$ony startet totalen Krieg gegen Hacker und Maker

Ich hat­te bereit dar­über berich­tet, dass $ony den PS3-Hacker und iPho­ne-Jail­b­rea­ker Geor­ge »GeoHot« Hotz ver­klagt hat­te, nach­dem ein Mas­ter-Key des Encryp­ti­on-Sys­tems der Spiel­kon­so­le ihren Weg ins Netz gefun­den hat­te – bereits das aus Sicht von Makern und Hackern eine sehr frag­wür­di­ge Maß­nah­me. Ins­be­son­de­re, wenn man bedenkt, dass $ony ein bewor­be­nes Fea­ture der Play­sta­ti­on 3 – näm­lich die Linux-Unter­stüt­zung – ohne Vor­war­nung ein­fach ent­fernt hat­te. Das ist, um es mal ganz deut­lich zu sagen, als wür­de ein Auto­her­stel­ler in Dein Fahr­zeug ein­bre­chen und das beim Kauf mit­ge­lie­fer­te Auto­ra­dio aus­bau­en, weil ihnen hin­ter­her ein­fällt, dass sie das ver­se­hent­lich ein­ge­baut haben.

Doch der Kon­zern macht wei­ter, auch in Deutsch­land. Gegen den Hacker Graf_Chokolo erwirk­ten die $ony-Anwäl­te (genau­er die Düs­sel­dor­fer Kanz­lei Arnold Ruess Rechts­an­wäl­te) eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung, auf­grund rich­ter­li­chen Beschlus­ses wur­de des­sen Woh­nung durch­sucht und sein Equip­ment beschlag­nahmt. Der Streit­wert wur­de mit einer sagen­haf­ten Mil­li­on Euro ange­setzt. Das Blog PS3Crunch erhielt ein Schrei­ben, in dem es auf­ge­for­dert wur­de, Links auf Graf_Chokolos Hyper­vi­sor Bible sofort zu ent­fer­nen »oder sonst«… Auch ande­re File­hos­ter und Foren wur­den auf­ge­for­dert, die Datei­en oder links dar­auf zu entfernen.

Was dar­auf­hin geschah, kann man sich vor­stel­len: die Datei­en wer­den gera­de schnel­ler gespie­gelt und im Inter­net ver­brei­tet, als man »Sony Com­pu­ter Enter­tain­ment« sagen kann.

Graf_Chokolo hat sich bereits gemel­det und (zuge­ge­ben ein wenig thea­tra­lisch) zu Ver­ste­hen gege­ben, dass er trotz­dem wei­ter machen wird.

Das Ver­hal­ten $onys war sogar dem renom­mier­ten Make-Maga­zi­ne auf sei­ner Web­sei­te bzw. sei­nem Blog einen Ein­trag wert; unter dem Titel »Sony’s War on Makers, Hackers, and Inno­va­tors«, wei­ter wird dort genau beleuch­tet, mit wel­chen ver­brau­cher­feind­li­chen Aktio­nen $ony in den letz­ten Jah­ren so zu Tage getre­ten ist – und das sind neben der Root­kit-Affä­re mehr als man mei­nen möch­te. Hier eine Über­sicht, aus dem genann­ten Arti­kel ent­nom­men, wer mehr wis­sen möch­te, soll­te ihn lesen:

