her­ge­stellt. Und wie­der gelöscht und erneut wiederhergestellt.

Das Hin und Her zeigt ein grund­sätz­li­ches Pro­blem der deut­schen Wiki­pe­dia: Frau­en­the­men oder gar non­bi­nä­re Per­so­nen fin­den dort nicht statt. Es gibt ernst­haft im 21. Jahr­hun­dert eine Pflicht zum gene­ri­schen Mas­ku­li­num in Arti­keln. Wer Frau­en­the­men Sicht­bar­keit ver­schaf­fen will, wird sogar orga­ni­siert gemobbt. Und auch grund­sätz­lich ist es mit dem beschwo­re­nen Mit­ma­chen nicht weit her: Neu­lin­ge wer­den von Admins und Edi­to­ren ange­pampt und run­ter­ge­macht, was nicht eben dazu ein­lädt, die an vie­len Stel­len ver­al­te­ten oder unzu­rei­chen­den Arti­kel zu reno­vie­ren. Im Gegen­teil: wur­de man als inter­es­sier­te Per­son ein paar mal so abge­kan­zelt, dann lässt man die Wiki­pe­dia halt Wiki­pe­dia sein. Zudem haben etli­che Ver­ant­wort­li­che bei der Wiki­pe­dia einen Rele­vanz­fe­tisch: Zu schnell wer­den zu vie­le Inhal­te als irrele­vant abge­tan, was dazu führt, dass die deut­sche Wiki­pe­dia gera­de bei pop­kul­tu­rel­len The­men selbst irrele­vant gewor­den ist und man bes­ser die eng­lisch­spra­chi­ge Fas­sung nutzt, denn da steht viel mehr drin.

Seit heu­te gibt es auf change.org die Peti­ti­on #wiki­fuer­al­le, die man mit­zeich­nen soll­te, wenn einem an einer moder­nen, aktu­el­len, diver­sen Wiki­pe­dia in Deutsch­land gele­gen ist. Der Peti­ti­ons­text lau­tet wie folgt:

#wiki­fuer­al­le – Öff­net die deutsch­spra­chi­ge Wikipedia!

Die Wiki­pe­dia ist eine groß­ar­ti­ge Wis­sens­da­ten­bank, die vie­le Men­schen benut­zen, um ihr Wis­sen zu erwei­tern. Sie lebt vom Enga­ge­ment tau­sen­der ehren­amt­li­cher Mitarbeiter*innen. Aller­dings wird es Neu­lin­gen oft schwer gemacht, neue Arti­kel anzu­le­gen, beson­ders wenn die­se nicht dem ver­al­te­ten Sprach- und Geschlech­ter­ver­ständ­nis der Wiki­pe­dia entsprechen.

Des­halb wen­den wir uns mit die­sem Auf­ruf an die Wikipedia-Autor*innen, Wiki­me­dia Deutsch­land e.V. und alle, denen die Wiki­pe­dia am Her­zen liegt!

DAS PROBLEM

Wiki­pe­dia-Arti­kel wer­den stan­dard­mä­ßig im gene­ri­schen Mas­ku­li­num ver­fasst. Das heißt, dass bei Begrif­fen wie „Autor“, „Poli­ti­ker“ oder „Nobel­preis­trä­ger“ Frau­en und Men­schen, die sich in der Zwei­tei­lung der Geschlech­ter nicht wie­der­fin­den, mit­ge­meint sein sol­len. Das gene­ri­sche Mas­ku­li­num kann jedoch zu fal­schen Annah­men ver­lei­ten. Wer den Satz liest: „Im alten Grie­chen­land durf­ten alle Bür­ger wäh­len“, weiß damit noch nicht, dass Frau­en von der poli­ti­schen Betei­li­gung aus­ge­schlos­sen waren.

