Es ist noch gar nicht lange her, da schallte es aus den heiligen Hallen der Publikumsverlage: »Ach, dieses Selfpublishing. Das ist ja total niedlich. Aber ernst nehmen sollte man das nicht. Die wahren Helden der Literatur sind wir, die Verlage. Wir haben das grob seit der Jungsteinzeit gemacht und wir wissen wie das geht. Diese Amateure mit ihrem Geschreibsel das wir nicht haben wollen, darf man nicht ernst nehmen. Das mit dem Selfpublishing ist morgen wieder vorbei.«
War es aber nicht. Selfpublishing boomt, nicht nur in den USA, sondern auch hier bei uns. Und jetzt haben sogar die Verlage auf ihrem Literatenross erkannt, dass das a) nicht wieder so einfach weggeht und b) ordentliche Umsätze generiert werden. Und was ist die logische Konsequenz? Auf einmal will man auch ein Stück von diesem Kuchen haben. Die PR-Abteilungen salbadern natürlich was das Zeug hält, aber man sollte sich keinen Illusionen hingeben: Die machen das nicht aus Menschenfreundlichkeit, oder weil sie Selfpublisher so toll finden, sondern weil sie Kohle abseihen wollen.
Das ist aber auch ein grandioses Konzept: Man wartet einfach mal, ob einer dieser niedlichen Selfpublisher mit viel Mühsal und Arbeit erfolgreich ist – und erlaubt ihm dann gönnerhaft, doch im ach so tollen, namhaften Verlag zu veröffentlichen. Nachdem er bereits Bücher unters Volk geworfen hat, sich einen Namen gemacht und nachdem er sich schon den Arsch aufriss, um Werbung zu machen und auf den Sozialmedien eine Fanbase aufzubauen. Dann erst fragt man an. Prima Idee, nichts getan und trotzdem ein neues Produkt. Und dann speist man den Autor, nachdem er stumm vor Glück ob des Verlagsangebots den Knebel-Buyout-Vertrag unterschrieben hat, wie immer mit Peanuts ab.
Mal ganz deutlich: Selfpublishing und Verlage passen nicht zusammen. Der Kern der Idee beim Selbstveröffentlichen ist, dass man selbst veröffentlicht. In vielen Fällen ist der Hintergrund, dass eben diese Verlage die Romane gar nicht haben wollten und der Autor deswegen zur Selbsthilfe griff. Und mit was? Mit Recht! Wenn ihr zehn Bücher – egal ob als eBook oder CreateSpace-Printwerk – verkauft, dann habt ihr ein Vielfaches von dem eingenommen, was ihr bekommt, wenn ihr bei einem Verlag unterschreibt und dort hunderte abgesetzt werden. Und sie behaupten auch noch dreist, sie würden ja Werbung für euch machen. Tun sie nicht, wenn ihr nicht Hohlbein oder Heitz heißt. Wenn ihr das nicht glaubt, dann fragt mal vergleichsweise unbekannte Autoren, die bei Publikumsverlagen veröffentlicht haben. Werbung? Fehlanzeige. Ihr braucht die nicht, ihr braucht vielleicht einen Lektor, möglicherweise einen Coverdesigner, eventuell einen Dienstleister für Layout oder technische Umsetzung eines eBooks. Aber das sind dann Dienstleister, die ihr bezahlt und die euch deswegen hofieren. Im Normalfall suggeriert euch ein Verlag, dass ihr die Bittsteller seid, und benimmt sich entsprechend.
