Solidarität mit netzpolitik.org
Ich weiß, das Thema hat so gar nichts mit Phantastik oder Genre zu tun, aber es ist mir wichtig – und es ist für uns alle wichtig.
Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen die Webseite netzpolitik.org. Vorwurf: Landesverrat. Angezeigt hatte das netzpolitisch und bügerrechtlich agierende Blog Georg Maaßen, seines Zeichens Präsident des Verfassungsschutzes. Grund: Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen (es geht um diese beiden Beiträge).
In einer Demokratie müssen Politiker ihre Motivationen und Handlungen offenlegen. Danach werden sie vom Wähler eingeschätzt und gewählt oder nicht. Geheimnistuerei ist das genaue Gegenteil. Nachrichten und Geheimdienste sind in meinen Augen zutiefst undemokratisch und verfassungsfeindlich, weil sie im Geheimen agieren, leider allzu oft, ohne irgendwem ernsthaft Rechenschaft ablegen zu müssen. Oder diejenigen, die über sie wachen sollen, versagen in eklatanter Weise, wie beispielsweise die letzte und die aktuelle Bundesregierung, die sich weigerten und weigern, massive Verstöße verschiedener Geheimdienste gegen Bürgerrechte öffentlich und transparent aufzubereiten. Der Hinweis auf die Geheimhaltung ist dabei in meinen Augen selbstverständlich nur vorgeschoben, um verfassungsfeindliche und undemokratische Machenschaften zu verschleiern und den eigenen Standpunkt durchzusetzen.
Wenn jetzt Journalisten wegen Landesverrats angezeigt werden und tatsächlich ermittelt wird, ist das ein eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit und eine immense Gefahr für dieselbe. Denn es ist der Job von Journalisten, unbequem zu sein und Informationen an die Öffentlichkeit zu bringen, die Politik und Geheimdienste gern unter den Tisch gekehrt oder verschwiegen hätten. Der Vorwurf des Landesverrats kann gegen den Whistleblower erfolgen, der das Material nach außen getragen hat – auch wenn man solchen mutigen Menschen eher Hochachtung entgegenbringen sollte. Der Vorwurf darf aber niemals gegen die veröffentlichenden Journalisten erfolgen, den die tun nur ihre Pflicht als vierte Gewalt im Staat. Und im Gegensatz zu einer Menge anderer »Qualitätsmedien«, die der Politik nach dem Mund reden, nehmen die von Netzpolitik diese Pflicht noch ernst.
Es wird hier ein Präzedenzfall geschaffen (ja, ich weiß: vor über 50 Jahren hatten wir so etwas schon einmal, und aus guten Gründen ging das für die Kläger ins Auge). Geht diese Anzeige durch und folgen aus ihr tatsächlich Konsequenzen, dann wäre das ein eklatanter Angriff auf die Pressefreiheit, denn jeder Journalist, jeder verantwortliche Redakteur müsste Angst davor haben, nach der Veröffentlichung von kritischem Material für mindestens ein Jahr im Knast zu verschwinden. Das wären Zustände wie in Diktaturen und Ländern mit totalitären Regierungen. Oder wie damals in der DDR. Stasi 3.0 ist durch die Komplettüberwachung der Bürger bereits Realität (und es scheint niemanden wirklich zu interessieren). Mit einer Verurteilung wären wir dann auch wieder in der Situation, dass nur noch der Politik genehmer Journalismus gemacht werden darf.
Es gilt in meinen Augen unbedingt, die Rechte des Journalismus und die Pressefreiheit mit Klauen und Zähnen gegen die undemokratischen Umtriebe der Geheimdienste und möglicherweise auch der Bundesregierung zu verteidigen (der wird man vermutlich nichts nachweisen können). Denn die Alternative ist das Ende des freien Journalismus und damit auch das Ende des Rechtsstaates.
Ich werde netzpolitik.org heute eine Spende überweisen, die der Plattform und insbesondere ihren Betreibern helfen soll, diesen Kampf zu führen. Ich kann nur jedem, der an freier Berichterstattung und an freiem Journalismus interessiert ist, bitten, das ebenfalls zu tun. Spendenmöglichkeiten findet man auf netzpolitik.org
#DE62430609671149278400 (IBAN von netzpolitik.org, auch als Twitter-Hashtag zu verwenden)
Eine weitere Möglichkeit ist es, den für euren Wahlbezirk zuständigen Bundestagsabgeordneten aus den Regierungsparteien eindeutig zu sagen, was ihr davon haltet.
Solidarität mit netzpolitik.org!
Update: Nein, »Qualitätsmedien«, das Verfahren ist nicht eingestellt worden.