Die Ver­wen­dung des gene­ri­schen Mas­ku­li­nums führt nach­weis­lich dazu, dass Frau­en und nicht-binä­re Men­schen in der Wahr­neh­mung der Leser*innen kaum oder gar nicht vor­kom­men und von Such­ma­schi­nen nicht gefun­den wer­den. Wird ver­sucht, den Frau­en auch sprach­lich mehr Raum zu geben, muss bei der Wiki­pe­dia mit teil­wei­se mas­si­vem Wider­stand von Admi­nis­tra­to­ren gerech­net werden.

EIN AKTUELLES BEISPIEL

Als ver­sucht wur­de, eine Lis­te deutsch­spra­chi­ger Sci­ence-Fic­tion-Autorin­nen anzu­le­gen, ent­brann­te inner­halb der Wiki­pe­dia eine zwei­wö­chi­ge Debat­te. Obwohl ein Groß­teil der User*innen die Lis­te befür­wor­te­te, wur­de sie von einem Admin gelöscht, da sie „irrele­vant“ und „über­flüs­sig“ sei. Nur dem unab­läs­si­gen Enga­ge­ment der weni­gen weib­li­chen Admins und der Unter­stüt­zung wei­te­rer User*innen war es zu ver­dan­ken, dass die Lis­te schließ­lich doch wie­der­be­lebt wurde.

Die­ser Fall ist nur ein Bei­spiel dafür, wie wenig Bedeu­tung Frau­en in der Wiki­pe­dia bei­gemes­sen wird. Nur 20,3?% der Arti­kel über Per­so­nen, die in den letz­ten 100 Jah­ren gebo­ren wur­den, the­ma­ti­sie­ren Frau­en. Es geschieht immer wie­der, dass Frau­en mit Hin­weis auf ihre angeb­lich gerin­ge­re Rele­vanz Arti­kel ver­wei­gert wer­den – wie zuletzt im Fal­le der Nobel­preis­trä­ge­rin Don­na Strick­land.

Außer­dem sind Frau­en und nicht-binä­re Men­schen in der Wiki­pe­dia-Com­mu­ni­ty dra­ma­tisch unter­re­prä­sen­tiert, denn 90?%der regis­trier­ten Wikipedia-Autor*innen sind Männer.

DAS WOLLEN WIR NICHT LÄNGER HINNEHMEN

  • Es kann nicht sein, dass Frau­en und nicht-binä­re Men­schen in den Arti­keln der deutsch­spra­chi­gen Wiki­pe­dia nur mit­ge­meint sind!
  • Es kann nicht sein, dass Frau­en als „irrele­vant“ bezeich­net wer­den und ihrer Arbeit „kein erkenn­ba­rer Mehr­wert“ beschie­den wird!
  • Es kann nicht sein, dass es die Wiki­pe­dia mit ihren unüber­sicht­li­chen Regeln neu­en Benutzer*innen nahe­zu unmög­lich macht, neue The­men anzu­sto­ßen, die Frau­en und nicht-binä­re Men­schen im Fokus haben!

Die Wiki­pe­dia ist ein Com­mu­ni­ty-Pro­jekt und soll­te eine Enzy­klo­pä­die von allen für alle sein. Sie hat damit eine gro­ße Ver­ant­wor­tung, denn die Men­schen glau­ben, was dort geschrie­ben steht, und könn­ten folg­lich dem Trug­schluss erlie­gen: Was nicht in der Wiki­pe­dia steht, exis­tie­re auch nicht. Damit hat die Wiki­pe­dia gro­ßen Ein­fluss auf unse­re Wahr­neh­mung der Wirklichkeit.

DESHALB FORDERN WIR

  • Eine Abschaf­fung der Pflicht zum gene­ri­schen Mas­ku­li­num in den Wikipedia-Artikeln.
  • Frau­en und nicht-binä­re Men­schen neben Män­nern sicht­bar zu machen, indem Lis­ten nach Geschlecht such­bar, auf­find­bar und sor­tier­bar sind.
  • Eine Demo­kra­ti­sie­rung der inter­nen Ent­schei­dungs­pro­zes­se, sodass sich meh­re­re fach­kun­di­ge Admins nach erfolg­ter Dis­kus­si­on über eine Arti­kel-Löschung abstim­men müssen.