So ziemlich alle Selfpublishing-Dienstleister abseits von Amazon sind in Deutschland nun in Verlagshand. Billiges Bestseller-Scouting. Aber keine gute Nachricht, denn damit wird die Idee des Selfpublishing ad absurdum geführt. Ist es denn wirklich so erstrebenswert, unbedingt bei einem Verlag unterzukommen? Ich bezweifle es.
p.s.: Für die Nichtprogrammierer: das »!=« im Bild bedeutet »nicht gleich«
Bild: von Johannes Jansson, aus der Wikipedia, CC BY
RT @PhantaNews: Kommentar: Bastei Lübbe kauft Bookrix – au weia! http://t.co/kjGFzL0x4c #selfpublishing #bookrix #kauf
Na, man kann es auch übertreiben. Ich publishe selber bei neobooks und bin mit deren Diensten vollauf zufrieden – und dabei geht es mir überhaupt nicht darum, dass da Droemer dahintersteckt und ich eine 0,0000001% Chance habe, da mal aufzufallen.
Mir geht es um die Dienstleistung, dass mein eBook überall erhältlich ist und ich meine Zahlungen aus einer Hand bekomme und nicht meiner knapp bemessenen Schreibzeit neben dem Marketing auch noch mit Abrechnungen und Verwaltungsgedöhns weiter zu Leibe rücke.
Klar lässt neobooks sich diese Dienstleistung bezahlen – aber das war bei Bookrix nicht anders, auch bevor es Bastei gehörte. Und früher haben die Verlage den Kleinverlagen die Scout-Arbeit überlassen, dann auch noch den Agenturen.
Für mich als Autor ist es vollkommen wurst, wem der Dienstleister gehört. Und ist es erstrebenswerter einem US-Großkonzern dabei zu helfen, seinen eBook-Reader zum Quasi-Monopol zu machen? Wohl kaum.
Der Kommentar geht wohl etwas am Thema des Artikels vorbei. Es kann doch nicht angehen, dass Verlage den Selfpublishing-Rahm abschöpfen wollen, indem sie alle Selfpublishing-Plattformen aufkaufen. Man kann von Amazon halten was man will, aber im Gegensatz zu anderen Plattformen und insbesondere Verlagen, räumen sie sich keinerlei Rechte an den Werken ein – sollte es also einen weiteren ähnlich interessanten Anbieter geben, kann man sofort wechseln.
Ich kenne die Nutzungsbedingungen von Neobooks, hier ein Auszug:
Selbst die wollen umfangreiche Nutzungsrechte eingeräumt haben, zeitlich und inhaltlich unbegrenzt, sogar das Recht, die Werke zu verändern. Geht gar nicht. Wäre auch überhaupt nicht notwendig, ein Einstellen in Drittshops ginge auch ohen Rechteeinräumung. Müsste man nur wollen.
Oder der hier: geht auch gar nicht, dieses Vorkaufsrecht:
Das bedeutet, will man die Rechte anderweitig nutzen, muss man erst 12 Wochen mit Droemer verhandeln? Das ist doch lächerlich.
Quelle der Neobooks-AGB: http://www.neobooks.com/agb
Der Punkt ist doch: Was ist so schlimm daran, dass Bastei Bookrix kauft?
Bei dir klingt es so, als wäre das der Untergang des Self-Publishing. Irgendwer schöpft doch immer den Rahm ab.
Ob man bei neobooks an diesem komischen Wettbewerb teilnimmt oder nicht ist jedem selber überlassen. Wenn Bookrix nun einen Autorenwettbewerb ausruft, schulterzuck, sollen sie doch. Wer nur die Dienstleistung nutzen will, wird das auch weiter können.
@Rechteeinräumungen: Wenn dich sowas stört, wieso nutzt du dann sowas wie Facebook, die sich auch wer weiß was mit deinen Daten erlauben lassen, obwohl es völlig unnötig ist?
Äpfel und Birnen. Facebook steht hier nicht zur Debatte und veröffentlicht auch keine Bücher. Die Anmerkung geht somit völlig am Thema vorbei. Zudem gibt es die Möglichkeit zur Datensparsamkeit und dort einfach falsche Angaben zu machen.
Man muss bei Neobooks nicht bei einem »komischen Wettberwerb« mitmachen, damit die AGB für einen gelten.
Wie wahr!