  • $ony instal­liert unge­fragt über Audio-CDs Root­kits als »Kopier­schutz« auf den Rech­nern sei­ner Kun­den (und ver­stie­ßen »neben­bei« auch noch mal eben gegen die GPL)
  • $ony bedroht Bast­ler, weil sie die Soft­ware ihres Robot­hun­des Aibo modi­fi­ziert haben und ihn zum Tan­zen bringen
  • $ony ver­klagt Con­nec­tix und Bleem, weil sie es ermög­li­chen, Play­sta­ti­on Spie­le auf PCs zu nutzen
  • $ony bedroht Her­stel­ler von Play­sta­ti­on Mod­chips und setzt ein Regi­ons­code-Sys­tem durch
  • $ony ver­klagt Game­mas­ters, den Ver­käu­fer eines Peri­phe­rie­ge­rä­tes namens »Game Enhan­cer«, das es erlaubt, Spie­le mit einem ande­ren Regio­nal­code als in der Kon­so­le vor­ge­se­hen zu spielen.
  • $ony ent­fernt die »Other OS«-Option aus der PS3, besei­tigt damit den Linux-Sup­port, der aus­drück­lich in der Wer­bung als Kauf­ar­gu­ment genannt und her­vor­ge­ho­ben wurde.
    und der neueste:
  • $ony ver­klagt Maker, Hacker und Bast­ler wegen des Jail­b­rea­king der PS3 zum Zwe­cke des Erstel­lens und Spie­lens von Home­brew-Soft­ware und erneu­ten Auf­spie­lens eines »Other OS«

Hin­zu­fü­gen möch­te ich noch:

  • $ony ver­kauft völ­lig ver­al­te­te eBook-Rea­der, die in ande­ren Län­dern bereits seit Jah­ren erhält­lich sind, hier­zu­lan­de noch­mal zum vol­len Ein­füh­rungs­preis (oder ver­sucht das zumindest)

Auf­grund des immer wie­der mas­siv kun­den­feind­li­chen Ver­hal­tens des Kon­zerns kann man jedem nur emp­feh­len, Sony-Pro­duk­te zu boy­kot­tie­ren. Zumal die Zei­ten, als $ony wirk­lich inno­va­ti­ve und »coo­le« Pro­duk­te auf den Markt brach­te, lan­ge vor­bei sind.

Ver­blüf­fend ist das Ver­hal­ten von $ony ins­be­son­de­re auch unter Betrach­tung der Tat­sa­che, dass ein US-ame­ri­ka­ni­sches Bun­des­ge­richt auf­grund einer Inter­ven­ti­on der Elec­tro­nic Fron­tier Foun­da­ti­on das »Jail­b­rea­king« von App­les iPho­ne für legal erklärt hat­te. In der Begrün­dung wur­de aus­ge­sagt, dass »das Urhe­ber­recht kein Werk­zeug sei, um Apple zu ermög­li­chen, sei­ne restrik­ti­ven Geschäfts­mo­del­le durch­zu­set­zen«. Ich sehe hier kei­nen Unter­schied zur Play­sta­ti­on 3, auch hier geht es dar­um, Soft­ware zu instal­lie­ren, die von Sony nicht erwünscht ist.

Dass dabei auch die Nut­zung kopier­ter Soft­ware mög­lich wird ist sicher­lich kor­rekt, aber erst ein­mal neben­säch­lich, denn das klappt auch auf dem iPho­ne. Zudem kann ich mit einem Ham­mer ein Haus bau­en oder jeman­den erschla­gen, das ist aber noch lan­ge kein Grund den Ham­mer zu verbieten.

Ich wür­de davon aus­ge­hen, dass von nun an auch auf $ony ein mas­si­ver Shit­s­torm im Netz nie­der­ge­hen wird und das mei­ner Ansicht nach zu Recht, denn allein ein zuge­si­cher­tes Fea­ture nach­träg­lich aus einem bereits ver­kauf­ten Gerät zu ent­fer­nen ist eine Unver­schämt­heit son­der­glei­chen – und ich wun­de­re mich seit Mona­ten, war­um hier­zu­lan­de noch nie­mand dage­gen geklagt hat, denn das ist recht­lich min­des­tens frag­wür­dig, wenn schon mög­li­cher­wei­se nicht auf­grund der Gewähr­leis­tung, dann aber sicher hin­sicht­lich § 303b StGB (»Com­pu­ter­sa­bo­ta­ge«).