Ein Teil die­ser For­de­run­gen kann bereits erfüllt wer­den, wenn sich genug Wikipedianer*innen (mit mind. 200 Arti­kel­be­ar­bei­tun­gen, davon mind. 50 in den letz­ten 12 Mona­ten) für die­ses bereits initi­ier­te Mei­nungs­bild stark­ma­chen, mit dem das gene­ri­sche Mas­ku­li­num abge­schafft wer­den soll.

Aber auch Men­schen, die bis­her kei­ne 200 Arti­kel bear­bei­tet haben, kön­nen etwas tun: Unter­schreibt die­sen Auf­ruf! Wer­det selbst Teil der Wiki­pe­dia-Com­mu­ni­ty und ver­fasst Arti­kel, die weib­li­che und diver­se The­men sicht­ba­rer machen. Zeigt den Ver­ant­wort­li­chen der deutsch­spra­chi­gen Wiki­pe­dia, wie wich­tig es euch ist, dass die Wiki­pe­dia nicht nur die Mei­nung einer klei­nen Grup­pe wider­spie­gelt, son­dern die Rea­li­tät mög­lichst so beschreibt, wie sie ist: männ­lich, weib­lich und divers.

#wiki­fuer­al­le

 

Initiator*innen:

The­re­sa Han­nig, Autorin
Ulrich Tau­send, Medienpädagoge
Dr. Nils Simon, Politikwissenschaftler
Mar­co Fin­dus Ole­an­der Sul­ta­na, Illustrator
Annet­te Juretz­ki, Autorin
Judith C. Vogt, Autorin
Dr. Chris­ti­an Vogt, Autor und Physiker
Linus Gie­se, Blog­ger und Buchhändler
Ste­fan Holz­hau­er, IT-Consultant
Kathe­ri­na Usha­chov, Autorin und freie Lektorin
Dia­na Men­schig, Autorin und Vor­sit­zen­de des Phantastik-Autoren-Netzwerks
Han­ka Leo, Freie Lektorin
Prof. Dr. Ana­tol Ste­fa­no­witsch, Sprachwissenschaftler
Alwin Reif­schnei­der, Illustrator
Sabri­na Želez­ný, Autorin und freie Lektorin
Prof. Dr. Ange­li­ka Bera­nek, Pro­fes­so­rin für Medi­en­bil­dung in der Sozia­len Arbeit

Unter­schrei­ben und Ver­brei­ten: Peti­ti­on #wiki­fuer­al­le

Links zum The­ma, Arti­kel die das Dilem­ma aus­führ­lich beleuchten:

The­re­sa Han­nig, Ben­to, TOR Online, vice.com, vice.comt3n, Pia Seit­ler

Gra­fik »We Can Do It!« von mir, CC BY-NC-SA, Gra­fik »wiki­fuer­al­le« von Mar­co Fin­dus Ole­an­der Sul­ta­na, CC BY-NC

 

Petition: 7% Mehrwertsteuer auf eBooks

Vie­le Peti­tio­nen, die auf der e‑Pe­ti­ti­ons-Platt­form des Bun­des­ta­ges ein­ge­reicht wer­den, sind lang  und umständ­lich for­mu­liert. Das ist bei die­ser hier nicht der Fall:

Umsatz­steu­er – Redu­zier­ter Steu­er­satz für eBooks (7%)

Text der Petition
Der Bun­des­tag möge beschlie­ßen, dass eBooks mit dem glei­chen Mehr­wert­steu­er­satz besteu­ert wer­den wie gedruck­te Bücher, d.h. mit 7%.