Damit haben wir als unabhängige Distributoren derzeit wohl nur XinXii und Smashwords – den aber nicht für den deutschen Markt.
Narcissus kommt demnächst aus Italien auf den deutschen Markt. Mit Bedingungen, die XinXii Konkurrenz machen werden..
Ich bin erstaunt, dass das so lange gedauert hat – das geht in den Staaten schon laengere Zeit so, hat sich aber in der Praxis weitgehend als lahme Ente entpuppt. (Wohl auch, weil US/UK Indies generell selbstbewusster sind – und ziemlich gut organisiert. Empfehlungen fuer Lektoren/Cover-Gestalter u. ae. werden gern und oft ausgetauscht, und der Erfahrungschatz der Community reicht, um einen Neuling bei der Hand zu nehmen, bis er/sie selbst laufen kann.)
Und was die Buyout-Vertraege angeht, so geht’s bei US/UK Publikumsverlagen noch viel, viel autorenfeindlicher zu als in Deutschland, was auch ein Grund ist.
Dass so viele Autoren zu Bookrix etc und Selbstverlag übergehen, liegt wohl daran, dass die Verlage ja meist Kostenbeteiligung, bzw. eine Abnahme von 50 Büchern verlangen, dass man selbst Werbung machen soll, Lesungen organisieren sollte, etc. es gibt einen Verlag, der sogar Euro 10.000.- vor Vertragsabschluss verlangt.
Das heisst im Klartext, dass man das Buch selbst schreiben muss, Druckkostenbeiträge zahlen muss etc.
Ich selbst habe erst vor Kurzem zu Bookrix gewechselt, da mein bisheriger Verleger plötzlich »Depressionen« bekam und wochenlang nicht arbeiten konnte, oder wollte. Ich habe nun über Bookrix doppelt soviele e‑Books verkauft.
Natürlich kann nun jeder, ob er schreiben kann oder nicht, ein e‑Book veröffentlichen. Doch wird sich über kurz oder lang Qualität durchsetzen, die anderen werden wieder verschwinden, oder nichts verkaufen. Aber das e‑Book und der Eigenvertrieb ist unweigerlich auf dem Vormarsch!
Druckkostenzuschussverlage sind keine Verlage, sondern nur Abzocker.
Ich weiß auch gar nicht, warum etliche Leser so ein Problem mit Indie haben. In der Musikszene funktioniert das seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Warum sollte das bei Büchern anders sein? Solche Ideen können auch nur im literaturelitären Land der Dichter und Denker aufkommen …
Hallo, ich bin hier gelandet, als ich gesucht habe, wem Bookrix gleich nochmal gehört. Kann ein weiters »au weia« nachreichen:
http://ebookautorin.de/geld-verdienen-mit-ebooks-reseller-markt/
Doch, sehr guter Artikel.
Zitat: »Ist es denn wirklich so erstrebenswert, unbedingt bei einem Verlag unterzukommen?« Nein, Ist es nicht.
Aber das zu glauben wurde, insbesondere meine Generation gereicht. Jahrzehntelang hätte ich meine Seele verkauft, um bei einem Verlag unterzukommen. Und als das dann auch mal klappte, wurde schnell klar, dass dies eben auch nicht der Goldtopf am Ende des Regenbogens bedeutet.
Klar, der einzige Vorteil beim Verlag ist dessen bessere Vertriebsmöglichkeit. Der Self-Publisher steht spätestens da meist vor verschlossenen Türen. Mit dem Internet und mit den Sozialen Medien relativiert sich dieses Problem. Allerdings besteht dadurch auch eine enorme Konkurrenz und es ist schwierig, sein Zielpublikum zu finden.
Dennoch. Ich veröffentliche seit langem nur noch selbst. Ich kann meinen Lesern dadurch auch günstige Preise anbieten (da kein Zwischenhandel einkalkuliert werden muss) und freue mich über den direkten Kontakt mit den Lesern.