Creative Commons License

Bild: PS3, aus der Wiki­pe­dia, von mir mit Para­gra­phen versehen

Selbst schuld: Sony verklagt Geohot wegen PS3-Hack

Wir erin­nern uns an Sony. Das waren die, die im Jahr 2005 unge­fragt und heim­lich auf hun­dert­tau­sen­den Com­pu­tern einen Root­kit instal­liert haben, weil sie mein­ten, das sei ein wirk­sa­mer und ver­tret­ba­rer Kopier­schutz für eine Audio-CD. Sony sei­ner­seits erin­nert sich mög­li­cher­wei­se dar­an, dass das mit Recht ein Public-Rela­ti­ons-GAU aller­ers­ter Güte war. Viel­leicht erin­nert sich bei Sony auch noch jemand dar­an, dass die Play­Sta­ti­on 3 mal mit der Mög­lich­keit bewor­ben wur­de, Linux dar­auf lau­fen zu las­sen, für vie­le ein kauf­ent­schei­den­des Kri­te­ri­um. Und dann hat irgend­ein Stra­te­ge bei Sony (mög­li­cher­wei­se nach dem has­ti­gen Genuß einer Fla­sche Sake) ent­schie­den, dass man den Kun­den, die auch für die­ses Fea­ture bezahlt hat­ten, es ein­fach durch ein Firm­ware-Update wie­der weg­neh­men kön­ne – nach hie­si­ger Recht­spre­chung übri­gens ohne­hin min­des­tens bedenklich.

Geohot und die Hacker­trup­pe fai­l­Over­flow hat­ten auf dem CCC-Kon­gress in Ber­lin Ende Dezem­ber vor­ge­führt, wie man die Siche­rungs­me­cha­nis­men der PS3 umge­hen und dar­auf wie­der Linux lau­fen las­sen kann (das ist jetzt eine arg ver­ein­fach­te Fas­sung für Nicht-Techies).

Sony is not amu­sed und hat nun gegen Geohot und fai­l­Over­flow Kla­ge ein­g­reicht, natür­lich haben die Hacker die Kla­ge­schrif­ten sofort auf ihrer Web­sei­te ver­öf­fent­licht. Man ist selbst­ver­ständ­lich nicht zim­per­lich bei den For­de­run­gen: unter ande­rem eine einst­wei­li­ge Ver­fü­gung gegen die Ver­brei­tung der Infor­ma­ti­on, wie man ihr Sicher­heits­sys­tem umge­hen kann, sowie die Beschlag­nah­me aller Com­pu­ter und Daten­trä­ger von Geor­ge Hotz, auf der die­se Infor­ma­tio­nen gespei­chert sind.

Beson­ders inter­es­sant ist die­se Kla­ge in den USA auch des­we­gen, weil bereits an höchs­ter Stel­le im Zusam­men­hang mit dem iPho­ne fest­ge­stellt wor­den war, dass das Umge­hen von Kopier­schutz­me­cha­nis­men um auf dem erwor­be­nen Gerät lega­le Soft­ware zu instal­lie­ren eben nicht straf­bar ist und sol­ches vom Her­stel­ler hin­ge­nom­men wer­den muss. Dass dadurch die theo­re­ti­sche Mög­lich­keit besteht, ille­gal her­ge­stell­te Kopien lau­fen zu las­sen, ist eine völ­lig ande­re Geschichte.

Ent­we­der hat Sony die­se Ent­schei­dung igno­riert oder man ver­suchts ein­fach mal trotz­dem – abge­se­hen von der schie­ren Dumm­heit, dar­aus jetzt wider bes­se­ren Wis­sens einen Staats­akt zu machen, dürf­te das dem Kon­zern erneut kei­ne gute Pres­se besche­ren und das zu Recht. Außer­dem gibt es kei­nen bes­se­ren Weg als eine sol­che Kla­ge, um die Infor­ma­tio­nen die man unter­drü­cken möch­te mög­lichst schnell mög­lichst weit im Netz zu ver­tei­len. Das soll­ten auch die Sony-Obe­ren eigent­lich genau wissen…

Foto Play­sta­ti­on 3 aus der Wiki­pe­dia