Begrün­dung
Für gedruck­te Bücher gilt der redu­zier­te Mehr­wert­steu­er­satz von 7%, da Bücher als Kul­tur­gut gel­ten, das allen Bevöl­ke­rungs­schich­ten zu erschwing­li­chen Prei­sen zur Ver­fü­gung ste­hen soll­te. Da dies in glei­chem Maße auch auf eBooks zutrifft, soll­te für elek­tro­ni­sche Bücher der glei­che Steu­er­satz gel­ten. Des wei­te­ren soll­ten Men­schen mit einer Seh­schwä­che, die auf eBooks wegen der Mög­lich­keit der Schrift­ver­grö­ße­rung ange­wie­sen sind, nicht steu­er­lich benach­tei­ligt werden.

Die Peti­ti­on Peti­ti­on Num­mer 37573 kann seit dem 12.11.2012 gezeich­net wer­den. Ich habe aller­dings die Befürch­tung, dass der Peti­ti­ons­aus­schuss sich mög­li­cher­wei­se ein­fach für nicht zustän­dig erklä­ren wird, wie er es in letz­ter Zeit zu oft tut, wenn ihm eine erfolg­rei­che ePe­ti­ti­on nicht passt. Wahr­schein­lich hat beim Ein­rich­ten der ePe­ti­tio­nen kei­ner bei der Polit-Mesch­po­ke damit gerech­net, dass das Instru­ment so eif­rig und erfolg­reich genutzt wird.

Das Ansin­nen der Peti­ti­on ist aber natür­lich völ­lig kor­rekt: es kann nicht ange­hen, dass eBooks zwar nach dem Buch­preis­bin­dungs­ge­setz zwin­gend als Bücher gel­ten, in Sachen MWSt jedoch nicht – das ist nicht nach­voll­zieh­bar. Erfah­rungs­ge­mäß ist der Weg einer sol­chen Peti­ti­on auch bei einem Erfolg aber lang – und es ist nicht gesagt, dass dabei das gewünsch­te Ergeb­nis her­aus kommt – zudem erst ein­mal die not­wen­di­gen Mit­zeich­ner mobi­li­siert wer­den müs­sen und ich bin nicht sicher, dass das bei die­sem The­ma klap­pen wird. Ich bin übli­cher­wei­se nicht für Steu­er­ge­schen­ke an Bran­chen (sie­he »Fast Drei Prozent« und die Hote­liers), aber in die­sem Fall wür­de ich zustim­men. Ob die Ver­la­ge den geän­der­ten USt-Satz dann auch an die Ver­brau­cher durch­rei­chen oder ein­fach ein­sa­cken ist noch ein­mal eine ande­re Frage.

[cc]

Bild »Sie­ben Pro­zent« von mir

Nach oben scrollen

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies und von eingebundenen Skripten Dritter zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest (Navigation) oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst Du Dich damit einverstanden. Dann können auch Cookies von Drittanbietern wie Amazon, Youtube oder Google gesetzt werden. Wenn Du das nicht willst, solltest Du entweder nicht auf "Akzeptieren" klicken und die Seite nicht weiter nutzen, oder Deinen Browser im Inkognito-Modus betreiben, und/oder Anti-Tracking- und Scriptblocker-Plugins nutzen.

Mit einem Klick auf "Akzeptieren" werden zudem extern gehostete Javascripte freigeschaltet, die weitere Informationen, wie beispielsweise die IP-Adresse an Dritte weitergeben können. Welche Informationen das genau sind liegt nicht im Einflussbereich des Betreibers dieser Seite, das bitte bei den Anbietern (jQuery, Google, Youtube, Amazon, Twitter *) erfragen. Wer das nicht möchte, klickt nicht auf "akzeptieren" und verlässt die Seite.

Wer wer seine Identität im Web schützen will, nutzt Browser-Erweiterungen wie beispielsweise uBlock Origin oder ScriptBlock und kann dann Skripte und Tracking gezielt zulassen oder eben unterbinden.

* genauer: eingebettete Tweets, eingebundene jQuery-Bibliotheken, Amazon Artikel-Widgets, Youtube-Videos, Vimeo-Videos

Schließen