Mini-Rant: Was läuft eigentlich in diesem deutschen SF-Fandom falsch?
Jeder, der sich intensiver mit Science Fiction beschäftigt, weiß was Fanzines sind. Fanzines sind von Fans herausgegebene Magazine, die sich mit Aspekten der SF und verwandten Gebieten beschäftigen. Die gibt es seit vielen, vielen Jahren, seit man als Sterblicher abseits von Verlagen halbwegs brauchbaren Zugriff auf Vervielfältigungsmethoden für Totholz bekam. Ich kann mich noch an Fanzines erinnern, die vor dem großflächigen Entstehen von Copyshops mit Spiritus-Umdruck entstanden sind. Mit Stückzahlen, die man an vier Händen abzählen konnte. Oder drei. Oder 20. Es gab Fanzines mit den verschiedensten Inhalten, manche befassten sich sekundärliterarisch mit dem Gerne, andere brachten selbstverfasste Stories, wieder andere waren reine Egozines, die vermutlich meisten ein Mix aus all dem. Fanzines waren ein Aspekt des Genres und des Hobbies, das nicht wegzudenken war – und streng genommen bis heute ist.
Aber wenn wir das mal mit etwas Abstand und objektiv betrachten, dann waren das Publikationsformen für jedermann, lange bevor so etwas wie das Internet oder Selfpublishing allgemein verfügbar waren. Magazine, die in ebenfalls einer Art von Selfpublishing erschienen sind.
Und da kommen wir zum Punkt: Angesichts dieser jahrzehntelangen Historie des Selfpublishings im deutschen SF-Fandom kann ich absolut nicht nachvollziehen, warum etliche Protagonisten dieses Gerontenstadls dieser Gruppierung heutzutage via Selfpublishing veröffentlichte Werke oder Kurzgeschichtensammlungen pauschal als »Mist« ablehnen, ohne auch nur mal ein Blick hinein geworfen zu haben? Warum finden Selfpublishing-Werke keinerlei Berücksichtigung, wenn es um Preise aus dem Dunstkreis »deutsches SF-Fandom« geht, Veröffentlichungen in Fanzines – die heute bisweilen noch wie mit Spiritusumdruck hergestellt wirken, selbst wenn sie eine Webpräsenz sind – aber schon? Wird da mit zweierlei Maß gemessen? Weil »wir das noch nie so gemacht haben«? Warum? Ich kann es einfach nicht nachvollziehen, denn es gibt fraglos im Bereich SF via Selfpublishing haufenweise bemerkenswerte Veröffentlichungen, sogar welche, die anderswo Preise einheimsen können. Warum werden die nicht zur Kenntnis genommen? Weil gerade die Juroren für SF-Preise eine neue Technologie wie eBooks und eBook-Reader als neumodisches Teufelswerk ablehnen und lieber verzückt an Druckerschwärze und Buchrückenklebstoff von bedrucktem Totholz schnüffeln? Und weil sie nicht erkennen, dass Selfpublishing so weit vom Fandom-Klassiker Fanzine nicht entfernt ist? Oder sind sie vergrätzt, dass wir heute in der Lage sind, Storysammlungen via Amazon großflächig unters Volks zu bringen, statt nur zwei Handvoll handgeklammerter nach Sprit riechender Umdruck-Hefte verteilen oder per Post verschicken zu können? Warum lehnen Urgesteine, die uns früher mit mehr oder weniger schlecht kopierten Fanzines zweifelhaften Inhalts gequält haben (die aber dennoch als Fan-Arbeit selbstverständlich liebens- und bemerkenswert waren), heute andere Fans ab, die eigentlich genau dasselbe tun?
Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es wirklich nicht.
p.s.: Nein, es geht diesmal nicht um den DPP, selbst wenn der sich auch jahrelang mit Händen und Füßen gegen Selfpublishing gewehrt hat.
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