Wie bekannt ist, verlegt Amazon auch selbst über seinen Verlagsableger Amazon Publishing deutschsprachige Bücher. Die gab es bislang nur beim Onlineversender selbst. Das hat sich seit gestern geändert, denn Amazon hat einen Vertrag mit dem Barsortimenter KNV geschlossen. Damit sind die ca. 800 Amazon Publishing-Bücher im Buchhandel bestellbar.
Theoretisch.
Denn wie wir aus vergangenen Szenarien wie beispielsweise dem Verkauf von Kindle-Geräten über den Buchhandel im Rahmen von Amazon Source wissen, weigern sich viele Händler schlichtweg mit dem »bösen Feind« zusammenzuarbeiten. Da hilft dann auch nicht die Einsicht, dass man selbst ordentlich mit am Kuchen verdienen würde und überlässt Amazon lieber komplett das Feld. Was dazu führen kann, dass der Kunde dort beim nächsten Mal direkt bestellt, statt beim unwilligen Buchhändler.
Aktuell ist das Angebot Amazon Publishings noch eher überschaubar und vor allem recht unbedeutend, echte Blockbuster findet man darunter nicht. Aber nach dieser Ankündigung könnte man sich vorstellen, dass vielleicht auch mal ein namhafter Bestsellerautor über Amazons Verlagssparte veröffentlicht, und spätestens dann werden die Buchhändler umdenken müssen, wenn sie am Hype mitverdienen möchten.
Offen ist, welche Konditionen Amazon und KNV ausgehandelt haben, aber ich gehe angesichts des überschaubaren Portfolios nicht davon aus, dass der Barsortimenter dem Onlinehändler bessere eingeräumt hat, als anderen Verlagen.
Gerade für Phantastikfreunde hat das Angebot von Amazons Verlagssparte über das Imprint 47North einiges zu bieten (beispielsweise Charlie N. Holmbergs PAPIERMAGIER-Reihe). Allerdings würde ich persönlich ohnehin eher auf die viel praktischere eBook-Version zurückgreifen.
[Update: 30.11.2017] Wie erwartet …
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Wieder ein Kommentator, der PR-Texten auf den Leim gegangen ist und dem Buchhandel erzählen will, wo´s längs gehen sollte:
1. Die Aktion offenbart, dass AmazonP offenkundig Probleme mit seinen Selfpublishern hat, die für ihr Ego ihre Bücher auch möglichst überall verfügbar haben wollen. Aber Amazon steht für proprietäre Systeme, und öffnet sich nur, wo sie es müssen oder sie einen eindeutigen Vorteil von haben.
2. Selfpublishingtitel spielen im stationären Verkauf so gut wie keine Rolle, ausgenommen lokale, regionale Titel, die werden aber in der Regel von AutorInnen selbst angeboten werden.
3. Der stationäre Buchhandel in Deutschland ist grundsätzlich ein offenes System, mit knapp 2 Mio. lieferbaren Titeln, die auch von den meisten Buchhandlungen besorgt(!) werden. Auch die Megastores dürften max. 120–150.000 Titel präsent haben, ich habe auf 150 qm 11.000 verschiedene Titel vorrätig, aber ich habe ein Lieferportfolio mit über 3 Mio. Titeln, u.a. über KNV, Libri und Umbreit – und über KNV kommen jetzt 800 AP-Titel dazu (Ist ja Wahnsinn, wa!).
4. Im Gegensatz zu 3. ist Amazon ein geschlossenes System. Einnert Euch doch bitte mal an die Geschichten über Kontosperrungen, wo Amazon-Kunden plötzlich keinen Zugriff mehr auf Ihre (bezahlten) Ebooks hatten. Ich selbst gehöre zu den »unwilligen« Buchhändlern, die auch spezielle Titel über Amazon Marketplace angeboten haben, auch mir wurde (siehe ARD-Doku 27.11.17) mit fadenscheinigen Gründen der Account gesperrt, und plötzlich eine seltsame persönliche(!) externe Mail geschickt, man könne mir meinen Account für Kosten in Höhe von 150 Euro wieder freischalten (Datenschutz läßt grüßen!). Ich vermarkte die Restauflage des einzigen Buches über die Lichtenhäger Krawalle, neu und noch eingeschweißt für 9,80 €, bei AM jetzt für 39,90 € im Angebot. Jaja, der Kunde steht bei ihnen im Mittelpunkt! Haha!
5. Technisch ist A spitze, keine Frage, ethisch aber mehr als anrüchig, brutal in den Geschäftsmethoden, entgegenkommend nur da, wo sie es sein müssen, um das zu können, was ihre Maxime ist: Möglichst schnell wachsen, nicht nur die Nr. 1 werden und bleiben, sondern Alleinherrscher. Und übrigens, die Mafia hat von ihren »Schützlingen« 15% eingetrieben, aber dafür auch dafür gesorgt, dass die Kühe, die sie melken, gut im Geschäft sind, A fängt bei 25% an, und kümmert sich einen feuchten Kehricht darum, ob seine Zulieferer damit überleben können.
6. Die meisten Menschen fangen leider erst nach Katastrophen an, Dinge kritisch zu sehen anstatt die Gegenwart immer kritisch (oder dialektisch) zu hinterfragen. Wirtschaft und Technik – von Menschen gestaltet – sollte immer auch ethisch betrachtet werden, diese Fähigkeit hebt uns immerhin von den sonstigen Raubtieren ab.
Zu 0.: Ich empfehle zu Ihrer Grundinformation einen Überblick auf dieser Seite, wie lange ich mich mit diesen Themen bereits befasse. Die Behauptung ich sei irgendwem auf irgendeinen »Leim gegangen« entlarvt sich selbst. Einen Diskussionsversuch mit einer Diskreditierung zu starten schmälert die Glaubwürdigkeit der dann folgenden Aussagen.
Zu 1.: Das ist eine unbewiesene Behauptung. Und was genau hat Selfpublishing mit Amazon Publishing zu tun? Nichts. Tatsächlich hat Amazon keine Probleme mit seinen Selfpublishern. Falls Sie das anders sehen würde mich eine belastbare Quelle interessieren. Ohne diese sehe ich nur unbelegte Phrasen.
Zu 2. Ja und? Wie ich im Artikel mehrfach deutlich schrieb: Es geht hier nicht um Selfpublisher. Haben Sie das auch nicht verstanden?
Zu 3.: Ja und? Was hat das mit dem Thema zu tun?
Zu 4.: Bitte nennen Sie konkrete Zahlen zu Kontosperrungen und belegen dass es sich nicht um Éinzelfälle handelt, die von Branche und Medien gehypt wurden.
Weiterhin: Ja, wenn es um eBooks (und andere digitale Inhalte) geht ist Amazon ein geschlossenes System. Das ist allerdings bei allen digitalen Inhalten so. Wenn alle sechs Monate mal wieder irgendeine Buchbranchenplattform wegen Inattraktivität geschlossen wird, sind die Inhalte auch futsch, wenn man sie nicht rechtzeitig vorher herunter lädt. Das gilt übrigens für zahllose andere Anbieter digitaler Medien ebenso. Würde mir mein Steam-Konto gesperrt, wären ~ 200 Spiele weg. Das ist eins der Risiken der modernen Welt – und ich kann mich wie bei anderen Problemen mit Händlern auf dem Rechtsweg wehren.
Sie behaupten »fadenscheinige Gründe« für eine Händleraccount-Sperrung. Behaupten kann das jeder, Details nennen Sie nicht, nur nebulöse Vorwürfe in Richtung Amazon. Einen Link zur ARD-Doku nennen Sie ebenfalls nicht. Links, das sind so altmodische Dinge im #neuland, muss man nicht kennen.
5.: Jeder will Geld verdienen. Amazon ist nicht besser oder schlechter als andere. Beispiele: Die Presse hat ausführlich über die fragwürdigen Methoden Thalias berichtet, seitens der Gewerkschaften gibt es einschlägige Berichte über miserable Arbeitsbedingungen bei Barsortimentern. Amazon zahlt im Vergleich zur restlichen Branche deutlich über Mindestlohn und die immer wieder aufkommenden Gerüchte über grottenschlechte Arbeitsbedingungen hat bis heute niemand beweisen können. Warum hat sich da noch kein Journalist einschmuggeln und massiv clickbait-trächtiges Material nach außen tragen können? Vielleicht weil es keins gibt? Welche konkreten Beweise haben Sie hinsichtlich der ethischen »Anrüchigkeit«? Oder stellen Sie auf Steuervermeidung ab? Das ist kein Amazon-Problem, die nutzen nur die von der Politik aktiv geschaffenen Steuerschlupflöcher, genau wie alle anderen auch. Wenn Sie das stört, richten Sie ihre Kritik am Besten gen Berlin und Brüssel.
6.: Über was für »Katastrophen« reden wir denn jetzt auf einmal? Oder reden wir über »German Angst«, die zahlreiche technische Innovationen in Deutschland verhindert? Oder reden wir über eine Branche, die Internet und Digitalisierung nicht nur verschlafen hat, sondern bis heute keine Anzeichen erkennen lässt, aus diesem Schlummer erwachen zu wollen?